Biowaffen!

Welche Pathogene eignen sich als Biowaffe?

Seltsamerweise ist diese Frage heute aktueller denn je, weil sich einerseits boshafte Akteure schon fast offen fragen, mit welchem Pathogen sie am schnellsten die größten Lücken in eine Bevölkerung schlagen können und andere, die sich zu den guten Akteuren rechnen, dieselbe Frage stellen, um Vorkehrungen zu treffen, wie sie sagen. Überlappungen zwischen beiden Gruppen sind bei solchen Konstellationen, die es notwendig machen, der Bevölkerung andere Absichten vorzugaukeln als man tatsächlich hat, zwangsläufig.

Zu denen, die sich die Frage nach der Brauchbarkeit eines Pathogens als Biowaffe stellen, gehören Ciesalk et al., die 2018 in einem Beitrag 12 Kritieren entwickelt und angewendet haben, um die Gebrauchbarkeit von Pathogenen als Biowaffe in eine Reihenfolge zu bringen:

Cieslak, Theodore J., Mark G. Kortepeter, Ronald J. Wojtyk, Hugo-Jan Jansen, Ricardo A. Reyes, James O. Smith, and NATO Biological Medical Advisory Panel. (2018). Beyond the dirty dozen: a proposed methodology for assessing future bioweapon threats. Military medicine 183(1-2): e59-e65.
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Bei den von Ciesalk et al. (2018) entwickelten Kriterien handelt es sich um die folgenden:

I. Infektivität / Ansteckungsfähigkeit

  1. Nicht ansteckend
  2. Leicht ansteckend (ID50 > 1,000 Organismen)
  3. Mittelmäßig ansteckend (ID50 10–1,000 Organismen)
  4. Hoch ansteckend (ID50 1–10 Organismen)

II. Verhältnis Infektionen zu Erkrankungen

  1. Gering: weniger als eine Hospitalisierung pro 100 Infizierte
  2. Mittelmäßig: Hospitalisierung von zwischen einem in 10 bzw. einem in 100 Infizierten
  3. Hoch: Hospitalisierung von mehr als einem in 10
  4. Sicher: fast alle Infizierten werden hospitalisiert

III. Verlässlichkeit / Vorhersagbarkeit

  1. Sehr gering: lange oder variable Inkubationsphase
  2. Gering
  3. Mittelmäßig
  4. Hoch: kurze gut vorhersagbare Inkubationsphase

IV. Sterblichkeit und Erkrankungspotential

  1. Minimal
  2. Gering
  3. Mittelmäßig (hohe Morbidität, etwas Mortalität)
  4. Hoch (tödlich)

V. Leichtigkeit der Massenproduktion und der Lagerung

  1. Fast unmöglich, große Mengen zu kultivieren
  2. Schwierig: lebende Organismen zur Kultivierung notwendig
  3. Mittelmäßig: in Zellen durch Genmanipulation herstellbar
  4. Leicht: einfache Anzucht in unterschiedlichen Medien

VI. Aerosole Stabilität

  1. Sehr gering: unmöglich ein homogenes Aerosol zu schaffen
  2. Gering
  3. Mittelmäßig
  4. Hoch: kann in 2–3 μm Partikel gepackt werden

VII. Umweltstabilität

  1. Sehr gering: Hohe Verfallsrate des Pathogens in der Umwelt
  2. Gering
  3. Mittelmäßig
  4. Hoch: Unter normalen Umweltbedingungen kaum zerstörbar

VIII. Einfachheit der Verbreitung

  1. Nahezu unmöglich, große Mengen zu verbreiten
  2. Gering: ausgefeilte Techniken notwendig, um Pathogen stabil zu halten und zu verbreiten
  3. Mittelmäßig: benötigt eine Sprühtechnik zur Verbreitung
  4. Hoch: Kann in ballistischen Waffen verbreitet werden

IX. Übertragbarkeit zwischen Menschen

  1. Nicht von Mensch zu Mensch übertragbar
  2. Nur durch direkten Kontakt übertragbar
  3. Über kleine Tropfen in der Atemluft übertragbar
  4. Über Tröpfchennuklei übertragbar

X. Verfügbarkeit vorbeugender Schutzmaßnahmen

  1. Gegenmittel leicht verfügbar bzw. unnötig
  2. Antibiotika oder Impfstoffe verfügbar
  3. Antibiotika sind nicht effektiv, Impfstoffe vielleicht mit der Zeit herstellbar (die meisten Viren)
  4. Keine Gegenmittel verfügbar (z.B. Filoviren)

XI. Verfügbarkeit therapeutischer Schutzmaßnahme

  1. Therapeutische Maßnahmen leicht ergreifbar oder unnötig
  2. Antibiotika vorhanden oder unnötig
  3. Antibiotika unwirksam oder nicht verfügbar (die meisten Viren)
  4. Keine Gegenmaßnahmen bekannt (z.B. Filoviren)

XII. Leichtigkeit der Entdeckung

  1. Point-of-Care-Assays verfügbar / Entdeckung vor Ort möglich
  2. Laborkapazität/-methode verfügbar
  3. Spezielle Laborkapazitäten erforderlich
  4. Keine bekannte Möglichkeit der Entdeckung

Ingesamt etablieren diese 12 Kriterien ein Punktesystem, das einen Wertebereich von 0 bis 36 hat und auf dessen Grundlage die Gefährlichkeit eines Pathogen in einer Verwendung als Biowaffe gewichtet werden kann. Wir sprechen hier von “Brauchbarkeit”, so dass der Wertebereich zwischen “0” unbrauchbar und 36 “hoch effizient” verläuft.

Cieslak et al. (2018) haben ihre Kriterien auf eine Vielzahl bekannter Pathogene angewendet und auf der Grundlage vorhandener Literatur, der Daten entnommen werden können, um unterschiedliche Pathogene auf Grundlage der genannten Kriterien in eine Hierarchie zu bringen, eine Hierarchie erstellt. Bevor wir das Ergebnis darstellen, wollen wir noch kurz auf die Arbeit von Farkas et al. (2023) eingehen, die gerade veröffentlicht wurde.

Farkas, Csaba Bence, CPT Gabor Dudas, CPT Gergely Csaba Babinszky, and COL László Földi. (2023). Analysis of the Virus SARS-CoV-2 as a Potential Bioweapon in Light of International Literature.” Military Medicine 188(3-4): 531-540.

Farkas et al. (2023) haben SARS-CoV-2 im Hinblick auf seine Gebrauchbarkeit als Biowaffe untersucht. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss darüber, zu welcher Einschätzung die Autoren im Hinblick auf die 12 Kriterien für SARS-CoV-2 gelangt sind. Die Zahl in der letzten Spalte kann direkt in die oben dargestellte Liste der Kriterien übertragen werden.

Wie man sieht, liegt die Stärke von SARS-CoV-2, wenn man seine Stärke im Hinblick auf die Eignung, SARS-CoV-2 als Biowaffe einzusetzen, beurteilen will, vor allem in der leichten Übertragbarkeit, der hohen Viralität, der hohen Stabilität und der einfachen Massenproduktion. In vier Einschätzungen, die Farkas et al. vornehmen, sind wir anderer Ansicht, denn das Verhältnis zwischen Infektion und Erkrankung ist bei SARS-CoV-2 zum einen altersgradiert und zum anderen bestenfalls moderat, in keinem Fall hoch, wie die Autoren annehmen. Dasselbe gilt für die Fähigkeit von SARS-CoV-2 eine ernsthafte Erkrankung oder gar den Tod eines Infizierten herbeizuführen. Auch hier sehen wir keine Rechtfertigung für die Einschätzung “medium”, die die Autoren  vornehmen. Aufgrund der oben angesprochenen Altersgradierung tendieren wir zu einem Wert zwischen “minimal “und “gering”. Schließlich sind für COVID-19 therapeutische und prophylaktische Behandlungsmethoden in großer Zahl bekannt. Sie reichen von Turmeric bis Ivermectin und Dexamethasone. Folglich gelangen wir zu einem Wert von maximal 20 für SARS-CoV-2, was sich erheblich auf die Einordnung des Virus in die Gefahrenliste vorhandener biowaffenfähiger Pathogene auswirkt. Aber natürlich ist SARS-CoV-2 jederzeit durch ein wenig Arbeit am Genom wieder zu einem Pathogen mit hoher Mortalität und Morbidität veränderbar….

Die folgende Abbildung zeigt die Hierarchie der biowaffenfähigen Pathogene, die sich nach den Arbeiten von Cieslak et al. (2018) und Farkas et al. (2023) ergibt:

Legte man unsere Einschätzung zugrunde, dann rangierte SARS-CoV-2 direkt vor dem Rift Valley Fieber.


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