Unsinn der Woche: Nicht direkt aus dem Irrenhaus – aber fast

Wahnsinn oder Unzurechnungsfähigkeit wurde über Jahrhunderte dadurch bestimmt, dass er/sie  gegen die boschgesellschaftliche Normalität  verstoßen hat (eine weiche Formulierung) oder sich in irrationalen, nicht nachvollziehbaren Handlungen  niedergeschlagen hat, die für andere Externalitäten und häufig auch den Schaden dessen, der die entsprechenden Handlungen ausgeführt hat, nach sich gezogen haben. Unsere “modernen” Zeiten zeichnen sich dadurch aus, dass die Klasse des Wahnsinns oder der Unzufrechnungsfähigkeit diversifiziert und in einer Unmenge spezifischer Störungen aufgelöst wurde. Ein Beispiel sind Psychosen. Zimbardo schreibt zu Psychosen:

“Psychosen (psychotische Störungen) unterscheiden sich von Neurosen qualiatativ und kategorial, nicht einfach im Schweregrad. Psychose ist die allgemeine Kategorie für eine Reihe schwerer psychischer Störungen, bei welchen Beeinträchtigungen der Wahrnehmung, des Denkens, und der Emotionalität auftreten. Eine Person, die als psychotisch beschrieben wird, leidet an einer gravierenden organischen oder psychischen Dysfunktion, weshalb sie auf sehr abweichende Art fühlt, denkt und/oder handelt” (Zimbardo, 1995, S.612).

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass eine kollektive Psychose, die Personen erfasst, die sich alle in einem Raum befinden oder die denselben Beruf teilen oder sich häufig sehen müssen, nicht ausgeschlossen ist.

spd_logo_neuDie Drucksache 17/13478 des Deutschen Bundestages wurde am 14. Mai 2013 veröffentlicht. Sie hat einen Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Siegmund Ehrmann, Angelika Krüger-Leißner, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Caren Marks, Thomas Oppermann, Dr. h.c. [!sic] Wolfgang Thierse, Brigitte Zypries, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD zum Gegenstand. Der Antrag ist überschrieben mit:

Für die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern auch im Kunst-, Kultur- und Medienbereich.

Die langatmige Einleitung zu diesem bemerkenswerten Extrakt eines zumindest nicht auf den ersten Versuch (und auch nicht auf den zweiten) nachvollziehbaren Assoziierens will ich mir weitgehend sparen, bis auf den Hinweis, dass trotz aller Versuche, die deutsche Sprache allen Sinns zu entleeren, Gleichstellung auf Ergebnisgleichheit zielt und entsprechend nichts mit Gleichberechtigung zu tun hat. Und auch wenn es den Genossen nicht in den Kopf zu gehen scheint, eine ungleiche Verteilung hat per se nichts mit Nachteilen, nichts mit Benachteiligung und sozialer Ungleichheit zu tun. So sitzen im Bundestag deutlich mehr Lehrer und Juristen und deutlich weniger Arbeiter als ihrem Anteil in der Gesamtbevölkerung entsprechen würde. Dennoch fällt keinem Abgeordneten ein, nicht-Juristen, nicht-Lehrer oder gar Arbeiter gleichstellen zu wollen, weil nämlich die Idee, dass die eigene Anwesenheit im Bundestag ungerecht gegenüber z.B. Arbeitern sein könnte und deren direkte Benachteiligung zeigt, keinem noch so engagierten Bundestagsabgeordneten bislang in den Sinn gekommen ist. Vielleicht verstehen die Genossen den Unterschied zwischen einer ungleichen Verteilung und einer Benachteiligung ja auf diese Weise.

Nun zum Antrag, die Kultur gleichzuschalten (gab’s auch schon mal, wenn ich mich richtig erinnere). Der Antrag beinhaltet bemerkenswerte Feststellungen und Forderungen. Meine Lieblingsfeststellung ist die folgende:

Zimbardo“2011 hat der Bundesverband bildendender Künstlerinnen und Künstler (BEK) eine Umfrage zur wirtschaftlichen und sozialen Lage bildender Künstlerinnen und Künstler vorgelegt, der auch für diesen Bereich die vor allem wirtschaftlich nachweisbar schlechtere Situation der bildenden Künstlerinnen offenkundig macht. Neben den vergleichsweise geringeren Einkünften, der häufiger prekären Beschäftigung und der sogar bei der Größe der Ateliers feststellbaren Benachteiligung von Frauen ist es vor allem die heute schon drohende Altersarmut vieler Frauen, die erkennbar ist.

Nicht nur haben die Genossen von der SPD den unglaublichen Umstand offengelegt, dass fiese, vermutlich männliche Vermieter schöner und großzügiger Ateliers nicht an Frauen vermieten oder gar verkaufen wollen, denn anders ist die Benachteiligung “sogar bei der Größe der Ateliers” nicht zu erklären, nein, die Genossen können auch in die Zukunft sehen, und was sie sehen ist Altersarmut, Altersarmut, die sich einstellen muss, weil die bildenden Künstlerinnen offensichtlich Versager, nein Versagerinnen sind, die ohne die Hilfe der SPD keinen Fuß auf den Boden und natürlich weder großes Atelier noch üppige Rente erreichen können. Ohne die SPD, das muss man sich einmal vorstellen, wären die bildenden Künstlerinnen gezwungen, einen gut verdienenden bildenden Künstler zu heiraten, um über den Umweg der Witwenrente der Altersarmut zu entgehen.

Den Feststellungen folgen die Forderungen, deren Erfülluung die Genossen für notwendig ansehen, um “die tatsächliche Gleichstellung von Frauen im Kunst-, Kultur- und Medienbereich … umzuseten”.

Die erste Forderung zur Umsetzung von Gleichstellung betrifft den vom Ministerium für Familie und so weiter mit 20.000 Euro finanzierten “Gabriele Münter Preis”. Er soll auch weiterhin finanziert werden. Sie kennen den Gabriele Münter Preis nicht? Nun ich auch nicht. Betreiben wir also gemeinsam Weiterbilduung:

“Der Gabriele Münter Preis für Bildende Künstlerinnen ab 40 ist mit 20.000 Euro dotiert und wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im dreijährigen Turnus in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK), dem Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstförderer (GEDOK) und dem Frauenmuseum in Bonn ausgelobt. Neben der Einzelausstellung der Preisträgerin werden Arbeiten von 39 ausgewählten Künstlerinnen aus dem Wettbewerb um den Gabriele Münter Preis 2010 vorgestellt.”

Für die SPD-Fraktion im Bundestag, das kann man an dieser Stelle feststellen, besteht “tatsächliche Gleichstellung” in Kunst usw. darin, dass ausschließlich Frauen über 40 gefördert werden. Auch eine Form der Diskriminierung und für alle Frauen unter 40 und alle Männer aller Altersklassen dann, wenn es um die Wahlentscheidung geht, sicher eine wichtige Information. Damit niemand hinterher kommen und sagen kann, er hätte etwas nicht gewusst.

Punkt 2c der Notwendigkeiten “tatsächlicher Gleichstellung” ist auch nicht schlecht:

Hier wollen die Genossen, dass “… beim Ankauf von Werken der Bildenden Kunst durch die Bundesrepublik Deutschland der Aspekt der Gleichstellung stärker als bisher berücksichtigt wird”.

Jonker Ramp and his SweetheartLeider haben die Genossen vergessen zu sagen, was sie damit meinen. Dürfen nur noch Skulpturen von Hanne Breker oder Bilder von Viola van Gogh gekauft werden oder muss darauf geachtet werden, dass der vielleich sogar erkennbare Gegenstand der Bildenden Kunst, das “Kunstobjekt” gleich zwischen den Geschlechtern verteilt ist. Und wieso kauft die Bundesrepublik Bildende Kunst? Haben Sie die Bundesrepublik entsprechend beauftragt?

Weiter geht’s mit dem, auf das wir alle bereits gewartet haben, denn wie jeder weiß, der sich immer einmal wieder mit dem beschäftigt, was unter dem Rubrum der Gleichstellung abgesondert wird, sind die Gleichsteller allesamt der Meinung es bei Frauen durch die Bank mit kleinen Dummchen zu tun zu haben, die aus eigener Kraft nichts zu Stande bringen. Entsprechend dürfen auch im SPD-Antrag zur Kunst Coaching-Programme, vermutlich zum Gegenstand: wie sichere ich mir ein großes Atelier, und die Förderung von Existenzgründungen (mit der SPD zum großen Atelier!) und die Vernetzung (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer bildender Künstlerinnen) nicht fehlen.

Und wo ich gerade bei dem bin, was nicht fehlen darf.

Was fehlt noch?

Worauf haben sie bislang umsonst gewartet?

Richtig!

Für die SPD-Fraktion sind Frauen, auch dann, wenn sie bildende Künstlerinnen sind, in erster Linie einmal zur Fortpflanzung fähiges Material, und entsprechend darf natürlich nicht fehlen, woran alle Frauen ab ihrer Jugend und dann ständig denken: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch bildende Künstlerinnen dürfen ihren Canvas nicht einfach herausholen und malen wann und wo sie wollen, nein, sie haben das Pinselschwingen mit der Familie zu vereinbaren, und damit sie das können, müssen nach Ansicht der SPD ein familienfreundliches Klima, ein verbessertes Angebot zur Kinderbetreuung und die Förderung von Freistellungsphasen her. Jetzt ist auch klar, warum die Grüße des Ateliers der bildenden Künstlerinnen für die SPD so entscheidend ist, denn im Atelier muss nicht nur Platz für Familienplanung sein, sondern auch Raum fü einen Betriebskindergarten.

How-to-MiroEs handelt sich bei diesem Antrag der SPD-Fraktion um keine Satire, und wer nun denkt, der Antrag und vor allem der Inhalt des Antrags zeige alle Hinweise auf eine vorhandene psychotische Störung, dem will ich an dieser Stelle nicht widersprechen. Statt dessen will ich darauf hinweisen, dass es schon erstaunlich ist, um welche Klientel sich die SPD-Fraktion zu kümmern müssen glaubt. Man erinnere sich, die SPD galt einst als Arbeiterpartei. Davon ist die SPD so weit entfernt, wie die Erde vom Andromeda Nebel. Die heutige SPD ist eine Partei der Mittelschicht, der vermeintlich kunstbeflissenen, die zwar keinen Franz Marc von einem Frans Hals unterscheiden können, aber denken, wenn sie einen Juan Miro Kunstdruck im Treppenhaus hängen haben, dann seien sie als Kenner der Materie erkannt. Und natürlich ist die SPD eine Partei der Fortpflanzung, des Paternalismus und der Gleichstellung, Gleichstellung = ganz wichtig, Gleichstellung ist das beherrschende Motiv, der Fixpunkt, das, was das Fühlen, Denken und Handeln der SPD-Parlamentarier derart beherrscht, dass keine Zeit mehr bleibt für schnöde Dinge des Alltags normaler Menschen, normaler Arbeiter und Arbeiterinnen natürlich.

Zimbardo, Philip (1995). Psychologie. Berlin: Springer.

Weil es noch nicht reicht: SPD fordert Frauenquote für Talkshows. Ob man Wahnsinn noch steigern kann? Wer noch über weitere Facetten des Gender-Wahnsinns, der die gesamte SPD erfasst zu haben scheint, beizutragen weiß, nur zu!

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