Kampf gegen Rechts: moralische Panik und politischer Opportunismus

Gleich vorab eine Frage: Was folgt eigentlich daraus, wenn aus politischer Opportunität Fakten verschwiegen, Fakten selektiv berichtet und benutzt, eine Realität gezeichnet wird, die es in der ausgemalten Weise nicht gibt? Vor allem am Thema des Rechtsextremismus lässt sich deutlich machen, wie Fakten verschwiegen, selektiv berichtet und benutzt werden, um eine Realität zu zeichnen, die es nichtgibt. Rechtsextremismus hat im Deutschen Bundestag, wie jeder leicht herausfinden kann, der in den Pressemeldungen des Bundestages nach “Rechtsextremismus” sucht, einen sehr hohen Stellenwert. Fast, dass man den Eindruck gewinnen kann, ganze Bundestagsfraktionen schaffen ihre politische Identität vor allem dadurch, dass sie sich gegen Rechtsextremismus wenden.

Die selbe Beobachtung lässt sich in öffentlichen Medien machen. Es wird ein Bild gezeichnet, das Rechtsextremisten hinter jedem Baum lauern und auf unschuldige Menschen warten sieht, denen dann, ja was eigentlich angetan wird? Na irgend etwas Schlimmes wird es schon sein. Es lässt sich bestimmt etwas herbeiphantasieren. Damit ist nicht gesagt, dass rechtsextremistische Straftaten nicht bekämpft werden sollen, aber damit ist gesagt, dass die öffentliche Aufmerksamkeit, die rechtsextremen Straftaten gewidmet wird, in keinem Verhältnis zur Häufigkeit derselben steht.

Aber: Rechtsextremismus ist ein politischer Popanz, der aufgeblasen werden muss, um Angst und Panik zu schüren und der notwendig ist, um die Existenz und Finanzierung einer Vielzahl von Gruppen zu rechtfertigen. Was wäre die Antifa ohne den Rechtsextremismus? Wie viele Gruppierungen kennen kein anderes Programm als den Kampf gegen rechts? Was würde aus Ihnen, würde Rechtsextremismus nicht zu dem Popanz stilisiert, zu dem er stilisiert wird? Und schließlich: Was wäre mit all den von Steuerzahlern finanzierten Programmen, mit denen Schülern, Jugendlichen und Jungerwachsene, wie es in der Polizeilichen Kriminalstatistik heißt, eine Neigung zum Rechtsextremismus aberzogen werden soll, mit denen sie gegen den allzeit bereiten Bazillus “Rechtsextremismus” immun gemacht werden sollen? Was würde aus diesen Programmen, wenn deutlich wäre, dass es den Bazillus bestenfalls in kaum nennenswertem Ausmaß gibt? Nicht auszudenken.

Deshalb ist der Rechtsextremismus für die politische Klasse so wichtig. Er wird beschworen, hochgeredet, in moralische Panik umgemünzt und somit in etwas, aus dem sich trefflich Kapital schlagen lässt, politisch und natürlich monetär.

VerfassungsschutzberichtUnd so nimmt die SPD den gerade vorgelegten Verfassungsschutzbericht 2013 zum Anlass, um den Kampf gegen Rechts aufs Neue zu beschwören: “Konsequent gegen Rechts”, will die SPD vorgehen und dies mit so aussagefähigen Texten wie: “Rassismus ist einfach nur Bockmist: Fangen Sie gar nicht damit an!”. Argumente waren nie die Stärke der Genossen, aber das derzeitige Abgleiten in infantile Parolen ist ein intellektueller Tiefpunkt, der kaum mehr zu unterbieten ist.  Doch weiter im Programm:

“Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will Anfang Juli ein Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus vorstellen. Ziel ist es, dem Einsatz für Demokratie und gegen Gewalt, Hass und Fremdenfeindlichkeit neuen Schwung und mehr Nachhaltigkeit zu verleihen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt den Plan und fordert in dem Zuge mehr Geld für den Kampf gegen Rechts.”

Mindestens 50 Millionen Euro sollen für den Kampf gegen Rechts zur Verfügung gestellt werden, eine Meldung, die Sozialarbeiter landauf und landab freuen wird und eine wichtige Aufgabe für die Demokratie – oder?

Um die Frage, wie wichtig der “Kampf gegen Rechts” tatsächlich ist, zu beantworten, ist es hilfreich, Fakten zu Rate zu ziehen, wie sie gerade im Verfassungsschutzbericht 2013 veröffentlicht wurden. Und weil Rechtsextremismus in der politischen Welt, die von einem Links-Rechts-Kontinuum beherrscht wird, wie Wahlforscher sagen, einen Linksextremismus als notwendiges Pendant hat, spätestens seit die Horden von SA und KPD in der Weimarer Republik aufeinander und auf Unbeteiligte eingeschlagen haben, soll die Betrachtung durch die Gefahr von Links ergänzt werden.

Grundsätzlich befinden wir uns hier im Bereich dessen, was als “politisch motivierte Kriminalität (PMK)” definiert wird. PMK umfasst Straftaten, bei denen “eine Würdigung der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte für eine politische Motivation” ergibt, wobei sich die Straftaten z.B.

“gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit [!sic], Rasse [!sic], Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status richten (sogenannte Hasskriminalität); dazu zählen auch Taten, die nicht unmittelbar gegen eine Person, sondern im oben genannten Zusammenhang gegen eine Institution oder Sache verübt werden”.

Dies ist eine recht umfangreiche Definition, die genügend Material für eine entsprechende Klassifizierung gibt. Zu den politisch motivierten Straftaten zählen darüber hinaus so genannte Staatsschutzdelikte, wie sie z.B. im § 80 StGB “Vorbereitung eines Angriffskrieges” oder § 108e “Abgeordnetenbestechung” formuliert sind. Insgesamt ergibt sich eine veritable Liste von Straftaten, die, aufgeschlüsselt nach Tätern mit links- oder rechtsextremistischer Motivation, die folgendenTop-4 ergibt:

PMK_top4

Wie die Abbildung zeigt, stehen sich Rechts- und Linksextremisten im Hinblick auf die Begehung von Straftaten kaum nach. Während Linksextremisten das Eigentum Dritter lieber beschädigen als Rechtsextremisten und lieber den Landfrieden brechen und Widerstand gegen die Polizei leisten, sind Rechtsextremisten etwas, aber nur etwas gewaltbereiter als Linksextreme. Da der schwere Landfriedensbruch eine Gewalttat erfordert, kann davon ausgegangen werden, dass Linksextreme mindestens so gewalttätig sind wie Rechtsextreme. Insgesamt sind durch die vier Kategorien von Straftaten 2.873 linksextremistisch motivierte und 1.787 rechtsextremistisch motivierte Straftaten erfasst.

Die nächste Abbildung zeigt die wichtigsten der noch ausstehenden Bereiche, in denen Links- und Rechtsextremisten Straftaten begehen.

PMK_Auswahl

 

Die Darstellung sieht Rechtsextremisten mit 183 Straftaten die Nase vorn haben, vor Linksextremisten mit 174 Straftaten. Wollte man beide Arten von Extremisten strafrechtlich bewerten, so müsste man Linksextremisten als gewalttätige, landfriedensbrechende Sachbeschädiger, mit einem Hang zur Brandstiftung und zur Nötigung charakterisieren, während man Rechtsextremisten als gewalttätige Sachbeschädiger mit einem Hang zu Nötigung und Bedrohung profilieren müsste. In jedem Fall kann man feststellen, dass sich Linksextremisten und Rechtsextremisten nichts geben, wenn es darum geht, die jeweilige Gefährlichkeit zu bewerten.

Aber, so klingt uns bereits der Widerspruch im Ohr: Rechtsextremistisch motivierte Straftaten werden doch immer als viel häufiger berichtet: 16.557 waren es im Jahre 2013 gegenüber 4.491 linksextremistisch motivierten Straftaten. Das zeigt doch, dass Rechtsextremisten gefährlicher sind als Linksextremisten – oder nicht?

Die Straftaten, die als rechtsextremistisch eingestuft werden, beinhalten Propagandadelikte und andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung. Volksverhetzung ist eine verbale oder eine publizierte Straftat, die z.B. im Aufruf zu Hass gegen eine “nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe” besteht. Diese Straftaten finden sich seltsamer Weise nur bei Rechtsextremisten, obwohl Aufrufe von Linksextremisten, die zum Hass gegen Rechtsextremisten anstacheln oder feministische Auswüchse, die zum Hass gegen Männer aufrufen, hier sicher ebenfalls den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, wenn man denn Volksverhetzung unbedingt als Straftatbestand erhalten will.

Propagandadelikte wiederum umfassen das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichnen und das Verbreiten von Informationen verfassungswidriger Organisationen. Wieder handelt es sich um verbale oder kommunizierte Straftaten, die keinen Niederschlag z.B. im Gesicht eines Bürgers oder keinen Einschlag als Molotowcocktail finden und deren Begehung weitgehend Rechtsextremen vorbehalten ist. Propagandadelikte addieren sich für Rechtsextreme auf 12.219 Fälle, wobei es sich hier um Fälle handelt! Wenn also Alfons K. 12.000 Hakenkreuzflaggen verteilt hat, dann sind damit 12.000 der 12.219 Fälle erklärt.

GoodeDie Anzahl der Volksverhetzungen ist in der Menge der “anderen Straftaten” enthalten und addiert sich auf 2.931 im Jahr 2013. Subtrahiert man Propagandedelikte und anderes Stratfaten insbesondere Volksverhetzung von den rechtsextremistisch motivierten Straftaten, dann ergibt sich die Anzahl von 1.987 rechtsextremistisch motivierten Straftaten für das Jahr 2013. Subtrahiert man von den linksextremistisch motivierten Straftaten, um Waffengleichheit herzustellen, ebenfalls die anderen Straftaten, 1.444 an der Zahl, dann ergibt sich die Zahl von 3.047 Straftaten für 2013, so dass man nach allen Regeln der Arithmetik und auf Basis der Fakten den Schluss ziehen muss, dass Linksextremisten in Deutschland um das rund 1,5fache gefährlicher, im Sinne einer Begehung von Straftaten sind als Rechtsextremisten.

Dies ist ein Schluss, der zwar den Fakten entspricht, aber von Politikern dennoch nicht gezogen werden wird. Sie sind zu sehr damit beschäftigt, einen rechtsextremistischen Popanz aufzubauen und Angst zu schüren und zur moralischen Panik auszubauen, um auf diesem Boden dann Gesetze verschärfen zu können und für sich eine sinnvolle Identität zu finden. Und man muss sagen: Anscheinend funktioniert diese völlige Travestie der Realität, offenkundig regt sich keinerlei Widerstand, wenn gebetsmühlenartig die Gefahr von Rechts herbeigeredet und die in dieser Logik größere Gefahr von Links vergessen wird.

P.S.

Wer denkt, er könne die NSU anführen, um die moralische Panik und Hysterie, die den Rechtsextremismus umgibt, zu rechtfertigen, der möge sich daran erinnern, dass es die Rote Armee Fraktion als linksextremistische Terrororganisation auf 34 Morde gebracht hat, und das einzige was die RAF erreicht hat, war die Einführung des Radikalerlasses, die Beschränkung bürgerlicher Freiheiten und der Ausbau staatlicher Überwachung als Ergebnis der damals geschürten und linksextremistisch motivierten moralischen Panik.

Ach ja – die Antwort auf die Eingangs gestellte Frage lautet für Deutschland: offenkundig nichts.

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