Je höher das Testosteron-Level, desto ehrlicher sind Männer

Testosteron ist ein schillerndes Hormon, ein Hormon, das “den Mann zum Mann macht”, wie Focus zu berichten weiß. Der NetDoktor kennt Testosteron weitgehend undramatisch als “wichtigstes männliches Geschlechtshormon”. Dramatisch wird es in der Welt, in der Testosteron seine eigentlichen Qualitäten verrät: “Testosteron als Katalysator sammelt verfügbare Aggressionen aus verschiedenen Lebensbereichen, und feuert sie dann gezielt auf den jeweiligen politischen Gegner”. Das weiss angeblich Katrin Kneissl zu berichten, aus einer Sicht, die man vielleicht als Testosteron-Neid bezeichnen könnte. Testosteron macht nicht nur bei Katrin Kneissl Politik, “Testosteron schreibt Männlichkeit früh ins Gesicht”, wie man bei der Presse weiß. Und: last but not least: Testosteron, das weiß die Berliner Morgenpost, ist ein Killer. Dass Männer fünf Jahre früher als Frauen sterben, so weiß das Blatt, ist Folge von Testosteron, eine Folge risikoreicheren Verhaltens “unter der Hormonwirkung”, also auf  Testosteron-Dope zurückzuführen – wenn man so will.

Die mysthischen Kräfte von Testosteron sind durch eine Studie, die in PLOSone veröffentlicht wurde, um eine weitere Kraft ergänzt worden: Männer mit mehr Testosteron lügen im Vergleich zu Männern mit weniger Testosteron seltener. Dieses Ergebnis steht am Ende eines zweitägigen Versuches, den Ökonomen (ja, Ökonomen!) von den Univsersitäten Bonn und Maastricht durchgeführt haben.

91 Männer, die sich bereit erklärt hatten, am Versuch teilzunehmen, wurden in zwei Gruppen geteilt. Die Mitglieder der einen Gruppe “T” (n = 46) erhielten Testogel®, um ihren Testosteron-Spiegel anzuheben, während die verbleibenden Mitglieder der zweiten Gruppe “P” (n = 45) mit einem Placebo abgespeist wurden. Wie nicht anders zu erwarten, wiesen die Mitglieder der Gruppe “T” signifikant höhere Testosteron-Werte auf als die Mitglieder der Gruppe “P”. Nachdem das Testosteron rund 24 Stunden hatte, um einzuwirken, wurde den 91 Männern eine Spielsituation präsentiert, an deren Ende sie mit einer Auszahlung in Höhe von x Euro belohnt wurden. Die Höhe der Auszahlung, die die 91 Männer erzielten, konnten sie durch Würfeln selbst beeinflussen (die Auszahlung wurde mit dem Würfelergebnis multipliziert, wobei mit Ausnahme einer “6” jeweils die Augenzahl als Multiplikator genommen wurde. Bei einer “6” wurde die Auszahlung mit “0” multipliziert”) und: Der Wurf wurde unbeobachtet ausgeführt, so dass es nicht möglich war zu kontrollieren, ob das berichtete Würfelergebnis wahr oder gelogen ist. Indes ist es möglich, die von beiden Gruppen von Männern berichtete Verteilung von Würfen mit der zu erwartenden Zufallsverteilung zu vergleichen und daraus Schlüsse zu ziehen. Und die Schlüsse sind eindeutig:

  • In beiden Gruppen wurde gelogen.
  • Die Mitglieder mit höherem Testosteronlevel (Gruppe “T”) logen deutlich weniger als die Mitglieder der Placebogruppe (Gruppe “P”).

Der Schluss daraus scheint einfach: steigende Testosteronlevel machen Lügen kurze Beine.

Die Ergebnisse sind zum einen ein Beleg dafür, dass Akteure opportunistische Strukturen ausnutzen, d.h. immer dann, wenn es durch z.B. Lügen möglich ist, sich unbemerkt einen Vorteil zu verschaffen, werden die meisten Akteure – ungeachtet aller gesellschaftlichen Normen und des 8ten Gebots – sich einen Vorteil durch Lügen verschaffen. Was die Ergebnisse darüber hinaus zeigen, ist schwierig zu bewerten. Denn es stellen sich zwei Frage: Warum soll sich Testosteron auf die Häufigkeit/Bereitschaft zu lügen auswirken? Und da die Forscher lediglich Männer untersucht haben, die schon markante Testosteron-Level mitbringen sollten, stellt sich weiter die Frage, wieviel zusätzliches Testosteron notwendig ist, um eine Reduktion der Bereitschaft, zu lügen, herbeizuführen.

Frage zwei, das kann ich vorwegnehmen, wird von den Autoren der Untersuchung nicht einmal gestellt. Entsprechend bin ich mit der Antwort hier schnell fertig: Es gibt keine. Frage eins hingegen erhält eine Antwort, eine Antwort, die interessant ist, denn sie beinhaltet etwas, das man heute kaum mehr offen in den Mund nehmen kann: Den Begriff “Stolz”. Wie die fünf Ökonomen aus Bonn und Maastricht ausführen, erhöht sich mit dem Testosteron-Level der Stolz auf die eigene Leistung, die eigene Person. Und mit dem Stolz geht einher, dass bestimmte Mittel nicht nutzbar sind, weil sie mit Stolz nicht vereinbar sind: Wer stolz ist, für den besteht keine Notwendigkeit, zu lügen, der hat so etwas nicht nötig.

Diese Argumentation gibt der in Deutschland und im Rahmen des Staatsfeminismus so populären Entwertung von Werten wie Stolz und Ehrgefühl oder Anstand einen ganz neuen Twist: denn wer Stolz als Ausdruck “männlicher Hegemonie” austreiben will, verbreitet damit Lügen. Wie diese, von den Bonner und Maastrichter Forschern angedachte Verbindung von Stolz und weniger lügen bei Jungen funktionieren und durch staatsfeministische Interventionen zerstört werden kann, zeigen z.B. die vielfältigen Versuche, Jungen in der Schule umzuerziehen. Ein erfolgreich umerzogener Junge ist dann regelmäßig ein Junge, der gelernt hat, sich so zu verstellen, dass es seinen zumeist Lehrerinnen gefällt, um auf diese Weise zu verhindern, dass ihm ein sozial-emotionaler Kompetenzmangel untergeschoben wird, der für ihn Sonderschule und eben nicht Gymnasium bedeuten würde. Mit anderen Worten, ein durch den Staatsfeminismus umerzogener Junge, ist ein Junge, der gelernt hat, zu lügen, der gelernt hat, sich zu verstellen, um negativen Konsequenzen zu entgehen. Da niemand, der sich verstellt, um gut durchzukommen und nirgends anzuecken, auf sich stolz sein kann, so jemand kein Ehrgefühl für sich entwickeln und empfinden kann, wirken staatsfeministische Erziehungsprogramme also im doppelten Sinne negativ auf die entsprechenden Jungen: Sie entwerten Werte wie Stolz und Ehrgefühl, und sie ermuntern zum Lügen.

Produktiv könnte man die Ergebnisse der Bonner und Maastrichter Forscher  nutzen, um die Ehrlichkeit durch einen Schuss Testosteron zu erhöhen. Die Möglichkeiten, der Nutzung sind unbegrenzt: Testosteron als Nahrungsmittelzusatz, Testosteron in Ehrlichkeits-Drinks, Testosteron-Ehrlichkeits-Joints, Testosteron-Kekse für unsere Kleinen und natürlich und nicht zu vergessen: Testosteron als tägliche Gabe an Politiker, am besten morgens, mittags und abends, um auf diese Weise einerseits zu verhindern, dass, wie einst in einem Pfälzer Wahlkampf beklagt, in der Politik weiter so gelogen wird und andererseits dem Staatsfeminismus den testosteronalen Garaus zu machen.

Wibral, Matthias, Dohmen, Thomas, Klingmüller, Dietrich, Weber, Bernd & Armin Falk (2012). Testosterone Administration Reduces Lying in Men. PLOS one 7(10).

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