Der kritische Journalismus ist tot

Ein Kommentar zum Kommentar “Das Steuerabkommen ist tot” von Pascal Lechler, ARD-Hörfunkstudio Genf

Wann ist es eigentlich passiert, dass Journalisten zu Claqueuren staatlicher Interessen geworden sind? Ich kann mich noch an eine Zeit im Studium erinnern, als unser Professor für Politische Soziologie versucht hat, uns diese Idee von der Kontrollfunktion der Medien zu vermitteln. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob es geklappt hat, aber zumindest kann ich aus der Erinnerung rekonstuieren, dass es einmal jemanden gegeben hat, der gedacht hat, Medien wären kritisch gegenüber der herrschenden Klasse oder müssten doch zumindest kritisch ihr gegenüber sein. Ein Gedanke, wie er nur Mitgliedern einer ausgestorbenen Gattung, die man als idealistische Politikphantasten beschreiben könnte, kommen kann.

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Kennt jemand einen Steuerhinterzieher?

Wann ist es eigentlich passiert, dass Journalisten die Moral mit Löffeln gefressen haben? So sehr, dass sie daraus das Recht ableiten zu können glauben, andere öffentlich zu kriminalisieren? Pascal Lechler ist so einer, einer der Menschen, die er nicht kennt, deren Daten, die er nicht gesehen hat, auf einer CD-sind, die Steuerermittler gekauft haben, jedenfalls sagen Sie das und Herr Lechler glaubt es, öffentlich zu Kriminellen erklärt, zu Steuerkriminellen. Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, da war der Begriff “Krimineller” demjenigen vorbehalten, der eine Straftat begangen hat und dafür auch verurteilt wurde. Heute reicht es zur Schaffung von Steuerkriminellen aus, dass irgendjemand behauptet, irgendwer, den niemand namentlich kennt, habe Geld, das man nur ungefähr in seiner Höhe beziffern kann auf ein Konto, von dem man genau weiß, dass es sich bei einer Schweizer Bank befindet, geschafft, ohne es dem Finanzminister, dem ja Geld prinzipiell und in erster Linie gehört, zu sagen, und dies alles stehe auf einer CD, die man zwar habe, deren Inhalt man aber nicht vorzeigen könne.

untertanWann ist es eigentlich passiert, dass sich unter Jorunalisten eine “narrow mindedness” verbreitet hat, die sie zu Erfüllungsgehilfen eines Staates macht, dessen Vertreter sie nur mit bestimmten Begriffen füttern müssen, damit sie laufen, so wie man einen Roboter nur mit einer Energiequelle versorgen muss, damit er die Drecksarbeit verrichtet? Herr Lechler mag zwar kein Roboter sein, aber seine Aufregung, seine Empörung, seine Erregtheit und sein Neid darüber, dass es Menschen gibt, deustche Menschen, von denen andere, die Herr Lechler nicht kennt, behaupten, sie hätten Steuern hinterzogen, allein der Gedanke an Steuerhinterziehung lässt ihn erblassen, und das reicht schon, damit er die Tastatur in die Hände nimmt und ein flammendes Verdikt gegen die schreibt, die auf einer CD genannt sind, die er nie gesehen hat, mit vermeintlich hinterzogenen Steuern in einer Höhe, die er nur vom Hörensagen kennt, dass er diese bislang nur virtuellen Personen zu Steuerkriminellen macht. Wie einfach ist es doch, Journalisten wie Herrn Lechler, die affektiv und nicht rational getrieben sind, für die “Sache des Staates” bzw. die “Sache der Mächtigen” einzuspannen. Früher wollte Journalisten Belege, wollten etwas Handfestes sehen. Heute reicht es Journalisten eine mit affektivem Nektar präparierte Brotkrume hinzuwerfen und schon laufen sie.

Wann ist es eigentlich passiert, dass deutsche Journalisten sich in der Lage gesehen haben, Organisationen und Institutionen anderer Länder in die Pflicht nehmen zu können, den Verantwortlichen drohen zu können, zu denken, z.B. Schweizer Banken müssten nach deutscher Pfeife tanzen? Aber gut. Wenn Herr Lechler sich so gerne in die Angelegenheiten anderer Länder einmischt, dann freue ich mich schon auf seine Aufregung darüber, dass Israel neue Siedlungen auf dem Land der Palästinenser baut, dann freue ich mich auf sein flammendes Verdikt darüber, dass in anderen Ländern der Fortschritt in Form von Gentechnik und Atomkraft floriert, während in Deutschland sich das Windrad dreht. Und besonders freue ich mich auf seinen Kommentar, in dem er den unglaublichen Nepotismus des Staatsfeminismus offenlegt, der immer neue Projekte ersinnt, die einzig dem Ziel dienen, die eigene Klientel satt zu machen und die deutsche Steuerzahler weit mehr kosten, als die paar Kröten, die in die Schweiz geschmuggelt wurden. Oder ist Herr Lechler nur dann empört, wenn es um politisch korrekte Themen geht?

Und wann ist es eigentlich passiert, dass Journalisten vor lauter Erhfurcht vor ihrem Staat, die Frage vergessen haben, die sich jedem normalen Denker aufdrängt, wenn er damit konfrontiert wird, dass es den Anschein hat als flüchteten diejenigen, die es können, so schnell sie es nur können, vor dem deutschen Fiskus? Ein kritischer Journalist, der nicht die Interessen eines Staates zu seinen Interessen macht, ein kritischer Journalist, der sich nicht zum Vasall der Obrigkeit macht, ein kritischer Journalist, der einen Arbeits- und Berufsethos hat, der hätte sich gefragt, was im Lande der Deutschen schief läuft, wenn Bürger des Landes ihr Eigentum in Schweizer Konten in Sicherheit bringen. Er wäre vielleicht zu dem Schluss gekommen, dass die Abgabenverteilung nicht gerecht ist, im Land der Deutschen. Er wäre vielleicht, wenn er ganz mutig wäre, zu dem Schluss gekommen, dass manch einer keine Lust verspürt, mit seinen Steuern die Faulheit anderer zu bezahlen, und – das ist jetzt reine Fiktion – vielleicht wäre er sogar zu dem Schluss gekommen, dass derjenige, der sein Geld in Sicherheit bringt, doch tatsächlich denkt, was er verdient, gehöre ihm selbst und nicht dem Staat der Deutschen.

HehlereiUnd dann hätte unser kritischer Journalist vielleicht noch gedacht, dass ein Staat für die Menschen da sein muss und nicht die Menschen für den Staat und gefragt, mit welchem Recht eigentlich ein System diejenigen, zu deren Nutzen es da ist, kriminalisiert. Endlich hätte sich unser kritischer Journalist gefragt, ob es moralisch vertretbar sei, dass er sich zum Helfer eines Hehlers macht, der, um vermeintliche Steuerkriminelle dingfest machen zu können, selbst zum Kriminellen wird, und gestohlenes Gut kauft. Aber soweit kommmt Herr Lechler nicht. Er ist ein guter deutscher Journalist. Er macht die Drecksarbeit für seine Oberen. Er verdammt lange bevor auch nur eine Anklageschrift die Amts- und Landgerichte erreicht hat. Und er kennt keine Skrupel, wenn es darum geht, den flüchtigen deutschen Steuerschuldner dingfest zu machen. Nicht einmal rechtliche Skrupel, und so kommt es, dass der moralische Herr Lechler geistige Beihilfe zur Hehlerei leistet, während er sich über “Steuerkriminelle” aufregt.

Bildnachweis

HTWK-Leipzig
Financial Times Deutschland

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