Eine Quotenfrau als Verfassungsrichter: Die Früchte des Staatsfeminismus

Die SZ am Wochenende enthält ein Interview, das Ronen Steinke mit Susanne Baer, der, wie es heißt: ersten bekennenden “homosexuellen Richterin am Bundesverfassungsgericht” geführt hat. Aus dieser Beschreibung muss man dann wohl schließen, dass Gabriele Britz, Gertrude Lübbe-Wolf, Monika Herrmanns und Sibylle Kessal-Wulf keine bekennenden lesbischen Verfassungsrichter sind. Es ist immer wieder spannend, was man in Zeitungsinterviews alles erfährt. Noch spannender ist jedoch, was man nicht erfährt und besonders spannend sind die Schlüsse, die man aus den Auslassungen ziehen muss.

Doch zunächst zu dem, was man erfährt, aber eigentlich nicht wissen will:
bear

“Es gibt immer wieder Situationen”, so plaudert die Verfassungsrichterin Baer, “in denen Menschen schon wegen meiner sexuellen Orientierung überhaupt kein Gespräch führen wollen. Sich wegdrehen, bei Empfängen sogar den Tisch wechseln, also einfach unhöflich werden. Nicht immer laut, aber doch deutlich”.

Seit ich das gelesen habe, zermartere ich mir das Hirn, wie man sich diese Erfahrungen im täglichen Leben vorzustellen hat. So: “Darf ich Sie mit Verfassungsrichterin Baer bekannt machen.” “Nein!” oder so: “Ja, gerne” “Guten Tag Frau Baer, nett Sie kennen zu lernen”. “Ja, Frau X, ich freue mich auch, Sie kennen zu lernen, aber Sie können ruhig Susanne zu mir sagen, und außerdem bin ich lesbisch.”.

Welche Situationen ich auch immer durchspiele, mir fällt kein Zusammenhang ein, in dem die sexuelle Orientierung von Frau Baer in der Öffentlichkeit und in einem normalen Gespräch Gegestand werden kann. Und wie man aus der Tatsache, dass sich jemand “wegdreht” schließt, dass derjenige sich weggedreht hat, weil er die sexuelle Orientierung von Frau Baer nicht mag, ist mir auch nicht nachvollziehbar. Um nicht zu sagen, ich halte es für hochneurotisch, wenn eine solche Reaktion als Ablehnung der Lesbe Baer interpretiert wird, hochneurotisch, weil es noch eine Myriade anderer möglicher Gründe gibt: Vielleicht hat der Wegdreher einen Text von Baer gelesen, vielleicht passt ihm ihre Nase nicht, vielleicht hat er keine Lust, mit Quotenfrauen zu reden und und und vielleicht ist im einfach nur ganz plötzlich schlecht geworden.

Quotenfrau, ja, Susanne Baer ist eine Quotenfrau, eine Art von Quotenfrau, wie sie sagt:

“Meine Professur wurde von den Gender Studies erkämpft und der juristischen Fakultät als neu geschaffene Zusatzstelle gegeben. Insofern bin ich auf gewisse Art auch eine Quotenfrau.”

PerlsWürde man sich selbt auf diese Weise beschreiben? Würde man die implizite Frage, ob die Jura-Professur mit 38 Jahren nicht sehr schnell erreicht worden ist, so beantworten? Das habe ich mich gefragt und beide Fragen mit “nein” beantwortet. Warum? Nun, eine Professur wird ja nicht einfach so erkämpft oder einfach so vergeben, sie wird ja für Leistungen, Kenntnisse, Fähigkeiten verliehen, an Bewerber vergeben, die sich in einem wissenschaftlichen Feld als den Konkurrenten überlegen darzustellen vermocht haben. Entsprechend würde man erwarten, dass derjenige, der es besonders schnell auf eine Professur geschafft hat, beschreibt, welche besonderen Qualifiaktionen ihm dazu verholfen haben.

Von Qualifikationen sagt Susanne Baer nichts. Ihre Stelle wurde für sie von den Gender Studies erkämpft, so als hätten Gender Studies eine inhärente Weihe, die sie an die eigenen Jünger weiterzugeben im Stande sind. Natürlich hat in einem solchen Szenario, in dem die Heilslehre ihre Jünger beruft, wissenschaftliche Leistung und wissenschaftliche Kompetenz keinen Platz. Es geht darum, einen ideologischen Kämpfer, einen besonders überzeugten Vertreter der eigenen Ideologie als Brückenkopf im Kampf gegen Wissenschaft zu installieren. Susanne Baer ist die Speerspitze dessen, was deutsche Universitäten im Gefolge des Professorinnenprogramms zu erwarten haben.

Und so wie Leistung im Hinblick auf die eigene Professur keine Größe ist, die Susanne Baer einfällt, so fehlt im Hinblick auf ihre Tätigkeit am Bundesverfassungsgericht eine Größe, die man eigentlich als unbedingt vorhanden, als das erste, was einem einfällt, erwartet hätte. Ich will die Arbeitsbeschreibung des Bundesverfassungsgerichts voranstellen:

“Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte.”

Bundesverfassungsrichter sind somit Schriftgelehrte, deren Aufgabe darin besteht, das Grundgesetz zu interpretieren. Wie interpretiert man eine “heilige” Schrift. Nun, von einem Wissenschaftler würde man erwarten, dass er Methode in die Interpretation bringt und das, was im Grundgesetz steht, in den oberen Teil eines Syllogismus schreibt, d.h. dass er in der Lage ist, Bedingungen, und zwar intersubjektiv nachprüfbare Bedingungen, Kriterien, dafür anzugeben, wann den Artikeln des Grundgesetzes Rechnung getragen ist und wann nicht.

Die im Grundgesetz geforderte Gerechtigkeit ist dann erreicht, so könnte man z.B. ein das Denken und Handeln leitendes Prinzip verbalisieren, wenn für den selben Einsatz ungeachtet der Person des Einsetzenden dieselbe Auszahlung erhalten wird.

baerIn Susanne Baers Auffassung davon, was sie als Verfassungsrichter zu tun hat, kommt nichts davon vor. Nicht nur findet sich im gesamten Interview keinerlei Verweis darauf, dass das Grundgesetz A und O der verfassungsrichterlichen Tätigkeit ist, schlimmer noch, die eigene Tätigkeit wird in einer Weise als al gusto Tätigkeit beschrieben, die einem die Haare zu Berge steigen lässt.

Juristisches Können, so sagt sie, sei nur vordergründig wichtig, wichtiger sei eine bestimmte Form von Weltoffenheit, die im Verstehen der Vielgestaltigkeit des Lebens bestehen soll. Man müsse dem Risiko begegnen, eigene Vorurteile und Vorstellungen von Normalität verzerrend an Rechtsfälle heranzutragen, sagt sie, die noch wenige Sätze zuvor der Überzeugung war, dass es nicht möglich ist, “alles Persönliche aus Ihrem Denken als Richterin” herauszuhalten, denn “jede von uns hat tief eingegrabene Denkmuster”. Und irgendwie sollen diese eingegrabenen Denkmuster dann Lebenserfahrung widerspiegeln, denn “Lebenserfahrung tut gut, möglichst bunte Lebenserfahrung noch besser”. Ja, und wem dieses Panoptikum der Willkür noch nicht reicht, das man auf den Nenner bringen kann, wenn Frau Baer lange genug über einen Fall nachdenkt, dann ist sie zur richtigen Entscheidung gekommen, wem das noch nicht reicht, dem kann geholfen werden:

“In Karlruhe entscheiden immer mindestens drei Richterinnen und Richter in einer Kammer, in den großen Fällen acht im Senat. Da kann ich zwar nachher bedauern, wenn ich mich nicht durchgesetzt habe. Solange ich mich aber ernsthaft, gewissenhaft – eben auch selbstkritisch – bemüht habe, dem Fall und damit den betroffenen Menschen gerecht zu werden, muss ich nichts bereuen.”

In Karlsruhe, am Verfassungsgericht, herrscht die blanke Willkür. Nebenan beim Bundesgerichtshof hat man es schon immer gewusst und entsprechend auf die juristischen Laien von Partei-Gnaden heruntergeblickt, aber so deutlich hat das bislang noch niemand auf den Punkt gebracht, nicht einmal die Kritiker!

Logik JuristenDa sitzen also drei oder acht Richter in ihrem jeweiligen Zimmer und versuchen, jeder auf seine Weise, dem Fall und den betroffenen Menschen gerecht zu werden, sagen zu sich: “jetzt mal ernsthaft” und “sei gewissenhaft”, legen die Stirn in tiefe Falten und dann kommen sie zu einem Ergebnis ihres Denkprozesses, möglichst noch vor Dienstschluss oder vor dem Mittagessen, je nachdem. Dieses Ergebnis tragen sie dann in die Senats- oder Kammer-Sitzung, und dort tritt die Frucht eigener “Gewissenhaftigkeit”, “Ernsthaftigkeit” und “Selbst-Gerechtigkeitsbemühung” auf die entsprechenden Ergebnisse anderer Richter und, nun ja, irgend ein Ergebnis wird dann Urteil, welches, man weiß es nicht, vermutlich wird gewürfelt, vielleicht gibt es auch einen Turnus: gestern war ich, heute bist Du an der Reihe oder so, was es in jedem Fall nicht gibt, sind nachvollziehbare Kriterien, denn man muss ja schon den betroffenen Menschen gerecht werden und ernsthaft sein, da bleibt keine Zeit, um Kriterien anzulegen, die nicht die eigenen sind.

Jetzt wird auch klar, warum es für Baer so wichtig ist, sich als lesbische Verfassungsrichterin darzustellen, denn die Perspektive der Lesbe Baer, ihr lesbischer Blick auf “die Fälle”, ihr lesbischer Versuch, den Fällen und betroffenen Menschen gerecht zu werden, sich zu bemühen oder ernsthaft zu sein, ist das einzige, was die Ergebnisse ihrer Bemühungen trägt. Scheinbar kann man die Ergebnisse nicht argumentieren, nicht anhand von Kriterien darstellen, nicht als Ergebnis von Schlußfolgerung, die beim Grundgesetz beginnt, sondern eben nur als lesbisch.

Einem anderen Aspekt dieses Interviews widmet sich Arne Hoffmann.

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