Neue Töne: Minister sind mit Frauen nicht zufrieden

Minister haben es heuzutage nicht einfach – um nicht zu sagen, sie haben es schwer.

Egal, worum sie sich kümmern, immer stellen sie fest, dass ihre Bürger nicht so sind wie erwartet, dass sie nicht tun, was ministeriell von ihnen erwartet wird, ja, dass sie einfach nicht konform und gefügig sein wollen.

Als besonders widerspenstig haben sich bislang Frauen erwiesen: Man kann ihnen goldene Brücken bauen. Man kann sie bei der Schulbildung bevorzugen, ihnen Stelle an Universitäten nachtragen und sie Unternehmen als Zwangsmitglied in Vorständen verordnen – und? Nichts: Sie treten zurück, finden sich nicht in ausreichender Zahl, nutzen bevorzugte Behandlung, so lange sie es gerne möchten und richten sich ansonsten doch lieber in den heimischen vier Wänden ein.

Und so irren Minister von Baustelle zu Baustelle, um mit ihrem sozialtechnologischen Werkzeugkasten zu reparieren, anzureizen und zu propagieren, was wir angeblich brauchen oder, wahlweise, was eine moderne Wirtschaft braucht:

“Eine moderne Wirtschaft”, so weiß Manuela Schwesig, obwohl sie nicht Ökonomie studiert hat, “braucht die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern. Doch obwohl Frauen heute so gut ausgebildet sind wie nie zuvor, machen sich weniger Frauen als Männer beruflich selbstständig. Deswegen möchte ich Frauen dabei unterstützen, vermehrt Unternehmen zu gründen. Dabei soll es gezielter um die besonderen Belange von Frauen gehen …”

BMFsfjneuBevor wir gezielter auf die Belange von Frauen eingehen, wollen wir darauf hinweisen, dass Schwesig degradiert wurde: Sie ist nicht mehr Minister für Frauen, Senioren, Familie und Jugend, sie ist nur noch Minister für Frauen, “Bundesfrauenminsterin Schwesig”, wie aus der Pressemeldung ihres Ministeriums deutlich wird. Ehrlicher Weise hat das Ministerium für FSFJ, S(enioren), F(amilie) und J(ugend) gestrichen, denn heutzutage gibt es nur noch ein Projekt, das weitreichende, ja globale, wenn nicht universale Konsequenzen hat: Frauen, also die richtigen Frauen, die Schwesig vorschweben (nicht solche, die es gibt): Frauen, die sich selbständig machen.

Selbständigkeit, so erfahren wir per impliziter Prämisse, ist nämlich etwas, was nicht von Ideen, unternehmerischer Kenntnis und vor allem Hingabe und Leistungsbereitschaft geprägt ist, weil man zumindest in der Gründungsphase viel Zeit und Nerven investieren muss, bis der Laden läuft. Nein, Selbständigkeit, so weiß Schwesig woher auch immer, ist etwas, was nach Geschlecht funktioniert. Und wenn sich weniger Frauen als Männer selbständig machen, dann liegt das daran, dass Frauen Hürden haben, die Männer nicht haben, denn natürlich haben Frauen die gleichen Ideen, die gleichen unternehmerischen Kenntnisse (die ihnen vor allem in Studienfächern wie soziale Arbeit, Anglistik, Theaterwissenschaft und Gender Studies vermittelt werden) wie Männer und natürlich haben sie dieselbe Leistungsbereitschaft und Hingabe an einen Beruf. Wir sind nämlich alle ganz gleich, und weil wir alle ganz gleich sind, ist es für Personen wie Schwesig, die derzeit Minister spielt, möglich, die Welt zu verändern.

Zu wenig Frauen machen sich selbständig. Warum? Ja, weil sie an der Selbständigkeit trotz gleicher Ideen, gleicher Kompetenzen, gleicher Leistungsbereitschaft und gleicher Hingabe wie Männer gehindert werden. Von wem? Von den besonderen Belangen. Die “besonderen Belange von Frauen”, das weiß Schwesig, die es vorgezogen hat, in eine abhängige Beschäftigung zu gehen und eben nicht selbständig zu werden, diese besonderen Belange von Frauen sind: “”Kinderbetreuung, Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Familie sowie Fragen rund um den beruflichen Wiedereinstieg”.

Also: Frauen machen sich nur deshalb nicht so häufig selbständig wie Männer, weil sie keine Kinderbetreuungsplätze haben, weil sie die Selbständigkeit nicht mit der Familie vereinbaren können und ihnen der berufliche Wiedereinstieg erschwert wird.

Wozu brauchen wir einen George Schumpeter mit seiner Theorie des Entrepreneur, jenes Unternehmers, der “get’s the things done”, der weiß, wie er Ideen in tragfähige Konzepte umsetzt, die es erlauben, ein Unternehmen mit Gewinn zu führen? Wir brauchen keinen Schumpeter, wir haben eine Schwesig. Entsprechend schaffen wir Kindertagesstätten, infantil auch “Kitas” genannt und vereinbaren Familie und Selbständigkeit (wie auch immer), und schon sind auch Frauen in der Lage, “to get things done”. Keine weiteren Kompetenzen von Nöten.

Und wer nach 2 Jahren Selbständigkeit sich doch lieber zunächst einmal um Fortpflanzung und anschließend um Nachwuchs kümmern will, dem erleichtert Schwesig auch gleich den “beruflichen Wiedereinstieg”, wobei man spätestens hier merkt, dass die Bundesfrauenministerin nicht weiß, wovon sie spricht. Anders formuliert: Der soziale Dienst “Ines F”, wird Probleme haben, wieder am Markt Fuss zu fassen, wenn er drei Jahre geschlossen war, um Ines F. die Fortpflanzung und Hege des Nachwuchses zu ermöglichen. Zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung, das weiß Schwesig natürlich nicht, woher auch, gibt es einen entscheidenen Unterschied: Man kann nicht einfach in Elternzeit gehen.

Aber immerhin erklärt der entsprechende Irrtum, warum Schwesig denkt, die “besonderen Belange von Frauen” hätten irgend etwas mit der Selbständigenquote von Frauen zu tun. Sie haben es nicht. Vielmehr  sind die “besonderen Belange” nicht mit Selbständigkeit zu vereinbaren. Man ist nämlich entweder selbständig oder man pflanzt sich fort.

Zuweilen muss man im Leben Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen sind der Grund dafür, dass die sozialtechnische Werkzeugkiste der Bundesfamilienministerin nicht greift. Halbtagsjobs für Selbständige gibt es nicht. Und Arbeitszeiten für Selbständige sind auch etwas, das nicht der Stechuhr folgt, die Schwesig gewohnt ist.

Wer arbeiten mehr als 48 Stunden pro Woche?

Insofern ist Bundeswirtschaftsminister Gabriel zuzustimmen, der sagt: “Um mehr Frauen zum Gründen zu bewegen, braucht es vor allem ein Umdenken in den Köpfen… ” Eine seltene Einsicht von einem Politiker. Richtig, es erfordert ein Umdenken in den Köpfen von Politikern, etwa so: Bestimmte Dinge sind miteinander unvereinbar. Selbständigkeit ist nichts, was man halbtags oder nebenbei machen kann. Selbständigkeit erfordert den ganzen Selbständigen, und entsprechend ist Selbständigkeit mit Fortpflanzung und Halbtagsarbeit ebenso unvereinbar wie der Versuch, “Frauen … durch speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Beratungsangebote bei den ersten Schritten in die Selbständigkeit” zu begleiten.

Wie selbständig ist jemand, dem man die Hand führt und dem man Fuss vor Fuss setzt, damit er in die richtige Richtung geht? Wie erfolgversprechend ist ein Unternehmen, bei dem der vermeintlich selbständige Unternehmer in die Selbständigkeit beraten wurde, wenn die Beratung erst einmal beendet ist? Selbständigkeit ist eine Entscheidung, hinter der man stehen muss. Es ist nichts, was man eben einmal so probiert. Und deshalb muss man kein Prophet sein, um zu wissen, dass die Selbständigen, die Schwesig und Gabriel mit ihrer Umwidmung der Ich-AG in eine Sie-AG produzieren, Kurzzeit-Selbständige sein werden,  deren Selbständigkeit sich genau dann erledigt, wenn sie auf eigenen Füssen stehen müssen.

Entsprechend werden Gabriel und Schwesig auch weiterhin mit den Frauen und deren Bereitschaft, selbständig zu sein, unzufrieden sein. Die einfachste Lösung, um diese Unzufriedenheit zu beheben, wäre indes ein Anerkennen von Realitäten, die (1) dokumentieren, dass wir nicht alle gleich sind, (2) zeigen, dass ungleiche Verteilungen zwischen Männern und Frauen in der Regel einer Ursache geschuldet sind, die man in früheren Zeiten als Arbeitsteilung bezeichnet hat, ja manche sind gar der Meinung, dass erst Arbeitsteilung moderne Gesellschaften möglich macht, (3) es nicht möglich ist, die Welt so zu basteln, wie man sie gerne hätte, und wenn man noch so heftig mit dem Fuss aufstampft, und (4) es an der Zeit ist, den Posten eines Ministers zu verlassen und mit gutem Beispiel in die Selbständigkeit voran zu gehen, z.B. als selbständiger Paketfahrer bei Hermes oder als selbständiger Altenpfleger auf Stundenbasis.


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