Wissenschaft ist die Methode zu zweifeln. Es geht darum, Bekanntes in Frage zu stellen, neue Ideen zu entwickeln, sie zu prüfen, die Konsequenzen aus den Testergebnissen zu verarbeiten, die Ergebnisse zu kritisieren, die eigenen Ideen weiterzuentwickeln, sie wieder und wieder an der Realität zu testen. Karl Popper hat Wissenschaft einmal als trial-and-error-Verfahren beschrieben, bei dem es darum geht, die eigene Vorstellung davon, wie etwas in der realen Außenwelt erklärt werden kann, wieder und wieder zu prüfen und mit jeder Prüfung der Wahrheit ein Stück näher zu kommen.
Der Anlass für Martensteins Text sind die Studenten, die in Berlin das blog “Münkler-Watch” betreiben, ein Blog, das sich dem anti-rassistischen Kampf gegen alle, die nicht so sind wie die Betreiber, verschrieben hat, und ein Blog von Münkler-Watchern, die die Wahrheit trotz ihrer nur 20+ Jahre genau kennen, die entsprechend keine Kritik, keinen Zweifel, keine auch noch so kleine Abweichung von ihrer Wahrheit zulassen, Abweichler wie Herfried Münkler folglich überwachen und vor dem Hintergrund der Wahrheit der Watchisten entlarven wollen.
Harald Martenstein versucht in der ZEIT den Watchisten etwas vom Geist der Wissenschaft zu vermitteln. Er tut dies im Ton eines Erziehungsberechtigten, der zu seinen unartigen Gören spricht, jedoch mit viel reformpädagogischem Wohlwollen, dem die Hoffnung, man habe es mit einem Erziehungsgegenstand zu tun, dem grundsätzlich Wissen vermittelbar sei, dem grundsätzlich Erkenntnis möglich sei, inhärent ist.
Also erzählt Martenstein von Ambivalenz und ohne ihn zu nennen, denn sein Erziehungsversuch soll diejenigen, die er erziehen will, ja nicht überfordern, vom Fehlschluss ad hominem, jenem Fehlschluss, der unter Ideologen so endemisch ist, der offenkundig die geistige Kapazität der entsprechenden Ideologen vor ein unlösbares Problem stellt:
Wie – Jemand kann Rassist oder Kapitalist oder sogar Sozialist sein und dennoch einen Satz geäußert haben, der die Realität richtig beschreibt?
Schlimmer noch: Jemand kann ein weißer Mann sein, der das Wort “Neger” schriftlich niedergelegt hat und der dennoch wie Immanuel Kant oder Wilhelm von Humboldt zu den großen Freiheitsdenkern der Menschheitsgeschichte gehört.
Diese schlichte Erkenntnis, die Ideologen so unvorstellbar ist, Martenstein will sie ausgerechnet den Münkler-Watchisten vermitteln. Und im Verlauf seines Erziehungsversuchs vermittelt er nicht nur die Prämisse der Reformpädagogen, nach der jeder erziehbar ist, sondern auch den Eindruck, es sei für Studenten an Hochschulen irgendwie normal auf derart abseitige Ideen, wie die von Münkler-Watch zu kommen, als sei es eine Sache, die einem einfach so einfallen kann, die einfach so harmlos des Wegs kommende Studenten befällt und zu Watchisten konvertiert.
Wie so viele Reform-Pädagogen vergisst Martenstein, dass Handlungen in einen Handlungskontext eingebettet sind, vor dem man sie betrachten muss. Die Watchisten an der HU-Berlin sind nicht vom Himmel gefallen. Es ist kein Zufall, dass die Watchisten sich an der HU-Berlin gegründet haben. Es ist dem Umfeld geschuldet, in dem sich die Watchisten bewegen, denn, so schön eine deratige Idee auch sein mag, die wenigsten Menschen kommen von sich aus auf Ideen. Den meisten muss man Ideen vorgeben und den Watchisten mit Sicherheit, denn die Grundlage des Watchismus ist die Übernahme einer Heilslehre.
Man muss sich erst im Besitz von Wahrheit wähnen, ehe man die entsprechende Wahrheit gegen Andersdenkende verteidigen zu müssen glaubt und selbst wenn man sich im Besitz der Wahrheit wähnt, ist ein Aktivator notwendig, jemanden, der die Wahrheitsjünger in die Welt schickt, um dort ihr Heil zu verkünden und Nicht-Gläubige wahlweise zu bekehren, zu diffamieren oder zu ermorden (nicht umsonst wird eine Verbindung zwischen Hasspredigern und Terroristen, die sich aus welchen Gründen auch immer auf den Islam berufen, hergestellt).
Insofern Martenstein dies nicht berücksichtigt, verharmlost er das Problem der Watchisten.
Seine Erziehungsbemühungen setzen am falschen Punkt an und sind schon deshalb zum Scheitern verurteilt. Wichtiger als die Erziehung der Watchisten, aus denen man sowieso keine Wissenschaftler mehr machen kann, wäre es, die Hintermänner zu identifizieren, jene, die an der HU-Berlin für ein Klima verantwortlich sind, in dem weiße Männer generell des Rassismus, Seximus, und wenn sie nicht behindert sind, des Ableismus verdächtigt werden, in dem vesucht wird, Autoren aus dem Curriculum zu streichen und Aussagen dieser Autoren zu unterdrücken, die nicht in das eigene Weltbild jener Sozial-Macher des Guten passen.
Hier und nicht bei den Watchisten, die nur Figuren in einem Spiel sind, ist der Ansatzpunkt für diejenigen, die die Wissenschaft gegen Ideologen verteidigen wollen. Allerdings wird man bei diesen Ideologen nicht mit Erziehungsbemühungen à la Martenstein weiterkommen. Hier braucht man schon härtere Kaliber, wie z.B. die Entfernung der entsprechenden Ideologen von Universitätet.
Was für eine Vorstellung. Da sollen Dozenten von Universitäten entfernt werden. Was ist mit der Freiheit der Wissenschaft? Nun, die Freiheit der Wissenschaft sieht es nicht vor, dass man dabei zusieht, wie Ideologen sich unter Missbrauch eben der Freiheit der Wissenschaft einnisten und Wissenschaft zerstören. Wissenschaft ist ein Unterfangen, das auf dem Grundkonsens des gegenseitigen Respekts, der wissenschaftlichen Methode und der Freiheit der Meinungen basiert.
Wer vor anderen Wissenschaftlern keinen Respekt hat, sie generell als weiße, sexistische Männer diskreditiert, wer keine wissenschaftliche Methode vorweisen kann, seine Behauptungen weder begründet noch sie kritisieren lässt, wer anderen, die ihre begründete Meinung vortragen, den Mund verbieten will, der hat an Hochschulen nichts zu suchen, denn: derartige Ideologen haben nichts mit Wissenschaft zu tun. Wer die Freiheit der Wissenschaft für sich ins Feld führen will, der muss Wissenschaftler sein, der muss die wissenschaftliche Methode und die Regeln der Wissenschaft akzeptieren, respektieren und (willens sein, sie) an(zu)wenden.
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Klar, Martenstein schreibt in einer großen Zeitung wie der ZEIT seine persönlichen Ratschläge an die paar Studenten von Münkler-Watch, um sie “zu erziehen”.
So ein Unfug.
Martenstein schreibt in der ZEIT seine Meinung über die münkler-Watcher, und er benutzt dabei das Stilmittel der direkten Ansprache, um zu zeigen, dass er sie unreife kleine Kinder hält, die ein bisschen Erziehung brauchen.
Vielleicht ist es schon mal jemand aufgefallen:
Er wählt in seiner Kolumne häufig diese Form, diejenigen,über die er da schreibt, direkt anzusprechen.
Trotzdem richtet er sich dabei letztlich vor allem an seine normale Leserschaft. Es geht bei dem, was er schreibt, immer um diese Leserschaft. Ob Leute, die er dabei formal adressiert, überhaupt zum Kreis der Leser gehören, darf in ziemlich vielen Fällen doch arg bezweifelt werden.
Insofern ist es ein wunderbarer Text über die Münkler-watcher. Die hier geäußerte Kritik geht doch arg weit an Martenstein und seinen Intentionen vorbei.
Bevor Sie hier mit “Unfug” um sich werfen, sollten Sie den Text, den Sie als Unfug bezeichnen, lesen. Es mag für Sie unvorstellbar sein, aber genau diese Duktus in Martensteins Text ist in unserem Text beschrieben. Das genau ist es, was wir der Sache als nicht angemessen bezeichnen, die Verharmlosung und Infantilisierung von Münkler-Watch, die im Hinblick auf die Studenten angebracht sein mag, nicht jedoch im Hinblick auf das Phänomen.
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Also ich versteh nicht warum dieser “dummer Jungenstreich” Münkler–Watch so von diesem Blog hier aufgebaut wird.
Was habe ich als junger Produktmanager gelernt ?
– Unrat vorbei schwimmen lassen ! und
– Es gibt keine schlechten public relations (Hauptsache man wird bekannt)
Eine Lanze für Martenstein!
So sehr ich Ihre Kritik nachvollziehen kann, so sehr bitte ich auch, die Umstände seines “Erziehungsversuchs” zu berücksichtigen. Er schreibt nicht in seinem Blog sondern für zwei extrem ideologisierte Blätter (neben Zeit auch Tagesspiegel), Mehr ist dort einfach nicht drin (allerdings weiß ich auch nicht, ob er mehr kann). Er ist in beiden Publikationen ein, vielleicht sogar der Lichtblick. Der Tagesspiegel lässt ihn dafür regelmäßig (ohne Zensur!) von seinem Haustroll in den Kommentaren als “Journalistendarsteller” (sic!) verunglimpfen.
Hat dies auf psychosputnik rebloggt.
Martenstein hat nun mal eine pädagogische Ader.Siehe auch:
http://www.ndr.de/ndrkultur/Gebrauchsanweisung-fuer-die-Benutzung-von-Romanen,audio231014.html
http://www.ndr.de/ndrkultur/Martenstein-ueber-Schmaeh-Gedichte,audio209690.html
Klar, Martenstein schreibt in einer großen Zeitung wie der ZEIT seine persönlichen Ratschläge an die paar Studenten von Münkler-Watch, um sie “zu erziehen”.
So ein Unfug.
Martenstein schreibt in der ZEIT seine Meinung über die münkler-Watcher, und er benutzt dabei das Stilmittel der direkten Ansprache, um zu zeigen, dass er sie unreife kleine Kinder hält, die ein bisschen Erziehung brauchen.
Vielleicht ist es schon mal jemand aufgefallen:
Er wählt in seiner Kolumne häufig diese Form, diejenigen,über die er da schreibt, direkt anzusprechen.
Trotzdem richtet er sich dabei letztlich vor allem an seine normale Leserschaft. Es geht bei dem, was er schreibt, immer um diese Leserschaft. Ob Leute, die er dabei formal adressiert, überhaupt zum Kreis der Leser gehören, darf in ziemlich vielen Fällen doch arg bezweifelt werden.
Insofern ist es ein wunderbarer Text über die Münkler-watcher. Die hier geäußerte Kritik geht doch arg weit an Martenstein und seinen Intentionen vorbei.
Bevor Sie hier mit “Unfug” um sich werfen, sollten Sie den Text, den Sie als Unfug bezeichnen, lesen. Es mag für Sie unvorstellbar sein, aber genau diese Duktus in Martensteins Text ist in unserem Text beschrieben. Das genau ist es, was wir der Sache als nicht angemessen bezeichnen, die Verharmlosung und Infantilisierung von Münkler-Watch, die im Hinblick auf die Studenten angebracht sein mag, nicht jedoch im Hinblick auf das Phänomen.
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