Wir haben in der Redaktion von ScienceFiles immer einmal wieder eine Diskussion über Marktversagen, in der Regel darüber, ob es Marktversagen überhaupt gibt. Diese Frage, sie ist entschieden: Es gibt Marktversagen, aber nicht in der Weise, wie es die Schul-Ökonomie meint.
Kurz zur Erinnerung, Marktversagen ist in der klassischen Ökonomie in folgenden Situationen wahrscheinlich:
Die auf Märkten vorhandenen (vollständigen!) Informationen sind asymmetrisch unter den Marktteilnehmern verteilt. Das ist deshalb ein Problem, weil das neoklassische Modell des Wettbewerbs auf der Idee eines perfekten Wettbewerbs basiert, die wiederum voraussetzt, dass alle marktrelevanten Informationen für alle Marktteilnehmer verfügbar sind.
Die Produktion von Gütern hat zuweilen Effekte auf Dritte, die unentgeltlich in den Genuss des Gutes gelangen bzw. unentgeltlich Kosten, die mit der Produktion des Gutes verbunden sind, zu tragen haben. Weder der zusätzliche Nutzen noch die zusätzlichen Kosten sind im Preis, zu dem das Gut angeboten wird, enthalten (=externe Effekte).
Bestimmte Güter (öffentliche Güter) werden nicht produziert, weil von ihrem Genuss niemand ausgeschlossen werden kann und ihr Konsum nicht rivalisierend ist, man also mit ihrer Herstellung keinen Gewinn machen kann.
Bestimmte gesellschaftliche Gruppen betreiben rent seeking und verzerren auf diese Weise die Marktpreise (z.B. die Hersteller alternativer Energie).
Ob das, was die klassische Ökonomie da beschreibt, einen Widerhall in der Realität findet, und zwar in einer Zeit, in der Regierungen allerorten in die Märkte eingreifen und in einer Weise regulieren, die dazu führt, dass man sowieso nicht mehr von der Existenz unabhängiger Märkte sprechen kann, unabhängiger Märkte, auf denen ein Austausch erfolgen kann, der auf den Annahmen baut, die die klassische Ökonomie formuliert (frei verfügbare Informationen, Transaktionskosten nahe Null, Preis als Indikator für Nachfrage und Angebot und nicht als Indikator für staatliche Eingriffe usw.), das war in der Redaktion umstritten.
Das ist es nicht mehr.
Es gibt Marktversagen.
Made in China, aber nicht nur.
Und Weihnachten hat es an den Tag gebracht.
Beispiel 1:
Smartphones.
Haben Sie schon einmal versucht, ein Smartphone zu finden, das auch tut, was es zu tun vorgibt?
Wir haben das versucht. Mehrfach.
Ergebnis: Smartphone 1 konnte ganz tolle Bilder machen und hatte eine gute Tonqualität bei der Wiedergabe von Musik und Videos. Aber man konnte nicht telefonieren. Ein Telefon, mit dem man nicht telefonieren kann. Das Telefon hat die SIM-Karte nicht erkannt. Ein Blick in entsprechende Foren hat gezeigt: Das ist regelmäßig der Fall, ein Problem, das viele Käufer des entsprechenden – in deutschen Medien als “eines der besten Smartphones” beworbenen Telefons haben.
Smartphone 2, das dieses Mal mit einer italienischen und nicht mit einer russischen Bedienungsanleitung nach Wales geliefert wurde, es hat tatsächlich zugelassen, dass man damit telefoniert. Erst nach ein paar Umstellungen im Betriebssystem des Telefons und erst nachdem es uns gelungen ist, das Smartphone, das ganz und gar nicht smart, sondern vollkommen stur auf den Airplane Modus bestanden hat, von den Vorteilen eines Betriebs außerhalb desselben zu überzeugen. Ein Telefon, mit dem man telefonieren kann und nicht nur spielen. Genial.
Und das haben wir jetzt und telefonieren … – ja, wir telefonieren mit einem Telefon!
Beispiel 2:
Fernbedienung für eine Kamera.
Eigentlich nichts besonderes, so denkt man. Man braucht einen Empfänger, einen Sender und einen Anschluss an der Kamera. Das denkt man, bevor die Packung des in China hergestellten Produkts eintrifft. Die (anscheinend englische) Bedienungsanleitung muss ein Legastheniker geschrieben haben, in jedem Fall jemand, der der englischen Sprache überhaupt nicht mächtig ist. Was er von seinen Lesern will? Niemand weiß es.
Versuche, in YouTube Hinweise auf die Verwendung der Gerätschaften zu finden, die trotz scheinbar einfacher Bedienung nicht funktionieren, führen zu einem Käufer eben derselben Fernbedienung, der eben dieselben Probleme hat: Kein Kontakt zwischen Sender und Empfänger und damit: Keine Fernbedienung der Kamera.
In jedem Fall, in dem ein Produkt nicht hält, was es verspricht, folgt dasselbe Ritual: Return and Refund. Barcode ausdrucken, Produkt abholen lassen, Gutschrift erhalten und nach einem Ersatz Ausschau halten, einem Ersatz, der dieses Mal hoffentlich funktioniert.
Mit anderen Worten: Die verdeckten Transferkosten, die sich mit dem Kauf angeblich funktionierender technischer Produkte verbinden, sind immens. Nicht genug, dass man auf die Informationen, die man im Vorfeld einholt, rundum verzichten könnte, denn entweder die Kundenbewertungen sind geteilt oder es wird trotz guter Bewertungen ein nicht funktionierendes Produkt geliefert. Kurz: Man kann sich nicht angemessen über das informieren, was tatsächlich kommt. Die klassische Ökonomie mit ihrer Annahme der verfügbaren Informationen liegt hier granatenmäßig daneben.
Und dann sind da die Transferkosten. Astronomisch: Stunden gesucht, um das beste Gerät zu finden, Stunden versucht, das Ding ans Laufen zu bringen. Eine halbe Stunde verdaut, dass alle Versuche, den gelieferten Mist funktionsfähig zu machen, scheitern. Eine weitere Stunde damit zugebracht, die Etiketten für die Rücksendung auszudrucken und die Rücksendung für die Abholung bereit zu machen. Und dann geht alles von vorne los, denn man will ja ein funktionierendes Smartphone und eine funktionierende Fernbedienung für die Kamera.
Va banque Spiel nächste Runde.
Ja, es gibt Marktversagen. Die Vielzahl von Junk, die als angebliches Produkt, das mit einem entsprechenden Funktionsversprechen geliefert wird, das sich schnell als Lüge erweist, sie ist Zeugnis davon.
Und seither diskutieren wir in der Redaktion darüber, wie es sein kann, dass derartiger Junk von Firmen vertrieben wird, die so großen Wert auf ihr Image und ihre Reputation legen, ohne dass sich der entsprechende Junk auf die Reputation der entsprechenden Firmen auswirkt (Die insgesamt drei Smartphones, die nicht funktionieren, waren alle teure Produkte von Samsung.
Leben wir am Ende gar nicht im vielbesprochenen Informationszeitalter?
Nachtrag:
Die beiden Smartphones, die nun funktionieren, sind einmal von Samsung und einmal von UMI (Emax) – es kommt auch Funktionierendes aus China!
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Sobald technische Artefakte softwaregestützt sind, tritt das Problem auf, dass Fehler prinzipiell nicht vermeidbar sind. Man könnte mit mehr Aufwand bei Test und Erprobung gegensteuern. Da der Fehler jedoch beim Kunden auftritt, der zumeist auch das Risiko tragen muss, da die Beweislast bei ihm läge, ist die Motivation gering.
Grund ist zumeist die digitale Darstellung der realen Welt, eine Schraube, die nicht ganz maßgerecht ist, klemmt vielleicht etwas. Fehlfunktionen in Software, mögen sie auf noch so kleinen Irrtümern beruhen, setzten schnell das System (App, Programm,…) außer Gefecht.
Leider wird
1. immer wieder der Eindruck vermittelt, wir könnten die ganze Welt digital modellieren (Big Data läßt grüßen).
2. die Qualitätskontrolle von Software gerne dem Nutzer überlassen (Und täglich grüßt das Update).
Es gab vor Jahren eine Regel, die sich auf Eigenentwicklung von Software bezog:
Nachnutzung durch Bekannte/Kollegen erfordert den 3fachen Entwicklungsaufwand,
Nachnutzung durch Fremde den 9fachen…
Kein Wunder, dass man sich den oft spart nach dem Motto “geht doch”!
Nettes Beispiel: Ein Auto der oberen Mittelklasse sollte die ersten 10000km nicht schneller als 160 fahren. Klar, das macht die Software, indem sie die Zündung unterbricht – allerdings hatte man beim Programmieren übersehen, dass unter 160 die Zündung auch wieder eingeschaltet werden muss. Erfolg, der ADAC hatte viel zu tun, die Autos wieder flott zu machen…
Auch ich hatte mich vor einiger Zeit für ein Samsung-Gerät entschieden, weil es bei Amazon über 600 positive Bewertungen hatte. Erst später habe ich irgendwo gelesen, dass Samsung den ersten Käufern eines ihrer neuen Produkte über Amazon die Möglichkeit einer (teilweisen) Kaufpreiserstattung ermöglicht, wenn der Käufer eine positive Bewertung bei Amazon schreibt. Das scheint sich bei den Massen, die Samsung vertreibt zu rechnen und führt zu dem beschriebenen Erscheinungsbild.
Hier ein Link, der dieses Vertriebsgebaren beschreibt: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Samsung-und-Amazon-Wer-bewertet-bekommt-das-Tablet-kostenlos-2290171.html
Ähnlich erging es mir bei dem Versuch auf hardwareversand Hardware zu kaufen. Rechner flux zusammengestellt und liefern lassen, dann ging es los. Seltsame sporadische Abstürze haben mich veranlasst den mal aufzuschrauben. Tja was soll ich sagen, die Spitzbuben haben mir ein gebrauchtes(und teilweise defektes) Mainboard eingebaut. Also das Gerät zurückgeschickt und um Nachbesserung gebeten. Das war am 6.11.2015. Nach 4 Versuchen irgendetwas informatives von der Telefonischen Hotline über den Verbleib meines Rechners rauszubekommen meinte der letzte Telefonheini, er “könne mir nix neues berichten da in der Werkstatt kein Telefon sei. Weil es dort zu laut wäre”! Also ich muss schon sagen… einfallsreiche Ausreden haben die drauf.
Ob die sich ausrechnen können, dass ich dort NIE wieder bestelle? Und…. ob denen das Sch*** Egal ist?
Ich tippe beide male auf “Ja”.
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Sobald technische Artefakte softwaregestützt sind, tritt das Problem auf, dass Fehler prinzipiell nicht vermeidbar sind. Man könnte mit mehr Aufwand bei Test und Erprobung gegensteuern. Da der Fehler jedoch beim Kunden auftritt, der zumeist auch das Risiko tragen muss, da die Beweislast bei ihm läge, ist die Motivation gering.
Grund ist zumeist die digitale Darstellung der realen Welt, eine Schraube, die nicht ganz maßgerecht ist, klemmt vielleicht etwas. Fehlfunktionen in Software, mögen sie auf noch so kleinen Irrtümern beruhen, setzten schnell das System (App, Programm,…) außer Gefecht.
Leider wird
1. immer wieder der Eindruck vermittelt, wir könnten die ganze Welt digital modellieren (Big Data läßt grüßen).
2. die Qualitätskontrolle von Software gerne dem Nutzer überlassen (Und täglich grüßt das Update).
Es gab vor Jahren eine Regel, die sich auf Eigenentwicklung von Software bezog:
Nachnutzung durch Bekannte/Kollegen erfordert den 3fachen Entwicklungsaufwand,
Nachnutzung durch Fremde den 9fachen…
Kein Wunder, dass man sich den oft spart nach dem Motto “geht doch”!
Nettes Beispiel: Ein Auto der oberen Mittelklasse sollte die ersten 10000km nicht schneller als 160 fahren. Klar, das macht die Software, indem sie die Zündung unterbricht – allerdings hatte man beim Programmieren übersehen, dass unter 160 die Zündung auch wieder eingeschaltet werden muss. Erfolg, der ADAC hatte viel zu tun, die Autos wieder flott zu machen…
Auch ich hatte mich vor einiger Zeit für ein Samsung-Gerät entschieden, weil es bei Amazon über 600 positive Bewertungen hatte. Erst später habe ich irgendwo gelesen, dass Samsung den ersten Käufern eines ihrer neuen Produkte über Amazon die Möglichkeit einer (teilweisen) Kaufpreiserstattung ermöglicht, wenn der Käufer eine positive Bewertung bei Amazon schreibt. Das scheint sich bei den Massen, die Samsung vertreibt zu rechnen und führt zu dem beschriebenen Erscheinungsbild.
Hier ein Link, der dieses Vertriebsgebaren beschreibt:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Samsung-und-Amazon-Wer-bewertet-bekommt-das-Tablet-kostenlos-2290171.html
Ähnlich erging es mir bei dem Versuch auf hardwareversand Hardware zu kaufen. Rechner flux zusammengestellt und liefern lassen, dann ging es los. Seltsame sporadische Abstürze haben mich veranlasst den mal aufzuschrauben. Tja was soll ich sagen, die Spitzbuben haben mir ein gebrauchtes(und teilweise defektes) Mainboard eingebaut. Also das Gerät zurückgeschickt und um Nachbesserung gebeten. Das war am 6.11.2015. Nach 4 Versuchen irgendetwas informatives von der Telefonischen Hotline über den Verbleib meines Rechners rauszubekommen meinte der letzte Telefonheini, er “könne mir nix neues berichten da in der Werkstatt kein Telefon sei. Weil es dort zu laut wäre”! Also ich muss schon sagen… einfallsreiche Ausreden haben die drauf.
Ob die sich ausrechnen können, dass ich dort NIE wieder bestelle? Und…. ob denen das Sch*** Egal ist?
Ich tippe beide male auf “Ja”.