Wenn Ermittlungen mit Fehlschlüssen anfangen: Zwei Anschläge in Dresden

Die Tür einer Moschee im Dresdener Stadtteil Cotta, die man nur dann als Moschee erkennen kann, wenn man weiß, dass es sich um eine Moschee handelt, und ein Glasquader auf der Terrasse des Internationalen Congress Centrums in Dresden (ICC) sind die Opfer zweier Sprengstoffanschläge in Dresden. Der Anschlag auf die Moschee hat Leib und Leben von zwei Personen, die sich darin aufhielten, gefährdet. Beim Anschlag auf das ICC war niemand gefährdet.

Bislang ermittelt die Polizei in Dresden noch in alle Richtungen, ein Euphemismus für „Wir haben keine Ahnung, wer für die Taten verantwortlich ist.“ Und bislang liegt der Polizei auch kein Bekennerschreiben vor. Eine Umschreibung für „Und es sagt uns auch niemand, dass er es war“.

Kurz. Die Polizei weiß nicht viel bis gar nichts.

Dennoch ist Horst Kretzschmar, der Polizeipräsident von Dresden, sicher: die Anschläge sind fremdenfeindliche Anschläge:

“Beide Anschläge stehen zeitlich im Zusammenhang. Auch wenn uns bislang kein Bekennerschreiben vorliegt, müssen wir von einem fremdenfeindlichen Motiv ausgehen. Gleichzeitig sehen wir auch eine Verbindung zu den Feierlichkeiten anlässlich des Tages der Deutschen Einheit am kommenden Wochenende.
Horst Kretzschmar Polizeipräsident Dresden”

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Tatsächlich scheinen die Indizien im Fall der Moschee, Kretzschmar Recht zu geben. Indes: Prinzip II des Rationalen Widerstands lautet: Manche sind nicht alle. Es soll schon vorgekommen sein, dass ein Anschlag auf eine Moschee oder ein Gebäude, das von Muslimen genutzt wurde, nicht auf fremdenfeindlichen Motiven, sondern auf anderen Motiven beruht hat (Sunniten gegen Schiiten, Salafisten gegen andere Sunniten oder Schiiten, oder Agent Provocateur – also bezahlte Unruhestifter, die Geheimdienste bekannterweise in der realen Welt und Stiftungen im Internet unterhalten).

Eine Äquivalenz zwischen dem Ort des Anschlages und den Motiven des Anschlags herzustellen, ist somit ein logischer Fehler (Fehlschluss der Bejahung des Konsequens) und so lange nicht angezeigt, wie der Polizei keine eindeutigen Beweise vorliegen, dass es sich um einen fremdenfeindlichen Anschlag handelt. Gerade in einer Zeit, in der die Stimmung sowieso schon aufgeheizt ist, ist es nicht sonderlich sinnvoll, die Ermittlungen auf eine Szene zu beschränken. Auch für Rechte gilt, dass sie unschuldig sind, bis das Gegenteil erwiesen ist.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Polizeichef Kretzschmar seinen logischen Fehlschluss nur in eine bestimmte Richtung macht. Anders formuliert: Was ist am Anschlag auf das Internationale Congress Center in Dresden fremdenfeindlich? In der Logik von Kretzschmar, die von der Personengruppe, die die Moschee in Cotta nutzt, Muslime, die auch nach mehreren Generationen in Deutschland noch Fremde sind und somit Gegenstand fremdenfeindlicher Gewalt werden können, auf das Motiv der Täter schließt, müsste der Anschlag auf das ICC als Tat mit einem kapitalismusfeindlichen Hintergrund gewertet werden, ist das ICC doch Teil des weltweiten Imperiums von Maritim Hotels und somit eines Multinationalen Unternehmens, das seit 1969 stetig gewachsen ist. Genau das Ziel, das Linke avisieren und sicher keines, das man als Gegenstand fremdenfeindlicher Aktivitäten ansehen kann.

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Antifa Aufruf: Alle am 2. / 3. Oktober nach Dresden.

Wenn man die beiden Anschläge in Dresden aufgrund ihrer zeitlichen Nähe in einen Topf werfen will, dann kann man mit gleichem Recht einen fremdenfeindlichen Hintergrund und einen kapitalismusfeindlichen Hintergrund annehmen. Beide Annahmen ändern nichts daran, dass es sich um Fehlschlüsse der Bejahung des Konsequens handelt, aber die Bevorzugung eines der beiden Fehlschlüsse sagt etwas, über die Motivation der Ermittlungs-Anstrengungen, die die Polizei unternimmt, aus.

Und welcher Fehlschluss bevorzugt wird, sagt viel, über das gesellschaftliche Klima in Deutschland aus, in dem viele nur zu gerne auf den nächstliegenden Fehlschluss springen, weil er ihre Vorurteile oder ihr Bedürfnis danach, sich als guter Mensch zu erweisen, befriedigt. Beides ist nicht nur hinderlich, sondern widerlich und trägt nicht dazu bei, einen offenen Diskurs in Deutschland zu führen. Denn wie sollte man über etwas diskutieren, bei dem das Gegenüber schon per Fehlschluss und ohne die Ermittlungen abzuwarten, weiß, wie es sich verhält.

Diese Bereitschaft, auf Fehlschlüsse zu springen, um sein eigenes Mütchen zu kühlen, macht Deutsche so leicht manipulierbar. Wollte man in Deutschland Bürger gegeneinander aufbringen und in einen Bürgerkrieg manövrieren, nichts scheint leichter als das. Der richtige Reiz genügt. Die Reaktion folgt von selbst.


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