Populismus neu, nein überhaupt begreifen!
Vom 6. bis zum 8. Juli wollen sich die Teilnehmer einer Konferenz in Berlin bemühen, Populismus neu zu begreifen. Sie wollen erneut der Frage nachgehen, wie Populismus wissenschaftlich fassbar gemacht werden kann.
Das setzt voraus, dass es den versammelten Wissenschaftlern schon einmal gelungen wäre, Populismus wissenschaftlich fassbar zu machen bzw. Populismus überhaupt zu begreifen.
Daran haben wir unsere Zweifel.
Die Beschreibung der Konferenz legen diesen Zweifel nahe:
„Das Brexit-Referendum in Großbritannien und die Wahlen in den USA haben die Debatte um das Thema Populismus befeuert. Gerade in diesen beiden Staaten zeigen sich die Auswirkungen einer politischen Entwicklung, die mit „Populismus“ in Zusammenhang gebracht werden, besonders deutlich. Beide Länder verbindet dabei, dass sie in den vergangenen drei Jahrzehnten eine ausgeprägte neoliberale Politik durchgesetzt haben. Aber auch in Deutschland sind mit den Erfolgen von PEGIDA und AfD klare Signale einer solchen Entwicklung erkennbar. Entgegen den Hoffnungen auf ein engeres Zusammenwachsen der EU treten zu Beginn des 21. Jahrhunderts soziale Kräfte in den Vordergrund, die den Staatenbund grundsätzlich infrage stellen. Die Sozialwissenschaften bleiben derzeit noch überzeugende Antworten zur Erklärung dieses komplexen Phänomens schuldig. Zentrales Anliegen der Konferenz „Populism and Citizenship“ ist es, diesem Defizit zu begegnen.“
Populismus äußert sich also in Wahlergebnissen im Vereinigten Königreich und in den USA, die irgendwie etwas mit Neoliberalismus zu tun haben und das „engere Zusammenwachsen der EU“, auf das irgendwer gehofft hat, infrage stellen. In Deutschland sieht man den Populismus an AfD und PEGIDA.
Die wenigen Sätze zeigen sehr deutlich, dass die Schreiber ihre persönliche Vorliebe mit Sozialwissenschaft verwechseln. Populismus ist für sie das, was am Werk ist, wenn Wahlen Ergebnisse erbringen, die sie nicht gut finden, wenn das, was sie für Neoliberalismus halten, was sie natürlich negativ konnotieren, gegeben ist und wenn Leute, die andere Ansichten haben als sie, durch Straßen in Dresden laufen oder die AfD wählen.
Kann man seine geistige Borniertheit noch deutlicher zum Ausdruck bringen als in einer Definition von Populismus als Ergebnis in politischer oder wirtschaftlicher Ordnung, das man nicht mag?
Kaum.
Und die eigene Fremdheit dem gegenüber, was Demokratie sein soll, kann man auch nicht besser ausdrücken. Entsprechend können diejenigen, die an Wissenschaft interessiert sind, sich getrost von der Konferenz in Berlin fernhalten. Dort trifft sich eine religiöse anti-liberale Sekte, die darüber jammern will, dass die Wähler falsche Parteien und falsche Präsidenten wählen und falschen Inhalten anhängen, wobei falsch alles ist, was sie nicht mögen.
Wer an einer wissenschaftlichen Diskussion darüber, was Populismus ist, interessiert ist, dem empfehlen wir die folgende Definition als Grundlage:
“Is democracy the rule of the people, or, more precisely: rule by the people? No: Because it is, really and actually, rule in the name of people. … Yes: in its predominant sense democracy is the rule of the majority. … Here Liberalism enters. … Majority rule is tempered by the legal assurance of the rights of minorities, and of individual men and women. And when this temperance is weak, or unenforced, or unpopular, then democracy is nothing more (or else) than populism” (Lukacs, 2005, S.5) [Übersetzung: Ist Demokratie die Herrschaft des Volkes oder präziser, die Herrschaft durch das Volk? Nein: denn es ist tatsächlich Herrschaft im Namen des Volkes. Hier kommt Liberalismus ins Spiel. Die Herrschaft der Mehrheit wird durch Minderheitenrechte und Individualrechte eingeschränkt. Wenn diese Minderheiten- oder Individualrechte nicht oder nur unzureichend gewährleistet sind, dann ist Demokratie nichts anderes als Populismus.]
So gesehen hätten wir derzeit in Deutschland Populismus, denn diejenigen, die in Herrschaftspositionen sitzen, tun alles, um Minderheiten und deren Meinung zu kriminalisieren und aus dem öffentlichen Diskurs auszuschließen. Sie bestreiten deren Recht auf Meinungsfreiheit und schränken Individualrechte als Ergebnis ihres Überwachungswahns ein.
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Ist neoliberal jetzt gut oder schlecht? Ist Macron nicht neoliberal? Falls ihr gute Literatur habt, die Argumente gegen Liberalismus vorbringt, würde die mich interessieren. Momentan weiß ich nicht ob meine Sicht auf die Dinge nicht zu einseitig ist. Linke und rechte haben vielleicht hohe Ziele, aber der Liberalismus überzeugt mit guten Methoden. Was passiert, wenn die Utopien zerfallen und man seinen Weg dorthin rechtfertigen muss? Fragen über Fragen und ich finde keine zufrieden stellende Antworten.
Es ist, glaube ich, erst einmal wichtig, sich darüber klar zu werden, dass niemand weiß, was “neoliberal” eigentlich sein soll. Es hört sich an wie eine neue Variante vom guten alten Liberalismus, aber wenn man in die Literatur schaut, sieht man, dass es nur wenige Autoren gibt, die den Begriff tatsächlich so benutzen, und wenn, dann mit Bezug auf konkrete historische Phasen in der Geschichte konkreter Gesellschaftten. In aller Regel wird der Begriff “neoliberal” als ein abwertender Begriff gebraucht, d.h. es ist ein modernes Schimpfwort, mit dem man den Liberalismus schon in der Bezeichnung abzuwerten versucht (was man u.a. daran erkennt, dass sich m.W. nichts und niemand selbst als “neoliberal” bezeichnet.)
Es ist also besser, wir reden überhaupt nicht von “neoliberal”, sondern von “liberal”. Und jetzt könnte man sagen: naja, ob “liberal” gut oder schlecht ist, hängt von der eigenen Weltanschauung ab; es gibt ja auch Leute, die finden Sozialismus (oder Sozialismus in der Variante des Nationalsozialismus, die beide Sozialismen und beide links sind) oder Anarchismus gut.
Wir glauben aber nicht, dass das eine richtige Einschätzung ist, weil Liberalismus sich eben nicht wie andere “-ismen” vor allem auf bestimmte Inhalte bezieht, sondern auf die Abwesenheit von vorgefassten Meinungen über Inhalte. Wenn Liberalismus mit freier Marktwirtschaft in Verbindung gebracht wird, dann ist das richtig, aber nicht, weil Liberale freie Marktwirtschaft einfach so toll finden, sondern weil Liberalismus eine Philosophie (und keine Gesellschaftslehre im eigentlichen Sinn) ist, deren Grundprinzip lautet, dass Menschen so viel persönliche Freiheiten haben sollten wie irgend möglich (also, soweit sie nicht die Freiheiten anderer Leute beschränken), und der Staat oder sonstige Verwaltungen sich so weit wie irgend möglich aus den Angelegenheiten der Menschen heraushalten sollten. Warum die Einmischung von Staat und Verwaltungen in aller Regel suboptimale Ergebnisse für Menschen sowohl als Einzelne als auch als Gruppen erbringt, das haben liberale Philosophen immer und immer wieder in Schriften argumentiert. Und es gibt genug Belege aus der Realität, die diese Argumentationen stützen. Beispielsweise ist es nun einmal eine Tatsache, dass die (relativ) freie Marktwirtschaft der Planwirtschaft im Sozialismus weit überlegen war und ist und zu großem Wohlstand für eine enorm große Zahl von Menschen geführt hat. Liberale setzen sich für freie Martkwirtschaft also nur deshalb ein, weil in ihr der Staat oder Verwaltungen keine oder nur eine sehr geringe Rolle spielt/spielen.
Liberalismus ist u.E. nicht nur “gut”, weil er Menschen möglichst viele und große Freiheiten schaffen und erhalten will, und wir Freiheit als solche “gut” finden, sondern auch und vielleicht vor allem deshalb, weil er sich in Übereinstimmung mit der beobachtbaren und erfahrbaren Realität befindet (man kann also sagen: wahr ist), oder anders gesagt: er funktioniert für das Zusammenleben von Menschen in möglichst großer Zufriedenheit und möglichst großem Wohlstand, wo andere “-ismen” versagen – und historisch belegt: immer und immer wieder versagt haben.
Das kann u.E. auch gar nicht anders sein, weil nur der Liberalismus die menschliche Natur, so wie sie ist, akzeptiert und respektiert. Andere “-ismen” tun das nicht, und deshalb münden sie gewöhnlich nach sehr kurzer Zeit in Umerziehungsprogramme oder Ausschlusskampagnen, wenn nicht (oder etwas später) in Konzentrationslager und Gulags.
Aus liberaler Sicht ist deshalb wichtig: Wehret den Anfängen! Und (nicht nur) Deutschland ist derzeit schon recht weit über die Anfänge hinausgekommen (obwohl wir uns gewehrt haben 😉 )
Wenn Sie Englisch können und Zeit und Lust haben, eine kurze, aber prägnante Erklärung zum Begriff “neoliberal” zu lesen, kann ich Ihnen einen Text empfehlen, den Sie unter der Adresse
https://mises.org/blog/whats-difference-between-liberalism-and-neoliberalism
finden.
Ich hoffe, das alles hat irgendwie zur Klärung beigetragen!?
Demos und Populus heisst Volk (in griechisch und Latein)
Wer also antipopulistisch ist, ist Antidemokratisch.
Das kann man sein, aber nicht in einer Demokratie.