Inkompetenz und Ideologie: Zwei Seiten derselben Medaille
oder: Warum Genderisten auch nach mehr als 100 Jahren noch denken, Frauen würden benachteiligt.
Geht es Ihnen auch so, dass Sie eine unglaubliche Langeweile erfasst, wenn sie gezwungen sind, das, was die Politainment Industrie, was vermeintliche Qualitätsmedien, Politdarsteller und die dazugehörigen politischen Aktivisten verbreiten, zur Kenntnis zu nehmen?
Zeitweise hat man den Eindruck, die Zeit sei stehen geblieben, wir lebten nicht 2018 sondern 1994, wenn gerade wieder die Ossis zum Feindbild gemacht werden, oder in den 1960er Jahren, wenn ein Rechtsextremismus-Hype nach dem nächsten die linken Hirne in Wallung zu versetzen scheint, oder 1884, wenn behauptet wird, Frauen oder Mädchen hätten irgendwelche Nachteile in der Gesellschaft oder 1478 wenn die Mittel der Inquisition einmal mehr ausgegraben werden, um diejenigen (mund)tot zu machen, die eine andere Meinung äußern als die, die von der ideologischen Kirche, die gerade en vogue ist, erlaubt wurde.
Woran es liegt, dass Themen zyklisch verlaufen und über die Jahrzehnte und Jahrhunderte oszillieren, ist eine Frage, der wir uns ein anderes Mal widmen (vielleicht hat auch der ein oder andere Kommentator eine Idee). Wir haben für diesen Post einmal in den mittlerweile beträchtlichen Archiven von ScienceFiles gegraben und einen Text aus dem Januar 2012 recycled remastered, in dem wir erklären, warum diejenigen, die bildlich gesprochen auf dem falschen Dampfer sitzen, nicht das Boot wechseln.
Die Antwort in kurz: Um das Boot zu wechseln, muss man wissen, dass man auf dem falschen Dampfer sitzt. Um zu wissen, dass man auf dem falschen Dampfer sitzt, muss man die Kompetenz haben, richtige von falschen Dampfern zu unterscheiden. Um diese Kompetenz zu entwickeln, ist Intelligenz in einem gewissen Ausmaß notwendig.
There you have it!
Und das ist der Kern des ganzen Problems: fehlende Einsichtsfähigkeit als Ergebnis eines akuten Mangels an Intelligenz.
[Digitally remastered]
Warum fehlt manchen Menschen die Einsicht, dass die Positionen, die sie vertreten, nicht haltbar sind? Warum behaupten Politiker vollmundig Dinge, von denen sie nachweislich keine Ahnung haben oder von denen sie sogar wissen, dass sie falsch sind? Warum beforschen Wissenschaftler weiterhin Forschungsgegenstände, die als irrelevant oder falsch erwiesen sind? Warum lassen sich manche Zeitgenossen auch mit noch so guten Argumenten nicht von der Falschheit ihrer eigenen Überzeugungen überzeugen? Warum sind manche Zeitgenossen nicht in der Lage, die eigene Inkompetenz zu erkennen?
Die Antworten auf diese Fragen sind nicht nur für den Prozess der Wissenschaft als solchen wichtig, sie vermitteln auch Einsicht in den Intellekt der so beschriebenen Zeitgenossen.
Karl Raimund Popper hat die meiste Zeit seines philosophischen Schaffens der Frage gewidmet, was Wissenschaft von Nicht-Wissenschaft oder in seiner Sprache: von Metaphysik unterscheidet. Diese Frage ist eminent wichtig, denn Wissenschaft zielt auf Erkenntnisgewinn, auf Wissensfortschritt. Daher sind Aussagen, die wissenschaftlich daher kommen, aber keinerlei Beitrag zum Wissensfortschritt leisten, oder – schlimmer noch – erreichten wissenschaftlichen Fortschritt gefährden oder gewonnene Wissensbestände grundlos in Frage stellen, eine Gefahr für Erkenntnis- und Wissensfortschritt.
Die Antwort, die Popper auf die Frage nach dem Rubikon zwischen Wissenschaft und Metaphysik, zwischen Wissen und Nichtwissen gegeben hat, ist einfach und genial zugleich: Um wissenschaftlich zu sein, müssen Aussagen
(1) etwas über die Realität aussagen,
(2) intersubjektiv prüfbar sein und
(3) an der Realität scheitern können.
“Jungen haben im Gegensatz zu Mädchen Nachteile bei der Schulbildung”, ist eine Aussage über die Realität. Sie ist für jeden, der weiß was Jungen sind und eine klare Vorstellung davon hat, was Schulbildung bedeutet, nachprüfbar, und die Aussage ist operationalisierbar und kann entsprechend an der Realität scheitern: Jungen machen seltener ein Abitur als Mädchen, bleiben aber häufiger ohne Schulabschluss oder erreichen nur einen Hauptschulabschluss. Diese Aussage ist einfach anhand von Daten der amtlichen Schulstatistik, in die die Abschlüsse aller Schulabsolventen eines Schuljahrgangs eingehen, zu prüfen. Tatsächlich ist diese Prüfung von Dr. habil. Heike Diefenbach und Michael Klein in einem Beitrag aus dem Jahre 2002 durchgeführt wurden, in dem die Nachteile von Jungen gegenüber Mädchen belegt wurden. Daran gibt es nichts zu rütteln, ebenso wenig wie es etwas daran zu rütteln gibt, dass sich die Erde um die Sonne dreht.
Popper hat nun gedacht, eine derartige Prüfung, die ja immer auch eine Falsifizierung anderer Aussagen darstellt, würde Wissenschaftler dazu veranlassen, erwiesenermaßen falsche Überzeugungen fallen zu lassen, eine Vorstellung, die angesichts seiner eigenen Erfahrungen (zum Beispiel sein Versuch, auch den Letzten davon zu überzeugen, dass ein Induktionsschluss gehaltserweiternd ist und deshalb keinen sicheren Erkenntnisgewinn darstellen kann) und seiner eigenen Argumentation, die oft auf psychologische Variablen zurückgegriffen hat, verwundern muss und nur mit seinem unbändigen Glauben in die Macht der Vernunft begründet werden kann.
Dass Poppers Glaube an die Vernunft ein optimistischer Glaube ist, zeigt sich in vielen Feldern der Wissenschaft. Nach den berichteten Ergebnissen, die die Nachteile von Jungen im Bildungssystem belegen, kann eigentlich niemand mehr, der Aussagen im Einklang mit der Realität machen will, von Nachteilen im Bildungssystem reden, die Mädchen haben. Solche Nachteile gibt es schlicht nicht. Entsprechend würde Popper erwarten, dass Wissenschaftler, die gestern noch gedacht hätten, Mädchen hätten Nachteile im Bildungssystem nunmehr, nachdem sie erfahren haben, dass dem nicht so ist, so vernünftig sind, ihre falsifizierte Überzeugung fallen zu lassen und im Namen des wissenschaftlichen Fortschrittes alle Kraft in die Erforschung der Ursachen der Nachteile von Jungen legen.
Und hier irrt Popper, denn er hat bei seiner Hoffnung in die Vernunft nicht berücksichtigt, dass Vernunft vom jeweiligen Maß an vorhandener Kompetenz abhängig ist.

Wer in einem Feld nicht kompetent genug ist, kann auch seine Überzeugung nicht revidieren, denn er bemerkt nicht, dass er inkompetent ist.
Dies ist das Ergebnis einer Reihe von Experimenten, die Dunning et al. in einem mittlerweile klassischen Beitrag aus dem Jahre 2003 publiziert haben: Um Beschränkungen der eigenen Kompetenz zu überwinden, müssten diejenigen, die den entsprechenden Beschränkungen unterliegen, die entsprechenden Beschränkungen kennen. Würden sie die entsprechenden Beschränkungen aber kennen, wären sie nicht zu inkompetent, die entsprechenden Beschränkungen zu überwinden:
“The skills needed to produce logically sound arguments, for instance, are the same skills that are necessary to recognize when a logically sound argument has been made” (Dunning et al., 2003, S.85).
In Deutsch: Da Personen, denen die benannten Fähigkeiten fehlen (also Poppers Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens), nicht in der Lage sind, ein korrektes logisches Argument zu produzieren, sind sie auch nicht in der Lage ein korrektes logisches Argument zu erkennen, das ihre eigene Position als falsch ausweist.
Es durchzieht ein intellektueller Graben die Wissenschaft. Er trennt diejenigen, die bereit und in der Lage sind, empirirsche Fakten, die ihre eigenen wissenschaftlichen Überzeugungen falsifizieren, anzuerkennen, von denjenigen, die weder bereit noch fähig sind, dies zu tun. Entsprechend sind Letztere keine Wissenschaftler (belassen wir es dabei, denn ich will nicht spekulieren, als was man diese Mitglieder in den Institutionen der Wissenschaft bezeichnen kann, vielleicht hat ja einer der Leser eine Idee, wie man derartige Fortschrittshemmnisse bezeichnet). Dieses Ergebnis trägt einiges zum Verständnis derjenigen bei, die nach wie vor behaupten, schulische Nachteile hätten Mädchen, nicht Jungen oder die manisch damit beschäftigt sind, schulische Nachteile von Jungen zu relativieren: Sie können es nicht besser und verdienen unser aller Mitleid, denn es fehlt ihnen jegliche Einsichtsfähigkeit and this is why they “fail to recognize their own incompetence” (Dunning et al., 2003).
Dunning, David, Johnson, Kerri, Ehrlinger, Joyce & Kruger, Justin (2003). Why People Fail to Recognize Their Own Incompetence. Current Directions in Psychological Science 12(3): 83-87.
Bildnachweis: Alfred North Whitehead
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Dann unterstützen Sie bitte das private Blog ScienceFiles!
ScienceFiles-Spendenkonto
Weitere Möglichkeiten, ScienceFiles zu unterstützen
Anregungen? Hinweise? Kontaktieren Sie ScienceFiles
©ScienceFiles
Wie Martin Amrstrong sagt bzw. Shakespeare die Schauspieler Wechseln, der Plot bleibt der Gleiche:
https://www.armstrongeconomics.com/uncategorized/predicting-the-future-not-so-hard/
Nach meiner derzeitigen Ontologie ist es: Die Muster wiederholen sich dauerhaft und die Dinge basal sind singulär. Daraus basteln die Menschen in einer ”Zwischenebene” parallel dazu die partikularen (nach Gruppen reduktiv und ”entkomplizierend” geordnet und in Gruppen-Hierarchien unterteilte) Weltbilder und Ideologien.
Und in Deusch heißt das…. ?
Das war deutsch. Deutsch ist wie jede Sprache reduktiv, aber eine schöne Sprache, die relativ offen für Komplexität ist. Spezielle Begriffe und Begriffs-Kontexte für verschiedene Bereiche des Lebens, von z.B. Automechanikern über Physiker und Philosophen und Politischer Theorie bis Gartenkunst und Fußball etc.
In anderen ebenfalls deutschen Worten und deren Kombinationen:
Die Muster (die Deutung von abstrakten Ähnlichkeiten zwischen an- und für-sich einzelnen Ereignissen) wiederholen sich.
Als u.a. atomistischer Philosoph sage ich: Die existierenden Dinge selbst, das Sein, basiert auf singulären (einzelnen, nicht mit anderen einzelnen Dingen, Ereignisse, etc. identischen) Dingen. Diese Dinge (metaphorisch bzw. philosophisch: ‘Atome’) kombinieren sich verschieden: vom Atom bis zur reduktiven Vorstellung/Konstruktion eines ganzheitlichen Mono-Universums als Überstruktur.
”Dazwischen” (bzw. parallel/unabhängig nebeneinander) existieren die Ideologien, in denen aus der gleichermaßenen Einzigartigkeit aller Dinge, Momente, Kompositionen, etc. bestimmte Gruppeneinteilungen ‘geschaffen’ werden.
Strukturkonstruktionen mit Gruppeneinteilungen, die das Einzelne in als-ob-verstetigte Gruppen zusammenfassen. Und die die Gleichheit des Existierens in sekundäre Hierarchien und ein ‘klares’/orientierendes Innen/Außen, Wir/Die, etc. einteilen (u.a. soziologisch, psychologisch, evolutionsbiologisch re-konstruierbar oder ‘erklärbar’, z.B. mit dem Muster des Hordentriebs des Menschen).
Und das wiederholt sich bisher dauerhaft in der ‘Geschichte’/Weitererzählung der Menschheit.
Weltbilder setzen sich ja aus einer offenen (und ideologisch geordnet-geschlossenen) Vielzahl von verschiedenen ”Informationen” (diskreten Dingen und deren Deutungen) zusammen.
Um ein Weltbild zu erhalten, die Ordnung zu bewahren, etc. hat ein Mensch ja die ad-hoc-Anpassungen [bei Thomas S. Kuhn und anderen beschrieben], wenn Widersprüche auftreten. Und alle Weltbilder (aus meiner rationalistisch-pluralitischen Sicht) haben Widersprüche, da ”die Welt” kein Top-Down-Ganzes ist, keine einheitliche Totalstruktur, sondern eine bottom-up-Pluralität aus vielen verschiedenen Dingen (Noumena und Phänomena).
Der Beitrag der Genderisten resp. des Feminismus zum Fortschritt: http://altmod.de/2018/08/den-feminismus-in-seinem-lauf-halten-weder-kuh-noch-stute-auf/1698/
Die Quadratur des Kreises, wenig fein ausgedrückt, dem ‘Volke’ aufs Maul geschaut: Wie soll man einem Idioten begreiflich machen, daß er ein Idiot ist?
“vielleicht hat ja einer der Leser eine Idee, wie man derartige Fortschrittshemmnisse bezeichnet”
.
Ja: Gendertröten.
Meiner Ansicht nach wissen Ideologen, Genderisten und andere Inkompetenzen ganz genau, was sie sagen. Immerhin lassen sie sich genau von diesem System ernähren und bezahlen. Schmarotzer sind nicht dumm, sie müssen immerhin sich selbst erhalten und das ohne jeglichen Mehrwert zu generieren. Aber natürlich müssen Politiker und Ideologen so tun, als ob sie Mehrwert generieren, indem sie etwas behaupten oder erzeugen, das kein vernünftiger, d.h. produzierender Mensch nachprüfen kann. Der Trick ist, seine Ergebnisse so zu produzieren, dass sie sich durch sich selbst bewahrheiten, wie zum Beispiel die Aussage, dass „Genderwissenschaften“ das Wissen über Gender verstärkt hat, sodass man besser über Gender informiert ist und noch stärker über Gender forschen kann. Und dass genau deswegen die Gesellschaft davon profitiert, weil wir nun mehr über Gender wissen. Sie produzieren also permanent ‚Vaporware’, also Dampf oder Nebel, sodass man nicht wirklich durchschauen kann, worin nun der Mehrwert liegt. Und wenn man dann seine Zweifel über diesen Nutzen äußert, landet man sofort genau in der Ecke, die für die Ursachen verantwortlich gemacht wird, weswegen weiterhin noch mehr in „Genderwissenschaften“ investiert werden muss. Und eigentlich hilft man mit Gender ja nicht den Frauen, sondern den Männern, weil, diese wegen Gender endlich die Chance haben, sich gendergerecht zu verhalten.
Ich stelle gerade fest, dass ich noch nie einen solch langen, aber inhaltslosen Absatz geschrieben habe, wie diesen hier. Gender ist also ansteckend. Und daher höre ich lieber auf, bevor die Infektion sich ausbreitet….
Geht es um die Bezeichnung oder das Wesen der Sache? Die Frage nach der Bezeichnung bezieht sich auf das Etikett des abgegrenzten Inhalts – die immanente Fragestellung insgesamt zielt weit darüber.
Die Sache krankt ja schon daran daß der Wissenschaftler meint er sei der Verwalter des Steins der Weisen – sagen wir mal so: er ist der Techniker der Schöpfung. Als solcher findet er den Zirkelschluß zwischen seinen Werkzeugen und den Ergebnissen.
Im Hagekura findet sich: “Das Leben ist ein Traum im Traum”. Besser läßt es sich nicht ausdrücken. Man muß die Grundlagen, die hier angesprochen werden, weit tiefer suchen – aber ist dies zielführend? Reicht es nicht wenn der Mensch im Horizont seiner Möglichkeiten zurechtkommt?
An der Stelle klingt dann an, daß sich an den Grundlagen des Lebens ja wenig geändert hat – allein deshalb zu erwarten ist, daß sich die Muster (im Kern menschlichen Wesens) wiederholen.
Wissenschaft = Fortschritt? Auch. Aber erkläre mir einer mal die Begriffe Liebe, Erfüllung oder Glück “wissenschaftlich”. Der Mensch lebt eben nicht von der Logik allein (frei nach, sie wissen schon).