Schmähgemeinschaften
„Gespaltene Gesellschaften“
Dieser originelle Titel, der es mit jedem Titel von Soziologentagen aufnehmen kann, überspannt den 52. Deutschen Historikertag, der Ende September in Münster stattfinden wird.
„Invektive Spaltungen: Exkludierende und inkludierende Dynamiken von Schmähungen von der Antike bis zur Zeitgeschichte“.
Dieser lange und auf “Oh”, “Ah”, “Uii” gerichtete Titel, der meint: Wie reagieren Zuhörer auf Schmähungen, von der Antike bis heute, bezeichnet eine Sektion, in der sich Historiker während ihrer Tage (in Münster) treffen, um über Beleidigungen und Schmähungen in der Geschichte, im Alten Rom, im Mittelalter und in der Neuzeit der USA der 1960er Jahre zu diskutieren.
Er beschäftigt sich mit den Invektiven, die römische Senatoren ausgetauscht haben. Derbes und Hartes, das vor nichts halt machte und nur eine Grenze kannte: Senatoren durften das Volk (also die rund 3% der römischen Bevölkerung, die als Volk gezählt haben) nicht beleidigen. Umgekehrt durfte man seinem Senator, wenn man zum Volk gehörte, so ziemlich alles sagen, was einem eingefallen ist.
Auch untereinander, so berichtet Jehne aus seinen Forschungen, seien die Senatoren nicht zimperlich gewesen, hätten Anschuldigungen vom Inzest bis zu „man habe sich wie ein König verhalten“, ein kapitales Verbrechen in der römischen Republik, ausgetauscht. Die harschen Worte hätten jedoch keine Nachwirkungen gehabt. Senatoren, die sich gerade öffentlich beschimpft hätten, hätten kurze Zeit danach zusammengearbeitet, so als wäre nichts gewesen.
Offensichtlich hat man im alten Rom eine Trennung gekannt, die heute vergessen ist, die zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem. Sie wussten, dass man einen Senatoren als Stultus bezeichnen kann, dass aber nur ein Stultus denkt, der so Bezeichnete sei auch einer.
Im Gegensatz dazu fehlt heutigen Politikern jede Lässigkeit, sowohl im Umgang untereinander als auch im Umgang mit dem, was sie aus der Bevölkerung zu hören bekommen. Sie sind weinerlich, wollen ihrem Volk verbieten, so zu reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, durchsetzen, was korrekte Sprache ist und führen sich wie ein Haufen fragiler Gestalten auf, die nur darauf warten, an einem Wort, das ihr Seelchen gestreift hat, zu zerbrechen.
Jehne berichtet anderes aus dem alten Rom: „Als Geschmähter hielt man das aus, und wenn möglich revanchierte man sich“.
Nun muss man der Beleidigung und Schmähung nicht das Wort reden, kann vielmehr der Ansicht sein, wie wir das sind, dass, wer Argumente hat, Angriffe auf die Person unterlassen kann, dass daher, wer die Person angreift, seiner argumentativen Position oder Fähigkeit nicht sicher sein kann. Was man aus dem alten Rom in die Echtzeit herüber retten kann, ist jedoch zum einen die Erkenntnis, dass der, der sich in einem öffentlichen Amt inszeniert und exponiert, nicht mit der gleichen Rücksicht rechnen darf, die jemand verdient, der seine Privatheit nicht aufgibt, um sich zum politischen Jecken zu machen. Und man kann daraus nehmen, dass die Schmähung und die Beleidigung politischer Gegner, die man heute als „Hate Speech“ bezeichnet, keine Erfindung der Moderne oder der sozialen Netzwerke ist, sondern einem menschlichen Bedürfnis zu entspringen scheint, das einem Arschloch sagen will, das es ein Arschloch ist.
Und so sagt Jehne von sich, er habe eine neue Gelassenheit durch seine Beschäftigung mit den Schmähungen der alten Römer gelernt, die ihn „Schmähgemeinschaften wie Pegida oder AfD“ mit größerer Gelassenheit ertragen lasse. Wir haben auch eine neue Gelassenheit gelernt. Früher hätten wir uns über die Enge des Horizonts geärgert, die ausgerechnet das Gehirn eines Wissenschaftlers oder eines, der es sein will, auszeichnet. Heute sehen wir die geistige Armut, die gerade von historischen Schmähungen berichtet hat, die von allen Seiten kommt und nun Schmähungen nur einem politischen Lager zuschreiben will, als lächerlich, ridiculous, als Witz an, wie er nur von einem kommen kann, der zwar gelesen, aber nichts gelernt und schon gar nichts verstanden hat.
Es lebe der Hatespeaker, der Schmähungen nur bei denen erkennt, die er selbst als Schmähgemeinschaft geschmäht hat. An den Widersprüchen erkennt man die Wirren.
Cuiusvis hominis est errare, nullius nisi insipientis in errore perseverare.
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Der arme Mann hatte vermutlich – wie viele Spezialisten – keine Zeit mehr, anderes und anders zu sehen, als aus dem Blickwinkel seines Gegenstandes: Er wurde zum Senator, unter dessen Würde es ist, den Pöbel anzupöbeln, fühlt womöglich mit den heute Herrschenden. Freilich entgleist der eine oder andere gelegentlich, und “Quod licet jovi non licet bovi” gilt nicht mehr seiner Umkehr gleich, dass nämlich ein Gott sich nicht ungestraft als Ochse aufführen darf.
Herrn Jehne sei zur Entspannung die Lektüre von Peter Rühmkorfs “Über das Volksvermögen” empfohlen. Und eine gute Zeit der Muße, über den Sinn des Wortes “Herkunft” nachzudenken.
Ich sehe die Sache viel einfacher. Mainstream, sich dem Zeitgeist und den Herrschenden andienen.
Zitat:”Und man kann daraus nehmen, dass die Schmähung und die Beleidigung politischer Gegner, die man heute als „Hate Speech“ bezeichnet, keine Erfindung der Moderne oder der sozialen Netzwerke ist, sondern einem menschlichen Bedürfnis zu entspringen scheint, das einem Arschloch sagen will, das es ein Arschloch ist.”
Ich übernehme jetzt mal den Duktus, damit es unmissverständlich rüberkommt:
Wer Scheiße baut, dem muss klar gesagt werden, dass er Scheiße gebaut hat, sonst baut er weiterhin Scheiße. Wer andauernd Scheiße baut und jede Kritik daran in den Wind schlägt oder sogar unterdrücken will, um weiter Scheiße bauen zu können, ist ganz klar ein Arschloch.
Und Arschlöchern muss man klar verständlich machen, dass sie Arschlöcher sind, sonst wird die ganze Welt irgendwann von Arschlöchern regiert und der reflektierende und selbstverantwortliche Mensch von Arschlöchern gänzlich verdrängt.
Wenn man genau hinschaut, ist dieses Phänomen in unserer Gesellschaft schon sehr weit fortgeschritten.
Schuld daran ist die Political Correctness, die solche Fehlentwicklungen wie die Generation Schneeflocke hervorgebracht hat. Also Menschen, die sehr schnell verstanden haben, dass sie mit dem Abwälzen ihrer eigenen Probleme auf andere sofort durchkommen, wenn sie auf die Tränendrüse drücken und sich als unterdrückte Minderheit deklarieren, anstatt sich einfach an die Notwendigkeiten, die sich aus den täglichen Anforderungen an den Menschen ergeben, anzupassen und diese als Normalität und nicht als Ungerechtigkeit zu begreifen.
Das Leben ist hart und es endet immer mit dem Tod. Je schneller man das begreift, desto eher kann man sein Leben selbst in die Hand nehmen, sich selbst verwirklichen, anderen Menschen nicht das ganze Leben lang zur Last fallen und dabei vielleicht sogar ein Vorbild werden, zu dem andere Menschen aufschauen und ihm nacheifern wollen.
Jede Gesellschaft braucht Vorbilder, an denen sie sich orientieren kann.
Eine Gesellschaft, die sich mangels Vorbildern an Arschlöchern orientieren muss, wird irgendwann an ihrer eigenen Scheiße ersticken.
Der Wissenschaftler beherzigt bloß das Kunststück definitorischer Manipulation, wie es uns die veröffentlichte Meinung spätestens seit der Aufregung um Sarrazin & Buschkowski einbläut: Sorge wird zum rassistischen Angriff und das Diffamieren als Rassisten zu einer moralischen hochstehenden Diagnose. Dabei muss man nur den Begriff des Faschismus etwas erweitern, um die Sache wieder vom Kopf auf die Füsse zu bekommen: Islamfaschismus.