Demokratisches Defizit Deutschland
Demokratie ist, wenn man die Regierung loswerden kann.
Karl Raimund Popper hat dies etwas anders ausgedrückt und die Betonung auf „abwählen“ gelegt, wenn man die Regierung abwählen kann.
Was Philosophen wie Popper, eben weil sie Philosophen und keine Politikwissenschaftler sind, nicht bedacht haben, ist, dass es Situationen gibt, in denen man zwar eine Regierung loswerden kann, sich durch den Austausch der Regierung aber die Politik nicht ändert.
Seit Dr. Diefenbach diesen Hinweis hat fallen lassen, geht er durch die Redaktion, setzt sich zuweilen neben den Computer, spielt mit den Bürokatzen, poppt beim Abendessen oder in der Kaffeepause auf und ist so etwas, wie der Alp, der uns plagt.
Alle Demokratietheorien basieren darauf, dass sich durch Wahlen etwas ändert. Was, wenn die Situation in einem Land so ist, dass die Parteien dasselbe Waschmittel in verschiedener Verpackung anbieten, so dass es keinen Unterschied macht, ob CDU/CSU und SPD, CDU/CSU und Grüne, CDU/CSU, SPD und Grüne zusammen regieren. Die ganze Idee der Koalitionsbildung, die selbst Wahlverlierern erlaubt, die Regierung fortzusetzen, wenn sie einen Mehrheitsbeschaffer mit weitgehend identischem Programm finden, untergräbt die Idee der Demokratie, die darin besteht, die Regierung abwählen zu können.
Was uns zurückführt zu Karl Raimund Popper und seiner Ansicht, dass Demokratie auf Mehrheits- nicht auf Verhältniswahl basieren muss.
Mehrheitswahl setzt einen direkten Wettbewerb zwischen Kandidaten in einem Wahlkreis voraus. Wer die meisten Stimmen erhält, zieht in das Parlament ein. Wer verliert, der ist raus, denn es gibt keine Landesliste, über die er dann gegen den Willen der Mehrheit der Wähler seines Wahlkreises dennoch in ein Parlament einziehen kann.
Weil die Abgeordneten in einem Parlament alle persönlich gewählt wurden, haben sie einen ganz anderen Stand gegenüber der Regierung und der Partei, der sie angehören. In Britannien wird dies sehr schön an der Position des Chief Whip deutlich. Ihm fällt die Aufgabe zu, die Abgeordneten der gleichen Partei für die Politik des Premierministers zu begeistern. Misslingt ihm das, fällt die Politik des Premierministers durch, eine Situation, die im UK recht häufig vorzufinden ist.
Damit wird vermieden, dass Regierungen von Parlamentsclaqueuren getragen werden, die sie – aus Angst, den Listenplatz zu verlieren – in allem unterstützen, was sie sich auf die Fahnen geschrieben hat.
Im Britischen Unterhaus kann man derzeit sehen, welche Form Auseinandersetzungen in einer wirklichen Demokratie nehmen können. Der Entwurf eines Brexit-Vertrags ist auf allgemeine Ablehnung der Mehrheit der Abgeordneten der Konservativen und der Labour Party gestoßen. Wann hat es in den letzten Jahren im Bundestag eine Abstimmung über einen wichtigen Gesetzentwurf gegeben, bei dem innerhalb der Regierung nennenswert kontrovers diskutiert und anschließend nicht einmütig im Sinne der Regierung abgestimmt wurde.

Politische Systeme, wie das deutsche werden über kurz oder lang zu einer Veranstaltung derer, die schon seit Legislaturperioden mit ihrer Fraktion stimmen und derer, die dies in der ersten Legislaturperiode tun. Stellen sie sich vor diesem Hintergrund vor, dass 15% der Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion einen Brief an den Fraktionsvorsitzenden schicken, in dem sie ihm mitteilen, dass sie kein Vertrauen mehr in die Fähigkeiten von Angela Merkel haben, die Regierungsgeschäfte zu führen.
Das ist, was derzeit im Vereinigten Königreich passiert. Gerüchten zufolge, deren Urheber man als gut informiert ansehen muss und die dadurch glaubwürdiger werden, dass sie aus unterschiedlichen Quellen gleichzeitig kommen, sind bereits mehr als 48 Letters of No-Confidence bei Graham Brady angekommen, dem Vorsitzenden des 1922 committee of Tory MPs, der für die Anberaumung einer Abstimmung darüber, ob Theresa May als Premierminister noch tragbar ist, zuständig ist.
Stellen Sie sich für einen Moment vor, es gäbe in Deutschland die Möglichkeit, darüber abzustimmen, ob Angela Merkel weiter als Bundeskanzler fungieren kann, wenn 15% der Abgeordneten der Unionsfraktion erklären, das Vertrauen in Merkel verloren zu haben.
Stellen Sie sich weiter vor, Merkel müsste sich nicht nur der Abstimmung stellen, sondern ihren Posten als Bundeskanzler räumen, wenn eine Mehrheit der Abgeordneten der Unionsfraktion ihr das Misstrauen ausspricht.
…
Aber lassen wir diese Utopie eines demokratischen Systems.
Eine Demokratie erkennt man daran, dass man die Regierung abwählen kann und – wie wir ergänzen – daran, dass nach Abwahl der Regierung eine andere Politik gemacht wird.
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Dann unterstützen Sie bitte das private Blog ScienceFiles!
[wpedon id=66988]
ScienceFiles-Spendenkonto
Weitere Möglichkeiten, ScienceFiles zu unterstützen
Anregungen? Hinweise? Kontaktieren Sie ScienceFiles
©ScienceFiles
Wissenschaft und Information verständlich und in Klartext.
Unterstützen Sie ScienceFiles
Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen.
ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden.
Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen:
Entweder direkt über die ScienceFiles-Spendenfunktion spenden [das ist sicher und Sie haben die volle Kontrolle über ihre Daten]:

Oder über unser Spendenkonto bei Halifax:

HALIFAX (Konto-Inhaber: Michael Klein):
- IBAN: GB15 HLFX 1100 3311 0902 67
- BIC: HLFXG1B21B24
Wenn Sie ScienceFiles weiterhin lesen wollen, dann sind Sie jetzt gefordert.
Das ist doch reines Wunschdenken.
“Stellen Sie sich weiter vor, Merkel müsste sich nicht nur der Abstimmung stellen, sondern ihren Posten als Bundeskanzler räumen, wenn eine Mehrheit der Abgeordneten der Unionsfraktion ihr das Misstrauen ausspricht.”
Das muß ich mir nicht vorstellen, denn das würde nie passieren. Man denke an den CDU-Parteitag, der Merkel mit “standing ovations” begrüßte (oder verabschiedete?).
Das ist auch unabhängig vom Mehrheits-oder Verhältniswahlrecht.
Wir haben in Schland ja nicht einmal richtige Gewaltenteilung.
Immer noch mehr als auf EU-Ebene. Was bedeutet es also wenn es noch mehr EU-geben wird?
Genau deswegen sollte in einer Demokratie nicht die Partei den Kanzler stellen, welche bei Wahlen am meisten Stimmen hat….dieser Partei sollte es obliegen, in Opposition gehen zu müssen. Und dauerhafte Fraktionen gehören verboten, ebenso wie Listen etc.
Außerdem sollte in D ein Bundestag nur einberufen werden, wenn ernste, wichtige und das ganze Land betreffende Ereignisse passieren. Ansonsten haben diese Damen und Herren zu arbeiten. Denn wenn man den ganzen Tag im Reichstag zusammensitzt kommt eh nur Quatsch heraus.
Stimmt. Aber du hast natürlich vergessen, dass die dt Regierung eine Leckerkuchenfabrik ist und “regierungsfähig” sein muss. Mit Gewaltenteilung wären sie aber nicht “handlungsfähig”, sagen die Akteure. Bei jeder Störung wird gejammert, dass die Regierung zum erliegen gekommen sei. Und auf ein “Basta, ich erklär die Krise für beendet” folgt die Erklärung, dass man jetzt wieder an die “Sacharbeit” zurückgehen könne.
Kleinigkeit: Bis zur Anhörung von Broder und Lengsfeld gab es genau drei Rückführungen auf Grund des Griechenlandabkommens und des Spanienabkommens zusammen. Drei Personen. Leckertortenfabrik. Nicht stören.
Das funktioniert aber nur, wenn nicht kleinen Parteien von vornherein durch undemokratisches Gemauschel die Chance genommen wird, überhaupt einen direkten Kandidaten durchzubekommen. So ist das in Frankreich, wo der FN zwei oder drei Kandidaten durchbringen konnte, obgleich es nach Verhältnismäßigkeit sehr viel mehr hätten sein müssen. Die Wahlbezirke wurden so eingeteilt, daß der jeweilige FN-Kandidat keine Chance hatte.
Ansonsten finde ich das auch schrecklich mit der Landesliste. Ich bin deshalb dafür, eine Beschränkung der Kandidatur auf zwei Wahlperioden zu schaffen, für den Bundeskanzler und die Minister sowieso, aber auch für die Abgeordneten. Die Kontinuität der Arbeit wird durch die Ministerialbürokratie gewährleistet, Argumente, kaum hätte sich ein Minister eingearbeitet, schon wären seine acht Jahre um, die zählen nicht.
Man kann auch nicht andererseits auf Kritik, z.B. Frau UvdL hätte keine Ahnung vom Militär, erklären, die Ministerialbürokratie wäre ja da, und dann eine allgemeine Beschränkung auf zwei Wahlperioden verwerfen.
Verehrter Herr Klein,
um nicht mißverstanden zu werden darf ich eingangs meine Wertschätzung gegenüber dem britischen Wahlrecht zum Ausdruck bringen. Genau so, wie Sie es für das Vereinigte Königreich beschreiben, sollte eigentlich Wahlrecht funktionieren: Schluß mit lustig, wenn der Topf überläuft, wenn keiner mehr will.
Dennoch muß ich daran erinnern, warum wir in Deutschland diese unbrauchbare Form des Wahlrechts haben: Es ist ein Überbleibsel aus der Besetzung Deutschlands durch US-Amerikaner, Briten, Franzosen und Russen.
Wir können gerne die Frage hier stellen, warum dies heute – über 28 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands – immer noch nicht geändert worden ist, warum wir Deutschen immer noch keine eigene Verfassung und damit kein dem britischen vergleichbares Wahlrecht haben?
Ich bin gespannt 🙂
Eine höchst interessante Frage, und vermutlich eine ebenso höchst interessante Erklärung. Und wenn wir schon dabei sind: War Deutschland wirklich an allem schuld, was ihm seine Gegner zweier großer Kriege vorwarfen und immer noch vorwerfen?
Schmuddelkind Deutschland und auf der anderen Seite die strahlenden Helden? Wer’s glaubt …
Sehr richtig, ich sage nur – die abgehackten Kinderhände in Belgien, und das andere – darf man ja nicht. W i l l man hier aber auch nicht.
Es ist wirklich bedauerlich ansehen zu müssen, wie in diesem Land die Demokratie pervertiert wird. Was m.E. aber nicht auf ein fehlerhaftes Wahlsystem zurück zu führen ist. Das Mehrheitswahlsystem mag seine Vorteile haben – spätestens wenn es um die Vertretung von Minderheiten geht, zeigt sich dessen gravierendster Nachteil. Das deutsche Wahlsystem mit seiner Mischung aus Mehrheits- und Verhältniswahl hat sich durchaus bewährt. Ich wäre nicht bereit, dieses gegen ein anderes System einzutauschen.
Die “deutsche Demokratie” krankt m.E. nicht an ihrem Wahlsystem. Sie krankt überwiegend an viel zu vielen interesselosen, gleichgültigen, uninformierten, desinformierten und faktenresistenten Wählern. Sie krankt an dem seit rd. 50 Jahren mit zunehmender Intensität aufgebauten und von der Mehrheit verinnerlichten Narrativ, Alles was links und grün ist, sei gut und alles was nicht links und grün ist, also auch das, was für sich die Bezeichnung “konservativ” beansprucht, sei braun und Nazi und schlecht. Dieses seit 50 Jahren andauernde Airplugging – maßgeblich in den Anfangsjahren durch die damalige DDR finanziell angeschoben – das vor 30 Jahren noch von den Springermedien, vom ZDF, von der FAZ und der Zeit bekämpft wurde, führte dazu, daß auch diese genannten Medien “die Seiten” gewechselt haben. Wer heute gewohnt ist, Informationen nur passiv aufzunehmen, ist dieser Indoktrination hoffnungslos ausgeliefert und iiefert sich mit jedem weiteren Tag mehr aus. Die Anzahl der aktiven Informationsbeschaffer ist beschränkt, auch wenn die Zugriffszahlen auf TE, achgut, Sciencefiles und Andere etwas Anderes zu suggerieren scheinen. Die Wahlergebnisse sprechen da eine eindeutige Sprache. Und die würden nicht anders aussehen, hätten wir ein reines Mehrheitswahlrecht. Im Gegenteil. Unter dieser Voraussetzung wäre die AfD nicht mit fast 100 Abgeordneten im Bundestag vertreten, sondern allenfalls mit 5 oder 10.
Für Deutschland besitze ich keine positive Utopie mehr. Nur noch dystopische Horrorszenarien.
Sehr guter Beitrag!
Ich erinnere auch an die Riesenproblematik der Überhangmandate. Eine Projektion auf den nächsten Bundestag auf Basis aktueller Umfragen führt wohl zu dem Ergebnis, daß sich der Bundestag auf ggf. über 1000 Abgeordnete aufblähen könnte. Hier wird die “Demokratie” pervertiert. Die jetzige Nomenklatura ist nicht in der Lage, Änderungen herbeizuführen (obwohl sie ihren Willen dazu verbal immer wieder reklamiert).
Wenn ich mir Bundestagsdebatten ansehe, schaue ich meist auf die Vitae der Abgeordneten. Und ganz oft frage ich mich, wie jemand, der nur in Parteien zugange war und nie produktiv gearbeitet hat, in der Lage sein soll, über wichtige Themen fundiert abzustimmen. Da besteht das ganze Gedankengebäude nur aus Ideologie.
Auf die unheilvolle Rolle der gleichgeschalteten Staatsmedien möchte ich ergänzend hinweisen. Dieser “Sumpf” (Parteien + Gewerkschaften + Bürokratie + Regierung + Medien) richtet dieses Land zugrunde.
Wenn die “WerteUnion” innerhalb der CDU etwas mehr A**** in der Hose hätte, dann könnte das sogar funktionieren.
@Rudi Ratlos, Bernhard Freiling und David:
das zusammengenommen und noch ein wenig mehr kommt der Sache vielleicht auf die Spur:
https://www.anderweltonline.com/politik/politik-2018/der-erste-weltkrieg-und-die-folgen-fuer-die-deutsche-demokratie/
Ob das stimmt oder nicht sei dahingestellt, zumal solches Schürfen in D strafrechtlich nicht unproblematisch ist. Was manch ein Historiker schon spüren durfte. Woraus sich aber ganz zwanglos allerlei Fragen ergeben, die – selbst unbeantwortet – allerlei Antworten nahelegen.
.
Dem wäre anzufügen daß die Nachkriegsjustiz noch halbwegs als solche bezeichnet werden konnte während heute richterliche Willkür an der Tagesordnung ist (im besonderen werden die Abwehrrechte des GG und der Verfassungen auf den Kopf gestellt – z.E: der Bürger muß den Behörden “nachweisen”, was natürlich nie gelingt wenn die Wahrnehmung ausgeschaltet wird). Was sagt uns dies über den Vollzug einer Entwicklung, vorwärts wie rückwärts?
.
Voraussetzung dafür sind die o.a. “politischen” Verhältnisse. Da reicht es eben nicht den Sack D zuzumachen und draufzuschlagen, da muß man auch mal genauer hinsehen, wer mit welchen Wurzeln wo an welchem Rädchen gedreht hat.
.
Die Parteien sind das was sie sind weil sie das sein sollen. Es braucht auch kein Wahlvolk um deren Vertreter zu dem anzuhalten zu dem jeder einzelne Bürger, Abgeordnete im besonderen, verpflichtet ist: Verbrechen entgegenzutreten. Wie dem, was hier beabsichtigt ist. Womit sich viele ungestellte Fragen mit ihren nicht gegebenen Antworten die Hand zum Ringelpiez reichen.
Wenn es in Bayern das Mehrheitswahlrecht geben würde, säßen jetzt im Bayerischen Landtag 85 Abgeordnete der CSU und 5 von den Grünen. Österreich dagegen hat ein reines Verhältniswahlrecht. Dort gelang im letzten Jahr sowohl ein Regierungs- als auch ein Politikwechsel. Es liegt also nicht am Wahlsystem, wenn sich nichts ändert. Meiner Meinung nach gibt es zwei Gründe. Der Erste ist die Parteienlandschaft. Wir haben faktisch nur noch ein 2 Parteiensystem. Auf der einen Seite die nSED – neue sozialistische Einheitspartei bestehend aus CDU-CSU-SPD-FDP-Grünen-altSED bzw. Linke. Auf der anderen Seite die AfD. Welche Partei man aus dem Kreis der nSED wählt ist wurscht, man bekommt immer in Grundzügen das selbe-Merkel! Die Presse suggeriert künstlich Unterschiede, die es faktisch nicht gibt. Leider glaubt die Mehrheit der Menschen hier diese Propaganda. Und damit sind wir beim zweiten Grund-die Wähler! Es hat in der Deutschen Geschichte nur einmal eine Änderung durch das Volk gegeben, nämlich 1989. Davor kamen alle politischen Änderungen von oben – Stichwort Bismarck – oder von außen. Solange es mir gut geht muss ich nichts ändern, auch wenn die Schrift in großen roten Lettern an der Wand bereits sichtbar ist. Es wird in Deutschland halt wie immer sein, es muss noch viel schlimmer werden, bevor sich etwas ändert. Und wenn wir Pech haben, liegt das Land bereits in Trümmern. Die einzige Hoffnung sind die Menschen in Ostdeutschland, die bereits einen friedlichen Wechsel herbeigeführt haben.
Auch wenn ich Ihnen zustimme gebe ich zu bedenken, daß gerade diese (auch) an den Schalthebeln sitzen, die hierin entscheidend sind. Ich halte dies für eine Selbstüberschätzung die von dem getragen wird, sich aus einer “Unterposition” auf “Augenhöhe” zu begeben, kurz, die Umstände haben es hergegeben – nicht der Wille als solcher.
Solche Modellrechnungen basieren auf der Annahme, dass Wähler, wenn Sie nur eine Stimme haben und diese Stimme entscheidet, wer in den Landtag einzieht, GENAUSO wählen, wie sie es im Bewusstsein einer Zweitstimme tun. Diese Annahme ist zumindest, naja, fraglich.
Es bedarf meiner Ansicht nach zwei Grundvoraussetzungen, damit Demokratie funktioniert:
1. Ein demokratisches System, bei dem der Wille der Mehrheit der Wähler möglichst ungehindert bis in die von dieser Mehrheit gewählte Regierung wirkt und dort auch möglichst direkt in die Tat umgesetzt wird:
Einflussnahme von außen auf das demokratische Systems, um die Umsetzung des mehrheitlichen Wählerwillens durch die Regierung auszuhebeln, sei es durch Lobbygruppen der Wirtschaft, durch Religionsgemeinschaften oder demokratiefeindliche Ideologien, muss verboten und zur Einhaltung des Verbotes strengstens sanktioniert werden.
Das gleiche gilt für potentielle Eigeninteressen der gewählten Regierungsmitglieder. Amtsmissbrauch zum Zwecke der Umgehung des Wählerwillens, muss genauso streng geahndet werden. In dem Zusammenhang sollte man auch in Erwägung ziehen, Regierungsmitglieder hin und wieder zum “Idiotentest” zu schicken. Was bei Autofahrern, die sich durch Fahruntüchtigkeit hervorgetan haben, gut und richtig ist, sollte für Regierungsmitglieder, denen es offensichtlich an Verstand und Durchblick mangelt, genauso gelten.
Unterm Strich ist es bei uns viel zu schwer, irrlaufende Regierungen aus dem Amt zu heben.
Eine Demokratie, bei der man eine amtierende Regierung, die offensichtlich gegen die Interessen des eigenen Volkes agiert, nur mit Androhung bzw. Ausübung von Gewalt wieder los wird, ist keine Demokratie. Punkt.
2. Eine Bevölkerung, bei der möglichst viele einzelne Wähler zur Selbstreflektion und zu unabhängigem Denken fähig sind und so überhaupt erst einen individuellen Wählerwillen entwickeln können:
Hier spielt das Bildungssystem, oder genauer: die Art und Weise, wie in einer Gesellschaft aus unselbstständigen Kindern Erwachsene gemacht werden, eine ganz entscheidende Rolle.
Wer nicht in der Lage ist, sein Leben selbstständig zu führen und selbstständig zu denken, wird jede Form von Demokratie sofort zur Abschaffung der selben nutzen.
Was u.A. der Hauptgrund sein dürfte, warum im Nahen Osten jeder Versuch der Installation demokratischer Systeme langfristig scheitert. Man denke z.B. an Ägypten und die Muslimbrüder. Das Militär hat dort gut reagiert. Bei uns im Westen wurde das kritisiert, weil keiner bei uns das eigentliche Problem verstanden hat. Eine Trennung von Religion und Staat existiert in der islamischen Welt nicht. Und bei uns im Westen wird diese nur unsauber funktionierende Trennung seit geraumer Zeit aktiv torpediert.
Es braucht Menschen mit gefestigter eigener Identität, deren Schwerpunkt auf der Identifikation mit dem für die Demokratie gültigen Geltungsbereich liegt und keinen einzigen Meter darüber hinaus. Religionen funktionieren nach dem Führerprinzip, haben einen global uneingeschränkten Wirkungsbereich und stehen deshalb nicht nur außerhalb national organisierter Demokratien, sondern auch in Konkurrenz zueinander. Deshalb müssen Religionen, wie auch sonstige antidemokratische Ideologien, sowie jegliche Einflussnahme durch jedwede andere Lobbygruppen, zwingend aus dem demokratischen Prozess ausgeschlossen und bereits innerhalb des Bildungssystems in ihre Schranken verwiesen werden.
Wer nicht zu selbstständigem Denken befähigt ins Leben entlassen wird, weil er im Entwicklungsprozess bereits maßgeblich deformiert oder an der Entwicklung eines eigenen Willens gehindert wurde, wird immer wieder die Wählen, die ihm das Denken abnehmen.
Resümierend stelle ich fest, dass es in Deutschland derzeit an beiden Punkten massiv hapert.
Eigentlich ist es ein Wunder, dass noch nicht alles zusammengebrochen ist. Meiner Einschätzung nach liegt es daran, dass zumindest im älteren Teil der deutschen Bevölkerung die alten preußischen Tugenden noch nicht ganz vergessen worden sind. Die Selbstdisziplin des Volkes hält dieses Land am laufen, während die Führung das Land zu zerstören versucht.
Aber spätestens dann, wenn die jetzige Generation 40+ (eher 50+) die Bühne verlassen haben wird, ohne dieses Land zurück auf Kurs gebracht zu haben, wird Deutschland untergegangen sein. Die derzeit aktiv betriebene Deformation und Ausdünnung der deutsche Jugend wird dann voll durchgeschlagen.