Die Verarmung des Politischen
Die Elefantenrunde. Wer erinnert sich nicht gerne daran, wie Franz-Josef Strauss mit hochrotem Kopf nach Worten rang, während Helmut Schmidt genüsslich eine Zigarette angezündet hat, Hans-Dietrich Genscher, ganz Staatsmann, die desinteressierteste Miene aufgesetzt hat, zu der er fähig war, und Helmut Kohl auf die Gelegenheit gewartet hat, um endlich wiederholen zu können, was er vor kurzem schon gesagt hatte.
Lange ist es her.
Alle vier, wie auch immer man zu ihnen steht, hatten ein politisches Programm.
Der Streit, den sie so wirkungsvoll vor der Kamera geführt haben, war nicht wie heute, in weiten Teilen inszeniert, er war echt, er beruhte auf identifizierbaren Unterschieden in Weltsicht, politischer Ideologie, politischen Vorstellungen und konkret geplanten Maßnahmen.
Parteien haben sich in den 1970er und 1980er Jahren nicht nur im Grad des Extremismus, den sie gerade durchsetzen wollen, unterschieden, wie das heute der Fall ist, sondern in den Inhalten. Die CDU und vor allem die CSU waren konservative Parteien, mit den entsprechenden Werten, die freie Marktwirtschaft und eine der Leistung angepasste Entlohnung hochgehalten haben. Sozialdemokraten hatten zumindest noch eine Idee davon, wie der “Kleine Mann”, den sie oft im Mund geführt haben, lebt, was seine Wünsche und Bedürfnisse sind, welche Politiken ihm sein Leben leichter machen. Die FDP war noch liberal im Sinne des Wortes und keine Beleidigung für alles, was Liberalität umfasst, und die parlamentarische Welt war noch Grünen-frei.
Seither hat sich viel verändert, viel, das für Politikwissenschaftler interessant sein müsste und das man am besten dadurch beschreiben kann, dass (1) ein zentripetaler Wettbewerb zwischen Parteien eingesetzt hat, der sie zu Anbietern desselben Waschmittels in unterschiedlicher Verpackung gemacht hat, wie dies Anthony Downs schon in den 1950er Jahren vorausgesehen hat.
(2) hat sich das politische Personal verändert, es wurde im Zuge dessen, was man die grüne Revolution nennen kann, entprofessionalisiert. Politiker ist schon seit jeher kein Beruf, der an intellektuelle Voraussetzungen, Bildungszertifikate oder gar eine Ausbildung geknüpft ist. Seit Beginn der 1990er Jahre wird er zunehmend zu einer Tätigkeit für diejenigen, die eine sehr große Klappe mit einer ungerechtfertigten Selbstsicherheit verbinden, deren Ausmaß im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu ihrem Wissen von was auch immer steht.
Das hat (3) und konsequenterweise zu der Identitätspolitik geführt, die Dr. habil. Heike Diefenbach hier ausführlich kritisiert hat. Nicht mehr rationale, sondern irrationale Entscheidungen sind das Gebot der Stunde, nicht mehr Wissen und Kompetenz, sondern Emotion und Hysterie sind die Grundlage von Entscheidungen.
Diese Entwicklung ist im folgenden Wahlkampfspot von Martin Dulig, der in Sachsen in den Landtag gewählt werden will, in einer geradezu grotesk ehrlichen Weise zusammengefasst: Ich bin der Martin. Ich bin gut. Wählt mich. Das ist das Angebot, das Wählern gemacht wird, damit sie SPD und Dulig wählen. Es ist ein Angebot, das in nahezu beängstigend klarer Weise zeigt, welches Ausmaß die Entprofessionalisierung und damit einhergehende Emotionalisiserung der Politik bereits erreicht hat. Die Bewerbung um ein Mandat in einem Landtag, sie wird überhaupt nicht mehr mit dem Anspruch, POLITIK zu machen, ein politisches Programm zu haben, klare Vorstellungen von rationalen Lösungen für vorhandene gesellschaftliche Probleme zu haben, verbunden. Die Ärmlichkeit, die die Entprofessionalisierung mit ihrem Kenntnis- und Kompetenzvakuum geschaffen hat, sie hat etwas Archaisches, etwas Gutturales: Ich gut, Du mich wählen, sonst Du nixgut.
Tiefer sinken ist nicht mehr möglich. Die, die sich für politische Elite halten, sind intellektueller Bodensatz, nichts anderes.
Ok, hier auch noch mal mit Übersetzung. ☺️ pic.twitter.com/GY8ppYHOat
— Martin Dulig (@MartinDulig) August 28, 2019
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…Bodensatz ja, intellektuell nein.
Erschütternd ist die Tatsache, dass sich der angebliche „Souverän“ so etwas gefallen lässt. Warum tut er (sie) sich das an? Weil die Wähler aufgrund der schlechten Bildung und Ausbildung nicht mehr denken, besser, nachdenken können, bzw., wollen. Das wird sich vermutlich auch nicht ändern.
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Ein Blick ins tägliche TV Programm verrät’s ganz glatt: Unterhaltung, Unterhaltung, Unterhaltung. Dummheit, wohin man blickt, gesteuert von den Herrschenden in Politik und Presse und gierig aufgenommen vom absolut verwöhnten (bereits dekadenten?) Wahl-, und (bei-Fuß) Volk
Ich bin zu der Auffassung gelangt, dass viele nicht nachdenken WOLLEN. Dann gibt es diejenigen, die das noch entschuldigen, weil ja viele so hart arbeiten müssen und deshalb keine Zeit hätten und deshalb auf das ÖR reinfallen würden. Meines Erachtens ist das aber nur eine faule Ausrede. JEDER hat in der Woche mal mindestens 1 Stunde Zeit, um in den alternativen Medien zu lesen, nur wollen muss man es. Wissen Sie @Libkon, gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde in den Kinos auch nur noch Komödien gezeigt. Das Volks musste unterhalten werden, abgelenkt werden von dem wirklichen Leben. Meist waren die Komödien aber intelligenter, als das was heute zur Unterhaltung angeboten wird. Der Sinn ist der gleiche: Ablenkung von den schlimmen Dingen, die auf uns zukommen. Ja nicht die Leute zum Nachdenken bringen.
Damit liegen Sie wahrscheinlich goldrichtig. (Leider ist mir der Buchtitel entfallen in dem sinngemäß steht) wie angenehm glücklich es sich lebt wenn man sich dem Druck der Entscheidungen entziehen kann indem man einfach den Befehlen folgt.
Ahh ja…
Mein Gott, ist das echt? Ich bin nicht in den sogenannten sozialen Medien unterwegs. Ich sitze erschüttert vor diesen kleinen Wahlspot(t) und kann es nicht glauben. Der längere beim MDR ist schon unterirdisch, weil Dulig mit dem wirbt, was er schon hätte längst anschieben können, da er ja eigentlich schon ein paar Jahre zur Regierungsriege gehört. Aber das? Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht.
Von diesem Dulig läuft auch derzeit ständig Wahlwerbung im Radio. Ich bin ja selbst Sachse, aber bei dem seiner Aussprache und seinem Genuschel biegen sich einem die Zehennägel. Der Typ ist als Politiker schon eine Katastrophe, aber wenn der noch den Mund aufmacht … 🙄
Kommt natürlich auf die Zielgruppe an. Da hat der Dulig schon recht. Insofern gelungen. Man muss sich nur anschauen, wer so auf den linken Demos mitläuft. Die sind doch garnicht in der Lage, halbwegs normal zu denken und zu schlussfolgern. Die erreicht man nur so.
Die wählen aber ganz sicher nicht die sterbenden Sozen mit ihrem nuschelnden Dulig. Die Kreischkinder, die Antifanten und das ganze nichtskönnende Klientel wählt gleich die SED-Linke oder vielleicht noch Grün.
Aber die Menschen wählen doch die vermeintlich doofen Politiker, fühlen sich gut dabei und lassen ihre Kinder am Freitag zu Greta gehen.
immer wieder schön anzusehen….
Wenn man ehrlich ist, dann sieht man, daß auch eine CDU nur durch einen Ludwig Erhard freiheitliche Züge / freie Märkte als Chance verstand – und dies auch meist nur von einer Minderheit. Kaum ein Kanzler hatte in der CDU mehr Feinde als Erhard. Es war wohl eher die “Gunst der Zeit” – die Unterstützung der Amerikaner, die Erhard überhaupt Einfluss verschaffte, während ein Adenauer noch durchaus sozialistische Prägung hatte.
Die CSU bestand immer aus erheblichen Teilen von überzeugten Sozialisten – auch zu Zeiten von Strauß, der allerdings eher auf einen korporatistischen Sozialismus setzte, den viele für “Kapitalismus” (freie Märkte) hielten. Damit war er immerhin schon “the less worse of the worst”.
Als ich gestern hörte, daß das Regime 40 Milliarden Euro in den “Joberhalt” der Braunkohle- und Chemiegegend Lausitz buttern will, erinnerte mich das sofort an die Weimarer Republik, in der der Staat die Löhne von Massen an Stahl/Kohlearbeitern im Westen zahlte – wegen “soziale Gerechtigkeit” und so. Die “Ideen” und Konzepte sind seit über 100 Jahren die gleichen geblieben und die deutsche Politik hängt tief irgendwo zwischen 19. und 20. Jahrhundert fest.
Ja und von den 40 Milliarden bauen die dann sowas wie eine nagelneue Autobahn bis in die Lausitz, wo nach der Kohle aber alle vermutlich abwandern werden und keiner drauf fahren wird. Oh wait … die Polengrenze ist ziemlich nah. Da läuft wenigstens der “Export” dann noch schneller. Und wenn man so liest, wer alles etwas von diesem Milliardenkuchen abhaben will, dann weiß man gleich, dass der größte Teil in Sinnlosprojekte fließt oder in Bündnissen versickert. Die ersten Bürgermeister stehen schon in den Startlöchern, um sich ihre “Palast-Projekte” zu sichern.
“Tiefer sinken ist nicht mehr möglich.”
Sollte man meinen – aber warten wir es ab!
Zu oft schon habe ich erlebt, wie ein vermeintlich von nicht entmündigten Personen nicht mehr unterbietbares Niveau locker deklassiert worden ist.
Ich glaube es war Lao Tse, der einst gesagt hat:”Der kluge Herrscher füllt dem Volk die Bäuche und leert ihm die Köpfe.” Oder neuzeitlich gesagt: Hätte die DDR den Lebensstandard der Schweiz gehabt, hätte Ulbricht die Mauer ruhig doppelt so hoch bauen können.
ja – da kommt man aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus! Was für ein Personal! Ich habe noch die Debatten in den 1970ern erlebt. Damals wurde mit harten Bandagen gekämpft – aber mit echten Argumenten, sprachlicher Gewandtheit und offenem Visier! Außerdem gab es noch eine Opposition, die NICHT als diskussionsunwürdig abgekanzelt wurde. Das Bildungsniveau war um Klassen höher – und zwar bei allen im BT vertretenen Parteien: wurde es in den Sitzungen mal langweilig, so kritzelte ein Carlo Schmid (SPD) an seinen Dante-Übersetzungen. Heute dürfte kaum einer unserer Blockparteien-Politiker noch wissen, wer Dante überhaupt war…
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und nochmal ergänzend dazu: Fällt das eigentlich nur uns auf?? Hatte vor einigen Tagen ein Gespräch mit einem, der aus allen Wolken fiel, als ich ihm nachwies, wie schamlos und primitiv gelogen wird….. gut, dass es sciencefiles gibt!
@tobi und seine nagelneuen Autobahnen Richtung Ost: “Panzergeeignet” hast du vergessen!