Zensur im Hochschul-Totalitarismus: Universitätsdozenten als Freiheitsräuber
Szientismus ist eine Zutat zum Totalitarismus. Szientismus zeichnet sich durch eine Reihe von Einfältigkeiten aus:
Die Welt wird als vollkommen transparent angesehen, Zusammenhänge offenbaren sich quasi von selbst, wenn sie von Wissenschaftlern nur richtig analysiert werden.
Kein Bereich der Welt, ob er materiell oder spirituell ist, ob er lebt oder nicht, ist vor dem vollständigen Durchdringen durch Wissenschaft sicher. Alles ist erkenn- und erklärbar.
Ist das, was die “Welt im innersten zusammenhält” erst erkannt, sind die Zusammenhänge in Natur und Gesellschaft erst erforscht, dann können Menschen regelnd, planend und die Zukunft gestaltend eingreifen.
Dieser Szientismus ist das Gegenteil von Wissenschaft, denn er setzt wissenschaftliche Erkenntnis mit Wahrheit gleich, macht damit den wissenschaftlichen Prozess zu einem endlichen und leitet aus diesem umfassenden Anspruch die Berechtigung ab, in die Leben von Menschen, das Funktionieren von Gesellschaften steuernd einzugreifen. Im Gegensatz dazu ist Wissenschaft eine Methode, die dem Ziel dient, sich der Wahrheit anzunähern. Wahrheit indes, ist eine regulative Idee, denn niemand kann wissen, wann Wahrheit erreicht ist. Um sicherzustellen, dass wissenschaftliche Erkenntnis die derzeit am besten belegte Erkenntnis ist, ist Kritik die wichtigste Methode, also genau das, was Szientisten, die die Wahrheit gefunden zu haben glauben, nicht zulassen können. Kurz: Es gibt nichts, was zwischen Wissenschaft und Szientismus, wie er sich z.B. bei den Klimawandelgläubigen findet, vermittelt.
Szientismus ist ein Projekt, das in den Totalitarismus führt, Wissenschaft ein Projekt, das Freiheit voraussetzt und verteidigt.
Bislang hatten wir den Szientismus in der Theorie, der Konzeption, nun haben wir ein Beispiel. Es kommt von der Universität Bielefeld, der Hochschule Fulda und der Hochschule der Gesundheitswissenschaft Bremen. Kevin Dadczynski, Katharina Rathmann, Melanie Messer und Orkan Okan haben sich zusammen getan, um “etwas mit Corona” zu machen, wie wir das vor einiger Zeit beschrieben haben. Herausgekommen ist dabei eine Online-Befragung, an der 14.896 Studenten teilgenommen haben, zu Fragen der “Gesundheitskompetenz”.
Die Online-Befragung, das ist wichtig, wurde von März bis April 2020 durchgeführt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die internationalen Reaktionen auf SARS-CoV-2 nicht unbedingt durch Kohärenz und Konsistenz ausgezeichnet haben, zu einem Zeitpunkt, zu dem in Deutschland die verantwortlichen Politiker noch der Meinung waren, das Tragen von Masken sei nicht notwendig, eine Zeit, zu der über die Übertragungswege von SARS-CoV-2 weitgehend Uneinigkeit geherrscht hat, eine Zeit, zu der das Genom von SARS-CoV-2, vor allem wegen der sechs in ihm enthaltenen Inserts viele Fragen aufgeworfen hat, die bis heute nicht beantwortet sind, kurz, in der sich, wie das in der Wissenschaft so ist, alles im Fluss befunden hat. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Da Wissenschaft ein fortlaufendes Projekt ist, das ständig neues Wissen generiert und altes verwirft, weil es sich als falsch herausgestellt hat, kann das auch gar nicht anders sein. Es sei denn, man ist Szientist und glaubt, dass Wissenschaft in Wahrheit handelt und damit zwangsläufig (1) da endet, wo die Wahrheit gefunden ist und (2) von diesem Archimedischen Punkt aus, definitiv Aussagen darüber gemacht werden können, was richtiges und was falsches Verhalten ist.
Dass es Szientisten gibt, ist keine Neuigkeit. Die Geschichte ist voller Szientisten, die viel Leid über Gesellschaften gebracht undviel Schaden in der Wissenschaft hinterlassen haben. Dass man sie heute regelmäßig an Hochschulen und Universitäten findet, ist eine besorgniserregende Entwicklung, die ein Ergebnis der Politisierung von Hochschulen durch Genderismus und andere Spielarten des Sozialismus in Klimaforschung und Action Research und Nudging ist.
Doch nun zur Online-Befragung. Gegenstand, zur Erinnerung, waren Fragen zum Informationsverhalten und zur Fähigkeit, aufgrund eigener Recherche zu einer Urteilsbildung über SARS-CoV-2 zu kommen. Die Ergebnisse, die wir berichten, sind ausnahmslos Selbsteinschätzungen der Studenten, die an der Befragung teilgenommen haben. Niemand scheint geprüft zu haben, ob die, die von sich sagen, sie fühlten sich ausreichend informiert, auch nur ansatzweise Wissen über SARS-CoV-2 erworben haben.
95% der Teilnehmer geben an, sich im Internet über SARS-CoV-2 zu informieren.
80% recherchieren über Suchmaschinen (also Google), Nachrichtenportale und Webseiten von Behörden (z.B. RKI).
Fast 40% suchen in sozialen Medien nach Informationen.
Häufigster Gegenstand der Suchen: Ausbreitung des Virus, Einschränkungen des Lebensalltag, Verhaltensempfehlungen zum Schutz vor SARS-CoV-2.
Die Mehrheit der Befragten gibt an, keine Probleme damit zu haben, die Qualität der Informationen zu bewerten.
Diese Mehrheit vergessen wir nun, denn eine Minderheit von 42,3% berichtet von Schwierigkeiten, die Zuverlässigkeit digitaler Informationen zu bewerten.
“Insgesamt weisen Frauen gegenüber Männern ein geringere digitale Gesundheitskompetenz auf, die sich insbesondere in den Handlungsbereichen Suchen und Finden sowie Beurteilung der Qualität von digitalen Gesundheitsinformationen zeigt.”
Die Gesundheitskompetenz korreliert mit psychischem Wohlbefinden. Je höher ersteres, desto höher Letzteres.
Das sind die bescheidenen Ergebnisse, die in der verhältnismäßig langen Pressemeldung der Universität Bielefeld berichtet werden.
Wir wollen noch einmal betonen, dass 80% der Teilnehmer angeben, über traditionelle Wege nach Informationen suchen, während 40% sagen, sie würden in sozialen Netzwerken nach Informationen suchen.
Nun zu dem, was die angeblichen Wissenschaftler aus diesen Ergebnissen machen. Das zitieren wir am besten im Original:
” „In der aktuellen Pandemie ist eine ausreichende Gesundheitskompetenz entscheidend [wofür?]“, betont Professor Dr. Kevin Dadaczynski von der Hochschule Fulda. „In den sozialen Medien – und nicht nur dort – gibt es eine Fülle von qualitativ unterschiedlichen Informationen zum Virus. Für Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz kann diese Menge an oft widersprüchlichen Informationen psychosozial belastend und damit riskant für die Gesundheit sein“, sagt Dadaczynski.” […] Die Wissenschaftler*innen raten dazu, bestehende hochschulische Beratungs- und Unterstützungsstrukturen zu stärken, um Studierende, deren Gesundheit belastet ist, im Umgang mit Gesundheitsinformationen und weiteren Belastungen aufzufangen. Sie sehen auch die Informationsanbieter*innen und Betreiber*innen von sozialen Medien in der Pflicht. Diese müssten aufgefordert werden, vertrauenswürdige Informationen bereitzustellen und Maßnahmen gegen die Verbreitung von Des- und Fehlinformationen über ihre Webseiten und Portale zu unternehmen. Denkbar und im Einklang mit bestehenden Empfehlungen sei eine Art „Digital Detox“ – also ein zurückhaltender Gebrauch digitaler Medien, um so auch die Konfrontation mit widersprüchlichen Inhalten zu begrenzen.”
Wenn es für Studenten schon psychosozial belastend sein kann, mit “widersprüchlichen Informationen” konfrontiert zu sein, dann können wir Hochschulen schließen, denn es ist gerade ein Markenzeichen von Wissenschaft, KONKURRIERENDE THEORIEN zu inkorporieren. Wissensfortschritt funktioniert über Kritik, was notwendig voraussetzt, dass man einer Hypothese, (Teilen einer) Theorie WIDERSPRICHT. Wer das nicht aushält, der ist in der Wissenschaft falsch oder (logisches oder) er ist ein Szientist, der der Ansicht ist, alles in der Wissenschaft sei eindeutig entscheidbar: Selbst im Rahmen von SARS-CoV-2 und noch mehr im Zusammenhang mit COVID-19 habe es keinerlei Wissensentwicklung gegeben und zu jedem Zeitpunkt sei genau entscheidbar gewesen, welche Information richtig und welche falsch sei. Dass eine solche, vollkommen unwissenschaftliche Haltung von Insassen öffentlicher Bildungsanstalten, die dort von Steuerzahlern finanzierte Positionen innehaben, vorgebracht wird, ist zum einen bedrückend, zum anderen zeigt es die Notwendigkeit, Hochschulen von den vielen Aktivisten, die ihre Position missbrauchen, um ein politisches Süppchen (mit) zu kochen, zu entkernen. Und ein politisches Süppchen wollen die Herrschaften, die hier etwas mit Corona gemacht haben, kochen.
Ihrem szientistischen Weltbild entsprechend, sind sie offenkundig der Meinung, es sei jederzeit entscheidbar, welche Aussage über SARS-CoV-2 gerade richtig ist und welche nicht, und vor allem sind sie der Ansicht, dass (vornehmlich weibliche) Studenten, die nicht einmal dazu in der Lage sind, sich auf Basis widerstreitender Informationen ein eigenständiges und informiertes Urteil bilden zu können, nicht an Hochschulen fehl am Platze sind, sondern im Gegenteil, in ihrer himmelschreienden Unfähigkeit, die sie zu allem, aber nicht zu einer wissenschaftlichen Karriere befähigt, geschützt werden müssen. Und weil das noch nicht reicht, wird auf Basis von 42,3% befragter Studenten, die von sich sagen, sie seien nicht in der Lage, einerseits nach Informationen zu suchen und andererseits die gefundenen Informationen sinnvoll zu verarbeiten, von denen, die Forscher sein wollen, Zensur gefordert, und zwar nicht etwa bei den Suchmaschinen und amtlichen Portalen, bei denen sich 80% der Studenten und somit auch große Teile der Unfähigen unter ihnen, informieren, sondern bei “sozialen Netzwerken”, die es auf 40% Informationssuchende unter den Befragungsteilnehmern bringen.
Man weiß gar nicht, worüber man mehr erschrecken soll,
darüber, dass hier unverfroren nach Zensur verlangt wird, von Personen, die an einer wissenschaftlichen Einrichtung beschäftigt sind, einer Einrichtung, deren Angehörige eine moralische Verpflichtung haben, für Freiheit, also das Gegenteil von Zensur, einzutreten;
darüber, dass hier die eigene Ideologie in einer bornierten Art und Weise gefeiert wird, die den opportunistischen Hass auf soziale Netzwerke einmal mehr als treibende Kraft identifiziert – opportunistisch deshalb, weil es Mode ist, auf soziale Netzwerke einzuschlagen, das gibt Fördermittel;
darüber, dass sich angebliche Wissenschaftler aufschwingen wollen, darüber zu entscheiden, welche Informationen freien Menschen vorenthalten werden sollen, Pseudo-Wissenschaftler, Szientisten, die damit offen sagen, dass sie Menschen daran HINDERN wollen, sich ein eigenes Urteil zu bilden;
oder darüber, dass all diese Anmaßungen und Unglaublichkeiten nur erklärbar sind, wenn diejenigen, die sie absondern, der vollkommen unwissenschaftlichen Ansicht sind, man könne zu jedem Zeitpunkt im Verlauf einer Entwicklung, eines Erkenntnisprozesses, genau angeben, was wahr und was falsch sei. Was suchen solche Leute an Hochschulen?
Wir haben uns vor einiger Zeit über die “Projekte”, die “etwas mit Corona” zum Gegenstand hatten und wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, lustig gemacht. Nun, Humor findet da ein Ende, wo er auf totalitäre Tendenzen trifft. Szientismus ist eine totalitäre Tendenz und die Unverfrorenheit, mit der er hier vorgetragen wird, mit der 40% der befragten Studenten, die unfähig sind, sich ein eigenes Urteil zu bilden, zum Anlass genommen werden, um eben einmal nach Zensur für alle zu schreiben, sie zeigt, dass es 5 vor 12 ist, wenn den Anfängen noch gewehrt werden soll.
Anregungen, Hinweise, Kontakt? -> Redaktion @ Sciencefiles.org
Wenn Ihnen gefällt, was Sie bei uns lesen, dann bitten wir Sie, uns zu unterstützen.
ScienceFiles lebt weitgehend von Spenden.
Helfen Sie uns, ScienceFiles auf eine solide finanzielle Basis zu stellen.Wir haben drei sichere Spendenmöglichkeiten:
Was ich schon neulich anmerken wollte. Die Vokabel Szientismus ist ja interessanterweise von den Irrationalisten unter den damaligen mit Sozialwissenschaft Beschäftigten als Kampfbegriff eingeführt worden. Im sog. “Positivismusstreit” von Habemas gegen rational denkende Leute wie Popper und Albert,
Im Grunde genommen haben genau diese Irrationalisten und Ideologen das was Szientismus tatsächlich ist adaptiert und damit die Geisteswissenschaften (und alles was darüber hinaus mit Wissenschaft, soweit sie die Gesellschaft betrifft, komplett ruiniert (mit dem was sie Anderen vorgeworfen haben, was diese aber gerade nie praktiziert haben).
Das ist nicht mehr auf normale Art zu retten.
Also zur Erläuterung. Popper war damals der Ansicht, dass auch in der Soziologie die allgemeine wissenschaftliche Methode zu gelten habe. Die “kritische” Wissenschaft (ein Neuaufguß der marxistischen Ideologie unter dem Deckmantel eine sog. eigenen “kritischen Methode” (im Gegensatz zu den üblichen wissenschaftlichen Standards) diffamierte genau das als Szientismus, was ja eigentlich die normale wissenschaftlich, rationale Methode ist.
Der Begriff Szientismus (als dem Gegenstand unangemesse Methode in den Sozialwissenschaften) war mir bisher nur von daher bekannt. Die kritischen Wissenschaftler reklamierten eine eigene Methode für die Sozialwissenschaften (die natürlich dadurch bestätigt wird, dass sie den Ideologen die passenden Erkenntnisse liefert).
Ich weiß nicht, wann der Begriff aber überhaupt aufkam und wie er zunächst definiert wurde. Ob der Begriff also umdefiniert wurde.
Hier wird er ja nun in dem Sinne verwandt, dass man mittels pseudowissenschaftlichem Allwissen die Menschheit retten will. Was ja der kulturmarxistischen Agenda entspricht.
“……dass es 5 vor 12 ist, wenn den Anfängen noch gewehrt werden soll.”
Ich denke, dass es gehörige Zeit nach 12 Uhr ist,
Verbeamtungen und Gremienmehrheiten sind kaum oder nicht zu korrigieren, politischer Wille, Fehlanzeige und im Hintergrund das alles deckelnde Wahlverhalten machen jedem Traum ein Ende.
Wenn ich betraschte, welch gewaltige Änderungen erforderlich sind, um eine Rückkehr zu normalen Gegebenheiten durch zu setzten, dann befürchte ich, dass das dafür notwendige politische System nur noch sehr wenig mit bisheriger Demokratie zu tun haben wird.
Es gibt eine nicht gerade kleine Zahl von Universitäten, bei welchen nach der Entlassung ungeeigneten Personals letztendlich nur der Hausmeister übrig bleibt, um´s Licht aus zu machen.
Ich habe noch von keinem realistischen Plan erfahren, der ein erfolgreiches Rückkehrszenario beschreibt.
Stimmt!
Da geht vermutlich nichts mehr.
Und diese Ideologisierung (die ja auch eine massive Verblödung ist) geht noch parallel mit dem großen Bevölkerungsaustausch. Auch da geht´s stramm zurück in archaische Strukturen, ins religiös wahnhafte “Mittelalter”, bei dem Aufklärung, Rationalität, naturwissenschaftliche und bürgerliche Bildung weder gefragt noch vorhanden sind und vom intellektuellen Potential her auch nicht vorhanden sein können. Da gibt´s deshalb auch nichts zu fördern.
Es ist ein strammer Gleichschritt von Population, Institutionen und unfähigen Mitessern und die anderen, vor allem die Asiaten, kaufen die noch intakten Restbestände (also den Mittelstand) auf und ziehen weiter.
Und weiter ziehen auch die ca. 200- bis 300-tausend gut Ausgebildeten die pro Jahr hier abhauen.
Da ist also schon deshalb nichts mehr zu machen, weil weder der Bestand an Wissen und Fähigkeiten aufrechterhalten werden können, geschweige denn, daß da was Adäquates nachkommt. Adäquates schaut auf den Gehaltszettel, auf die Stromrechnung, auf die Sozenabgaben, aus dem Fenster, auf die Straßen und Plätze und sieht zu, daß es wegkommt.
Die Flaniermeile BRD wird zum 1 € Ramschladen, zur Fraßmeile, zu diversen “Studios”, zum kurzlebigen Steuerbetrugsmodell, gar zum Schlachtfeld mit und ohne Merkel-Legos – ein genaues Abbild “unserer” ehemaligen Städte.
Das Problem der Szientisten ist, dass sie als Mephistoteliker ‘des Pudels wahren Kern’ entdeckt haben wollen, wo sie in Wirklichkeit nur die Zwiebel des Lebens Schicht um Schicht schälten, wogen und vermaßen, nur um am Ende festzustellen, dass nichts übrig bleibt, kein ‘Kern’ da ist.
Dass der ‘Kern’ dieser Zwiebel eben genau dies sein könnte – Kernlosigkeit – kann Szientisten nicht in den Sinn kommen, weil diese ‘Nihilenz’ eben ihrer vermessenen Vermessungsideologie nicht zugänglich ist und damit für sie nicht existieren kann, gleichwohl das Gehirn nur deswegen so funktioiert wie es das tut, weil es enorme Hohlräume (Ventrikel) gibt, die sozusagen ‘gehirnfrei’ sind, aufweist, deren aber das Gehirn bedarf, um überhaupt als Gehirn ‘existent’ werden zu können 🙂
Szientismus müsste, um seinem eigenen Anspruch – nämlich mit wissenschaftlichen Methoden alle sinnvollen Fragen zu beantworten – gerecht werden zu können, eben auch die ‘Nicht-Wissenschaftlichkeit’ beinhalten, also die Fähigkeit das wissenschaftlich nicht Erforschbare (weil nicht Messbare bzw. in seinen Relationen Unbekanntbleibende) zu integrieren und in die ‘Bilanz’ der Beurteilung von Etwas einfließen lassen können, wobei dieses Urteil ja dann auch etwas Endgültiges an sich haben müsste .
Das ist natürlich für den Szientismus eine völlig inkompatible Forderung, weil paradox.
Linearlogische Betrachtungsweisen wie der Szientismus sind deshalb völlig unbrauchbar um das Wesentliche von etwas zu erfassen.
Oder kann man etwa ‘Anmut’ oder ‘Sehnsucht’ wissenschaftlich definieren bzw. mathematisch-messtechnisch korrelieren und zu einer Art ‘Ur-Meter’ des Undefinierbaren stilisieren?
Wohl kaum.
Ich will das mögliche Paradox noch mal beschreiben. Das hat ja eine Geshichte. Ich kenne jetzt die Wurzel der Vokabel “Szientismus” nicht. Aber in den 60-ern wurde diese Vokabel von fortschrittlichen Linken (Kulturmarxisten) zur Diskreditierung von Leuten benutzt die Sozialwissenschaft aufgrund der einzig gültigen rationalen Methode betreiben wollten, also wie z.B. Popper.
Ich wüßte auch nicht wie man sonst zu Erkenntnissen kommen will. Die Schwierigkeiten, die sich in den Sozialwissenschaften ergeben zu allgemeingültigen Erkenntnissen zu kommen, kann man nicht durch eine alternative Methode ausräumen, die gibt es nicht. In der Wissenschaft müßte man mit dem zufrieden sein, was die intersubjektive Methode liefert.
Jenseits davon gibt es aus wissenschaftlicher Sicht nur die Ideologie, wie sie ja nun anscheinend auch noch mit einer anderen Art von Szientismus aufgeladen wird.
Das Paradox kommt möglicherweise daher, das Leuten wie Habermas der krude Marxismus Ende der 60-er zu primitiv war. Die linksutopische Haltung mußte so philosophisch neu unterlegt werden. Dem linken Fußvolk war das aber zu wenig praktisch. Das hat auf Vulgärmarxismus gesetzt. Und der hat die Utopie für wissenschaftlich machbar gehalten. Insofern war der Weg frei die wissenschaftliche Methode szientistisch im hier verwandten Sinn zu mißbrauchen. Und heute distanziert Habermas sich nicht.
Wenn Kevin, Orkan, Uni Bielefeld und Hochschule Bremen in einem Satz vorkommen, ist es mit der wissenschaftlichen Relevanz aus Erfahrung nicht weit her. Es fehlt nur noch der Gender- und Migrationsbezug.
Der Begriff bezeichnet allgemein die Auffassung, nach der alle Probleme durch die Wissenschaft lösbar seien. Die Wurzeln dieser Auffassung lassen sich zurück zu Bacon, Descartes u.a. verfolgen und wer weiß, wie weit Varianten dieser Auffassung, also “Machbarkeitsglaube” als solcher, zurückreichen.
Szientismus bzw. der Glaube daran, dass alle Probleme durch Wissenschaft oder wissenschaftliche Methoden gelöst werden können, hat mit speziellen wissenschaftlichen Methoden überhaupt nichts zu tun – das in Erinnerung zu behalten ist wichtig.
Ob man meint, man könne alle Menschheitsprobleme auf der Grundlage von Informationen lösen, die durch statistische Erhebungen gewonnen wurden, oder auf der Grundlage von “Delphi”-Runden, in denen sich Leute, die sich gaaaaanz viel (und wie auch immer) mit einem Thema beschäftigt haben und nun ihr “Expertenwissen” miteinander diskutieren, ist zunächst egal. Der entscheidende Punkt am “Szientismus” ist also nicht, ob man für oder gegen Behaviorismus oder für oder gegen “action resarch” ist, sondern er ist allen methodischen Erwägungen VORGELAGERT. Und dieser Punkt ist eben, dass die Wissenschaft alle Probleme der Menschheit wird lösen können. Erst danach kommt die Frage nach dem Wie, also: Wie kann/wird die Wissenschaft dieses Probleme lösen? Aber das ist dann eine wissenschaftsinterne Angelegenheit.
Wenn also die sog. Frankfurter Schule (und ihre Sympathisanten diverser Art) das Etikett “Szientismus” einer bestimmten Art, (Sozial-/)Wissenschaft zu betreiben, aufdrücken wollte, dann war das (absichtliche oder aus mangelndem Verständis erfolgte) Irreführung, genauso wie ihre Nachfolger bis heute irreführenden Krempel zu verbreiten versuchen wie z.B. den, dass jemand, der Wissenschaft als Übereinstimmung mit beobachtbaren Fakten definiert, meine, er würde objektive, ewige Wahrheit produzieren, meinen, sie könnten undifferenziert von “Positivisten” als einfältigen Deppen sprechen und so weiter in der Art. Das alles kann man nicht ernst nehmen und kann es dementsprechend getrost vergessen.
Wenn der Szientismus nichts mit konkreter Methodologie zu tun hat, womit dann, oder anders gefragt: was macht den Szientismus dann aus?
Szientismus als Machbarkeit (allein) kann auch nicht das Problem sein, denn wer findet es problematisch, wenn Wissenschaft z.B. für Impfstoffe gegen gefährliche Krankheiten entwickelt oder effiziente Düngemittel zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität.
Problematisch ist vielmehr, wenn Wissenschaft nicht Probleme löst, sondern entweder SELBST DEFINIERT, was Probleme sind und was nicht, was sozusagen die Interessen aller Menschen gleichermaßen seien oder sein sollten, oder sich in den Dienst einer Ideologie stellen, die vorgibt, entscheiden zu können, was Probleme seien und was nicht oder was im Interesse aller Menschen sei und was nicht, ungeachtet dessen, was die Menschen selbst wollen oder nicht wollen.
Kurz: Szientismus ist bestenfalls pervertierte Wissenschaft (oder einfach nur ihr Gegenteil) insofern er nicht nur die Mittel, sondern auch gleich noch die “richtigen” Ziele formuliert oder legitimiert, was die Konkurrenz von Ideen, die Idee der Kritik und so ziemlich alles andere, was Wissenschaft ausmacht, ausschließt.
“Wissenschaftliche” Botschaften darüber, dass die Gesellschaft genesen werde, wenn nur überall ein “-Innen” angehängt würde oder Vorstände mit 50% Weiblein und 50% Männlein besetzt wären, sind tatsächlich Szientismus ebenso wie der Versuch, festzulegen, was als “Rassismus” zu gelten habe bzw. welche Verhaltensweisen von Menschen als “rassistisch” zu gelten hätten. Solche Bestrebungen und Behauptungen sind im Kern unwissenschaftlich, weil sie Alternativen nicht nur ausschließen, sondern, sollte jemand eine Alternative vorbringen, als geradezu verwerflich darstellen, wobei “verwerflich” als moralischer Begriff gleichgesetzt wird mit “faktisch falsch” als wissenschaftlichem Begriff.
Und hier schließt sich der Kreis bzw. kommen wir zurück zur allgemeinen Beschreibung von
Szientismus als Auffassung, nach der alle Probleme durch die Wissenschaft lösbar seien, denn damit sind auch menschliche Dilemmata und Fragen der Moral angesprochen, also Fragen nach menschlichen Werten, denn nur vor dem Hintergrund solcher Werte lässt sich bestimmen, was ein Problem ist.
Szientismus erhebt den Anspruch, die Werte und damit die Moral vorzugeben, auf dieser Basis zu bestimmen, was ein Problem ist und was nicht, und die so gefundenen “Probleme” zu lösen. Oder sie stellt sich in den Dienst einer bestimmten Ideologie und tut so, als seien deren Inhalte durch Wissenschaft begründbar und daher legitime Ziele.
Wissenschaft tut niemals so, als könne sie darüber entscheiden, was “gut” und was “schlecht” ist, also was die “richtigen” Werte seien und was “Probleme” seien. Wissenschaft will den Dingen auf den Grund gehen, herausfinden, wie sie funktionieren und sie erklären. Sie kann daher über Zusammenhänge Aufschlüsse geben und insofern Probleme lösen. Sie fühlt sich aber nicht zuständig für Wertfragen bzw. Fragen danach, was ein Problem ist und was nicht. Sie will nicht vorgeben, wie die Welt sein SOLLTE. Und sie tut niemals so, als gebe es endgültiges Wissen, als habe sie die “Weltformel” entdeckt und könnte Leuten vor diesem Hintergrund sagen, wie sie sich verhalten sollen.
Zuletzt ein (ver-)einfach(t)es Beispiel:
Wissenschaft sagt:
Im Durchschnitt leben Leute, die nicht rauchen, länger als Leute, die rauchen.
Wissenschaft sagt aber nicht:
Die Länge eines Menschenlebens hängt NUR oder VOR ALLEM davon ab, ob jemand raucht oder nicht, und sie sagt nicht:
Die Länge eines Menschenlebens ist ein Wert an sich bzw. jedes Menschenleben muss so lange wie möglich sein.
Wissenschaft gesteht zu, dass Menschen vielleicht lieber Spaß am Rauchen haben als ein oder zwei Jahre länger zu leben (ohne diesen Spaß) bzw. Wissenschaft meint, dass solche Fragen jeder für sich selbst beantworten muss.
Szientismus sagt:
Im Durchschnitt leben Leute, die nicht rauchen, länger als Leute, die rauchen. “Wir” brauchen daher ein “nudging”, das Leute davon abhält zu rauchen, oder sogar ein Verbot des Rauchens – im Interessen einer “gesunden” Gesellschaft (und im angeblichen Interesse von Menschen, die noch gar nicht geboren sind und von denen niemand weiß, ob sie nicht selbst in ihrem Leben vielleicht gerne rauchen würden). Im Szientismus sind die “Wissenschaftler” auch gleich noch Ideologen und Utopisten und stellen bestimmten Werten “Wissenschaftlichkeit” bzw. “wissenschaftliche” Richtigkeit aus, anderen dagegen Falschheit.
Szientismus ist deshalb immer mehr oder weniger totalitär, während Wissenschaft immer mehr oder weniger liberal ist.
Wenn Leute, die Wissenschaftler sein wollen, Zensur in Medien fordern, weil es Leute gibt, die Schwierigkeiten haben, sich in ihrer Welt zu orientieren, oder es auszuhalten, dass Dinge keine eindeutige Antwort haben, weshalb man selbstverantwortlich handeln und entscheiden muss, dann setzen diese Leute implizit Werte als verbindlich und “gut”, die sie als Wissenschafter weder setzen sollen noch können. Anders formuliert: Sie sind eben keine Wissenschaftler, sondern ideologische Utopisten bzw. Szientisten.
Vielen Dank, dass Sie ScienceFiles unterstützen! Ausblenden
Wir sehen, dass du dich in Vereinigtes Königreich befindest. Wir haben unsere Preise entsprechend auf Pfund Sterling aktualisiert, um dir ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten. Stattdessen Euro verwenden.Ausblenden
Liebe Leser,
seit 2011 sind wir als zentrale Stelle zur Prüfung von nicht nur wissenschaftlichen Informationen für Sie da -
Unentgeltlich in all den Jahren.
Bislang sind wir in der Lage, unseren Aufwand über Spenden zu decken.
Damit das auch weiterhin so bleibt, benötigen wir Ihre Hilfe:
Was ich schon neulich anmerken wollte. Die Vokabel Szientismus ist ja interessanterweise von den Irrationalisten unter den damaligen mit Sozialwissenschaft Beschäftigten als Kampfbegriff eingeführt worden. Im sog. “Positivismusstreit” von Habemas gegen rational denkende Leute wie Popper und Albert,
Im Grunde genommen haben genau diese Irrationalisten und Ideologen das was Szientismus tatsächlich ist adaptiert und damit die Geisteswissenschaften (und alles was darüber hinaus mit Wissenschaft, soweit sie die Gesellschaft betrifft, komplett ruiniert (mit dem was sie Anderen vorgeworfen haben, was diese aber gerade nie praktiziert haben).
Das ist nicht mehr auf normale Art zu retten.
Also zur Erläuterung. Popper war damals der Ansicht, dass auch in der Soziologie die allgemeine wissenschaftliche Methode zu gelten habe. Die “kritische” Wissenschaft (ein Neuaufguß der marxistischen Ideologie unter dem Deckmantel eine sog. eigenen “kritischen Methode” (im Gegensatz zu den üblichen wissenschaftlichen Standards) diffamierte genau das als Szientismus, was ja eigentlich die normale wissenschaftlich, rationale Methode ist.
Der Begriff Szientismus (als dem Gegenstand unangemesse Methode in den Sozialwissenschaften) war mir bisher nur von daher bekannt. Die kritischen Wissenschaftler reklamierten eine eigene Methode für die Sozialwissenschaften (die natürlich dadurch bestätigt wird, dass sie den Ideologen die passenden Erkenntnisse liefert).
Ich weiß nicht, wann der Begriff aber überhaupt aufkam und wie er zunächst definiert wurde. Ob der Begriff also umdefiniert wurde.
Hier wird er ja nun in dem Sinne verwandt, dass man mittels pseudowissenschaftlichem Allwissen die Menschheit retten will. Was ja der kulturmarxistischen Agenda entspricht.
“……dass es 5 vor 12 ist, wenn den Anfängen noch gewehrt werden soll.”
Ich denke, dass es gehörige Zeit nach 12 Uhr ist,
Verbeamtungen und Gremienmehrheiten sind kaum oder nicht zu korrigieren, politischer Wille, Fehlanzeige und im Hintergrund das alles deckelnde Wahlverhalten machen jedem Traum ein Ende.
Wenn ich betraschte, welch gewaltige Änderungen erforderlich sind, um eine Rückkehr zu normalen Gegebenheiten durch zu setzten, dann befürchte ich, dass das dafür notwendige politische System nur noch sehr wenig mit bisheriger Demokratie zu tun haben wird.
Es gibt eine nicht gerade kleine Zahl von Universitäten, bei welchen nach der Entlassung ungeeigneten Personals letztendlich nur der Hausmeister übrig bleibt, um´s Licht aus zu machen.
Ich habe noch von keinem realistischen Plan erfahren, der ein erfolgreiches Rückkehrszenario beschreibt.
Stimmt!
Da geht vermutlich nichts mehr.
Und diese Ideologisierung (die ja auch eine massive Verblödung ist) geht noch parallel mit dem großen Bevölkerungsaustausch. Auch da geht´s stramm zurück in archaische Strukturen, ins religiös wahnhafte “Mittelalter”, bei dem Aufklärung, Rationalität, naturwissenschaftliche und bürgerliche Bildung weder gefragt noch vorhanden sind und vom intellektuellen Potential her auch nicht vorhanden sein können. Da gibt´s deshalb auch nichts zu fördern.
Es ist ein strammer Gleichschritt von Population, Institutionen und unfähigen Mitessern und die anderen, vor allem die Asiaten, kaufen die noch intakten Restbestände (also den Mittelstand) auf und ziehen weiter.
Und weiter ziehen auch die ca. 200- bis 300-tausend gut Ausgebildeten die pro Jahr hier abhauen.
Da ist also schon deshalb nichts mehr zu machen, weil weder der Bestand an Wissen und Fähigkeiten aufrechterhalten werden können, geschweige denn, daß da was Adäquates nachkommt. Adäquates schaut auf den Gehaltszettel, auf die Stromrechnung, auf die Sozenabgaben, aus dem Fenster, auf die Straßen und Plätze und sieht zu, daß es wegkommt.
Die Flaniermeile BRD wird zum 1 € Ramschladen, zur Fraßmeile, zu diversen “Studios”, zum kurzlebigen Steuerbetrugsmodell, gar zum Schlachtfeld mit und ohne Merkel-Legos – ein genaues Abbild “unserer” ehemaligen Städte.
Das Problem der Szientisten ist, dass sie als Mephistoteliker ‘des Pudels wahren Kern’ entdeckt haben wollen, wo sie in Wirklichkeit nur die Zwiebel des Lebens Schicht um Schicht schälten, wogen und vermaßen, nur um am Ende festzustellen, dass nichts übrig bleibt, kein ‘Kern’ da ist.
Dass der ‘Kern’ dieser Zwiebel eben genau dies sein könnte – Kernlosigkeit – kann Szientisten nicht in den Sinn kommen, weil diese ‘Nihilenz’ eben ihrer vermessenen Vermessungsideologie nicht zugänglich ist und damit für sie nicht existieren kann, gleichwohl das Gehirn nur deswegen so funktioiert wie es das tut, weil es enorme Hohlräume (Ventrikel) gibt, die sozusagen ‘gehirnfrei’ sind, aufweist, deren aber das Gehirn bedarf, um überhaupt als Gehirn ‘existent’ werden zu können 🙂
Szientismus müsste, um seinem eigenen Anspruch – nämlich mit wissenschaftlichen Methoden alle sinnvollen Fragen zu beantworten – gerecht werden zu können, eben auch die ‘Nicht-Wissenschaftlichkeit’ beinhalten, also die Fähigkeit das wissenschaftlich nicht Erforschbare (weil nicht Messbare bzw. in seinen Relationen Unbekanntbleibende) zu integrieren und in die ‘Bilanz’ der Beurteilung von Etwas einfließen lassen können, wobei dieses Urteil ja dann auch etwas Endgültiges an sich haben müsste .
Das ist natürlich für den Szientismus eine völlig inkompatible Forderung, weil paradox.
Linearlogische Betrachtungsweisen wie der Szientismus sind deshalb völlig unbrauchbar um das Wesentliche von etwas zu erfassen.
Oder kann man etwa ‘Anmut’ oder ‘Sehnsucht’ wissenschaftlich definieren bzw. mathematisch-messtechnisch korrelieren und zu einer Art ‘Ur-Meter’ des Undefinierbaren stilisieren?
Wohl kaum.
Ich will das mögliche Paradox noch mal beschreiben. Das hat ja eine Geshichte. Ich kenne jetzt die Wurzel der Vokabel “Szientismus” nicht. Aber in den 60-ern wurde diese Vokabel von fortschrittlichen Linken (Kulturmarxisten) zur Diskreditierung von Leuten benutzt die Sozialwissenschaft aufgrund der einzig gültigen rationalen Methode betreiben wollten, also wie z.B. Popper.
Ich wüßte auch nicht wie man sonst zu Erkenntnissen kommen will. Die Schwierigkeiten, die sich in den Sozialwissenschaften ergeben zu allgemeingültigen Erkenntnissen zu kommen, kann man nicht durch eine alternative Methode ausräumen, die gibt es nicht. In der Wissenschaft müßte man mit dem zufrieden sein, was die intersubjektive Methode liefert.
Jenseits davon gibt es aus wissenschaftlicher Sicht nur die Ideologie, wie sie ja nun anscheinend auch noch mit einer anderen Art von Szientismus aufgeladen wird.
Das Paradox kommt möglicherweise daher, das Leuten wie Habermas der krude Marxismus Ende der 60-er zu primitiv war. Die linksutopische Haltung mußte so philosophisch neu unterlegt werden. Dem linken Fußvolk war das aber zu wenig praktisch. Das hat auf Vulgärmarxismus gesetzt. Und der hat die Utopie für wissenschaftlich machbar gehalten. Insofern war der Weg frei die wissenschaftliche Methode szientistisch im hier verwandten Sinn zu mißbrauchen. Und heute distanziert Habermas sich nicht.
Wenn Kevin, Orkan, Uni Bielefeld und Hochschule Bremen in einem Satz vorkommen, ist es mit der wissenschaftlichen Relevanz aus Erfahrung nicht weit her. Es fehlt nur noch der Gender- und Migrationsbezug.
@an alle – in Sachen “Szientismus”
Der Begriff bezeichnet allgemein die Auffassung, nach der alle Probleme durch die Wissenschaft lösbar seien. Die Wurzeln dieser Auffassung lassen sich zurück zu Bacon, Descartes u.a. verfolgen und wer weiß, wie weit Varianten dieser Auffassung, also “Machbarkeitsglaube” als solcher, zurückreichen.
Szientismus bzw. der Glaube daran, dass alle Probleme durch Wissenschaft oder wissenschaftliche Methoden gelöst werden können, hat mit speziellen wissenschaftlichen Methoden überhaupt nichts zu tun – das in Erinnerung zu behalten ist wichtig.
Ob man meint, man könne alle Menschheitsprobleme auf der Grundlage von Informationen lösen, die durch statistische Erhebungen gewonnen wurden, oder auf der Grundlage von “Delphi”-Runden, in denen sich Leute, die sich gaaaaanz viel (und wie auch immer) mit einem Thema beschäftigt haben und nun ihr “Expertenwissen” miteinander diskutieren, ist zunächst egal. Der entscheidende Punkt am “Szientismus” ist also nicht, ob man für oder gegen Behaviorismus oder für oder gegen “action resarch” ist, sondern er ist allen methodischen Erwägungen VORGELAGERT. Und dieser Punkt ist eben, dass die Wissenschaft alle Probleme der Menschheit wird lösen können. Erst danach kommt die Frage nach dem Wie, also: Wie kann/wird die Wissenschaft dieses Probleme lösen? Aber das ist dann eine wissenschaftsinterne Angelegenheit.
Wenn also die sog. Frankfurter Schule (und ihre Sympathisanten diverser Art) das Etikett “Szientismus” einer bestimmten Art, (Sozial-/)Wissenschaft zu betreiben, aufdrücken wollte, dann war das (absichtliche oder aus mangelndem Verständis erfolgte) Irreführung, genauso wie ihre Nachfolger bis heute irreführenden Krempel zu verbreiten versuchen wie z.B. den, dass jemand, der Wissenschaft als Übereinstimmung mit beobachtbaren Fakten definiert, meine, er würde objektive, ewige Wahrheit produzieren, meinen, sie könnten undifferenziert von “Positivisten” als einfältigen Deppen sprechen und so weiter in der Art. Das alles kann man nicht ernst nehmen und kann es dementsprechend getrost vergessen.
Wenn der Szientismus nichts mit konkreter Methodologie zu tun hat, womit dann, oder anders gefragt: was macht den Szientismus dann aus?
Szientismus als Machbarkeit (allein) kann auch nicht das Problem sein, denn wer findet es problematisch, wenn Wissenschaft z.B. für Impfstoffe gegen gefährliche Krankheiten entwickelt oder effiziente Düngemittel zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität.
Problematisch ist vielmehr, wenn Wissenschaft nicht Probleme löst, sondern entweder SELBST DEFINIERT, was Probleme sind und was nicht, was sozusagen die Interessen aller Menschen gleichermaßen seien oder sein sollten, oder sich in den Dienst einer Ideologie stellen, die vorgibt, entscheiden zu können, was Probleme seien und was nicht oder was im Interesse aller Menschen sei und was nicht, ungeachtet dessen, was die Menschen selbst wollen oder nicht wollen.
Kurz: Szientismus ist bestenfalls pervertierte Wissenschaft (oder einfach nur ihr Gegenteil) insofern er nicht nur die Mittel, sondern auch gleich noch die “richtigen” Ziele formuliert oder legitimiert, was die Konkurrenz von Ideen, die Idee der Kritik und so ziemlich alles andere, was Wissenschaft ausmacht, ausschließt.
“Wissenschaftliche” Botschaften darüber, dass die Gesellschaft genesen werde, wenn nur überall ein “-Innen” angehängt würde oder Vorstände mit 50% Weiblein und 50% Männlein besetzt wären, sind tatsächlich Szientismus ebenso wie der Versuch, festzulegen, was als “Rassismus” zu gelten habe bzw. welche Verhaltensweisen von Menschen als “rassistisch” zu gelten hätten. Solche Bestrebungen und Behauptungen sind im Kern unwissenschaftlich, weil sie Alternativen nicht nur ausschließen, sondern, sollte jemand eine Alternative vorbringen, als geradezu verwerflich darstellen, wobei “verwerflich” als moralischer Begriff gleichgesetzt wird mit “faktisch falsch” als wissenschaftlichem Begriff.
Und hier schließt sich der Kreis bzw. kommen wir zurück zur allgemeinen Beschreibung von
Szientismus als Auffassung, nach der alle Probleme durch die Wissenschaft lösbar seien, denn damit sind auch menschliche Dilemmata und Fragen der Moral angesprochen, also Fragen nach menschlichen Werten, denn nur vor dem Hintergrund solcher Werte lässt sich bestimmen, was ein Problem ist.
Szientismus erhebt den Anspruch, die Werte und damit die Moral vorzugeben, auf dieser Basis zu bestimmen, was ein Problem ist und was nicht, und die so gefundenen “Probleme” zu lösen. Oder sie stellt sich in den Dienst einer bestimmten Ideologie und tut so, als seien deren Inhalte durch Wissenschaft begründbar und daher legitime Ziele.
Wissenschaft tut niemals so, als könne sie darüber entscheiden, was “gut” und was “schlecht” ist, also was die “richtigen” Werte seien und was “Probleme” seien. Wissenschaft will den Dingen auf den Grund gehen, herausfinden, wie sie funktionieren und sie erklären. Sie kann daher über Zusammenhänge Aufschlüsse geben und insofern Probleme lösen. Sie fühlt sich aber nicht zuständig für Wertfragen bzw. Fragen danach, was ein Problem ist und was nicht. Sie will nicht vorgeben, wie die Welt sein SOLLTE. Und sie tut niemals so, als gebe es endgültiges Wissen, als habe sie die “Weltformel” entdeckt und könnte Leuten vor diesem Hintergrund sagen, wie sie sich verhalten sollen.
Zuletzt ein (ver-)einfach(t)es Beispiel:
Wissenschaft sagt:
Im Durchschnitt leben Leute, die nicht rauchen, länger als Leute, die rauchen.
Wissenschaft sagt aber nicht:
Die Länge eines Menschenlebens hängt NUR oder VOR ALLEM davon ab, ob jemand raucht oder nicht, und sie sagt nicht:
Die Länge eines Menschenlebens ist ein Wert an sich bzw. jedes Menschenleben muss so lange wie möglich sein.
Wissenschaft gesteht zu, dass Menschen vielleicht lieber Spaß am Rauchen haben als ein oder zwei Jahre länger zu leben (ohne diesen Spaß) bzw. Wissenschaft meint, dass solche Fragen jeder für sich selbst beantworten muss.
Szientismus sagt:
Im Durchschnitt leben Leute, die nicht rauchen, länger als Leute, die rauchen. “Wir” brauchen daher ein “nudging”, das Leute davon abhält zu rauchen, oder sogar ein Verbot des Rauchens – im Interessen einer “gesunden” Gesellschaft (und im angeblichen Interesse von Menschen, die noch gar nicht geboren sind und von denen niemand weiß, ob sie nicht selbst in ihrem Leben vielleicht gerne rauchen würden). Im Szientismus sind die “Wissenschaftler” auch gleich noch Ideologen und Utopisten und stellen bestimmten Werten “Wissenschaftlichkeit” bzw. “wissenschaftliche” Richtigkeit aus, anderen dagegen Falschheit.
Szientismus ist deshalb immer mehr oder weniger totalitär, während Wissenschaft immer mehr oder weniger liberal ist.
Wenn Leute, die Wissenschaftler sein wollen, Zensur in Medien fordern, weil es Leute gibt, die Schwierigkeiten haben, sich in ihrer Welt zu orientieren, oder es auszuhalten, dass Dinge keine eindeutige Antwort haben, weshalb man selbstverantwortlich handeln und entscheiden muss, dann setzen diese Leute implizit Werte als verbindlich und “gut”, die sie als Wissenschafter weder setzen sollen noch können. Anders formuliert: Sie sind eben keine Wissenschaftler, sondern ideologische Utopisten bzw. Szientisten.