ARD-Framing ist alles: “EU geht juristisch gegen London vor” [Staatsfunk-Propaganda]

So wie die Überschrift da steht, könnte man fast denken, es handle sich um eine deskriptive Berichterstattung, keine Wertung, keine Parteinahme, fast so etwas wie Journalismus: “EU geht juristisch gegen London vor”. Aber halt. Die Überschrift stammt von der Seite der ARD-Tagesschau, dem Verlautbarungsorgan der Bundesregierung, Staatsfunk, sagt Dushan Wegner kurz und bündig dazu.

Wo also liegt die Manipulation begraben?

“Im Brexit-Streit leitet die Europäische Union rechtliche Schritte gegen Großbritannien wegen Verletzung des EU-Austrittsvertrags ein. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel an. Hintergrund ist das britische Binnenmarktgesetz, das am Dienstag vom Unterhaus beschlossen wurde und das Teile des bereits gültigen Austrittsvertrags aushebeln soll.”

Wie man einen Vertrag mit einem Gesetz aushebeln kann, das noch nicht in Kraft getreten ist, das ist ein Geheimnis, das sich nur von der Leyen zu erschließen scheint, und die Tatsache, dass die EU gegen ein noch nicht vorhandenes Gesetz vorgehen will, macht deutlich, worum es hier wirklich geht: Darum, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und über ein paar Grundrealitäten der EU hinwegzutäuschen.



Zunächst ist der Schritt, den die EU-Kommission hier pompös ankündigt und den die ARD pflichtschuldig weiter posaunt, natürlich eine Farce. Am Ende der rechtlichen Schritte wartet der Europäische Gerichtshof und damit just das Gericht, das in Brexit-Britannien nichts mehr zu sagen hat. Die Richter dort können urteilen, so viel sie nur urteilen wollen, im UK interessiert sich niemand dafür. Dass dem Europäischen Gerichtshof keinerlei Kompetenz im nach-EU-Britannien zugestanden wird, ist eines der unverrückbaren Fundamente, auf denen Lord Frost, der Chefunterhändler von Boris Johnson in seinen Treffen mit Michel Barnier beharrt. Hier gibt es, wie Michael Gove gerade wieder einmal verkündet hat, keine Bewegung, keinen Kompromiss. Interessant ist der Zusammenhang, in dem Gove dem Daily Express sagt, was er sagt. 

Quelle

” “The EU has this sort of kidology approach. They try to use tactics to make voters in Britain and British politicians worried. I think one of the reasons they are coming out with this now is that they know in these negotiations we have stood firm throughout.

“They are trying to say to EU politicians, look, the Brits are wobbling on this and we are not.”

Die EU geht sehr kindisch an die Verhandlungen heran. Sie versuchen mit ihrer Taktik Wähler in Britannien und britische Politiker zu verunsichern. Ich glaube, dass einer der Gründe dafür, dass sie jetzt mit [der Behauptung kommen, die Britische Seite habe angedeutet, sich bei den Hauptstreitpunkten bewegen zu wollen], ist ihr Wissen darum, dass wir in den Verhandlungen unsere Position behauptet haben. Sie versuchen nun zu EU Politikern zu sagen: “Schaut, die Briten wanken”, aber das tun wir nicht.

Die Hauptstreitpunkte sind nach wie vor: einheitliche rechtliche Regelungen (unter Aufsicht des Europäischen Gerichtshofs), freier Zugang für die EU zu britischen Gewässern und Unterwerfung der britischen Regierung unter die EU-Regelungen zur staatlichen Beihilfe, an die sich kein Mitgliedsstaat je gehalten hat. Was die EU-Unterhändler von sich geben, ist nach wie vor an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.

Offenkundig geht es bei der EU-Kommission wieder einmal darum, öffentlich einen falschen Eindruck zu vermitteln, einen, der sagt: Schaut, die Briten sind ganz furchtbare Rechtbrecher, und die arme EU-Kommission ist das Opfer dieser Bande. Einer der den Bürgern in Europa den Eindruck vermittelt, dass die Verhandlungen nur deshalb nicht vorangehen, weil sich die Briten nicht bewegen. Einer, der schon jetzt versucht, die Schuld für gescheiterte Verhandlungen und die daraus für die exportorientierten EU-Staaten entstehenden Folgen, auf die Schultern der britischen Regierung abzuwälzen.



Dazu wird ein rechtliches Theater inszeniert, das vollkommen ohne Folgen bleibt, das mitnichten so außergewöhnlich ist, wie die EU-Kommission und ihre Verlautbarungsorgane hier als Eindruck vermitteln wollen, und bei dem ein Staat regelmäßig mitspielt, ohne dass die EU-Kommission auch nur ansatzweise im Stande wäre, Compliance, Befolgung zu erreichen: Deutschland.

Die folgende Abbildung, die wir aus der Datenbank der EU-Kommission entnommen haben, die sich hier findet, zeigt die Menge der Verfahren, der juristischen Schritte, die die EU-Kommission gegen Mitgliedsstaaten eingeleitet hat, weil sie sich nicht an vertragliche Verpflichtungen halten, und zwar aufgeschlüsselt nach Mitgliedsstaaten:

800 Verfahren, juristische Schritte, hat die EU-Kommission derzeit gegen Mitgliedsstaaten eingeleitet, seit heute sind es 801. Spanien, Italien, Deutschland und Griechenland führen die Hitliste an, sind also die am häufigsten vertragsbrüchigen Länder. Wie stumpf das Schwert der EU-Kommission, rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedsstaat (neuerdings auch gegen Ex-Mitgliedsstaaten, um die Absurdität auf die Spitze zu treiben) einzuleiten ist, das zeigt die folgende Abbildung, die vier Indikatoren zusammenstellt:

  • (1) Anzahl der offenen Verfahren wegen des Bruchs einer EU-Verordnung, des EU-Vertrags (rot: über dem EU-Durchschnitt);
  • (2) Veränderung in der Anzahl in den letzten 12 Monaten (rot: Zunahme);
  • (3) Dauer der Verfahren in Monaten (rot: länger als im EU-Durchschnitt);
  • (4) Zeit, die seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ohne Veränderung vergangen ist (mehr als 18 Monate);

Deutschland ist in allen Kategorien das einige Land, das die EU-Kommission systematisch ins Leere laufen lässt. Die Anzahl der offenen Verfahren liegt über dem EU-Durchschnitt, die Dauer der Verfahren liegt über dem EU-Durchschnitt, die gegen Deutschland eingeleiteten juristischen Schritte haben im letzten Jahr zugenommen, die Zeit, die seit einem Urteil gegen Deutschland, das der Europäische Gerichtshof gefällt hat, bislang verstrichen ist, ohne dass eine Beseitigung des Bruchs von EU-Recht erfolgt wäre, beträgt im Durchschnitt mehr als 18 Monate.

Und ausgerechnet die deutsche Bundesregierung will über ihr neues Mundstück bei der EU das Vereinigte Königreich über vertragliche Pflichten gegenüber der EU belehren.

Aber natürlich berichtet die ARD das nicht.
Das wirkungsvollste Mittel der Propaganda ist die Auslassung, die Unterschlagung wichtiger Informationen, das Unterlassen der Einordnung präsentierter Informationen in den Kontext, in dem allein sie bewertet werden können.
Framing beschreibt eine Tätigkeit, die den Versuch umfasst, die Konsumenten von Informationen durch die Art und Weise der Präsentation der Informationen zu manipulieren.
Hat es bei Ihnen geklappt?
Wurden sie von der ARD geframt?



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