Darf ein Mensch “Anatol” heißen? Die Posse um Unterneger

Eine Replik zum Beitrag “Darf ein Dorf “Neger” heißen?”, erschienen auf ntv.

Unterneger ist ein Ort im Sauerland, im Negertal, das vom Flüsschen “Neger” durchzogen wird. Unterneger, Negertal und Neger als Flussname haben nichts mit dem Neger zu tun, an den allein Anatol Stefanowitsch zu denken in der Lage zu sein scheint, wenn er die Buchstabenfolge “Neger”, in welcher Zusammensetzung auch immer, hört oder liest. Die Negrophobie scheint eine der Krankheiten zu sein, die im Syndromkomplex des Antirassismus am weitesten verbreitet sind.

Stefanowitsch erklärt:

Gut, dass A.S. keinerlei Kenntnisse deutscher Geographie hat.

“Das N-Wort [was meint er nur? Narzissmus, Nazismus, Nachtwächter?] ist extrem herabwürdigend, es ist in der deutschen Sprache eines der als am schlimmsten diskriminierend empfundenen Worte überhaupt … Man kann den Ortsbewohnern nicht vorwerfen, dass sie in dem Ort leben, der so heißt [puh, das KZ ist den Ortsbewohnern gerade noch erspart geblieben]. Aber man kann ihnen einen Perspektivenwechsel abverlangen.” Es müsse schon eine Bereitschaft zum Nachdenken geben, was der Ortsname für andere möglicherweise bedeute, dass er sehr verletzend wirken könne. […] Stefanowitsch sagt: Die Herkunft eines Namens spiele eine weniger wichtige Rolle als die heutige Bedeutung. Der Ortsname Neger sei zwar zu einer Zeit nachgewiesen worden, als es die rassistische Personenbezeichnung im Deutschen gar nicht gab. Die heutige Bedeutung sei aber eindeutig.”

Es gibt natürlich keine Studie, die geeignet ist, um zu belegen, was Stefanowitsch behauptet, dass nämlich “Neger” das Wort sei, das am “schlimmsten diskriminierend empfunden werde”. Aber Ideologen interessiert gemeinhin nicht, was in der Realität vorgeht. Ideologen sind daran interessiert, ihre Ideologie gegen die Realität durchzusetzen. Das zeigt sich in logischen Absurditäten wie: Unterneger bedeutet zwar nicht Neger, aber es bedeutet doch Neger, oder in den Worten von Stefanowitsch: Der Ortsname Neger sei “zu einer Zeit nachgewiesen worden, als es die rassistische Personenbezeichnung im Deutschen gar nicht gab”. Im Klartext: Für Ideologen wie Stefanowitsch ist die Bedeutung eines Begriffs irrelevant. Es zählt einzig die Einbildung von Leuten wie Stefanowitsch, das, was ihnen ihre eigenen Vorurteile beim Betrachten von Worten wie “Unterneger”, bei denen man erst einmal auf die Idee kommen muss, sie mit schwarzen Menschen in Verbindung zu bringen, eingeben.




Ehrlich gesagt halten wir Personen, die überall Neger sehen, für krank. Eindeutige Diagnosen müssen indes Psychiater stellen. Die Manie, in Unterneger “Neger” zu sehen, sie verbindet sich mit einer absoluten Unfähigkeit und Unwilligkeit zur Toleranz, dazu, eine andere Deutung zuzulassen als die eigene, damit auch nur kurzzeitig die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass man der einzige Depp weit und breit sein könnte, der in Unterneger eine Bezeichnung für schwarze Menschen phantasiert. Und wie aus dem Lehrbuch der autoritären Persönlichkeit werden Unfähigkeit und Unwilligkeit mit einem Sendungsbewusstsein verbunden, quasi eine Form der nach außen gerichteten Projektion der eigenen Schuld. Die empfundene eigene Schuld resultiert daraus, manisch zu jeder Zeit und an jedem Ort auf der Suche nach “Neger” zu sein. “Neger” morgens, mittags und abend zu finden, sich an “Neger” morgens, mittags und abends zu erregen. andere wegen “Neger” morgens, mittags und abends maßregeln zu wollen. Normal ist das nicht.

Deutsche Neger sind extrem großwüchsig

Der Unterschied zwischen dieser Art von Ideologe, von Sprachideologe, dieser Form der RasseSprachhygiene und Demokraten könnte nicht krasser ausfallen. Wo Demokraten von dem Prinzip “leben und leben lassen” geleitet sind, sind Ideologen, Sprachideologen, Sprachhygieniker, von der Manie getrieben, alle Begriffe, die ihre eigenen Vorurteile aktivieren, auszumerzen. Demokraten orientieren sich an Kants kategorischen Imperativ, Sprachideologen, Sprachhygieniker treibt der Imperativ, andere für das zu bestrafen, was sie als ihre eigene Schuld, ausgelöst von ihren eigenen Vorurteilen ansehen. Demokraten üben Toleranz, Sprachhygieniker wollen bevormunuden, kontrollieren, unterdrücken. Demokraten sind an der Empirie interessiert, leben im Hier und Jetzt, Sprachhygieniker leben in ihrem Wolkenkuckucksheim und wollen ihre Spleens zu allgemeinen Verhaltensregeln erklärt sehen. Demokraten verteidigen individuelle Freiheit, Sprachhygieniker wollen individuelle Freiheit zerstören.

Wohlgemerkt, diese Kontrastierung basiert auf dem Zugeständnis, es bei Sprachhygienikern zumindest in Teilen mit normalen Menschen zu tun zu haben, nicht mit Irren.

Apropos Irre. Kindern bringt man bei, die Folgen ihres Handelns zu berücksichtigen, indem man sie mit den Folgen konfrontiert. Wer als Kleinkind in sein Essen patscht, der muss eben ein paar Stunden hungern und kann nach deren Ablauf überlegen, ob er abermals ins Essen patschen will.

Es müsse bei Begriffen, so sagt Anatol Stefanowitsch, eine Bereitschaft zum Nachdenken geben, was der Begriff für andere möglicherweise bedeute, dass er sehr verletzend wirken könne.

Stimmt.

Anatol zum Beispiel wirkt auf uns sehr verletzend.

Nicht nur, dass wir im Kontext von Stefanowitsch und SprachWISSENSCHAFTLER zusammenzucken und Anatol als einen der am “schlimmsten diskriminierenden” Namen empfinden, nein, Anatol erschreckt uns auch, weil uns Antaol an Anatol, an Anatol Lunacharsky erinnert. Lunacharsky ist nicht nur der Kommunist, auf dessen Mist die Idee von “Proletkult” gewachsen ist, nein, er ist auch der erste sowjetische Zensor, derjenige, der für Lenin die Regeln der Zensur ausgearbeitet und umgesetzt hat. Anatol Lunacharsky ist, wenn man so will, der direkte Vorgänger der heutigen Anatole, deren Ziel darin besteht, Sprache zu ZENSIEREN. Aber nicht nur deshalb verletzt uns die Erwähnung von “Anatol” erheblich.

Es war 1919 als in der New York Times, und wie uns die heutigen Auguren der Wahrheit, die Faktenchecker, lehren, ist die New York Times seit jeher der Gipfel der Wahrheit, ein Beitrag mit dem Titel “REDS ARE RUINING CHILDREN OF RUSSIA; Lunacharsky’s System of Calculated Moral Depravity” erschienen ist. Lunacharsky wird in dem Text in seinem Bemühen dargestellt, ein “system of calculated moral depravity […] in one of the most diabolical of all measures conceived by the Bolshevik rulers of Russia” zu etablieren. Ein Schulsystem. das nicht Moral, sondern a-Moral lehrt, das nicht dem Wissen, sondern der Verdummung gewidmet ist, das Kunst vor Wissenschaft und Emotion vor Rationalität stellt.

Kommt Ihnen das bekannt vor?
Uns auch.

Deshalb ertragen wir den Namen “Anatol” nicht und finden, dass Stefanowitsch zwar nichts für den Namen kann, der ihm gegeben wurde, aber man kann ihm schon “einen Perspektivenwechsel abverlangen”. Er müsste schon eine “Bereitschaft zum Nachdenken” zeigen, sich damit auseinandersetzen, was sein Name “für andere möglicherweise bedeute[t], dass er sehr verletzend sein” kann. Dabei spielt die Herkunft seines Namens “eine weniger wichtige Rolle als die heutige Bedeutung” und heute steht Anatol eben für Zensur, für moralische Verderbtheit und für alles Übel, das mit dem Sowjetsystem, an dem Lunacharsky so erfolgreich mitgebaut hat, verbunden ist. Wir finden, wir haben ein Recht und Stefanowitsch deshalb die moralische Pflicht, uns nicht weiter zu verletzen.

Wir schlagen vor, er geht zum Standesamt und lässt einen neuen Namen eintragen.
Wir schlagen der Einfachheit halber Hans Mustermann vor.

Das ist doch nicht zuviel verlangt.



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