Facebook will dafür sorgen, dass Sie sich impfen lassen

Facebook hat vor drei Tagen im Facebook-Blog eine “Allianz” mit “führenden Gesundheitsorganisationen” angekündigt, darunter Merck, die WHO und die Weltbank, alle für ihre hervoragende Expertise in Sachen Gesundheit bekannt. Ziel der “Allianz”, die von Facebook und Merck mit jeweils 20 Millionen US-Dollar finanziert wird, ist es zunächst, gegen “vaccine hesitancy”, also gegen diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, vorzugehen. Und natürlich geht es auch um Gleichheit, darum, den armen Menschen in der Dritten Welt, dem, was man früher tinpot little African countries genannt hat, das Heil westlicher Impfung zu bringen, damit keine “Impf-Apartheid” entsteht.

Facebook ist eben ein durch und durch philantropisches Unternehmen (vergessen Sie, das Geschäftsmodell des Unternehmens, das wohl von der Mafia abgekupfert ist und vergessen Sie, dass Facebook ihre persönlichen Daten verhökert, vergessen Sie auch, dass Facebook ein Feind der offenen Gesellschaft ist, weil das Netzwerk alles, was Suckerberg nicht gefällt, zensiert).

Nein, Facebook ist ein durch und durch philantropisches Unternehmen, das sich um die Gesundheit der Menschheit, um IHRE Gesundheit sorgt und deshalb dafür sorgen will, dass Sie sich impfen lassen. Neben dem prätentiös-selbstgefälligen Salbader, der die Veröffentlichung im Facebook Blog umgibt, ist vermutlich das am Relevantesten, was nicht ausgesprochen, nicht ausgeführt, was nur kurz erwähnt wird.

Es verbirgt sich hinter dem Begriff “behavioral science”.

Was damit gemeint ist?
Nudging.
Die Kunst, Menschen gegen ihren Willen zu Handlungen zu manipulieren, die sie eigentlich nicht ausführen wollen und diese Kunst damit zu legitimieren, dass man dadurch das Beste für die entsprechenden Menschen, für die man besser entscheiden zu können in Anspruch nimmt als sie selbst, erreicht habe. Nudging ist ein Konzept, das aus der Psychologie stammt. Es wurde mehr oder minder von Amos Tversky und Daniel Kahneman vorbereitet und wird seither von einer Reihe von Autoren, die sich der Verhaltensökonomie (behavioral economics) zuordnen lassen, missbraucht, allen voran: Cass Sunstein und Richard Thaler. Es geht dabei um Sozialpaternalismus, wie wir das schon vor einigen Jahren genannt haben:

free to chooseUnter Sozialpaternalismus verstehen wir den Versuch, andere Menschen zu einem Verhalten zu bewegen, das sie nicht gezeigt hätten, hätte man sie ihrem freien Willen entsprechend handeln lassen. In anderen Worten, Sozialpaternalismus ist eine bewusste Manipulation der Willensfreiheit anderer mit dem Ziel, diese anderen zu einem Verhalten zu bewegen, das man selbst für “besser”, “günstiger” oder “nützlicher” hält, wobei noch zu klären wäre für wen das entsprechende Verhalten dann “besser”, “günstiger” oder “nützlicher” ist. Sozialpaternalismus ist ein aggressiver Akt der Beeinträchtigung der Willensfreiheit anderer.

Unter Sozialpaternalismus fallen Versuche, Menschen zu gesundem Essen zu bewegen, also zu dem, was der “Versucher” als gesundes Essen ansieht. Darunter fallen Aufrufe, wie der der Bundesärztekammer, die Werbung für Tabakprodukte zu verbieten. Darunter fallen Steuern, wie die dänische Fettsteuer, die, nachdem sie von der Versucher-Lobby nach ihrer Einführung gefeiert wurde (Oktober 2011), nach gut einem Jahr, in dem die Steuer weitgehend nichts als Kosten verursacht hat, im November 2012 wieder abgeschafft wurde. Kurz: Sozialpaternalismus beschreibt jede Form eines Versuches, autonome Individuen zu einem Verhalten zu bewegen, das sie von sich aus nicht gezeigt hätten.

Ausgerechnet Ökonomen, Richard Thaler und Cass Sunstein, haben sich zu Anwälten eines Sozialpaternalismus gemacht. Dabei bauen Sie nach ihrer Ansicht auf Forschungsergebnissen auf, die weitgehend von Amos Tversky und Daniel Kahneman produziert wurden. Demnach handeln Menschen nicht, wie die klassische Ökonomie dies in ihrem Ideal des “economic man” angenommen hat, rational und voll-informiert. Vielmehr, so hat Herbert Simon argumentiert, in einem Zustand, der mehr oder minder Informiertheit, der ihnen nur rationale Entscheidungen (einer bounded rationality) im Rahmen ihres Wissens ermöglicht. Und ganz so als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Menschen, also z.B. Politiker und Ärzte, die sozialpaternatlistisch anderen vorschreiben wollen, was gut und richtig für sie ist, auf Grundlage von Halb- oder Viertelinformation Entscheidungen treffen, nein, Tversky und Kahneman haben zudem gezeigt, dass die dann getroffenen Entscheidungen oftmals nicht optimal sind, nicht den Rationalitätsannahmen entsprechen, an denen Ökonomen Menschen messen.

Z.B. kann man durch negative oder positive Formulierung Ergebnisse beeinflussen, wie Tversky und Kahneman am Beispiel einer Behandlungsmethode gezeigt haben. In zwei völlig identischen Szenarien betonen sie einmal, dass die Behandlungsmethode z.B. 320 von 400 Menschen rettet, einmal 80 von 400 Menschen sterben werden. In der ersten Formulierung findet die Behandlungsmethode weite Akzeptanz, in der zweiten Formulierung nicht.

Aus diesem Beleg dafür, dass man Menschen mit der Art und Weise, in der man Dinge formuliert, beeinflussen kann, sowie aus der Tatsache, dass viele Menschen uninformierte und wenig rationale Entscheidungen treffen, leiten Thaler und Sunstein die Berechtigung ab, einen Sozialpaternalismus zu predigen, dessen Ziel darin besteht, die dummen und irrationalen Menschen in die richtige Richtung zu “nudgen”, zu drängen, also etwa zum Verzicht auf den Schokoriegel, weil er dick macht, zum Verzicht auf die Zigarette, weil das Krebsrisiko steigt, zum Verzicht auf das dritte Bier, weil es die Leber schädigt, zur Organspende, zum Elektroauto, zum Verzicht auf Konsum und vieles andere mehr, was gerade als opportun gilt, zum Beispiel, sich impfen zu lassen.

Die Mittel zur Durchsetzung des Sozialpaternalismus sind mannigfaltig. Sie beginnen bei Steuern und Abgaben, mit denen ein Verhalten wie z.B. das Rauchen von Zigaretten verteuert wird, und sie reichen bis zu Verboten von Werbung für ein Produkt oder von bestimmten Verhaltensweisen, wie z.B. dem Rauchen von Cannabis.

Gegen Thaler und Sunstein sind schon viele Argumente vorgebracht worden, auch auf ScienceFiles haben wir uns zu beider Paternalismus schon geäußert. Beschränken wir uns daher auf einen Punkt, der in der bisherigen Diskussion untergegangen zu sein scheint (sofern er überhaupt gemacht wurde): Sozialpaternalismus ist ein aggressiver Akt der Einschränkung der Willensfreiheit anderer.

Diese Kritik gliedert sich in zwei Teile:

  • Sozialpaternalismus basiert auf einer usurpierten moralischen und Informationshoheit, für die es keinerlei Begründung gibt. Und er basiert auf einer Entmündigung anderer, die als unterlegen und sich selbst gegenüber unverwantwortlich etikettiert werden.
  • Sozialpaternalismus enthält Individuen gerade die Informationen vor, die sie benötigen würden, wollten sie eine informierte Entscheidung treffen.

Uns ist keine Argumentation bekannt, in der Sozialpaternalisten, die sich darin gefallen, anderen zu sagen, was gut für sie ist, die Grundlage ihrer vermeintlichen Informations-Überlegenheit offenlegen. So warten wir immer noch darauf, dass die Befürworter von Organspenden auf die Schwierigkeiten hinweisen, den Eintritt des Todes zweifelsfrei festzustellen, darauf, dass sie offen erklären, warum Organe von jungen Menschen nachgefragter und besser zu verwerten sind als Organe von alten Menschen, und vor allem warten wir darauf, dass jemand die Verdienstkette bei Organtransplantationen offenlegt: Wer verdient was und wie an gespendeten Organen?

Sozialpaternalismus, wie ihn Facebook und die verbündeten der Gesinnungs-Banditen durchsetzen wollen, basiert geradezu darauf, Menschen Informationen vorzuenthalten. Informationen über ihr tatsächliches Risiko, an COVID-19 zu erkranken. Informationen über ihr spezifisches Risiko, durch Impfung krank zu werden. Informationen über die Schutzwirkung und Schutzdauer von Impfstoffen, die Langzeitfolgen und vieles mehr. Sozialpaternalismus will hier abkürzen. Er enthält Menschen Informationen vor. Behauptet in der Lage zu sein, bessere Entscheidungen über Belange derjenigen zu treffen, für die er Entscheidungen trifft, als diese selbst es könnten. Sozialpaternalismus öffnet dem Missbrauch Tür und Tor: Denn, wenn man Menschen Informationen vorenthält, sie im Dunkeln über bestimmte Risiken lässt, dann ist es einfach, sie in die Richtung zu nudgen, in die man sie gerne nudgen will, in Richtung Impfung.

Warum ist es noch einmal für Mark Suckerberg wichtig, dass Sie oder wir geimpft sind? Warum nimmt sich noch einmal irgendjemand das Recht, in Ihre Entscheidungsfreiheit regelnd eingreifen zu wollen?

Sozialpaternalismus ist eine Herrschaftsform, die davon lebt, Menschen in Unmündigkeit zu halten bzw. sie zu entmündigen, ihre Willensfreiheit zu ignorieren und sie zu abhängigen, nicht zur eigenständigen Führung ihres Lebens fähigen dahin vegetierenden Lebensformen zu machen, deren Wohl und Wehe davon abhängig ist, was Sozialpaternalisten gerade als zu behandelnden Gegenstand ansehen. Wohin man andere “nudged”, wo man anderen notwendige Informationen vorenthält, ist dann eine Frage des eigenen Vorteils. Warum fordert die Bundesärztekammer z.B. ein Verbot der Tabakwerbung, aber keine Pflicht zur umfänglichen Information über die Risiken einer Organspende? Warum will die deutsche Regierung so vehement gegen Dicke vorgehen und hat kein Problem damit, wenn jährlich Tausende von Jungen in deutschen Schulen benachteiligt werden? Warum dieser Versuch, Bürger zu entmündigen und ihre Willensfreiheit zu missachten, wenn man durch die Bereitstellung von Informationen dazu beitragen könnte, dass Bürger eine informierte Entscheidung treffen, die dann natürlich auch darin bestehen kann, eventuell ein paar Lebensjahre gegen vergnüglichen Tabakkonsum zu tauschen oder mehr Schokoladenriegel zu essen, als politisch korrekt?

Sozialpaternalismus ist Herrschaft durch Entmündigung, informierte Bürger stören dabei.

Facebook und seine Verbündeten sind angetreten, den informierten und selbstverantwortlichen, den AUTONOMEN Bürger zu bekämpfen. Sie sind Feinde einer offenen Gesellschaft.


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