Politik versus Wissenschaft statt Politik mit Wissenschaft: Meta-Analysen finden keine wissenschaftlichen Belege für den Nutzen des Masken-Tragens zum Schutz vor SARS-CoV-2

Am 28. September hat Noah Carl im Daily Sceptic mit Bezug auf „community masking“, d.h. auf die Verpflichtung von Menschen zum Maskentragen in der Öffentlichkeit, die Frage gestellt „Where did ‚The Science‘ come from?”

Er stellte damit auf die Tatsache ab, das vor dem Jahr 2020 noch weithin bekannt und akzeptiert war, dass das Tragen von Masken keinen statistisch signifikanten Schutz vor der Übertragung von Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen, bieten. (In seinem Artikel nennt Carl einige dieser Studien bzw. verlinkt auf sie). Das war in der Zeit, die der Professor Steve Templeton – er ist Associate Professor of Microbiology and Immunology at Indiana University School of Medicine – als die BP-Zeit bezeichnet, die Zeit  „Before Things Got Political“.

Dennoch ist das Tragen von Masken an bestimmten Orten, zu bestimmten Anlässen, in bestimmten Situationen und für bestimmte Berufsgruppen oder für alle Personen, wann immer sie sich außerhalb ihrer eigenen vier Wände aufhalten, in vielen Ländern die im Zusammenhang mit Covid-19 politisch verordnete „neue Normalität“ für Milliarden von Menschen geworden. Vor diesem Hintergrund fragt Noah Carl im Daily Sceptic, woher plötzlich die wissenschaftlichen Belege gekommen sein mögen, die das politisch verordnete Masken-Tragen rechtfertigen sollen.

Vorweg: Selbst dann, wenn sich solche wissenschaftlichen Belege während der Jahre 2020 und 2021 eingestellt haben sollten, wäre es eine höchst merkwürdiger Umstand, dass sich die Fakten mit Bezug auf den Schutz, den das Masken-Tragen vor Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen, in ihr Gegenteil verändert haben. Und dieser Umstand müsste erklärt werden. Haben sich die Masken vielleicht so erheblich verändert, dass sie nunmehr effizient sind, während sie es noch im Jahr 2019 oder 2020 nicht gewesen sind? Nein, dies ist nicht der Fall, jedenfalls nicht in Bezug auf diejenigen Masken, die zu tragen den Menschen abverlangt wird. Das sind nämlich bestenfalls N95-Masken, aber gewöhnlich einfache medizinische Masken oder Stoffmasken.

Wie ist es dann möglich, dass sich die für die Masken-Pflicht politisch Verantwortlichen diesbezüglich auf „die Wissenschaft“ berufen können? Die einfache Antwort: sie können es nicht. Und wie mir scheint, versuchen sie es auch immer weniger, halten aber an der Masken-Pflicht fest wie an einer schlechten Angewohnheit. Immerhin ist für Personen in politischen Positionen „die Wissenschaft“ ohnehin nur eine Wolke mit vagen und ständig wechselnden Umrissen, die sie in eine feste, konstante Form gießen zwingen müssen, um komplexe Zusammenhänge, die sie nicht verstehen, für sich handhabbar zu machen und als Rezepthandeln für den politischen Alltag instrumentalisieren zu können.

Und so tun sie, was sie von irgendeinem „Experten“ gehört haben und was ihnen irgendwie plausibel vorkommt oder was von irgendeiner supranationalen Behörde, Verwaltung oder Organisation, im Fall von Covid-19 insbesondere der WHO, verlautbart wird, immer in der Hoffnung, dass „Experten“ und Mitarbeiter supranationaler Bürokratien besser informiert sein mögen als sie selbst. Aber man darf nicht vergessen, dass diese „Experten“ und Mitarbeiter supranationaler Behörden, Verwaltungen oder Organisationen – bestenfalls – Zweit-Verwerter der Wissenschaft sind, die im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 bzw. Covid-19 relevant ist, genau wie wir bei Sciencefiles es sind oder wie Sie selbst es sind, wenn Sie die thematisch einschlägigen Studien lesen, uns und Ihnen gegenüber aber den erheblichen Nachteil haben, die Wissenschaft nicht als solche würdigen zu können, denn immer bewegen sie sich – anders als wir und als Sie – in Abhängigkeitsverhältnissen oder gar in Korruptionsnetzwerken.

Die Berufung auf eine Wissenschaft, die man nur vom Hören-Sagen oder im schlimmsten Fall als Parodie auf Wissenschaft kennt, führt zu einer Spirale der Fehlentscheidungen, die sich als Fehlanpassungen an die Realität niederschlagen. Die „neue Normalität“, die viele Facetten hat, von denen eine das Masken-Tragen ist, ist eine solche Fehlanpassung an die Realität.

Dass die Verordnung des Masken-Tragens mit Bezug auf Covid-19 einen Aspekt der Fehlanpassung an die Realität darstellt, ist inzwischen nicht mehr vernünftig bestreitbar. Es ist gerade kein Merkmal der Wissenschaft, eine Sachlage, z.B. die Effizienz des Masken-Tragens gemäß jeder neuen Einzelstudie, die dieses oder jenes Ergebnis produziert, zu beurteilen bzw. plötzlich anders zu beurteilen als vorher. Vielmehr ist Wissenschaft ein kumulativer Prozess, und Meta-Analysen haben dem kumulativen Charakter der Wissenschaft einen konkreten methodischen Ausdruck verliehen.

Meta-Analysen liegt ein statistisches Verfahren (von dem es verschiedene Varianten gibt,) zugrunde, durch das die Ergebnisse von Einzelstudien in eine einzige Schätzgröße mit Bezug auf den Effekt von Variablen auf eine andere transformiert werden (Hoffmann 2015). Die Qualität solcher Meta-Analysen hängt nicht nur von der Qualität der einbezogenen Einzelstudien ab, sondern hängt auch stark von deren Vergleichbarkeit ab. Je stärker vergleichbar die Einzelstudien mit Bezug auf ihr Stichprobendesign und die verwendeten Meßverfahren und -größen sind, desto zuverlässiger wird das Ergebnis der Meta-Analyse sein. Wenn hohe Vergleichbarkeit gegeben ist, ist die Meta-Analyse sozusagen der Königsweg für die Wissenschaft als kumulativem Prozess. Hohe Vergleichbarkeit herzustellen, erfordert aber ein hohes Maß an Bereitschaft und Fähigkeit zur Kooperation unter Wissenschaftlern in einem Forschungsgebiet und ist daher in der Realität oft nicht gegeben.

Daneben gibt es Meta-Studien, bei denen Einzelstudien zu einem bestimmten Zusammenhang zusammengetragen werden, ihre Ergebnisse zusammengestellt werden, und in der Gesamtschau betrachtet wird, ob der Zusammenhang durch die Mehrzahl der Einzelstudien bestätigt werden kann oder nicht. Hedges und Olkin (1980) haben das als die „vote counting method“ zur Synthese von Forschungsbefunden bezeichnet, weil die Entscheidung über den in Frage stehenden Zusammenhang sozusagen danach gefällt wird, welches Votum die Mehrheit der Studien für oder gegen das Bestehen des Zusammenhangs abgegeben haben. Wie Schmidt (1992) anhand eines Beispiels klar macht, kann dieses Verfahren falsche Ergebnisse erzielen, aber oft ist diese Art der Gesamtschau – angesichts der eingeschränkten Vergleichbarkeit der beinhalteten Einzelstudien – die einzig mögliche. Sie ist insbesondere dann akzeptabel, wenn sie das Minderheitenvotum nicht einfach als solches notiert und dann ignoriert, sondern einen Versuch macht, zu erklären, wie die Ergebnisse der zur Minderheit gehörenden Studien zustandegekommen sein können. Und wenig überraschend sind es häufig methodische Beschränkungen oder Mängel, die in diesem Zusammenhang thematisiert werden.

Am Rande sei bemerkt, dass es sein mag, dass die falsche Vorstellung, nach der das Kriterium für wissenschaftlich Belegtes oder faktisch Zutreffendes, ein „Konsens“ unter Wissenschaftlern oder die Mehrheitsmeinung unter ihnen sei, die Personen in politischen Funktionen, die in der Regel mehr oder weniger wissenschaftsfremd sind (auch oder gerade dann, wenn sie irgendwann einmal irgendein Fach an einer Hochschule studiert haben, das seinerseits von fragwürdigem wissenschaftlichen Status ist,) anscheinend haben, ursprünglich durch die “vote counting method” angeregt wurde, aber von ihren mißbräuchlichen Nutzern unverstanden geblieben ist. Oder vielleicht erschöpft sich die Problemlösungskapazität dieser Personen in dem, was Jürgen Habermas diesbezüglich vorbildhaft präsentiert hat: Wer keine Lösungen für Probleme hat oder nicht den Mut aufbringt oder nicht den hierfür logischen Sachverstand hat, für eine bestimmte Lösung zu argumentieren, der versucht, die Probleme einfach zu umgehen, sie durch verbale Akte hinwegzudefinieren oder sie an andere zu delegieren und sich selbst auf die Rolle dessen zu beschränken, der als „Denker“ auf all die Mängel in den Problemlösungen anderer Leute hinweist, derjenigen, die den Mut gefunden haben, eine bestimmte Lösung aus bestimmten Gründen zu präferieren. Und so hat Habermas (in zwei Aufsätzen, die im Band von Habermas & Luhmann mit dem etwas irreführenden Titel „Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnolgie“ aus dem Jahr 1971) gemeint, dass Wahrheit das sei (oder als das gelten solle), worauf sich kompetente Beurteiler geeinigt hätten, dass es Wahrheit sei (oder sein solle?!) – ungeachtet der Tatsache, dass er damit in einen infiniten logischen Regress eintritt, denn wer ein kompetenter Beurteiler (am besten „in Wahrheit“ ein kompetenter Beurteiler) ist, ist dann auch wieder eine Frage, auf die sich andere diesbezüglich Kompetente geeinigt haben müssen, und wer ist wiederum warum kompetent zu beurteilen, dass diese Leute diesbezügklich kompetente Beurteiler sind oder waren? Das müssen wiederum andere kompetente Beurteiler entscheiden, und dass diese kompetent sind, müssen wieder andere kompetente Beureteiler entscheiden usw. usw. usw. (Genau diesem Problemen sehen wir uns im Zeitalter der sogenannten „Faktenchecker“ gegenüber ….)

Jedenfalls sind Meta-Studien als Gesamtschauen auf die vorliegenden Forschungsbefunde (im Gegensatz zu Meta-Analysen wie oben beschrieben) bis heute das Verfahren der Wahl, wenn es darum geht, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Zusammenhang (bis auf Weiteres, denn wir erinnern uns: Wissenschaft ist ein kumulativer Prozess) als bestätigt angesehen werden kann oder nicht. Der wissenschaftlich informierte Umgang damit erfordert allerdings – wie oben bemerkt – methodische Sachkenntnis und entsprechendes Urteilsvermögen.

Meta-Studien mögen gegenüber Meta-Analysen unbefriedigend bleiben, aber sie bedeuten einen Fortschritt gegenüber der Situation, in der gegen die Ergebnisse der einen Studie die Ergebnisse einer anderen ins Feld geführt werden kann und es jedem nahezu freisteht, sich auszusuchen, welcher Studie er gerade sein Vertrauen schenken möchte. Dies ist die typische Situation während des frühen Stadiums der wissenschaftlichen Untersuchung eines neuen Phänomens oder einer neuen Fragestellung. Zu diesem Zeitpunkt ist möglich, mehr oder weniger gut begründete Vermutungen über den Zusammenhang zu formulieren, aber mehr nicht. An irgendeinem Punkt liegt eine Reihe von Einzelstudien zum interessierenden Zusammenhang vor, so dass es möglich ist, die vorhandene Forschung zu diesem Zusaammenhang einer Gesamtschau (wenn nicht einer Meta-Analyse im oben beschriebenen Sinn) zu unterziehen. Damit wird es möglich, einen Überblick zu erhalten über das, was bislang untersucht wurde, über die Qualität der Studien, die durchgeführt wurden, und über die Ergebnisse, die Studien unterschiedlicher Qualität erbracht haben. Und dies wiederum ermöglicht es, die Zuverlässigkeit von Ergebnissen einzuschätzen und zukünftige Studien zu planen, die bestimmte Soll-Stellen füllen können, also noch nicht untersuchte Aspekte des Zusammenhangs zu beleuchten oder einen methodischen Fortschritt gegenüber bereits vorliegenden Studien darstellen. Auch insofern ist Wissenschaft ein kumulativer Prozess der Erkenntnisgewinnung spricht bzw. ein Prozess des Wissensfortschrittes.

Und hat ein solcher kumulativer Prozess der Erkenntnisgewinnung bzw. wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt auch mit Bezug auf bestimmte Aspekte von SARS-CoV-2 bzw. Covid-19 als einem Virus, das Atemwegserkrankungen hervorrufen kann, stattgefunden, insbesondere mit Bezug auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Masken-Tragens?

Die Antwort auf diese Frage lautet nein, wenn man die Frage speziell auf SARS-CoV-2 bezieht, und ja, wenn man sie auf Atemwegserkrankungen hervorrufende Viren bezieht, und was Letzere betrifft, so hat sich der Stand der wissenschaftlichen Forschung nicht während der letzten zwei Jahre auf wundersame Weise verändert:

“There is limited available preclinical and clinical evidence for face mask benefit in SARS-CoV-2. RCT [randomised controlled trials] evidence for other respiratory viral illnesses shows no significant benefit of masks in limiting transmission but is of poor quality and not SARSCoV-2 specific. There is an urgent need for evidence from randomized controlled trials to investigate the efficacy of surgical and cloth masks on transmission of SARS-CoV-2 and user reported outcomes such as comfort and compliance” (Nanda et al. 2021: 97),

so schreiben Nanda et al., die eine – und m.W. die neueste – echte Meta-Analyse (wie oben beschrieben) durchgeführt haben für die Studien, die den Schutz durch Masken vor der Übertragung von Viren, die Atemwegserkrankungen hevorrufen, untersucht haben. Speziell für SARS-CoV-2 war dies nicht möglich, weil so gut wie keine Studien mit Bezug auf SARS-CoV-2 vorliegen, die eine „echte“ Meta-Analyse ermöglichen würden. Eine einzige klinische Studie, die den Effekt des Masken-Tragens auf die Übertragung von SARS-CoV-2 innerhalb von Haushalten geprüft hat, ist eine Studie von Wang et al. (2020), die in Bejing, China, durchgeführt wurde. In ihr konnte eine relativ hohe Schutzwirkung festgestellt werden, aber diese Studie war eine nicht-randomisierte retrospektive Beobachtungsstudie und ist als solche mit einem hohen Verzerrungsrisiko behaftet (zu dessen Schätzung es statistische Verfahren gibt, die Nanda et al. auch angewendet haben).

Nanda et al. (2021:108) halten daher fest:

„There is currently no published evidence from randomized trials studying face masks to prevent SARS-CoV-2 transmission. This finding is important as it shows we have no in practice evidence and identifies a gap in the research”.

Es gibt also nach wie vor so gut wie keine Forschung darüber, ob oder inwieweit Masken (verschiedener Art) vor der Übertragung von SARS-CoV-2 schützen. Angesichts der Tatsache, dass eine Vielzahl von Studien über die Effektivität oder – vom Ergebnis her besehen – besser: Nicht-Effektivität von Masken als Schutz vor anderen Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen können, vorliegen, erscheint es aber unplausibel anzunehmen, dass Masken ausgerechnet gegen SARS-CoV-2 eine nennenswerte Schutzwirkung haben sollten.

Und das wiederum bedeutet, dass es – eben wegen des Mangels an Studien (insbesondere RCTs) zur Schutzwirkung von Masken speziell vor Übertragung von SARS-CoV-2 – derzeit auch keine wissenschaftliche Grundlage gibt, auf der Maskenzwang für alle oder für bestimmte Personen, überall oder an bestimmten Orten oder zu bestimmten Anlässen zum Schutz der Bevölkerung vor SARS-CoV-2 wissenschaftlich begründet werden könnte.

Selbst die WHO trägt dem negativen Befund für Masken als Schutz vor der Übertragung von SARS-CoV-2 in ihren Empfehlungen Rechnung, auch, wenn sie es vorzieht, angesichts der politischen Realität statt von Nutzlosigkeit von Masken davon zu sprechen, dass sie unzureichend („insufficient“) seien:

„The use of a mask should always be accompanied by other infection prevention and control (IPC) measures such as physical distancing of at least 1 metre, hand hygiene, avoidance of touching one’s face, and respiratory etiquette using a bent elbow whenever coughing or sneezing. Limiting stay in crowded or enclosed spaces, ensuring adequate ventilation of indoor settings … , and regularly cleaning high-touch surfaces are also key precautionary measures to follow. Their implementation in coordination with broader public health and social measures (PHSMs) such as testing, contact tracing, quarantine and isolation is critical to prevent human-to-human transmission of SARS-CoV-2 … Masks should therefore be seen as a component of a package of interventions, as they are insufficient to provide adequate protection from infection or prevention of onward transmission (source control) when used alone” (WHO 2021: 1).

Offensichtlich spricht man bei der WHO von unzureichendem Schutz durch Masken vor SARS-CoV-2, wenn man nicht eingestehen möchte, dass bislang überhaupt kein solcher Schutz wissenschaftlich belegt werden kann, weil man hofft, dass dies in Zukunft doch möglich sein wird, wenn nur mehr entsprechende Studien durchgeführt worden sind, – und sei dies noch so unplausibel aufgrund der bestehenden Befundlage mit Bezug auf den Schutz, den Masken vor der Übertragung von anderen Viren bieten, die Atemwegserkrankungen verursachen können.

Dennoch ist die Empfehlung bzw. Nicht-Empfehlung von Masken durch die WHO bemerkenswert, nämlich insofern als diese Nicht-/Empfehlung ihrerseits auf einer Meta-Studie beruht, die von der WHO in Auftrag gegeben wurde. Diese Studie stammt von Chu et al. (2020).

Auch Chu et al. haben eine „echte“ Meta-Analyse durchgeführt, und zwar auf der  Grundlage von

„44 studies [that] were comparative and fulfilled criteria for our meta-analysis” (Chu et al. 2020: 1979),

wobei die meisten der berücksichtigten Studien sich auf die Übertragung von SARS und MERS bezogen (Chu et al. 2020: 1979). Mit Bezug auf Gesichtsmasken kommen die Autoren zum folgenden Ergebnis:

„Across 29 unadjusted studies and ten adjusted studies … the use of both N95 or similar respirators or face masks (eg, disposable surgical masks or similar reusable 12–16-layer cotton masks) by those exposed to infected individuals was associated with a large reduction in risk of infection .. with stronger associations in healthcare settings compared with non-health-care settings … Indeed, the association with protection from infection was more pronounced with N95 or similar respirators  … compared with other masks …” (Chu et al. 2020: 1980).

Wenn man von einer “large reduction” liest, könnte man meinen, hier läge ein klarer Befund vor, der für den Schutz vor einer Übertragung von SARS-CoV-2, MERS und SARS zumindest durch N95-Masken, spricht. Aber dem ist nicht so, wenn die Autoren die Zuverlässigkeit der Studienergebnisse nach dem GRADE-Verfahren einschätzen, einem in der medizinischen Forschung bekannten und anerkannten Standards. Denn in der Übersicht über ihre Ergebnisse mit Bezug auf die Schutzwirkung von Masken vor Übertragung von SARS-CoV-2, MERS oder SARS halten die Autoren – unter Kennzeichnung des Ergebnisses als eines Ergebnisses von niedriger Zuverlässigkeit und in der Möglichkeitsform – fest:

„Medical or surgical masks might [!] result in a large reduction in virus infection; N95 respirators might [!] be associated with a larger reduction in risk compared with surgical or similar masks” (Chu et al. 2020: 1979)

– oder they might not, d.h. vielleicht auch nicht. Und dafür, dass das nicht so ist, spricht die lange Reihe der Studien, die keine statistisch signifikante Schutzwirkung von Masken vor der Übertragung von Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen können, feststellen konnten. Und so formulieren Chu et al. als Empfehlungen für Personen in politischen Positionen dann auch:

„The findings of this systematic review and meta-analysis support physical distancing of 1 m or more and provide quantitative estimates for models and contact tracing to inform policy. Optimum use of face masks, respirators, and eye protection in public and health-care settings should be informed by these findings and contextual factors. Robust randomised trials are needed to better inform the evidence for these interventions, but this systematic appraisal of currently best available evidence might inform interim guidance” (Chu et al. 2020: 1973).

Sie fragen sich vielleicht, wieso Chu et al. im Jahr 2020 sechs spezielle SARS-CoV-2-Studien finden konnten, Nanda et al. im Jahr 2021 aber nicht. Die Antwort ist einfach: Chu et al. haben Studien berücksichtigt, die Nanda et al. aufgrund der von ihnen verwendeten, strengeren, Auswahlkriterien nicht in ihre Meta-Analyse eingeschlossen haben bzw. von denen es schwierig ist, ihnen überhaupt den Stauts einer Studie zuzuschreiben. So ist z.B. in zwei der sechs Studien, die sich speziell auf SARS-CoV-2 beziehen, die Anzahl der Testpersonen mit 20 bzw. mit 37 so gering, dass ihre Ergebnisse schwerlich zuverlässig sein können, geschweige denn eine sinnvolle Unterscheidung in Subgruppen, also z.B. danach, welche Masken verwendet wurden, möglich gewesen sein kann; s. Tabelle 1 in Chu et al. 2020:1976-1977).

Aber zurück zu Chu et al.: Wie das obige Zitat zeigt, geben die Autoren keine klare Empfehlung für das Masken-Tragen als Schutz vor SARS-CoV-2, sondern meinen, dass politische Entscheidungen über Maßnahmen im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 bzw. Covid-19 durch „Kontextfaktoren“ informiert sein sollten, und gleichzeitig halten sie – in völliger Übereinstimmung mit den Tatsachen, die auch Nanda et al. beobachten – fest, dass die Durchführung qualitätvoller Studien in der Zukunft notwendig ist, um informierte „Interventionen“ von politischer Seite vornehmen zu können. Und bemerkenswerterweise ist die WHO dem gefolgt und hat ebenfalls keine klare Masken-Empfehlung ausgesprochen.

Was bedeutet dies alles für die diesbezügliche Wissenschaft in der Politik?

Halten wir fest:

  • Es gibt eine ganze Reihe von empirischen Studien, die belegen, dass das Tragen von Masken keinen statistisch signifikanten bzw. nennenswerten Schutz vor der Übertragung von anderen Viren als SARS-CoV-2, die Atemwegserkrankungen verursachen können, bietet.
  • Es gibt bis zum jetzigen Zeitpunkt so gut wie keine Studien, die den Effekt des Masken-Tragens speziell auf die Übertragung von SARS-CoV-2 getestet hätten.

Die Schlussfolgerung, die sich hieraus ergibt, ist, dass

  • es keine positive wissenschaftliche Begründung für eine Maskenpflicht für alle im Haushalt oder an öffentlichen Orten oder insgesamt im öffentlichen Raum gibt.
  • Selbst die WHO spricht dementsprechend keine Maskenempfehlung aus, sondern bezeichnet das Tragen von Masken explizit als „insufficient“, d.h. ungenügend als Schutz vor SARS-CoV-2, scheut sich allerdings gleichzeitig davor, Masken als ineffizient zu bezeichnen. In den WHO-Empfehlungen wird die Unwirksamkeit – oder sagen wir vorsichtiger: der Mangel an Belegen für die Wirksamkeit – des Masken-Tragens eingestanden, aber dennoch als ein Element im Paket von Maßnahmen empfohlen, ohne Begründung dafür, wie es möglich sein soll, dass das Masken-Tragen als ein ineffizientes Mittel in Kombination mit anderen Mitteln in ein effizientes Mittel transformiert werden kann. Vermutlich scheut sich die WHO davor, in offenen Konflikt mit all den Staatsregierungen zu treten, die ihren Bürgern (zumindest unter bestimmten Umständen) das Masken-Tragen als vermeintlichen Schutz vor SARS-CoV-2 auferlegt haben.

Die Frage, die Noah Carl im Daily Sceptic gestellt hat, also die Frage: „Where did ‚The Science‘ come from?“, die die Verordnung des Tragen von Masken als Schutz vor der Übertragung von SARS-CoV-2 rechtfertigen soll, ist vor diesem Hintergrund wie folgt zu beantworten:

Sie kommt von nirgendwo. Oder genauer: Es gibt sie nicht (jedenfalls bislang). Wer sie zum jetzigen Zeitpunkt behauptet oder in der Vergangenheit behauptet hat, verbreitet/e fake news.

So gesehen könnte man auch sagen, dass die Frage von Carl falsch gestellt ist, denn was das Masken-Tragen zum Schutz vor Übertragung von SARS-CoV-2 betrifft, so ist die Wissenschaft in der Politik – oder genauer: bei sehr vielen in Regierungsverantwortung Stehenden – bislang überhaupt nicht angekommen.

Und das ist bedauerlich. Denn die Wissenschaft liefert nicht nur keine Begründung für die Verordnung des Masken-Tragens zum Schutz vor SARS-CoV-2. Sie liefert vielmehr Belege dafür, dass das Masken-Tragen eine Reihe von Nachteilen hat und sogar Gefahren birgt (s. die ausführliche Übersicht, die Kisielinski et al. 2021 liefern). Und angesichts von Nachteilen oder Gefahren einer Maßnahme, die keinen belegbaren Nutzen hat, sollten auch in politischer Verantwortlichkeit Stehende im Stande sein, Irrtümer einzugestehen. Aber anscheinend sind sie es nicht. Vielmehr reagieren sie mit Zensur und dem albernen Versuch, die Überbringer der für sie schlechten Nachrichten zu diskreditieren.

„And maybe I run into so many people, who are hostile, just because they can’t open their minds to the possibilities, that sometimes the need to mess with their heads, outweighs the millstone of humiliation”,

wie es Special Agent Mulder in den X-files (in der Episode mit dem Titel „Squeeze“) einmal ausgedrückt hat.


Literatur:

Chu, Derek K., Akl, Elie A., Duda, Stephanie, et al., 2020: Physical Distancing, Face Masks, and Eye Protection to Prevent Person-to-Person Transmission of SARS-CoV-2 and COVID-19: A Systematic Review and Meta-analysis. The Lancet 395(10242): 1973-1987.

Hedges, Larry, & Olkin, Ingram, 1980: Vote-counting Methods in Research Synthesis. Psychological Bulletin 88(2): 359-369.

Hoffman, Julien I. E., 2015: Biostatistics for Medical and Biomedical Practitioners. Cambridge, Mass.: Academic Press.

Kisielinski, Kai, Giboni, Paul, Prescher, Andreas, et al., 2021: Is a Mask That Covers the Mouth and Nose Free from Undesirable Side Effects in Everyday Use and Free of Potential Hazards? International Journal of Environmental Research and Public Health 18(8): 4344; https://doi.org/10.3390/ijerph18084344.

Nanda, Akriti, Hung, Ivan, Kwong, Ava, et al., 2021: Efficacy of Surgical Masks or Cloth Masks in the Prevention of Viral Transmission: Systematic Review, Meta-analysis, and Proposal for Future Trial. Journal of Evidence-Based Medicine 14(2): 97-111. https://doi.org/10.1111/jebm.12424.

Schmidt, Frank L., 1992: What Do Data Really Mean? Research Findings, Meta-analysis, and Cumulative Knowledge in Psychology. American Psychologist 47(10): 1173-1181.

Wang, Yu, Tian, Huaiyu, Zhang, Li, et al., 2020: Reduction of Secondary Transmission of SARS-CoV-2 in Households by Face Mask Use, Disinfection and Social Distancing: a Cohort Study in Beijing, China. BMJ Global Health 5: e002794. https://gh.bmj.com/content/5/5/e002794

WHO (World Health Organziation), 2021: Use of Medical and Non-Medical/Fabric Masks for Community Outreach Activities During the COVID-19 Pandemic, Based on Current WHO Guidance. https://www.who.int/publications/i/item/WHO-2019-nCoV-IPC-Masks-Comm-health-care-2021.1



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