Waldbrandseltsamkeiten: Brennt Kanada komplett ab?

Wer heute in MS-Medien liest, der gewinnt den Eindruck, die Nothern Territories mit ihrer Hauptstadt Yellowknife in Kanada, sie stehen in Flammen, nein, schlimmer noch, sind zum größten Teil veraschtes Gelände, auf dem sich momentan kein Leben mehr regt. Indes, wer seine historische Literatur kennt, der weiß, dass Waldbrände in Kanada eher die Regel als die Ausnahme sind.

“… wären da nicht die wenigen, verstreuten Baumriesen und die graufarbenen Felsblöcke gewesen, welche mit ungeschlachten Schultern da und dort aus dem Boden drängten, so hätte man recht wohl glauben mögen, sich irgendwo in einer Parklandschaft der guten alten Heimat zu befinden. Fast schien es, als hätte da und dort die Hand des Menschen ordnend eingegriffen.

Aber gar nicht weit zur Rechten begann das über Meilen sich erstechende Areal jenes riesigen Waldbrands und enthüllte den wahren Charakter der Landschaft – brulé im buchstäblichen Sinn, denn die Feuer des Vorjahres hatten wochenlang hier gewütet, und so ragten nun die verkohlten Strünke in all ihrer ungeheuerlichen Hässlichkeit in den Himmel, allen Astwerks beraubt, als hätte man riesenhafte Streichhölzer in den Boden gesteckt, ein Anblick, dem an finsterer Öde nicht so leicht etwas gleichkam.”

Algernon Blackwood hat hier die Normalität der Waldbrände in Kanada beschrieben, die er aus eigener Anschauung kannte. Die Geschichte wurde im Jahre 1910 als Teil von “The Wendigo” in “The Lost Valley and other Stories” veröffentlicht.

Indes, mehr als 100 Jahre später werden Waldbrände in Kanada in einer Weise inszeniert, als seien sie etwas ganz Besonderes, nicht etwa etwas Übliches. Und so lesen wir heute in der ARD-tagesschau den folgenden Superlativ:

“Kanada erlebt derzeit die schlimmste Waldbrandsaison seit Beginn der Aufzeichnung. Eine Fläche, so groß wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist bereits abgebrannt. Nun werden die Feuer zur Gefahr für die größte Stadt in den Nordwest-Territorien.”

Natürlich kann ein Waldbrand heute nur ein Super-Waldbrand, der größte aller Waldbrände seit Beginn der Aufzeichnung sein. Geschrieben hat diesen Stuss Charlotte Voß. Leider gibt Voß nicht die Quelle ihrer Erkenntnis, die Aufzeichnungen an, denen sie den Superlativ entnommen haben will. Die Aufzeichnungen, die wir kennen, die des Canadian Wildland Fire Information System, der National Forestry Database Kanadas bzw. Global Fire Data, sie reichen maximal bis 1990 zurück.

Seit Beginn der Aufzeichnungen?
1990??
Eher ein Rohrkrepierer von Formulierung …
Was uns jedoch am meisten irritiert, angesichts einer Berichterstattung, der man den Eindruck entnehmen muss, ganz Kanada brenne nieder, ist das Folgende.

“Die Nachricht kam am späten Abend: Yellowknife, die Hauptstadt der kanadischen Nordwest-Territorien, soll nun auch evakuiert werden. Mit 20.000 Einwohnern ist sie die mit Abstand größte Stadt im Gebiet, das insgesamt etwa 45.000 Einwohner hat. Die Menschen sollen sich langsam auf den Weg machen, das Feuer ist nach Angaben der Behörden noch rund 17 Kilometer vor der Stadt. Bis Freitagmittag sollen aber alle weg sein.”

Das klingt nach einer Feuerwalze, die sich der Stadt nähert, um sie einzuäschern.
Indes, die kanadischen Daten zeigen ein etwas anderes Bild von der Lage vor Ort:

Quelle: Canadian Wildland Fire Information System

Was wir lila umrahmt haben, ist die Gegend um Yellowknife. Die Punkte zeigen Feuer-Hotspots an. Indes, vergleicht man die Daten aus dem Canadian Wildland Fire Information System, die vom gestrigen Tag stammen, und damit die derzeit in Kanada aktuellsten Daten sind, mit den Daten von FIRMS/MODIS des HEUTIGEN Tages, dann ergibt sich das folgende erheblich detailliertere Bild:

Quelle: NASA FIRMS/MODIS

Was die Möglichkeit, in Daten zu zoomen, doch an veränderter Sichtweise mit sich bringt. Keines der aktuell um Yellowknife verzeichneten Feuer ist näher als 30 Meilen. Die 17 Kilometer aus dem Beitrag von Voß scheinen eine freie Erfindung zu sein. 30 Meilen entsprechen rund 50 Kilometern. Zudem scheint der Blick in die Northwestern Territories Kanadas doch etwas willkürlich, wenn man sich das größere Brandbild der diesjährigen Brandsaison in Kanada ansieht:

Quelle: NASA FIRMS/MODIS
Quelle: NASA FIRMS/MODIS

Was kann man aus all dem entnehmen:

  • Es brennt in Kanada, wie es das während der Waldbrandsaison jedes Jahr tut.
  • Es brennt in der Gegend von Yellowknife und die Brände werden zum Anlass genommen, die Stadt zu evakuieren. Ob dies aufgrund der Bedrohungslage geschieht, oder mit dem Ziel, ein Medienereignis zu schaffen, um alljährlichen Bränden dieses Jahr eine besondere Note zu geben, ist eine offene Frage.
  • Fast alle Waldbrände und Flächenbrände sind das Ergebnis menschlicher Aktivität und entweder fahrlässig oder absichtlich herbeigeführt. Insofern könnten die Ereignisse auf Hawaii und nun in Kanada in kurzem zeitlichen Abstand zueinander dafür sprechen, dass Brände absichtlich in der Nähe von Städten gelegt werden, um mehr Publicity zu erreichen und der willkürlichen und absurden Verbindung von menschengemachtem Klimawandel und Häufigkeit / Schwere von Waldbränden mehr Impetus zu verleihen.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Waldbrand Ansiedlungen in Mitleidenschaft zieht, steigt natürlich mit der Zahl, Größe und Ausdehnung menschlicher Ansiedlungen an. Und Zahl, Größe und Ausdehnung menschlicher Ansiedlungen haben in den letzten Jahren zugenommen.
Peshtigo nach den verheerenden Bränden von 1871;
Quelle: National Weather Service

Wir haben den Post mit einem Zitat aus Algernon Blackwoods “Wendigo” begonnen, das die Normalität kanadischer Waldbrände im Jahr 1910 deutlich macht. Dass es auch zur Normalität von Waldbränden gehört hat, lange bevor der angeblich von Menschen verursachte Klimawandel erfunden wurde, Ansiedlungen und Groß-Städte zu verwüsten, zeigen die Great Midwestern Fires von 1871 in den USA:

Von Sonntag, dem 8. Oktober, bis zum 10. Oktober des Jahres 1871 wurden durch verschiedene Brände im Mittleren Westen der USA Millionen Hektar von Land und Wald vernichtet. Teile von Chicago fielen Flammen zum Opfer, ca. 17.000 Gebäude und 300 Bewohner wurden ein “Raub der Flammen”. Besonders katastrophal haben sich die Brände in und um Peshtigo, einer Kleinstadt in Wisconsin mit heute 3000 Einwohnern, entwickelt. Mehr als 600 Tote sind das Ergebnis eines Feuersturms, der bis heute als Great Fire of Peshtigo bekannt ist. Die Ursache der Brände ist bis heute ungeklärt.

Quelle: Tom Hultquist, National Weather Service

Tom Hultquist vom National Weather Service der USA, der sich mit den Bränden beschäftigt hat, hat es deshalb bei der Feststellung belassen, dass “weather conditions across the entire region during the summer and fall of 1871 produced conditions conducive to large, rapidly-spreading fires should one ignite”, sprich: Die Wetterverhältnisse waren für die Verbreitung von Feuern sehr günstig. Gemeint sind damit südwestliche Winde von erheblicher Stärke, die Brände, die sich – ob sie nun absichtlich gelegt, fahrlässig verursacht oder per Blitz entzündet wurden -, in “Windeseile” verbreitet haben. Ein warmer Sommer, der trockene Böden hinterlassen hat, war zudem eine nützliche Zutat:

“Although observations were scarce at the time, a surface weather map on the day of the deadly fire was reconstructed from the available data, indicating a strong low pressure system over the central plains, which would have produced strong southwesterly winds across the region. These winds, in combination with the warm temperatures and dry conditions, likely led to the rapid spread of pre-existing fires and any new fires that ignited.”

Die Analyse bezieht sich auf das Jahr 1871. Lange bevor interessierte Kreis von “Klimawandel-Profiteuren” den von Menschen angeblich verursachten Klimawandel erfunden und generell zur Ursache aller ungünstigen Ereignisse, die man auf Wetter schieben kann, gemacht haben, hat ein heißer Sommer im Mittleren Westen der USA eine Situation geschaffen, die für Brände hervorragend war. Und während der drei Tage von 8. bis zum 10. Oktober 1871 hat ein Tiefdruckgebiet mit starken südwestlichen Winden diese bereits hervorragenden Bedingungen für Brände (von Menschen gelegt, fahrlässig verursacht oder von einem Blitz herbeigeführt, andere Möglichkeiten gibt es nicht) noch optimiert.

Was sich derzeit in Kanada ereignet, ist für die Betroffenen eine Katastrophe, dessen ungeachtet für diesen Planeten eine normale Erscheinung.



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