Eines der letzten nach eigener Einbildung autokratisch herrschenden Zentralkomitees, der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, hat eine Empfehlung erlassen: Soziologen, Soziologieinstitute und alle die damit zu tun haben, haben ab sofort das Ranking zu unterlassen, ab sofort hat jede Beteiligung am CHE-Ranking der ZEIT (das CHE Ranking ist ein Teil des ZEIT Studienführers, der es Studenten ermöglichen soll, bevor sie sich auf eine Universität einlassen, zu wissen, worauf sie sich einlassen) aufzuhören, sowie jegliche Kontakte zu des Rankings von Soziologie-Instituten verdächtigen Personen eingestellt zu werden. Das ist selbstverständlich meine Übertreibung, denn, die DGS Stellungnahme vom 27.6.2012 ist eine Empfehlung, an die sich die einzelnen Soziologieinstitute halten soll(t)en.
Normalerweise sind es autokratische Herrschafts-Gremien nicht gewohnt, dass ihre Entscheidungen hinterfragt werden, aber die demokratischen Aufweichungen, die die Gesellschaft zeigt, die die DGS umgibt und die nunmehr seit Jahrzehnten anhalten, fordern auch ihren Tribut vom DGS-Vorstands, und so haben sich die DGS Vorstandsmitglieder zu einer Begründung ihrer Empfehlung genötigt gesehen. Ich will an dieser Stelle nicht die weitgehend inhaltsgleiche offizielle Begründung der DGS untersuchen, sondern die autorisierte Verlautbarung der DGS-Position, die Stephan Lessenich, Stellvertretender Vorsitzender der DGS, in der ZEIT und im Namen der DGS gegeben hat.
Die Begründung von Lessenich, mehr im Stil einer Verlautbarung, zeichnet sich in erster Linie durch die Sprache aus, die all denen eigen ist, die wenig zu sagen haben, kein Interesse daran haben, dass das Wenige, was sie zu sagen haben, verstanden wird und die bemüht sind, durch einen Prozess der Satzblähung, den ich hier einmal als adjektivistische Nominalisierung beschreiben will, weil er hauptsächlich darauf beruht, unnötige Adjektive und nichtssagende Nomen in Sätze zu packen, um sie “gelehrt”, wenngleich unverständlich erscheinen zu lassen, den wenigen Inhalt unter einem Haufen von Wortunrat zu begraben. Diesen Satzblähungen kann man nur mit den Mitteln der rekonstruktiven Sozialforschung, wie sie z.B. Ralf Bohnsack (1999) bereitgestellt hat, zu Leibe rücken. Ich will mich hier insbesondere der dokumentarischen Methode bedienen, die ich mit der von Karl Raimund Popper entwickelten Methode, der Satz-Deflation kombiniert habe, die bereits in einem anderen Beitrag auf diesem Blog dargestellt wurde.
Die Methode ist recht einfach in der Anwedung: Die sinntragenen Teile des Dokuments, hier des Beitrags von Stephan Lessenich, werden identifiziert, isoliert und in verständliche Sprache übertragen. Die Hauptarbeit dieser Vorgehensweise besteht darin, die sinntragenden Teile aus einem Meer geblähter Sätze zu fischen. Es ist mir gelungen vier Passagen im Beitrag von Lessenich zu identifizieren, von denen ich mit einiger Überzeugung behaupten kann, dass sie Sinn tragen. Die Besprechung der Passagen erfolgt in der Reihenfolge ihrer Nennung im Beitrag von Lessenich, um eventuell einen möglicherweise vorhandenen Gedankengang entdecken zu können.
“Das gesellschaftspolitische Gesaltungsprinzip der Gegenwart heißt Wettbewerb. … Eine der Triebfedern der Inszenierung von Wettbewerb im Bildungswesen ist das regelmäßig vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) durchgeführte Hochschulranking”.
Meine mit Hilfe der dokumentarischen Methode vorgenommene Übersetzung (Hinweis: Ziel der dokumentarischen Methode ist es, den Geist eines Dokuments in seinen Einzelteilen zu identifizieren, in einer weniger hermeneutischen Sprache: Es geht darum, die Prämissen des Textes offenzulegen): Die gesellschaftlichen Geld- und Sachressourcen sind begrenzt. Entsprechend konkurrieren unterschiedliche gesellschaftliche Akteure um Geld- und Sachmittel, und jetzt sollen sogar Universitäten, nein schlimmer: Soziologieinstitute um knappe Ressourcen wie Hartz-IV-Empfänger konkurrieren.
“Nach Auffassung der DGS kann das CHE Ranking den selbst erklärten Zweck, eine verlässliche Entscheidungshilfe für Studieninteressierte zu liefern, nicht erfüllen. … Zum einen gehen für die Studienqualität wesentliche Faktoren – von den jeweiligen Betreuungsrelationen über die inhaltlichen Schwerpunktbildungen und die faktischen Bemühungen um die Verknüpfung von Forschung und Lehre bis hin zur Funktionsfähigkeit von Prüfungsämtern – nicht in die Bewertung mit ein; zum anderen weist die für diese Bewertung maßgebliche Studierendenbefragung erhebliche methodische Schwächen auf, allen voran die ungeklärte Selektivität der Befragten”.
Meine Übersetzung: Die Ergebnisse des CHE-Rankings sind falsch und nicht repräsentativ. Sie sind falsch, weil als “wesentlich” behauptete Faktoren wie die “Betreuungsrelation” und die “inhaltliche Schwerpunktbildung” nicht beachtet werden, sie sind nicht repräsentativ, weil die falschen Studenten befragt werden (unzufriedene bei schlechtem Ranking, zufriedene bei gutem Ranking). Beide Gründe sind etwas seltsam. Fangen wir mit dem zweiten Grund an. Dass die “falschen” Studenten befragt werden, eint alle Soziologieinstitute insofern dürfte es sich nicht auf die Relation zwischen den Soziologieinstituten niederschlagen – es sei denn, Lessenich will hier implizieren, dass die Soziologieinstitute, die im CHE Ranking gut abschneiden, Studenten dazu zwingen, mehrfach gute Bewertungen abzugeben, während sich die schlecht abschneidenden Soziologieinstitute von solch niederen Machenschaften distanzieren.
Ich muss zugeben, die Betreuungsrelation hat mich etwas ins Grübeln gebracht. Den einzigen Sinn, den ich daraus machen kann, kann ich nur so in Worte fassen: Manche Soziologie-Professoren sind zwar inkompetent, aber gaaaanz lieb, und das muss doch in die Bewertung mit eingehen – oder? Mit der inhaltlichen Schwerpunktbildung ist das leichter, die Prämisse dahinter ist gut zu identifizieren: Manche Soziologieinstitute lehren Inhalte, die man in der das Institut umgebenden Außenwelt kaum oder gar nicht brauchen kann, dies kann man den entsprechenden Instituten nicht durch eine schlechte Bewertung ankreiden.
Während Studieninteressierte im CHE Ranking vergeblich nach belastbaren Qualitätshinweisen für ihre bildungsbiographischen Entscheidungen suchen, findet dieses seine faktischen Adressaten in bildungspolitischen Entscheidungsträgern auf der Ebene der Hochschulleitung und Ministerialbürokratie. Was läge für die entsprechenden Akteure näher als … ein “gutes” oder “schlechtes” Abschneiden wahlweise zu honorieren oder zu sanktionieren”.
Analyse: (1) Behauptung: Das CHE Ranking ist nicht richtig, es verzerrt die Realität, weil es z.B. die Betreuungsrelationen nicht berücksichtigt (der gute Onkel Professor von oben). (2) Diese Behauptung schiebt Lessenich seinen Lesern eben einmal als wahr unter und folgert weiter: (3) dass sein Rektor und ein Beamter aus dem Kultusministerium das CHE Ranking nutzen könnten, um ihn zu fragen, warum das Ranking seines Instituts so (schlecht oder gut) ist, wie es ist, und, (4) schlimmer noch, das Ranking zum Anlass nehmen könnten, mehr oder weniger öffentliche Mittel für das Institut zur Verfügung zu stellen. Es wäre dem Altruismus Gewalt angetan, würde man annehmen, dass Stephan Lessenich zusätzliche finanzielle Mittel aufgrund eines guten CHE Rankings ablehnen würde. Sicher nicht. Es bleibt daher nur der Schluss, dass der Ärger über das CHE Ranking durch die Angst motiviert ist, dass die eigene Lehre plötzlich an Argumenten wie “Nützlichkeit für Studenten” oder gar: “Arbeitsmarktchancen der Studenten der entsprechenden Institute” gemessen werden. Wo kämen wir hin, wenn hochgeistige Wortblähungen wie sie an manchen Soziologieinstituten die Regel sind, auf ihre Verwendbarkeit oder ihre Nützlichkeit für Studenten hin hinterfragt würden? Wir kämen, genau, in eine Marktwirtschaft, in der Studenten nicht nur wüssten, auf was sie sich mit einem Studium an Universität einlassen, sondern auch eine Idee davon hätten, was sie mit dem Abschluss an Universität später einmal anfangen können. Das ist, wie es scheint, der DGS unvorstellbar, denn:
“In Form und Inhalt … schließt das CHE Ranking an den Wissensmodus der Gegenwart an und speist ihn mit ins Bildunsgwesen ein: jedes gesellschaftliche Feld ein Ort des Wettbewerbs um Positionen, jede Institution ein Konkurrent um knappe Ressourcen [!sic], jeder Akteur ein Sender und Empfänger von Marktsignalen”.
Eindrücklicher als in diesem Lamento kann man die eigene Prämisse, dass “knappe Ressourcen” auch an Soziologie-Institute verschwendet werden sollen, die keinerlei nützlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben bringen, nicht formulieren. Eindrücklicher kann man die eigene Überzeugung von “alle Soziologie-Institute sind gleich gut” nicht fassen. Eindrücklicher kann man die eigene Ignoranz darüber, ob die gelehrten Inhalte für die studentischen Opfer, die ihnen ausgesetzt sind, im Berufsleben in irgendeiner Weise verwertbar sind, nicht in Worte blähen, und eindrücklicher kann man die eigene Meinung, dass es ein Grundrecht auf Soziologie unabhängig vom Wert der jeweiligen Soziologie gibt, nicht beschreiben.
Es wäre schön, wenn einige der Soziologieabsolventen, die hier mitlesen, die Kommentarfunktion nutzten, um ihre Universität zu benennen und die Leser zu informieren, wie nützlich die soziologischen Inhalte, die sie gelernt haben, in ihrem weiteren beruflichen Werdegang waren, ich meine, so als Mittel, um die geforderte Berücksichtigung der “inhaltlichen Schwerpunktbildung” anzufüttern.
Da ich ein Verteter eines empirischen Ansatzes bin und darüber hinaus der Ansicht bin, dass es persönliche und nicht “kollektive” Motive sind, die Entscheidungen antreiben, habe ich den Vorstand der DGS daraufhin untersucht, wie die Universitäten der Vorstandsmitglieder beim CHE Ranking abschneiden. Nun, liebe Leser, was denken Sie?
Im Vorstand der DGS finden sich zwei Vertreter von Universitäten (Dortmund und Leipzig), die im aktuellen CHE Ranking nicht berücksichtigt sind. Es finden sich zwei Vertreter von Universitäten (Jena und Bremen), die im oberen Drittel des Rankings angesiedelt sind sowie drei Vertreter, die im unteren Drittel des Rankings angesiedelt sind (Darmstadt, Frankfurt und Rostock). Wie es scheint, hat die Mehrheit der Vertreter im Vorstand der DGS auf Basis des Rankings des eigenen Soziologieinstituts wenig Anreize, sich positiv über das CHE Ranking zu äußern, dass Lessenich ausgerechnet an einem Institut für Soziologie lehrt, das sich in der Spitzengruppe des CHE Rankings findet, ist dann wohl einer Strategie geschuldet, mit der Lessenich als Vertreter eines gut gerankten Soziologie-Instituts vorgeschickt wird, um dem Vorwurf eigener “Betroffenheit” zu entgehen. Damit müssen seine Professoren-Kollegen vor Ort halt leben.
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Ich meine, dahinter steckt ein noch grösseres Problem, was die heissluft-verblasenden Soziologen hier (nicht mal als Erste) sichtbar machen.
Die deutsche Universitätslandschaft – und hier nehme ich die Soziologen durchaus als passende Exemplare zur Studie – ist geprägt von Theoretikern, die sich auf den mühevollen Weg einer Promotion und Habil. gemacht haben. In der Realität ausserhalb einer Hochschule haben sie meist nicht oder nur kurz gearbeitet. Sie sind quasi Inzucht des Systems. Ein System, das sich über Jahrzehnte in immer höheren Sphären bewegt (Neudeutsch heisst das “mind fuck”).
Sollte ihnen jemand auf die Schliche kommen, wird der als irrelevant, unfähig oder sonstwie ausgeklammert. Der kritischen Frage, ob es eine Habil. braucht, oder ob nicht besser – wie an den Fachhochschulen – einige Jahre Praxis notwendig wären – wird ausgewichen, oder mit Statistiken, Klauen und sonstigen Waffen verteidigt.
Nicht nur Soziologie ist ein Grundrecht. Auch jegliche andere Wissenschaft.
Aber die <> der Hochschulen wäre, das System endlich realitätsnah und durchlässig zu gestalten.
Ich kann dem nur teilweise zustimmen. Ich denke nicht die Titel, die vergeben werden, sind das Problem, das Problem ist der Gegenstand, für den die Titel vergeben werden. So kann man einen Titel für eine absolut biedere Arbeit erhalten, die keinerlei Relevanz für die Realität hat, keinerlei Aufschluss über die Realität erlaubt und sich einzig und allein mit Hirngespinsten beschäftigt, diese dafür aber in eine mehr oder minder chaotische Abfolge von Sätzen bringen kann. Hinzu kommt, dass viele, gerade Sozialwissenschaftler, ihre Aufgabe darin sehen, ihre höchstpersönlichen ideologischen Vorlieben zu verbreiten und dann, wenn sie es auf einen Lehrstuhl geschafft haben, ihre Lieblingsideologie als Erkenntnis zu verkaufen und deren Verbreitung zu prämieren. Auf diese Weise entstehen Seilschaften, und auf diese Weise wird z.B. die Wissenschaft “Soziologie”, aber auch die Politikwissenschaft ausgehölt. Wie so oft, liegt das Problem in den verschiedenen Maßstäben und dem Fehlen von einheitlichen Kriterien, die verhindern, dass man an einer Universität schon für einen Salbader, der keinerlei Erkenntnisgewinn beinhaltet, einen Doktortitel erhält, während man an einer anderen Universität eine Fragestellung entwickeln, dieselbe theoretisch einordnen, Hypothesen ableiten, eine empirische Prüfung durchführen, also schlicht nachweisen muss, dass man wissenschaftlich arbeiten kann. Solange es möglich ist, in den Sozialwissenschaften Lehrstühle nach Geschlecht zu besetzen und von den Lehrstühle aus, dann lappidar-Aussagen auf Stammtischniveau als “Wissenschaft” zu verkaufen, wird sich daran nichts ändern.
Kann ich machvollziehen.
Trotzdem sehe ich den Zusammenhang zwischen dem Titelverfahren und der Relevanz mancher Arbeiten.
Es ist m.E. schwieriger,sich auf den Mindfuck einzulassen, wenn man lange genug hartes Geld in der freien Wildbahn verdienen musste und dabei eben vom Markt ein klares Feedback bekommt.
Mein eigener Doktorvater meinte auch mal, er habe Industrieerfahrung – Praktikum von 6 Monaten. Er hat keine Ahnung davon, wie Projekte mit mehr als einem Doktoranden laufen. Wie soll er da mit Realitaetssinn anleiten?
Wie heisst es so schön: in der theorie sind theorie und praxis kongruent – in der praxis jedoch nicht.
Sie tun hier so als würden sie nach der dokumentarischen Methode verfahren, legen jedoch ihre Analyseschritte nicht offen. Daher ist die Methode unzureichend dokumentiert, und es ist eher davon auszugehen dass Sie unter diesem Deckmantel vielmehr Ihre eigene, Standortgebundene Lesart scheinobjektiv durchzudrücken versuchen.
“,,,Beide Gründe sind etwas seltsam. Fangen wir mit dem zweiten Grund an. Dass die “falschen” Studenten befragt werden, eint alle Soziologieinstitute insofern dürfte es sich nicht auf die Relation zwischen den Soziologieinstituten niederschlagen,,,”
Hier ziehen Sie zunächst zwei unterschiedliche Argumente zusammen und dadurch ins lächerliche. Das ist aber logisch unzulässig. Lessenich kritisiert nicht eine falsche sondern eine “ungeklärte Selektivität” der Befragten. Da hängen eine ganze Reihe weitererer, hier nicht auszuführender Argumente dran (Ungeklärt: Wie sollen Studierende den Standort verlgeichen können, welche Rolle spielt z.b. die Größe des Standortes für die Urteile? Völlig ungeklärt)
Mit dem nächsten Punkt wird das ganze aber vollends wirr:
“Ich muss zugeben, die Betreuungsrelation hat mich etwas ins Grübeln gebracht. Den einzigen Sinn, den ich daraus machen kann, kann ich nur so in Worte fassen: Manche Soziologie-Professoren sind zwar inkompetent, aber gaaaanz lieb, und das muss doch in die Bewertung mit eingehen – oder?”
Hier entgeht mir leider jeder argumentative Sinn ihrerseits. Das ist lediglich haltlose Polemik
“Mit der inhaltlichen Schwerpunktbildung ist das leichter, die Prämisse dahinter ist gut zu identifizieren: Manche Soziologieinstitute lehren Inhalte, die man in der das Institut umgebenden Außenwelt kaum oder gar nicht brauchen kann, dies kann man den entsprechenden Instituten nicht durch eine schlechte Bewertung ankreiden.”
Eine Diskussion über soziologische Inhalte bruache ich mit Ihnen hier nicht zu führen, das Verhältnis von Grundlagenforschung zu Innovation und postulierter Relevanz ist aber in anderen Fachdisziplinen ebensowenig kausal. (Vielleicht solten Sie mal Thomas Kuhn lesen). Gerade das was nicht “verwertbar” ist, ermöglicht erst Neuerung und Erkenntnisfortschritt. Das wiederum wird dann in “Normal Science” weitergeführt und ausgearbeitet. Und so müssen eben auch beide bereiche bestehen, Anwendungsferne Grundlagenforschung und auch angewandte Projekte. Weiterhin erläutern Sie nicht, wer denn das relevante Umfeld sein soll, das über den Wert der Forschung urteilt. Etwa Wirtschaftsunternehmen? Politisch Parteien? Irgenwelche Blogger im Internet?
Während Studieninteressierte im CHE Ranking vergeblich nach belastbaren Qualitätshinweisen für ihre bildungsbiographischen Entscheidungen suchen, findet dieses seine faktischen Adressaten in bildungspolitischen Entscheidungsträgern auf der Ebene der Hochschulleitung und Ministerialbürokratie. Was läge für die entsprechenden Akteure näher als … ein “gutes” oder “schlechtes” Abschneiden wahlweise zu honorieren oder zu sanktionieren”.
Anschließend schreiben Sie irgendetwas wirres über Analyse, und unterstellen hierbei rhetorische Strategien, die sie mit Ad Homininem Argumenten unterfüttern. (vermeintlicher Altruismus/Angst). Das wird fortgesetzt mit einer Gleichsetzung von ökonomischen Gütern und Bildung (hier rate ich Ihnen zu einer Polanyi-Lektüre mit der Frage welche Scheinware hier fehlt: Bildung). Und bauen anschließend noch die Schlussfolgerung ein mit einem guten Ranking könnte man seine Arbeitsmarktchancen später besser einschätzen, dabei völlig das DGS Argument übersehend dass GENAU DIESE EINSCHÄTZUNG EIN PERFORMATIVES ERGEBNIS EBEN NICHT DER GUTEN LEHRE SONDERN DER RANKINGS IST. (Vgl. Mathäus Effekt bei Merton).
Im folgenden scheinen Sie ja ziemlich klare vorstellungen von Nutzen und dem richtigen Wesen der Wissenschaft zu haben: Eine Reine Ausbildungsinstitution für das (scheinbare) funktionieren in ökonomischen Feldern.
Und mit ihrer scheinempirischeN Analyse des Vorstandes der DGS setzen Sie auch noch die Behauptun in die Welt DER Vorstand hätte das so entschieden. Vielleicht solten Sie sich einmal über die Etnscheidungsprozesse in dieser sowie Organisation informieren.
Da ich kein Lust habe, mich mit einem langen Text zu befassen, der im Wesentlichen daraus besteht zu behaupten, dass ich etwas “Wirres” schreibe (ohne dasselbe zu belegen) und ansonsten wenig übrig habe für self-erotic asphyxiation begrenze ich meine Entgegnung auf einen Absatz:
Eine Diskussion über soziologische Inhalte bruache ich mit Ihnen hier nicht zu führen, das Verhältnis von Grundlagenforschung zu Innovation und postulierter Relevanz ist aber in anderen Fachdisziplinen ebensowenig kausal. (Vielleicht solten Sie mal Thomas Kuhn lesen). Gerade das was nicht “verwertbar” ist, ermöglicht erst Neuerung und Erkenntnisfortschritt. Das wiederum wird dann in “Normal Science” weitergeführt und ausgearbeitet. Und so müssen eben auch beide bereiche bestehen, Anwendungsferne Grundlagenforschung und auch angewandte Projekte. Weiterhin erläutern Sie nicht, wer denn das relevante Umfeld sein soll, das über den Wert der Forschung urteilt. Etwa Wirtschaftsunternehmen? Politisch Parteien? Irgenwelche Blogger im Internet?
Das klingt sehr gelehrt und ich will Sie in dem Glauben lassen, dass Ihre Sätze Sinn machen, aber wenn Sie einmal eine ruhige Minute haben, dann erzählen Sie sich doch einmal vor dem Spiegel, was “das Verhältnis von Grundlagenforschung zu Innovation und postulierter Relevanz” ist und warum es “in anderen Fachdisziplinen ebensowenig kausal ist”. Wenn Sie damit meinen, dass viel Junk geforscht wird, man aber nie weiß, ob ein bestimmter Junk irgendwann zu einer Innovation wird, dann haben Sie damit in Teilen vermutlich recht (only time will tell), was aber nichts daran ändert, dass zum derzeitigen Zeitpunkt “junk” eben “junk” ist und zudem hat uns KR Popper ein Abgrenzungskriterium gegeben, dass Thomas Kuhn übrigens teilt, wie sie sicher aus seinen “Reflections on my Critics” im von Lakatos und Musgrave herausgegebenen Band “Criticism and the Growth of Knowledge” wissen. So, nun zu ihrem Missverständnis was Kuhn angeht. Kuhn unterscheidet im Groben drei Phasen: Vor-Wissenschaft, Normal-Wissenschaft und Krise. Ersteres ist durch einen Wirrwar von Ideen gekennzeichnet, in dem viele Schulen miteinander konkurrieren, wer Erkenntnis produziert und keine Schule für sich ein Argument ins Feld führen kann, dass sie vor den anderen Schulen auszeichnet (Teile der Soziologie verharren nach meiner Ansicht in diesem Stadium). Die Normalwissenschaft ist durch die Herrschaft eines Paradigma gekennzeichnet. Das Paradigma orientiert das Handeln der Wissenschaftler, es gibt Rätsel vor, die die Wissenschaftler dann lösen. Es gibt in der Normalwissenschaft so betrachtet KEINE Innovationen, denn alles, was es zu finden gibt, ist durch das Paradigma bereits vorgegeben. Zuweilen tauchen im Paradigma jedoch Anomalien auf, Dinge die nicht in eine Rätselform gebracht werden können und mit einer steigenden Menge von Anomalien geht eine wachsende Unzufriedenheit von MANCHEN Wissenschaftlern einher, wobei die Lösung einer vertrackten Situation, in der z.B. Soziologen auch noch das dritte Andental rechts beforschen, wie dies Bernhard Nauck einmal poinitiert ausgedrückt hat, VON AUSSEN kommt, von einem Wissenschaftler, der nicht im Paradigma arbeitet, der, wenn man so will, klar denken kann. Nicht umsonst ist es für Kuhn eine KONVERSION, die notwendig ist, wenn ein Wissenschaftler aus einem alten Paradigma in ein neues Paradigma überwechselt. Das neue Paradigma wird also “von außen” etabliert und ausgebaut, zunächst in Konkurrenz zum alten und wenn es mehr Rätsel lösen hilft als das alte Paradigma, dann ersetzt es das alte. So. Nach dieser kurzen Einführung in die “Struktur der wissenschaftlichen Revolutionen” ist es an Ihnen, mir darzulegen, warum ich Thomas Kuhn lesen soll?
Das gilt auch für Ihre sonstigen Lektüretipps, die das fehlende Argument nicht zu ersetzen vermögen. Kritik wird erst dann zur ernstzunehmenden Kritik, wenn sie mit einem positiven Teil verbunden ist, also nicht nur sagen, X passt mir nicht, find ich blöd, sondern auch sagen, warum und wie man X besser machen kann. Leider finde ich bei Ihnen weder einen Satz zum “Warum?” noch einen Satz zum “Wie besser machen?”. Entsprechend darf ich ihnen empfehlen, in Hans Alberts Traktat über kritische Vernunft, die Rolle von Kritik nachzulesen und wenn Sie das verdaut haben, sich vielleicht noch mit der Methodologie der Sozialwissenschaften von Karl Dieter Opp zu beschäftigen. Beide Bücher sind weit verbreitet, sie werden Sie also auch im Campus von Buenos Aires finden.
so recht weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Also beschränke ich mich auf einige Punkte, die ich auf Ihren Kommentar entgegnen möchte:
Sie haben Recht: Herr Klein hat in seinem Beitrag nicht alle Regeln der dokumentarischen Methode befolgt. Daraus folgt aber nicht notwendig, dass er der dokumentarischen Methode nicht gefolgt sei, sondern lediglich, dass er bei seiner Verfolgung der dokumentarischen Methode suboptimal vorgegangen ist.
Das ist ein Punkt, aber sicherlich nicht der Punkt, auf den es im Beitrag von Herrn Klein ankommt, so dass ich es etwas seltsam finde, dass Sie diesem Punkt anscheinend eine so große Relevanz beimessen. Worum es im Beitrag von Herrn Klein nämlich geht, sind ja die Argumente, die sich gegen die Position von Herrn Lessenich vorbringen lassen, und diese Argumente werden zunächst einmal nicht dadurch schlechter, dass jemand sie vorbringt, ohne den Regeln der dokumentarischen Methode bei der Rezeption der Aussagen von Herrn Lessenich gefolgt zu sein. Warum, also, bringen Sie solches vor? Wollen Sie damit ad hominem argumentieren? Wollen Sie behaupten: “Jemand, der nicht korrekt der doukentarischen Methode folgt, kann keine korrekten Argumente gegen die Position von Herrn Lessenich vorbringen?” Das wäre logisch natürlich inkorrekt und ist insofern einfach nur irrelevant, aber immerhin lässt es Zweifel daran aufkommen, dass Ihre Einschätzung der Logik oder Unlogik der Argumente anderer Personen verlässlich ist.
Argumente gegen Herrn Lessenichs Position werden logischerweise auch nicht dadurch entkräftet, dass Sie finden, dass “gute Lehre” sich durch andere Dinge auszeichne als diejenigen, die in Rankings berücksichtigt werden. Darüber hinaus haben Sie Ihrerseits nicht angegeben, was genau es Ihrer Meinung nach ist, was “gute Lehre” auszeichnet, und was dafür spricht, diese Indikatoren zu wählen, die Sie gerne wählen würden (immer vorausgesetzt, Sie können konkret werden und Indikatoren benennen). Sie haben außerdem nicht begründet, warum sich ein guter Studienort Ihrer Meinung nach allein dadurch auszeichnet, dass “gute Lehre” angeboten wird. Somit fehlt der konstruktive oder positive Teil (wie Hans Albert sagen würde) Ihrer Kritik, was auch nicht eben hilfreich ist.
Übrigens ist es keine argumentativ oder moralisch überlegene Postition, KEINE klare Vorstellungen von Nutzen und “dem richtigen Wesen der Wissenschaft” zu haben – im Gegenteil. Keine Vorstellungen von etwas zu haben, ist ein Indikator dafür, dass man anscheinend nicht im Stande oder Willens ist, seine Gedanken und Argumente zu strukturieren. Aber nur dann, wenn mas das schafft, kann man sich überhaupt anderen mitteilen. Also: Welcher Sinn soll sich damit verbinden, dass man bemerkt, andere hätten im Gegensatz zu einem selbst “klare Vorstellungen”? Entspricht es Ihrer Auffassung von Wissenschaft, dass sie ein Tummelfeld für Leute mit unmitteilbaren, weil unklaren Vorstellungen ist, die sich noch mitten in der Selbstfindungsphase befinden oder sich zwar auf politischen oder ideologischen Standpunkten, aber leider nicht in der Wissenschaft als einer Erkenntnismethode, wiederfinden?
Und dies bringt mich zu dem nächsten Punkt: Wie kommen Sie auf die Idee, Wissenschaft habe ein “Wesen”? Ich dachte, der Essentialismus sei erfreulicherweise endgültig aus der Wissenschaft verschwunden. Essentialismus gehört als solcher in den Transzendentalismus und hat in der Wissenschaft nichts verloren. Wo sich keine “Wesenheiten” und “Wesenhaftikgeiten” ausmachen lassen, sind Definitionen und Operationalisierungen gefragt, um einen Bezug zur realen Welt herzustellen.
Das dürfte dann wohl auch der allerkleinste Nenner “guter Lehre” in unserem Fach sein. Aber es scheint, dass Paradigmenwechsel, sofern sie überhaupt in umfassender Weise stattfinden, eine sich kontinuierlich vollziehende Angelegenheit sind und das “alte” Paradigma die äußerst lästige Gewohnheit hat, sich im Zuge der Entwicklung von Wissenschaft immer wieder einmal zum Leben zu erwecken – mit allen Rückschlägen, die das bedeutet. Und so muss man sich dann auch im 21. Jahrhundert noch mit dem “Wesen” der Wissenschaft herumschlagen. Man darf sich fragen, was Herr Kuhn dazu zu sagen hätte….
Und zum Schluss noch dies: Ob Herr Lessenich für sich, für den Vorstand der DGS, für Teile des Vorstands der DGS oder für DIE DGS sprechen will, also für alle Mitglieder der DGS oder wenigstens deren Mehrheit, ist unklar. In den Medien wird jedenfalls transportiert, er spreche für “die DGS”, was mit großer Wahrscheinlichkeit falsch ist. Jedenfalls hat es keine Vollerhebung unter den Mitgliedern der DGS gegeben, um eine Klärung der Frage herbeizuführen, was sie von Hochschulrankings halten, welche Indikatoren sie gerne zur Messung “guter Lehre” berücksichtigt sehen würden und wem die Entscheidung über die Beteiligung oder Nicht-Beteiligung an Hochschul-Rankings obliegen sollte. Insofern kann nicht einfach behaupet werden, eine bestimmte Position zur Frage des Hochschul-Rankings entspreche der Position DER DGS.
Herr Lessenich hat dies bislang nicht richtig gestellt, ebenso wenig wie der DGS-Vorstand das getan hat. Und genau dieser Mangel an Transparenz und demokratischen Verfahrensweisen ist m.E. das Hauptproblem der DGS und der Hauptgrund dafür, warum so viele Kollegen nicht Mitglieder der DGS sind oder sein wollen. Es scheint, dass deren Kritik aber bedauerlicherweise nicht auf offene Ohren stößt, selbst bei Reprästenten der DGS, die für sich in Anspruch nehmen, “kritsich” (in irgendeinem Sinn, vermutlich dem der Frankfurter Schule, aber nicht unbedingt im Sinn des “critical thinking”,) zu sein.
Vor diesem Hintergrund stellt sich dann auch die Frage, welche Relevanz es für das Fach “Soziologie” hat, wenn sich “die DGS”, wer auch immer das in diesem Zusammenhang nun sein mag, nicht mit einem Hochschul-Ranking für das Fach anfreunden kann.
In jedem Fall ändert das nichts an der Tatsache, dass Hochschul-Rankings einen Indikator darstellen, den angehende Studierende (wahrscheinlich) bei der Wahl ihrer Hochschule berücksichtigen und den (wahrscheinlich) auch Arbeitgeber bei Entscheidungen darüber, wen sie einstellen und wen nicht, berücksichtigen, und dass es gerade Soziologen ins Auftragsbuch geschrieben steht, sich an der Verbesserung der Messung guter Studierbedingungen (und eben nicht nur “guter Lehre”) zu beteiligen, denn von wem, wenn nicht von ihnen, erwartet die Öffentlichkeit Beratung in Fragen der Messung von Einstellungen und Praktiken?
Wer einem feedback mit Bezug auf die eigene Leistung im Rahmen eines Hochschul-Rankings nicht mehr entgegenzusetzen hat als eine “Kapitalismuskritik”, die an der Wende des 19. Jahrhunderts vielleicht noch verständlich gewesen sein mag, und darüber hinaus keine klaren Vorstellungen hat außer der Vorstellung, dass Personen mit anderen klaren Vorstellungen zu “kritisieren” seien, der hat nichts mitzuteilen (nicht einmal, dass er keine klaren Vorstellungen hat, denn anscheinend hat er ja zumindest davon eine klare Vorstellung) und sollte daher tunlichst bitte nicht als Vertreter unseres Fachs sprechen, insbesondere dann nicht, wenn suggeriert wird, es würde für die Mehrheit DER Soziologen gesprochen.
Schön dass sie Kuhn gelesen haben, dann können wir ja hier weiterdiskuttieren anstatt uns gegenseitig zu belehren.
Soziologie ist, wie auch einige andre Disziplinen, multiparadigmatisch, das heißt es wird sicherlich in einigen Bereichen Normal science betrieben, in anderen wiederum mag es einen Zustand des Vorwissenschaftlichen geben. Keines der Paradigmen kann für sich Wahrheit beanspruchen oder sich durchsetzen. Jedoch kommen Sie daher und bezeichnen einiges pauschal als “Junk”. Mag ja sein dass Junk produziert wird, aber es würde sich lohnen genau diesen einmal anzusehen, und seine Entstehungsbedingungen zu hinterfragen: Ich bin ziemlich sicher (unabhängig von der Disziplin) – dass mit einem Steigenden Maß an Orientierung an irgendwelchen externen Meßzahlen vor allem diese nach außen hin erfüllt werden – und die Qualittät der Forschung abnimmt, ergo mehr Junk.
Auf den Punkt der Performativität der Rankings und das Matthäus Prinzip auf das ich verweis sind sie leider nicht eingegangen, aber das sind die Mechanismen über die das eben geschieht.
Von außen können sie das nicht beurteilen, dass es eben mit der einfachen Forderung nach “Verwertbarem Wissen” in der Wissenschaft nicht so einfach ist, gerade wenn man davon ausgeht dass die Soziologie eben multiparadigmatisch ist.
Wenn Soziologie multiparadigmatisch ist, dann ist es umso wichtiger Kriterien anzugeben, die zumindest einen Anhaltspunkt dafür geben, ob das, was jemand forscht, auch nur im Entferntesten einen Erkenntnisgewinn produziert oder lediglich der eigenen Erbaunung dient, ob es die Umsetzung eigener Glaubenssätze darstellt oder Ausdruck eines begründeten wissenschaftlichen Forschungsinteresses ist. Insofern sehe ich nichts Verwerfliches darin, wenn auch Soziologen, bevor sie Mittel der Steuerzahler verbraten, denselben erklären, welcher Nutzen aus der Forschung erwachsen soll. Wer nicht einmal in der Lage ist, den Nutzen seiner EIGENEN Forschung zu benennen, was soll ich dazu sagen, warum sollte man ihn finanzieren?
Ich spreche dann von junk, wenn der Verwendungszusammenhang nicht zu klären ist, wenn ich z.B. aus einer Forschung erfahre, dass sechs Schiffsköche im Rahmen qualitativer Interviews im Hinblick auf (irgendwas Irrelevantes, was ich vergessen habe, aber Sie jederzeit in den Proceedings des Soziologentags in Halle nachlesen können) in fünf (!sic) Kategorien eingeteilt werden können… Das ist junk! Und darüber hinaus betrachte ich alle Forschungsergebnisse, für die man nicht angeben kann, unter welchen Bedingungen sie falsifiziert sind, und mit denen sich keinerlei theoretischer Nutzen verbinden lässt, in dem Sinne, dass daraus prüfbare Hypothesen abgeleitet werden können, alle moralisiereden und ideologisierenden Selbstgespräche als junk.
Das Argument, dass man etwas von “Außen” nicht beurteilen kann, kommt immer dann, wenn die sich eigene Position im Begründungsnotstand befindet. Warum kann man von außen nicht beurteilen, was sinnvolle soziologische Forschung ist und was nicht? (Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, ich befände mich außen?). Ich sag’ es gerne noch einmal, eine “Wissenschaft”, die für sich reklamiert, sie sei so inklusiv, dass Außenstehenden der Nutzen der darin betriebenen Forschung nicht vermittelbar wäre, deren “Komplexität einen Vergleich der eigenen Ergebnisse mit den Ergebnissen anderer Forscher nicht erlaube erlaube und die nicht einmal in der Lage ist, den Niederschlag der eigenen Forschung in der Realität zu benennen, ist keine Wissenschaft, nicht einmal eine Vor-Wissenschaft im Sinne von Kuhn, sondern ein Zeitvertreib für darin Beschäftigte, den man schließen kann, da für die Umwelt sowieso nichts Brauchbares aus dem Betrieb und der Finanzierung dieser Betriebsstätte resultiert. Wenn ich mir überlege, was Soziologen in den 1970er und 1980er Jahren geforscht haben und mir diese Diskussion hier vor Augen führe, dann kommen mir die Tränen…
Mit der Forderung nach Begrüdung und Kriterien für die eigene Forschung bin ich völlig einverstanden. Ihr Beispiel mit den Köchen kenne ich nicht, und habe die Proceedings nicht zur Hand, natürlich wirkt das erstmal skuril:
MIr stellen sich die Fragen:
– 1. War das vielleicht ein Doktorand der selber noch lernt? Da müssen auch einmal Fehlschüsse erlaubt sein, wenn auch Kritik notwendig ist.
– 2. War die Kategorienbildung das Ziel der Analyse oder vielleicht ein Beiprodukt bei ansonsten durchaus relevanten Ergebnissen z.B. genaue empirische Beschreibung und Analyse von Arbeits-Koordination (ich spekuliere hier nur) oder Test und Anwedung eines methodischen Konzeptes, das dadurch weiterentwickelt werden kann?
Das wichtigste Argument hierbei ist, dass Sie nun eben nicht die Kriterien der deduktiv verfahrenden, Hypothesen testenden Forschung auf induktiv verfahredende oder rein theoretische Arbeiten anweden können. Sicherlich müssen dennoch Qualitätskriterien angegeben und erfüllt werden, aber diese müssen im paradigma stimmig sein. Nicht immer sind Fallzahl oder Falsifizierbarkeit geeignete Kriterien. (Und ja: auch ich sehe sowohl in der qualitativen aber vor allem auch in der quantitativen Sozialforschung einiges an Junk, aber manchmal lohnt sich ein 2. Blick; Richtiger Junk ensteht allerdings, wenn es den Forschenden nicht um die eigenen Interessen sondern nur um die Erfüllung irgendwelcher Projektanforderungen geht).
Die Kriterien, von denen ich rede (1) Verwendbarkeit, (2) Erkenntnisgewinn … haben nichts mit quantativer Forschung zu tun. Sie können für quantative und qualitative Forschung in der selben Weise angegeben werden. Induktive Verfahren können jederzeit zu prüfbaren Hypothesen führen oder in Aussagesysteme münden, die wiederum als Ausgangspunkt für die Formulierung von Hypothesen dienen können. Der einzige Punkt ist, dass die Ergebnisse der Forschung, ob induktiv, deduktiv, abduktiv oder intuitiv gewonnen, prüfbar sein und etwas ÜBER DIE REALITÄT AUSSAGEN müssen (direkt oder indirekt), also irgendwie müssen sie dem Status selbstreflexiver Tautologie entkommen.
Der Begriff der Hypothese verweist nunmal auf den quantitativ deduktiven Komplex… Nun gut, in dieser Allgemeinheit ist Ihnen ja nur zuzustimmen. Ich denke da wird ihnen kaum einer Wiedersprechen – die Annahme “einer Realität” ist problematisch, für einen Empiriker jedoch vermutlich unerlässlich.
Der Begriff der Hypothese verweist auf einen zu prüfenden Satz, mehr nicht, ob sie zu diesem zu prüfenden Satz deduktiv, abduktiv, induktiv oder wie auch immer -iv gelangen, ist wurscht. Ich sehe übrigens keine Allgemeinheit, wo sehen sie die Allgemeinheit? Ich finde meine Aussagen sehr konkret!
Und über die Realität ist nicht zu diskutieren. Wenn Sie die Existenz einer Realität in Abrede stellen wollen, dann schlage ich vor, Sie verzichten auf Ihr Gehalt, denn ohne Realität, in der Sie Geld gegen was auch immer tauschen können, nutzt Ihnen Ihr Gehalt ja auch nichts. Und wenn Sie das nicht wollen, dann können Sie auch keine Extrawurst für die frei assoziierden Teile der Soziologie verlangen und müssen entsprechend die Kriterien der Prüfbarkeit und damit einhergehend des Erkenntnisgewinns als für die Soziologie im Allgemeinen gültig anerkennen.
Ich meine, dahinter steckt ein noch grösseres Problem, was die heissluft-verblasenden Soziologen hier (nicht mal als Erste) sichtbar machen.
Die deutsche Universitätslandschaft – und hier nehme ich die Soziologen durchaus als passende Exemplare zur Studie – ist geprägt von Theoretikern, die sich auf den mühevollen Weg einer Promotion und Habil. gemacht haben. In der Realität ausserhalb einer Hochschule haben sie meist nicht oder nur kurz gearbeitet. Sie sind quasi Inzucht des Systems. Ein System, das sich über Jahrzehnte in immer höheren Sphären bewegt (Neudeutsch heisst das “mind fuck”).
Sollte ihnen jemand auf die Schliche kommen, wird der als irrelevant, unfähig oder sonstwie ausgeklammert. Der kritischen Frage, ob es eine Habil. braucht, oder ob nicht besser – wie an den Fachhochschulen – einige Jahre Praxis notwendig wären – wird ausgewichen, oder mit Statistiken, Klauen und sonstigen Waffen verteidigt.
Nicht nur Soziologie ist ein Grundrecht. Auch jegliche andere Wissenschaft.
Aber die <> der Hochschulen wäre, das System endlich realitätsnah und durchlässig zu gestalten.
Ich kann dem nur teilweise zustimmen. Ich denke nicht die Titel, die vergeben werden, sind das Problem, das Problem ist der Gegenstand, für den die Titel vergeben werden. So kann man einen Titel für eine absolut biedere Arbeit erhalten, die keinerlei Relevanz für die Realität hat, keinerlei Aufschluss über die Realität erlaubt und sich einzig und allein mit Hirngespinsten beschäftigt, diese dafür aber in eine mehr oder minder chaotische Abfolge von Sätzen bringen kann. Hinzu kommt, dass viele, gerade Sozialwissenschaftler, ihre Aufgabe darin sehen, ihre höchstpersönlichen ideologischen Vorlieben zu verbreiten und dann, wenn sie es auf einen Lehrstuhl geschafft haben, ihre Lieblingsideologie als Erkenntnis zu verkaufen und deren Verbreitung zu prämieren. Auf diese Weise entstehen Seilschaften, und auf diese Weise wird z.B. die Wissenschaft “Soziologie”, aber auch die Politikwissenschaft ausgehölt. Wie so oft, liegt das Problem in den verschiedenen Maßstäben und dem Fehlen von einheitlichen Kriterien, die verhindern, dass man an einer Universität schon für einen Salbader, der keinerlei Erkenntnisgewinn beinhaltet, einen Doktortitel erhält, während man an einer anderen Universität eine Fragestellung entwickeln, dieselbe theoretisch einordnen, Hypothesen ableiten, eine empirische Prüfung durchführen, also schlicht nachweisen muss, dass man wissenschaftlich arbeiten kann. Solange es möglich ist, in den Sozialwissenschaften Lehrstühle nach Geschlecht zu besetzen und von den Lehrstühle aus, dann lappidar-Aussagen auf Stammtischniveau als “Wissenschaft” zu verkaufen, wird sich daran nichts ändern.
Kann ich machvollziehen.
Trotzdem sehe ich den Zusammenhang zwischen dem Titelverfahren und der Relevanz mancher Arbeiten.
Es ist m.E. schwieriger,sich auf den Mindfuck einzulassen, wenn man lange genug hartes Geld in der freien Wildbahn verdienen musste und dabei eben vom Markt ein klares Feedback bekommt.
Mein eigener Doktorvater meinte auch mal, er habe Industrieerfahrung – Praktikum von 6 Monaten. Er hat keine Ahnung davon, wie Projekte mit mehr als einem Doktoranden laufen. Wie soll er da mit Realitaetssinn anleiten?
Wie heisst es so schön: in der theorie sind theorie und praxis kongruent – in der praxis jedoch nicht.
Sie tun hier so als würden sie nach der dokumentarischen Methode verfahren, legen jedoch ihre Analyseschritte nicht offen. Daher ist die Methode unzureichend dokumentiert, und es ist eher davon auszugehen dass Sie unter diesem Deckmantel vielmehr Ihre eigene, Standortgebundene Lesart scheinobjektiv durchzudrücken versuchen.
“,,,Beide Gründe sind etwas seltsam. Fangen wir mit dem zweiten Grund an. Dass die “falschen” Studenten befragt werden, eint alle Soziologieinstitute insofern dürfte es sich nicht auf die Relation zwischen den Soziologieinstituten niederschlagen,,,”
Hier ziehen Sie zunächst zwei unterschiedliche Argumente zusammen und dadurch ins lächerliche. Das ist aber logisch unzulässig. Lessenich kritisiert nicht eine falsche sondern eine “ungeklärte Selektivität” der Befragten. Da hängen eine ganze Reihe weitererer, hier nicht auszuführender Argumente dran (Ungeklärt: Wie sollen Studierende den Standort verlgeichen können, welche Rolle spielt z.b. die Größe des Standortes für die Urteile? Völlig ungeklärt)
Mit dem nächsten Punkt wird das ganze aber vollends wirr:
“Ich muss zugeben, die Betreuungsrelation hat mich etwas ins Grübeln gebracht. Den einzigen Sinn, den ich daraus machen kann, kann ich nur so in Worte fassen: Manche Soziologie-Professoren sind zwar inkompetent, aber gaaaanz lieb, und das muss doch in die Bewertung mit eingehen – oder?”
Hier entgeht mir leider jeder argumentative Sinn ihrerseits. Das ist lediglich haltlose Polemik
“Mit der inhaltlichen Schwerpunktbildung ist das leichter, die Prämisse dahinter ist gut zu identifizieren: Manche Soziologieinstitute lehren Inhalte, die man in der das Institut umgebenden Außenwelt kaum oder gar nicht brauchen kann, dies kann man den entsprechenden Instituten nicht durch eine schlechte Bewertung ankreiden.”
Eine Diskussion über soziologische Inhalte bruache ich mit Ihnen hier nicht zu führen, das Verhältnis von Grundlagenforschung zu Innovation und postulierter Relevanz ist aber in anderen Fachdisziplinen ebensowenig kausal. (Vielleicht solten Sie mal Thomas Kuhn lesen). Gerade das was nicht “verwertbar” ist, ermöglicht erst Neuerung und Erkenntnisfortschritt. Das wiederum wird dann in “Normal Science” weitergeführt und ausgearbeitet. Und so müssen eben auch beide bereiche bestehen, Anwendungsferne Grundlagenforschung und auch angewandte Projekte. Weiterhin erläutern Sie nicht, wer denn das relevante Umfeld sein soll, das über den Wert der Forschung urteilt. Etwa Wirtschaftsunternehmen? Politisch Parteien? Irgenwelche Blogger im Internet?
Während Studieninteressierte im CHE Ranking vergeblich nach belastbaren Qualitätshinweisen für ihre bildungsbiographischen Entscheidungen suchen, findet dieses seine faktischen Adressaten in bildungspolitischen Entscheidungsträgern auf der Ebene der Hochschulleitung und Ministerialbürokratie. Was läge für die entsprechenden Akteure näher als … ein “gutes” oder “schlechtes” Abschneiden wahlweise zu honorieren oder zu sanktionieren”.
Anschließend schreiben Sie irgendetwas wirres über Analyse, und unterstellen hierbei rhetorische Strategien, die sie mit Ad Homininem Argumenten unterfüttern. (vermeintlicher Altruismus/Angst). Das wird fortgesetzt mit einer Gleichsetzung von ökonomischen Gütern und Bildung (hier rate ich Ihnen zu einer Polanyi-Lektüre mit der Frage welche Scheinware hier fehlt: Bildung). Und bauen anschließend noch die Schlussfolgerung ein mit einem guten Ranking könnte man seine Arbeitsmarktchancen später besser einschätzen, dabei völlig das DGS Argument übersehend dass GENAU DIESE EINSCHÄTZUNG EIN PERFORMATIVES ERGEBNIS EBEN NICHT DER GUTEN LEHRE SONDERN DER RANKINGS IST. (Vgl. Mathäus Effekt bei Merton).
Im folgenden scheinen Sie ja ziemlich klare vorstellungen von Nutzen und dem richtigen Wesen der Wissenschaft zu haben: Eine Reine Ausbildungsinstitution für das (scheinbare) funktionieren in ökonomischen Feldern.
Und mit ihrer scheinempirischeN Analyse des Vorstandes der DGS setzen Sie auch noch die Behauptun in die Welt DER Vorstand hätte das so entschieden. Vielleicht solten Sie sich einmal über die Etnscheidungsprozesse in dieser sowie Organisation informieren.
Da ich kein Lust habe, mich mit einem langen Text zu befassen, der im Wesentlichen daraus besteht zu behaupten, dass ich etwas “Wirres” schreibe (ohne dasselbe zu belegen) und ansonsten wenig übrig habe für self-erotic asphyxiation begrenze ich meine Entgegnung auf einen Absatz:
Das klingt sehr gelehrt und ich will Sie in dem Glauben lassen, dass Ihre Sätze Sinn machen, aber wenn Sie einmal eine ruhige Minute haben, dann erzählen Sie sich doch einmal vor dem Spiegel, was “das Verhältnis von Grundlagenforschung zu Innovation und postulierter Relevanz” ist und warum es “in anderen Fachdisziplinen ebensowenig kausal ist”. Wenn Sie damit meinen, dass viel Junk geforscht wird, man aber nie weiß, ob ein bestimmter Junk irgendwann zu einer Innovation wird, dann haben Sie damit in Teilen vermutlich recht (only time will tell), was aber nichts daran ändert, dass zum derzeitigen Zeitpunkt “junk” eben “junk” ist und zudem hat uns KR Popper ein Abgrenzungskriterium gegeben, dass Thomas Kuhn übrigens teilt, wie sie sicher aus seinen “Reflections on my Critics” im von Lakatos und Musgrave herausgegebenen Band “Criticism and the Growth of Knowledge” wissen. So, nun zu ihrem Missverständnis was Kuhn angeht. Kuhn unterscheidet im Groben drei Phasen: Vor-Wissenschaft, Normal-Wissenschaft und Krise. Ersteres ist durch einen Wirrwar von Ideen gekennzeichnet, in dem viele Schulen miteinander konkurrieren, wer Erkenntnis produziert und keine Schule für sich ein Argument ins Feld führen kann, dass sie vor den anderen Schulen auszeichnet (Teile der Soziologie verharren nach meiner Ansicht in diesem Stadium). Die Normalwissenschaft ist durch die Herrschaft eines Paradigma gekennzeichnet. Das Paradigma orientiert das Handeln der Wissenschaftler, es gibt Rätsel vor, die die Wissenschaftler dann lösen. Es gibt in der Normalwissenschaft so betrachtet KEINE Innovationen, denn alles, was es zu finden gibt, ist durch das Paradigma bereits vorgegeben. Zuweilen tauchen im Paradigma jedoch Anomalien auf, Dinge die nicht in eine Rätselform gebracht werden können und mit einer steigenden Menge von Anomalien geht eine wachsende Unzufriedenheit von MANCHEN Wissenschaftlern einher, wobei die Lösung einer vertrackten Situation, in der z.B. Soziologen auch noch das dritte Andental rechts beforschen, wie dies Bernhard Nauck einmal poinitiert ausgedrückt hat, VON AUSSEN kommt, von einem Wissenschaftler, der nicht im Paradigma arbeitet, der, wenn man so will, klar denken kann. Nicht umsonst ist es für Kuhn eine KONVERSION, die notwendig ist, wenn ein Wissenschaftler aus einem alten Paradigma in ein neues Paradigma überwechselt. Das neue Paradigma wird also “von außen” etabliert und ausgebaut, zunächst in Konkurrenz zum alten und wenn es mehr Rätsel lösen hilft als das alte Paradigma, dann ersetzt es das alte. So. Nach dieser kurzen Einführung in die “Struktur der wissenschaftlichen Revolutionen” ist es an Ihnen, mir darzulegen, warum ich Thomas Kuhn lesen soll?
Das gilt auch für Ihre sonstigen Lektüretipps, die das fehlende Argument nicht zu ersetzen vermögen. Kritik wird erst dann zur ernstzunehmenden Kritik, wenn sie mit einem positiven Teil verbunden ist, also nicht nur sagen, X passt mir nicht, find ich blöd, sondern auch sagen, warum und wie man X besser machen kann. Leider finde ich bei Ihnen weder einen Satz zum “Warum?” noch einen Satz zum “Wie besser machen?”. Entsprechend darf ich ihnen empfehlen, in Hans Alberts Traktat über kritische Vernunft, die Rolle von Kritik nachzulesen und wenn Sie das verdaut haben, sich vielleicht noch mit der Methodologie der Sozialwissenschaften von Karl Dieter Opp zu beschäftigen. Beide Bücher sind weit verbreitet, sie werden Sie also auch im Campus von Buenos Aires finden.
@freakacid
so recht weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Also beschränke ich mich auf einige Punkte, die ich auf Ihren Kommentar entgegnen möchte:
Sie haben Recht: Herr Klein hat in seinem Beitrag nicht alle Regeln der dokumentarischen Methode befolgt. Daraus folgt aber nicht notwendig, dass er der dokumentarischen Methode nicht gefolgt sei, sondern lediglich, dass er bei seiner Verfolgung der dokumentarischen Methode suboptimal vorgegangen ist.
Das ist ein Punkt, aber sicherlich nicht der Punkt, auf den es im Beitrag von Herrn Klein ankommt, so dass ich es etwas seltsam finde, dass Sie diesem Punkt anscheinend eine so große Relevanz beimessen. Worum es im Beitrag von Herrn Klein nämlich geht, sind ja die Argumente, die sich gegen die Position von Herrn Lessenich vorbringen lassen, und diese Argumente werden zunächst einmal nicht dadurch schlechter, dass jemand sie vorbringt, ohne den Regeln der dokumentarischen Methode bei der Rezeption der Aussagen von Herrn Lessenich gefolgt zu sein. Warum, also, bringen Sie solches vor? Wollen Sie damit ad hominem argumentieren? Wollen Sie behaupten: “Jemand, der nicht korrekt der doukentarischen Methode folgt, kann keine korrekten Argumente gegen die Position von Herrn Lessenich vorbringen?” Das wäre logisch natürlich inkorrekt und ist insofern einfach nur irrelevant, aber immerhin lässt es Zweifel daran aufkommen, dass Ihre Einschätzung der Logik oder Unlogik der Argumente anderer Personen verlässlich ist.
Argumente gegen Herrn Lessenichs Position werden logischerweise auch nicht dadurch entkräftet, dass Sie finden, dass “gute Lehre” sich durch andere Dinge auszeichne als diejenigen, die in Rankings berücksichtigt werden. Darüber hinaus haben Sie Ihrerseits nicht angegeben, was genau es Ihrer Meinung nach ist, was “gute Lehre” auszeichnet, und was dafür spricht, diese Indikatoren zu wählen, die Sie gerne wählen würden (immer vorausgesetzt, Sie können konkret werden und Indikatoren benennen). Sie haben außerdem nicht begründet, warum sich ein guter Studienort Ihrer Meinung nach allein dadurch auszeichnet, dass “gute Lehre” angeboten wird. Somit fehlt der konstruktive oder positive Teil (wie Hans Albert sagen würde) Ihrer Kritik, was auch nicht eben hilfreich ist.
Übrigens ist es keine argumentativ oder moralisch überlegene Postition, KEINE klare Vorstellungen von Nutzen und “dem richtigen Wesen der Wissenschaft” zu haben – im Gegenteil. Keine Vorstellungen von etwas zu haben, ist ein Indikator dafür, dass man anscheinend nicht im Stande oder Willens ist, seine Gedanken und Argumente zu strukturieren. Aber nur dann, wenn mas das schafft, kann man sich überhaupt anderen mitteilen. Also: Welcher Sinn soll sich damit verbinden, dass man bemerkt, andere hätten im Gegensatz zu einem selbst “klare Vorstellungen”? Entspricht es Ihrer Auffassung von Wissenschaft, dass sie ein Tummelfeld für Leute mit unmitteilbaren, weil unklaren Vorstellungen ist, die sich noch mitten in der Selbstfindungsphase befinden oder sich zwar auf politischen oder ideologischen Standpunkten, aber leider nicht in der Wissenschaft als einer Erkenntnismethode, wiederfinden?
Und dies bringt mich zu dem nächsten Punkt: Wie kommen Sie auf die Idee, Wissenschaft habe ein “Wesen”? Ich dachte, der Essentialismus sei erfreulicherweise endgültig aus der Wissenschaft verschwunden. Essentialismus gehört als solcher in den Transzendentalismus und hat in der Wissenschaft nichts verloren. Wo sich keine “Wesenheiten” und “Wesenhaftikgeiten” ausmachen lassen, sind Definitionen und Operationalisierungen gefragt, um einen Bezug zur realen Welt herzustellen.
Das dürfte dann wohl auch der allerkleinste Nenner “guter Lehre” in unserem Fach sein. Aber es scheint, dass Paradigmenwechsel, sofern sie überhaupt in umfassender Weise stattfinden, eine sich kontinuierlich vollziehende Angelegenheit sind und das “alte” Paradigma die äußerst lästige Gewohnheit hat, sich im Zuge der Entwicklung von Wissenschaft immer wieder einmal zum Leben zu erwecken – mit allen Rückschlägen, die das bedeutet. Und so muss man sich dann auch im 21. Jahrhundert noch mit dem “Wesen” der Wissenschaft herumschlagen. Man darf sich fragen, was Herr Kuhn dazu zu sagen hätte….
Und zum Schluss noch dies: Ob Herr Lessenich für sich, für den Vorstand der DGS, für Teile des Vorstands der DGS oder für DIE DGS sprechen will, also für alle Mitglieder der DGS oder wenigstens deren Mehrheit, ist unklar. In den Medien wird jedenfalls transportiert, er spreche für “die DGS”, was mit großer Wahrscheinlichkeit falsch ist. Jedenfalls hat es keine Vollerhebung unter den Mitgliedern der DGS gegeben, um eine Klärung der Frage herbeizuführen, was sie von Hochschulrankings halten, welche Indikatoren sie gerne zur Messung “guter Lehre” berücksichtigt sehen würden und wem die Entscheidung über die Beteiligung oder Nicht-Beteiligung an Hochschul-Rankings obliegen sollte. Insofern kann nicht einfach behaupet werden, eine bestimmte Position zur Frage des Hochschul-Rankings entspreche der Position DER DGS.
Herr Lessenich hat dies bislang nicht richtig gestellt, ebenso wenig wie der DGS-Vorstand das getan hat. Und genau dieser Mangel an Transparenz und demokratischen Verfahrensweisen ist m.E. das Hauptproblem der DGS und der Hauptgrund dafür, warum so viele Kollegen nicht Mitglieder der DGS sind oder sein wollen. Es scheint, dass deren Kritik aber bedauerlicherweise nicht auf offene Ohren stößt, selbst bei Reprästenten der DGS, die für sich in Anspruch nehmen, “kritsich” (in irgendeinem Sinn, vermutlich dem der Frankfurter Schule, aber nicht unbedingt im Sinn des “critical thinking”,) zu sein.
Vor diesem Hintergrund stellt sich dann auch die Frage, welche Relevanz es für das Fach “Soziologie” hat, wenn sich “die DGS”, wer auch immer das in diesem Zusammenhang nun sein mag, nicht mit einem Hochschul-Ranking für das Fach anfreunden kann.
In jedem Fall ändert das nichts an der Tatsache, dass Hochschul-Rankings einen Indikator darstellen, den angehende Studierende (wahrscheinlich) bei der Wahl ihrer Hochschule berücksichtigen und den (wahrscheinlich) auch Arbeitgeber bei Entscheidungen darüber, wen sie einstellen und wen nicht, berücksichtigen, und dass es gerade Soziologen ins Auftragsbuch geschrieben steht, sich an der Verbesserung der Messung guter Studierbedingungen (und eben nicht nur “guter Lehre”) zu beteiligen, denn von wem, wenn nicht von ihnen, erwartet die Öffentlichkeit Beratung in Fragen der Messung von Einstellungen und Praktiken?
Wer einem feedback mit Bezug auf die eigene Leistung im Rahmen eines Hochschul-Rankings nicht mehr entgegenzusetzen hat als eine “Kapitalismuskritik”, die an der Wende des 19. Jahrhunderts vielleicht noch verständlich gewesen sein mag, und darüber hinaus keine klaren Vorstellungen hat außer der Vorstellung, dass Personen mit anderen klaren Vorstellungen zu “kritisieren” seien, der hat nichts mitzuteilen (nicht einmal, dass er keine klaren Vorstellungen hat, denn anscheinend hat er ja zumindest davon eine klare Vorstellung) und sollte daher tunlichst bitte nicht als Vertreter unseres Fachs sprechen, insbesondere dann nicht, wenn suggeriert wird, es würde für die Mehrheit DER Soziologen gesprochen.
Schön dass sie Kuhn gelesen haben, dann können wir ja hier weiterdiskuttieren anstatt uns gegenseitig zu belehren.
Soziologie ist, wie auch einige andre Disziplinen, multiparadigmatisch, das heißt es wird sicherlich in einigen Bereichen Normal science betrieben, in anderen wiederum mag es einen Zustand des Vorwissenschaftlichen geben. Keines der Paradigmen kann für sich Wahrheit beanspruchen oder sich durchsetzen. Jedoch kommen Sie daher und bezeichnen einiges pauschal als “Junk”. Mag ja sein dass Junk produziert wird, aber es würde sich lohnen genau diesen einmal anzusehen, und seine Entstehungsbedingungen zu hinterfragen: Ich bin ziemlich sicher (unabhängig von der Disziplin) – dass mit einem Steigenden Maß an Orientierung an irgendwelchen externen Meßzahlen vor allem diese nach außen hin erfüllt werden – und die Qualittät der Forschung abnimmt, ergo mehr Junk.
Auf den Punkt der Performativität der Rankings und das Matthäus Prinzip auf das ich verweis sind sie leider nicht eingegangen, aber das sind die Mechanismen über die das eben geschieht.
Von außen können sie das nicht beurteilen, dass es eben mit der einfachen Forderung nach “Verwertbarem Wissen” in der Wissenschaft nicht so einfach ist, gerade wenn man davon ausgeht dass die Soziologie eben multiparadigmatisch ist.
Wenn Soziologie multiparadigmatisch ist, dann ist es umso wichtiger Kriterien anzugeben, die zumindest einen Anhaltspunkt dafür geben, ob das, was jemand forscht, auch nur im Entferntesten einen Erkenntnisgewinn produziert oder lediglich der eigenen Erbaunung dient, ob es die Umsetzung eigener Glaubenssätze darstellt oder Ausdruck eines begründeten wissenschaftlichen Forschungsinteresses ist. Insofern sehe ich nichts Verwerfliches darin, wenn auch Soziologen, bevor sie Mittel der Steuerzahler verbraten, denselben erklären, welcher Nutzen aus der Forschung erwachsen soll. Wer nicht einmal in der Lage ist, den Nutzen seiner EIGENEN Forschung zu benennen, was soll ich dazu sagen, warum sollte man ihn finanzieren?
Ich spreche dann von junk, wenn der Verwendungszusammenhang nicht zu klären ist, wenn ich z.B. aus einer Forschung erfahre, dass sechs Schiffsköche im Rahmen qualitativer Interviews im Hinblick auf (irgendwas Irrelevantes, was ich vergessen habe, aber Sie jederzeit in den Proceedings des Soziologentags in Halle nachlesen können) in fünf (!sic) Kategorien eingeteilt werden können… Das ist junk! Und darüber hinaus betrachte ich alle Forschungsergebnisse, für die man nicht angeben kann, unter welchen Bedingungen sie falsifiziert sind, und mit denen sich keinerlei theoretischer Nutzen verbinden lässt, in dem Sinne, dass daraus prüfbare Hypothesen abgeleitet werden können, alle moralisiereden und ideologisierenden Selbstgespräche als junk.
Das Argument, dass man etwas von “Außen” nicht beurteilen kann, kommt immer dann, wenn die sich eigene Position im Begründungsnotstand befindet. Warum kann man von außen nicht beurteilen, was sinnvolle soziologische Forschung ist und was nicht? (Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, ich befände mich außen?). Ich sag’ es gerne noch einmal, eine “Wissenschaft”, die für sich reklamiert, sie sei so inklusiv, dass Außenstehenden der Nutzen der darin betriebenen Forschung nicht vermittelbar wäre, deren “Komplexität einen Vergleich der eigenen Ergebnisse mit den Ergebnissen anderer Forscher nicht erlaube erlaube und die nicht einmal in der Lage ist, den Niederschlag der eigenen Forschung in der Realität zu benennen, ist keine Wissenschaft, nicht einmal eine Vor-Wissenschaft im Sinne von Kuhn, sondern ein Zeitvertreib für darin Beschäftigte, den man schließen kann, da für die Umwelt sowieso nichts Brauchbares aus dem Betrieb und der Finanzierung dieser Betriebsstätte resultiert. Wenn ich mir überlege, was Soziologen in den 1970er und 1980er Jahren geforscht haben und mir diese Diskussion hier vor Augen führe, dann kommen mir die Tränen…
Mit der Forderung nach Begrüdung und Kriterien für die eigene Forschung bin ich völlig einverstanden. Ihr Beispiel mit den Köchen kenne ich nicht, und habe die Proceedings nicht zur Hand, natürlich wirkt das erstmal skuril:
MIr stellen sich die Fragen:
– 1. War das vielleicht ein Doktorand der selber noch lernt? Da müssen auch einmal Fehlschüsse erlaubt sein, wenn auch Kritik notwendig ist.
– 2. War die Kategorienbildung das Ziel der Analyse oder vielleicht ein Beiprodukt bei ansonsten durchaus relevanten Ergebnissen z.B. genaue empirische Beschreibung und Analyse von Arbeits-Koordination (ich spekuliere hier nur) oder Test und Anwedung eines methodischen Konzeptes, das dadurch weiterentwickelt werden kann?
Das wichtigste Argument hierbei ist, dass Sie nun eben nicht die Kriterien der deduktiv verfahrenden, Hypothesen testenden Forschung auf induktiv verfahredende oder rein theoretische Arbeiten anweden können. Sicherlich müssen dennoch Qualitätskriterien angegeben und erfüllt werden, aber diese müssen im paradigma stimmig sein. Nicht immer sind Fallzahl oder Falsifizierbarkeit geeignete Kriterien. (Und ja: auch ich sehe sowohl in der qualitativen aber vor allem auch in der quantitativen Sozialforschung einiges an Junk, aber manchmal lohnt sich ein 2. Blick; Richtiger Junk ensteht allerdings, wenn es den Forschenden nicht um die eigenen Interessen sondern nur um die Erfüllung irgendwelcher Projektanforderungen geht).
Die Kriterien, von denen ich rede (1) Verwendbarkeit, (2) Erkenntnisgewinn … haben nichts mit quantativer Forschung zu tun. Sie können für quantative und qualitative Forschung in der selben Weise angegeben werden. Induktive Verfahren können jederzeit zu prüfbaren Hypothesen führen oder in Aussagesysteme münden, die wiederum als Ausgangspunkt für die Formulierung von Hypothesen dienen können. Der einzige Punkt ist, dass die Ergebnisse der Forschung, ob induktiv, deduktiv, abduktiv oder intuitiv gewonnen, prüfbar sein und etwas ÜBER DIE REALITÄT AUSSAGEN müssen (direkt oder indirekt), also irgendwie müssen sie dem Status selbstreflexiver Tautologie entkommen.
Der Begriff der Hypothese verweist nunmal auf den quantitativ deduktiven Komplex… Nun gut, in dieser Allgemeinheit ist Ihnen ja nur zuzustimmen. Ich denke da wird ihnen kaum einer Wiedersprechen – die Annahme “einer Realität” ist problematisch, für einen Empiriker jedoch vermutlich unerlässlich.
Der Begriff der Hypothese verweist auf einen zu prüfenden Satz, mehr nicht, ob sie zu diesem zu prüfenden Satz deduktiv, abduktiv, induktiv oder wie auch immer -iv gelangen, ist wurscht. Ich sehe übrigens keine Allgemeinheit, wo sehen sie die Allgemeinheit? Ich finde meine Aussagen sehr konkret!
Und über die Realität ist nicht zu diskutieren. Wenn Sie die Existenz einer Realität in Abrede stellen wollen, dann schlage ich vor, Sie verzichten auf Ihr Gehalt, denn ohne Realität, in der Sie Geld gegen was auch immer tauschen können, nutzt Ihnen Ihr Gehalt ja auch nichts. Und wenn Sie das nicht wollen, dann können Sie auch keine Extrawurst für die frei assoziierden Teile der Soziologie verlangen und müssen entsprechend die Kriterien der Prüfbarkeit und damit einhergehend des Erkenntnisgewinns als für die Soziologie im Allgemeinen gültig anerkennen.