Neues aus dem Ministerium für heile-Welt-Vorstellungen
Es ist eine dem deutschen Sprachraum eigene Eigentümlichkeit, dass zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft unterschieden wird, wobei Gesellschaft seit Ferdinand Tönnies als etwas Mechanisches angesehen wird, das durch Willen geschaffen wird, während Gemeinschaft etwas biologisch Gewachsenes, etwas Organisches, etwas Natürliches sein soll. Auf dieser Dichotomie, die ich im Folgenden nocht etwas näher ausführen will, wachsen die abstrusesten Vorstellungen über die Gesellschaft als Ort, an dem sich die Krämerseelen und die kalten rationalen Nutzenmaximierer finden und die Gemeinschaft, in der sich die sorgenden, liebenden, altruistischen, selbstlosen, jederzeit zu Hingabe und zum Opfer des eigenen Lebens für den Volkskörper willigen Übermenschen oder Gutmenschen finden. Diese absurde Gegenüberstellung von Gesellschaft als Ort der Unordnung und des Wettbewerbs und Gemeinschaft als heiler Welt der Geborgenheit, macht den Begriff “Gemeinschaft” zum nützlichen Vehikel, in den man die eigene Ideologie gießen und den Gemeinschafts-Gläubigen unterschieben kann. Um diesen Nutzen von Gemeinschaft darzustellen, ist ein kurzer Abstecher in die Geschichte der Soziologie und in Ferdinand Tönnies’ Buch “Gemeinschaft und Gesellschaft” sinnvoll.

Die Reihenfolge im Buchtitel ist kein Zufall, sie ist Tönnies’ Programm, denn für Tönnies geht die Gemeinschaft der Gesellschaft voraus, die Gemeinschaft ist für Tönnnies so etwas wie der emotionale Hort für Individuen, dem die mechanische Gesellschaft mit ihrer Notwendigkeit zu Tausch und Handel gegenübersteht:
„Das Verhältnis selber, und also die Verbindung, wird entweder als reales und organisches Leben begriffen dies ist das Wesen der Gemeinschaft, oder als ideelle und mechanische Bildung – dies ist der Begriff der Gesellschaft“ (Tönnies, 1979, S.3). Und weiter: „Alles vertraute, heimliche, ausschließliche Zusammenleben … wird als Leben in Gemeinschaft verstanden. Gesellschaft ist die Öffentlichkeit, ist die Welt. In Gemeinschaft mit den Seinen befindet man sich von der Geburt an, mit allem Wohl und Wehe daran gebunden. Man geht in die Gesellschaft wie in die Fremde. … Aber die menschliche Gesellschaft wird als bloßes Nebeneinander von einander unabhängiger Personen verstanden. … Gemeinschaft ist das dauernde und echte Zusammenleben, Gesellschaft nur ein vorübergehendes und scheinbares. Und dem ist es gemäß, dass Gemeinschaft selber als ein lebendiger Organismus, Gesellschaft als ein mechanisches Aggregat und Artefakt verstanden werden soll“ (Tönnies, 1979, S.4-5).
Die Meldung, die Tönnies verbreiten will, ist deutlich: Gesellschaft ist durch einen mechanischen modus operandi geprägt. Gesellschaft ist vergänglich, weil auf vertraglicher Basis gegründet. Sie ist freiwillig und „fremd“. In der Gesellschaft treffen sich Akteure zum Tausch von Waren. Dagegen ist die Gemeinschaft organisch und die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft unausweichlich. Von dieser Beschreibung der Unterschiede zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft und der romantischen Verklärung, die Gemeinschaft regelmäßig erfährt, ist es nur noch ein kurzer Weg, der in der Regel durch die Vergabe von Adjektiven (regelmäßig in nominaler Verpackung) gegangen wird, die die Gemeinschaft erhöhen, während sie die Gesellschaft abwerten.
Z.B. ist Kristina Schröder sehr versiert, wenn es darum geht, die Gemeinschaft als Vehikel zur ideologischen Manipulation zu nutzen und sie der gesellschaftlichen Notwendigkeit gegenüberzustellen, z.B. dann, wenn sie dazu auffordert die “Familie als Gemeinschaft [zu] stärken: … Familien sind die stabilen Kerne unserer Gesellschaft. In der Familie finden Menschen Rückhalt, Schutz und Unterstützung in einem Maß, das weit über die Leistungsfähigkeit der staatlichen Solidargemeinschaft hinausgeht …. Familien erbringen Fürsorge-, Erziehungs- und Betreuungsleistungen – erst Eltern für Kinder, und später die Kinder auch für ihre Eltern”.
Die historische Kontinuität zu Konzepten, die im Verlauf der Geschichte wiederholt und unter Forderung erhblicher Opfer zum Einsatz kamen, ist ebenso offensichtlich wie sie bedrückend ist: Die Gegenüberstellung der “stabilen” und organisch gewachsenen Familie als Gemeinschaft und die Abhängigkeit der mechanischen Gesellschaft von diesem “stabilen Kern” ist offenkundig, wie auch die Zuschreibung besonderer nur in der Familie erbringbarer Leistungen, offenkundig ist. Ebenso offenkundig ist die klare Vorgabe dessen, was Familien zu leisten haben: Kinder in die Welt setzen, Kinder erziehen und, da die Gemeinschaft “Familie” alle Unbillen der Natur und des Lebens übersteht, ist es selbstverständlich, dass Kinder im erwerbsfähigen Alter für ihre nunmehr verrenteten Eltern sorgen. Wie schön ist doch die heile Welt von Frau Schröder, so schön, dass man sie fast schon faschistisch nennen muss, finden sich doch die untrüglichen Zeichen aller totalitären Konzepte: Die zentrale Stellung des “totalitären Kerns”, um den herum “die Gesellschaft” angeordnet ist und für den “die Gesellschaft” bezahlen muss. (Die folgenden Vorgaben entstammen dem Auftrag der Arbeitsgruppe A beim bevorstehenden Demografie-Gipfel der Bundesregierung) :
- Es muss exklusive Zeit gegeben werden, damit Familien Fürsorge zeigen können. Diese Vorgabe steht zwar im Widerspruch zur organischen Familiensicht, in der die entsprechenden Leistungen quasi von alleine anfallen, aber lassen wir den Gemeinschafts-Ideologen im BMFSFJ diesen Lapsus einmal durchgehen.
- Die Arbeitswelt, in der kalten Gesellschaft angesiedelt, aus mechanischen Tätigkeiten bestehend und dem kruden Tausch von z.B. Arbeitskraft gegen Arbeitsentgelt gewidmet, hat sich gefälligst um die Bedürfnisse der heilen Familie anzuordnen, der Familie zu dienen.
- Und weil man doch nicht zu sehr auf die organischen Bande der heilen Familienwelt bauen soll, werden ganz krude, mechanische und überhaupt nicht “liebende” Mittel wie Geld, umdeklariert in “famillienunterstützende, haushaltsnahe Dienstleistungen” denen geboten, die ihre organische und liebende Familie leben bzw. geboten, damit sie die heile Welt, die ihnen vom BMFSFJ vorgesetzt wird, auch leben.
Eine alte Weisheit in der Soziologie besagt, dass es einen Punkt gibt, ab dem Menschen gesättigt sind, ab dem sie keinen Spass mehr an der Tätigkeit haben, die sie bislang ausgeführt haben oder ab dem sie schlicht mit Widerstand auf Versuche reagieren, sie weiterhin zu einer bestimmten Tätigkeit zu bewegen. Kindergeld, Elterngeld, also die Fertilitätsprämien sind ein Beispiel dafür. Obwohl die Fertilitätsprämien über die letzten Jahrzehnte gewachsen sind, ist die Fertilität gesunken. Man könnte fast denken, Menschen wollen sich nicht für ihr doch angeblich so biologisch determiniertes Verhalten, das sie organisch an ihre Familie bindet und sich ganz natürlich fortpflanzen sieht, bezahlen lassen. Fast könnte man zu der Erkenntnis kommen, dass es sich bei dem organischen Larifari, um die seltsamen Heilsvorstellungen von Tagträumern handelt, die entweder jede Verbindung zur Realität verloren haben oder den entsprechenden Verlust bei anderen für ihre eigenen ideologischen Zwecke ausnutzen wollen.
Was auf die Ministerin aus dem BMFSFJ zutrifft, vermag ich nicht zu sagen, allerdings scheint mir am wahrscheinlichsten, dass ideologische Motive hinter dem Gemeinschafts-Salbader stehen. Ziel dieser Motive ist es, Menschen auf die Rolle als Züchter der nächsten Generation festzulegen und ihnen dafür alles Heil, was man in der Gemeinschaft der Familie so erwarten kann, zu versprechen. Gegen diese Heilsvorstellung, die verkauft wird, wie das Wunderelixir auf dem Marktplatz des Mittelalters stehen Realitäten wie:
- Kinder, die in der heilen Welt der Familie dennoch vernachlässigt werden.
- (Ehe-)Partner, die sich in der heilen Welt der Familie gegenseitig blaue Augen und andere blutergießende Ausdrucksformen gegenseitiger Anhänglichkeit verpassen.
- Die heile Welt der post-mortem-Besitz-Verteilung, die Schwadronen heiler Familienmitglieder in Zivilgerichte einfallen sieht, um dort ihre Erbdifferenzen für alle heilstiftend beizulegen.
- So manche heile Familienwelt mündet bereits nach kurzer Zeit in scheidunsrichterlich verfügte und staatliche legitimierte Umverteilung der Arbeitsentgelte, von dem, der sie erzielt, zu dem, der sich durch Fertilität ein die Scheidung der heilen Familienwelt überdauerndes Anrecht auf finanzielle Zuwendung erworben hat.
- Und dann ist da noch die ganz alltägliche heile Familienwelt der Partner, die durch Gewohnheit aneinander gebunden sind, nebeneinander herleben, im gegenseitigen Desinteresse ihre Tage fristen, und die nur durch einen gemeinsamen Feind, z.B. den Nachbar und seine heile Familienwelt zu neuer Gemeinschaft erweckt werden können.
Wie die gerade geschilderte Realität einer eher mechanischen Gemeinschaft, deren Zweck im Tausch von Gütern besteht, mit den heile-Welt-Vorstellungen wie sie z.B. im BMFSFJ genährt werden, in Einklang zu bringen sein soll, ist mir ein Rätsel, aber ich halte ja auch nichts von einer Unterscheidung in Gesellschaft und Gemeinschaft, um nicht zu sagen, ich finde die überhöhte Vorstellung von der Gemeinschaft einfach nur preposterous.
Tönnies, Ferdinand (1979). Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Verlagsanstalt.
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Das Gegengift zur Idealisierung der Gemeinschaft findet man bei Helmuth Plessners “Grenzen der Gemeinschaft”. Und Victor Turner führt dem Leser wiederum vor, wie die Gemeinschaft zu einem bloßen Ritual erstarrt, sobald ihre Mitglieder gemeinsam ihren Lebensunterhalt erarbeiten müssen. Zwangsläufig mutiert die vormalige Gemeinschaft zur “Gesellschaft”. Wie Charisma muss Gemeinschaft im Alltag verschwinden und Strukturen Platz machen. Eine Gemeinschaftsideologie ist also nicht nur tendenziell totalitär, sondern auch irreal, weil prinzipiell nie zu verwirklichen auf Dauer.
Was sind das für seltsame Ideen, die du uns da auftischest? Die Zerschlagung der Familie – und eigentlich jeder Gemeinschaft – ist das Grundanliegen des Feminismus. Genauer: Die totale Herrschaft der Frau über die Reproduktionsverhältnisse mit dem Ideal der vaterlosen Gesellschaft; die Substitution des Gewissens durch den Mutti-Staat.
Die Vorstufe haben wir bereits im NS. Mitscherlich (“Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft”, 1989, S. 344): “Der versprechende und terroristisch versprechende Massenführer ersetzt nicht eigentlich den vorhanden Vater; er ist viel eher – so überraschend das scheinen mag – in der Imago einer primitiven Muttergottheit unterzubringen. Er selbst gebärdet sich dem Gewissen überlegen und fordert zu einer regressiven Gehorsams- und Bettelhaltung heraus, die zum Verhaltensstil des Kindes in der präödipalen Phase gehört.”
Also “Familie” als Konstrukt des Mutti-Staates, das ist es, was letztlich auch Frau Schröder will, wenn sie von Familie spricht. Sie meint etwas ganz Anderes, als was Tönnies meinte, wenn er von Gemeinschaft sprach.
Das ist interessant, aber ich sehe einen deutlichen Widerspruch. Einerseits finden Sie die Definition der Gemeinschaft als “heile Welt”, andererseits beschreiben Sie eine “Realität”, welche die “heile Welt” spaltet. Insofern ist es doch nur logisch, dass Ihre genannten fünf Aspekte zur “Realität” eben nicht eine Gemeinschaft definieren. In der Folge darf man nicht unterstellen, dass eine Familie per se eine Gemeinschaft ist. Damit hat Frau Schröder durchaus recht in Ihrer Beschreibung – T.R.E.Lentze hat dies in seinem letzten Satz auch etwas verdeutlicht – die Sichtweise einer Familie bzw. Gemeinschaft ist jeweils eine andere.
Wobei ich auch hier ganz klar hinweisen möchte, dass Tönnies vor über 30 Jahren dies definierte – was aufgrund der Entwicklungen im Familienleben, der Demografie, etc. kritisch hinterfragt werden müsste. Ich sehe Tönnies Definitionen jedoch im Wesentlichen an anwendbar an und die Differenzierung zwischen den Begriffen als durchaus sinnvoll.
Sie haben meinen Punkt nicht verstanden. Ich sage, dass es eine organische Zangs-Gemeinschaft in welcher vorgestellten Weise auch immer, nicht gibt.
Ich hatte Sie jetzt eigentlich so verstanden, dass Sie sich gegen die überhöht positive Vorstellung der “Gemeinschaft” stellen und nicht deren Existenz per se anzweifeln. Ich weiss auch nicht, ob Tönnies der Gemeinschaft eine absolute oder nur eine höhere Stabilität als der “Gesellschaft” zuschreibt; ersteres halte ich für Quatsch (und dann dürfte man sie auch nicht “organisch” nennen, Organisches verändert sich), zweiteres hingegen würde Ihre Argumentation, dass die von BmFSFJ und ähnlichen Institutionen angestellten Vergleiche Quatsch sind, unterstützen. Kann aber natürlich sein, dass ich mich da nicht genug auskenne…
Wen ich bei Soziologen mag, ist Luhmann, auch wenn ich den auch nicht ganz verstanden habe. Ich habe ihn aber soweit verstanden, dass die “Familie” als soziales System ausschließlich selbstreferentiell sein muss, da sie sonst kein eigenständiges System mehr wäre – also wenn sie sich durch die Umwelt beeinflussen ließe. Was nun das BmFSFJ etc. aktiv versuchen ist, genau das zu machen – diese Leute zerstören damit also aktiv bestehende Systeme (und verhindern ggf. die Entstehung neuer). Das ist aber nicht die einzige Möglichkeit für den Zerfall; es kann ja jedem sozialen System passieren, dass es nicht hält (also die autopoietische Erneuerung abbricht). Das passiere wohl dann, wenn die bindende Institution (“Liebe”) nicht mehr funktioniert. Das klingt für mich soweit vernünftig.
Das bedeutet dann, dass Ihr Punkt, es gäbe keine organische Zwangs-Gemeinschaft, sicher korrekt ist, es gibt aber durchaus organische Gemeinschaften. Was natürlich nichts daran ändert, dass die romantische Verklärung und die damit einhergehende Überhöhung der Familie gegenüber anderer Systeme totaler Bullshit ist.
Eine „eigene Eigentümlihkeit“ – pleonastischer bzw. tautologischer geht es ja nicht! Und warum! Weil hier Rhetorik im Spiel ist!
Wir müssen unterscheiden zwischen dem wissenschaftlichen Modell von Tönnies und der – unwissenschaftlichen! – Bewertung, die Michael Klein ihm zukommen läßt. Diese Bewertung umfaßt auch eine Umdeutung. Es ist reinste Polemik unter Verwendung ziemlich aggressiver Formulierungen.
Natürlich kann die Familie “romantisch verklärt” werden, aber spricht das gegen die Familie? Wollen wir einen Staat wie in Platos Politeia-Konzept, wo die Kinder ihre Eltern nicht kennen dürfen, damit sie sich vollständig dem Staat unterwerfen? Das wäre Totalitarismus pur. Hitler ging nicht ganz so weit, als er sagte, daß die Kinder “den Müttern genauso gehören wie im selben Augenblick auch mir” (s. Joachim Fest, “Das Gesicht des Dritten Reiches”, 1977, S.35).
Dem staatlich-totalen Herrschafts-Anspruch entkommen wir nur, wenn wir die Familie autark erhalten. Sie ist das Bollwerk gegen den Totalitarismus.
Natürlich ist Mißtrauen angesagt, wenn eine Politikerin die Familie als einen hohen Wert hinstellt. Man erkennt, daß die Politik sich konfrontiert sieht mit den Folgen ihres Klassenkampfes gegen den Mann und Vater, ohne jedoch die Ursache beim Namen zu nennen. Dann kann natürlich auch der Lobpreis der Familie nicht mehr überzeugen. Er wirkt theatralisch.
Anstatt nun auf deinen armen toten Kollegen Tönnies einzuschlagen, Michael, solltest du dir lieber unsere noch lebenden Gynokraten vornehmen. Wobei ich Frau Schröder für relativ unschuldig halte.
An T.R.E.Lentze
Ich möchte Sie bitten, Ihre nachstehende Aussage aus Ihrem Beitrag näher zu erläutern, da ich diese nicht nachvollziehen kann:
“Natürlich ist Mißtrauen angesagt, wenn eine Politikerin die Familie als einen hohen Wert hinstellt.”.
(§8) Jede Würde kann als ein Dienst an der Gemeinschaft angesehen werden und jeder Dienst an der Gemeinschaft hat seine ihm eigene Würde. Rechte und Pflichten sind korrespondierende Seiten derselben Sache. Allerdings kann es selbstverständlich zu einer realen Ungleichheit in der Gemeinschaft kommen, welche jedoch nur bis zu einem gewissen Grade vorkommen kann, da ansonsten die Gemeinschaft nicht mehr als eine solche existiert. (§9) Gegenseitig-gemeinsame und verbindende Gesinnung , als einigender Wille ist das, was Tönnies als Verständnis bezeichnet. Gegenseitiges Verstehen basiert also darauf, zu sehen, dass alles, was dem Sinne eines gemeinschaftlichen Verhältnisses gemäß ist, für es einen Sinn hat – es wird verstanden (es „ergibt Sinn“), weil es der Gemeinschaft dient. Hierzu ist eine intime Kenntnis voneinander nötig. Das Organ des Verständnisses ist die Sprache . Es wird nicht erst etwas verstanden und dann das Verstandene versprachlicht, sondern das (gegenseitige) Verstehen vollzieht sich in der Sprache selbst. Die Sprache ist also kein verabredetes Zeichensystem, sondern entspringt Trautheit, Innigkeit und Liebe, wie zwischen Mutter und Kind die Muttersprache. (§10) Theorien, die die Sprache als verabredetes Zeichensystem begreifen, basieren auf neuzeitlichen „gesellschaftlichen“ Verhältnissen, in welchen Angelegenheiten über Absprachen organisiert werden. Wahres Verständnis hingegen, wie es sich zwischen den Ehegatten findet, ist schweigend, weil sein Inhalt unaussprechlich, unendlich und unbegreiflich ist. Eintracht und Verstehen sind außerdem natürlich gegeben, können also nicht „gemacht“ werden, wie etwa eine Verabredung getroffen werden kann, oder ein Vertrag geschlossen werden kann.