Europäischer Gerichtshof etabliert Recht, sanktionslos ein Schwein zu sein
Ein Richter, lange als Haftrichter in Chemnitz tätig, war dort für seine besondere Art von Humor bekannt, trocken, fast britisch und in jedem Fall von einer Art, die Pfälzern gefällt. Eines seiner Bonmots, die in Erinnerung bleiben, lautet: Was ist schlimmer als ein Richter? Drei Richter. Was er wohl zu 13 (dreizehn!) Richtern zu sagen gehabt hätte, zu dreizehn Richtern, die die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes bevölkern, jenem politisch-juristischen Pendant zum Bundesverfassungsgerichts das, ähnlich dem Bundesverfassungsgericht regelmäßig von Horror verzerrte Gesichter in der Welt der gelernten Juristen hinterlässt (So wird unter Richtern erzählt, dass die Berufsrichter vom BGH mit den Laienrichtern vom Bundesverfassungsgericht nur den Ort teilen, an dem sie ansässig sind)?
Vor kurzem hat der Europäische Gerichtshof wieder zugeschlagen, mit einem Urteil, das unter der Überschrift “Recht auf Vergessen” gehandelt wird (tatsächlich handelt es sich um ein Recht darauf, vergessen zu werden, was an sich schon absurd ist). Ausgangspunkt ist eine Konstellation, die man nicht anders als seltsam finden kann, eine Konstellation, die Herrn Costeja González im Zentrum sieht. Costeja González war ärgerlich darüber, dass dann, wenn man nach ihm in Google sucht, irgendwo in den Ergebnissen ein Link auf die Tageszeitung La Vanguardia aufgetaucht ist, dem, sofern man ihn nachverfolgt, man entnehmen kann, dass Herr Costeja González am 19. Januar bzw. 9. März gezwungen war, einer Zwangsversteigerung seines Grunstücks zu zu sehen, die ihm Rahmen einer Pfändung vorgenommen wurde, die wiederum Forderungen der Sozialversicherung zum Gegenstand hatte (vermutlich hat Herr González Sozialabgaben für seine Arbeitnehmer nicht abgeführt). Weil Herr Costeja González der Ansicht war, diese alte Berichterstattung über ihn gehe heute niemanden mehr etwas an, hat er dafür gesorgt, dass seine Pfändung europaweit im Jahre 2014 bekannt wird und nicht nur europaweit Costeja González Berühmtheit dafür erlangt hat, dass er 1998 gepfändet wurde.
Als wäre diese Konstellation nicht schon seltsam genug, stänke in gewisser Hinsicht zum Himmel, fügt sie sich perfekt in einen vorhersehbaren Streit zwischen Europäischem Parlament auf der einen sowie Europäischer Kommission und Ministerrat auf der anderen Seite über die neue Datenschutzrichtlinie der EU. Und wie von Geisterhand bewegt, findet sich der Tenor des Urteils (und in Teilen der Wortlaut) der Richter vom Europäischen Gerichtshof als Änderung 23 Erwägung 53 des gerade vom Europäischen Parlament verabschiedeten Textes über die EU-Datenschutzreform. Es gibt eben Zufälle und Zufälle.
Doch es wird noch interessanter, wenn man das Urteil des Europäischen Gerichtshofes liest. Vor allem ab Randnummer 62 wird es interessant, geht es hier doch um die Frage, ob es einer Person möglich sein soll, wahre Informationen über sich aus den Suchergebnissen von Google entfernen zu lassen. Das ist eine spannende Frage, die die 13 Richter aus dem juristischen Pantheon Europas (oder vielleicht ist es mehr ein Panoptikum) natürlich nur aus der abstrakten Sichtweise, die ihnen ihre abgehobene Stellung verleiht, beurteilt haben. Im vermeintlichen Pantheon kümmert man sich nicht um alltäglichen Trivialitäten. Das Entgelt von mehreren 100.000 Euro jährlich erhalten die Richter ja nicht dafür, dass sie Urteile sprechen, denen man Konkretes entnehmen kann, sondern dafür, dass sie interpretationsfähige Vorlagen liefern, die man in alle möglichen Richtungen verbiegen kann, so wie es gerade opportun ist.
Entsprechend ist es wieder einmal an uns, die fehlende Konkretisierung durchzuführen, schon weil die kritischen Journalisten der deutschen Presselandschaft sich wieder in untertäniger Begeisterung ob des Orakelspruchs aus Luxembourg üben.
Fragen wir einmal darauf los:
1)Soll Fritz B., der 1998 einen Raubüberfall begangen hat, ein Recht darauf haben, dass der Link auf einen entsprechende Bericht in einer Tageszeitung aus den Suchergebnissen von Google entfernt wird?
2) Soll Hedwig S., die sich über Jahre damit einen Namen gemacht hat, dass sie Prominenten nachstellt, das Recht haben, die Beseitigung der entsprechenden Links aus den Googlesuchergebnissen zu erwirken?
3) Soll Peter F. der mit Kokain angetoffen wurde, ein Recht darauf haben, von Google vergessen zu werden?
4) Sollen Karl-Theodor zu Guttenberg oder Annette Schavan Google dazu zwingen dürfen, alle Links darauf, dass sie ihren Doktortitel zurückgeben mussten, weil sie die Texte anderer als die eigenen ausgegeben haben, zu löschen?
5) Soll Katharina B., die beleidigende Emails an ScienceFiles Mitarbeiter verschickt, ein Recht darauf haben, dass die dunkle Seite ihres Charakters (sofern es eine helle gibt) vergessen wird?
Das sind konkrete Fragen, die die verbalen Spitzfindigkeiten, die Richter am Europäischen Gerichtshof als Urteile verkaufen, nur gestört hätten, die ihre abstrakten Urteile mit Fragen der Umsetzung inkubiert hätten, die der Reinheit der verkündeten Wahrheiten nur schädlich sein könnte. Entsprechend haben sich die Richter mit derart konkreten Fragen, gar nicht beschäftigt, entsprechend überlassen sie diese Art der Drecksarbeit, denen, die den Unsinn aus Luxembourg nun umzusetzen gezwungen sind. Es schreibt sich eben leichter, ohne Bezug zur Realität, dann fließen Sätze wie die folgenden nur so:
“Wird somit auf einen Antrag der betroffenen Person gemäß Art. 12 Buchst. b der Richtlinie 95/46 festgestellt, dass die Einbeziehung von Links zu von Dritten rechtmäßig veröffentlichten Internetseiten, die wahrheitsgemäße Informationen zu ihrer Person enthalten, in die Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand ihres Namens durchgeführte Suche angezeigt wird, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. c bis e der Richtlinie vereinbar ist, weil sich herausstellt, dass die Informationen in Anbetracht aller Umstände des Einzelfalls den Zwecken der in Rede stehenden Verarbeitung durch den Suchmaschinenbetreiber nicht entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen, müssen die betreffenden Informationen und Links der Ergebnisliste gelöscht werden.” (Randnummer 94)
Das heißt im Klartext, dass die Richter der Ansicht sind, dass wahre Informationen über Personen, die über eine Googlesuche gefunden werden, unter bestimmten Umständen von Google zu löschen sind (also wenn sie z.B. auf die Beteiligung einer Person an einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes hinweisen …). Mehr noch: Die Richter sind der Ansicht, dieses Recht bestehe selbst dann, wenn der entsprechenden Person “durch die Einbeziehung der betreffenden Information” kein Schaden entsteht (Randnummer 96). Daran schließt sich die Frage an: Wann sind die entsprechenden Links von Google aus dem Suchindex zu löschen?
Weiter mit Randnummer 98. Dort steht, dass die Informationen dann zu löschen sind, wenn “keine besonderen Gründe vorliegen, die ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit daran rechtfertigen”. Kurz: Die fünf Beispiel-Löschkandidaten von oben haben dann ein Recht auf Löschung, wenn kein öffentliches Interesse der Löschung entgegensteht.
Wann überwiegt das öffentliche Interesse?
Schweigen. Dazu findet sich im Urteil kein Passus. Europäische Richter beschmutzen sich nicht, mit derart konkreten Fragestellungen. Die Umsetzung dessen, was sie wie im Rausch verkünden, erwarten sie von anderen. Von Google im vorliegenden Fall und vom Zeitgeist, wie man anfügen kann, denn man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass die Löschanträge erfolgreich sein werden, die dem Zeitgeist entsprechen und entsprechend politisch korrekt sind. Fritz W. war Mitglied der NPD, wenn auch nur für drei Monate. Egal. Das öffentliche Interesse überwiegt sein Recht auf Löschung. Katharina B. beleidigt gerne aus der Anonymität privater Emails. Das muss gelöscht werden. Ausrutscher sind menschlich, und es sind ja auch nur Einblicke in den Charakter, die man über kurz oder lang am eigenen Leib nachvollziehen kann – warum vorab warnen? Ein kurzer Ausflug in die Pädophilie? Löschen. Ein Politiker, der in der Öffentlichkeit lügt? Löschen. Nacktbilder auf dem Bundestagscomputer? Löschen.
Aber was ist mit moralischen Streitfragen: Karl B, der einst Abtreibungen durchgeführt hat – löschen? Joschka F., der einst mit Steinen auf Polizisten geworden hat – löschen? Was ist mit dem Mitglied X der Antifa, das just den Stand der AfD demontiert hat, hinter dem Theodor W. stand, der als Personalchef bei Bayer über die Bewerbung von X entscheiden soll – den Bericht über die Beteiligung von X am Überfall löschen?
Wie gesagt, derat konkrete Fragen beantworten die Richter in ihrem europäischen Wolkenkuckucksheim nicht. Sie urteilen und werfen ihr Urteil der Meute vor die Nase. Und die Meute der Journalisten nummt das Urteil dankbar auf. Das Recht auf Vergessen geht durch die Medien, als neue Errungenschaft des Schutzes der Privatsphäre wird es verkauft. Das ist einfach, in einem öffentlichen Diskurs, in dem das Zerrbild der datensammelnden Unternehmensmonster die Runde macht, der Unternehmensmonster, die am liebsten die Privatsphäre auspähen würden, wenn man sie nur ließe. Gut, dass der Europäische Gerichtshof dem ein Ende gemacht hat, so wird gelobt. Doch: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes hat mit der Privatsphäre nur bedingt etwas zu tun. Es hat eher ein großes Reinewaschen zum Gegenstand, ist ein neuer Versuch, das Internet unter juristische Kontrolle zu stellen und als Informationsquelle unbrauchbar zu machen, Freiheit zu beschneiden und als Datenschutz zu verkaufen, ein Spiel, das nur zu einfach zu sein scheint.
Es ist nicht verwunderlich, dass man in der der deutschen Presselandschaft kein kritisches Wort am Heil, das die 13 Richter verkündet haben, liest und hört. Verwunderlich ist dagegen, dass kritische Töne vom Index on Censorship zu vernehmen sind, Stimmen, die darauf hinweisen, dass das Urteil alles Potential beinhaltet, um als “mechanism for censorship and whitewashing of history” zu dienen, als Mittel, die öffentliche Meinung zu kontrollieren und kritische Stimmen zu unterdrücken.
Bei Index on Censorship ist man sich offensichtlich nicht schlüssig darüber, welche Funktion dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Zukunft zugewiesen wird. Wir dagegen sind uns darüber sicher, dass das Urteil dazu dienen wird, Kontrolle über das Internet auszuüben und dazu, eine politisch korrekte Internetwelt zu schaffen, in der das Recht, ein politisch korrektes Schwein zu sein, das der Europäische Gerichtshof gerade verkündet hat, keine Spuren der entsprechenden Schweine hinterlassen wird. Man könnte das Urteil auch als Bankrotterklärung einer Kultur im Niedergang bezeichnen, die vergessen hat, dass es so etwas wie Moral gibt (oder auch nur Anstand) und die der Ansicht ist, dass wahre Aussagen nicht anders zu bewerten sind als falsche Aussagen.
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Dass heute mal nicht die üblichen und daher unnötigen Genderismus-Spiegelfechtereien vorkommen, zeugt von ‘journalistischer Manneszucht’ und hätte ein Extra-Sternchen verdient
Danke für das unsichtbare Extra-Sternchen! Für Michael Klein mag das anders sein, aber mir ist es noch nicht passiert, dass mir jemand “journalistische Manneszucht” attestiert hat – ich nehme das als Kompliment.
Was mich allerdings verwundert, ist dass “Genderismus-Spiegelfechtereien” (was immer damit gemeint sein soll) deshalb unnötig sein sollen, weil sie üblich sind:
tatsächlich sind sie doch nur bei uns, sondern überall in den westlichen Gesellschaften geworden, WEIL sie nötig sind. Es ist doch klar, dass sich öffentliche Äußerungen und Kritik auf die Mißstände bezieht, von denen sich zu einem bestimmten Zeitpunkt die meisten Menschen bzw. die Menschen am stärksten in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sehen.
Ich finde, es wäre auch ein Sternchen wert, dass ich aus der ‘Manneszucht’ keine ‘Kamerad/en_/innenzucht’ gemacht habe; naja vielleicht einen halben.
Mit “üblich” meinte ich diesen Blog.
Ich bin durchaus z.B. gegen ‘ausgleichende Ungerechtigkeit’ gegen Jungen, da man das zweifellos von Mädchen erlittene Unrecht nicht auf diese Weise ausgleichen oder gar ungeschehen machen kann.
Allerlei öffentlich geäusserten groben Unfug nicht unwidersprochen zu lassen, finde ich gut und wichtig, deshalb lese ich diesen Blog recht regelmässig.
Ich verhake mich jedoch stets (gedanklich oder emotional?), wenn von XXX-ismus die Rede ist.
Bezeichnet sich jemand selbst in solcher Weise (d.h. “ich sehe alles aus der Sicht des XXX-ismus”), finde ich das intellektuell sehr bedenklich, denn man kann ja wohl nicht in allen konkreten Fragen mit der Sichtweise einer ‘Ideologie’ übereinstimmen (es sei denn, man hätte diese Ideologie selbst erfunden :-). Trotzdem würde ich es als Ausübung des bisher unwidersprochenen Rechts auf Selbstlächerlichmachung sehen wollen; naja, vielleicht ein paar Punkte Abzug wegen erzwungenen Fremdschämens.
Wird jedoch jemand von ‘Aussen’ als eines XXX-ismus angehörig charakterisiert, ist Vorsicht geboten. Macht dieser Jemand XXX-ismus-konforme Sachen, genügt es doch, diese konkret zu benennen und argumentativ zu widerlegen. Was soll die Kategorisierung?
Hat man Frau Prof. als Genderistin entlarvt, kann man sich dann sparen, ihre Dummheiten explizit zu widerlegen und stattdessen eine Schluss vom Allgemeinen aufs Besondere machen? Ich glaube nicht; mal abgesehen davon, dass es an einem trüben Vormittag doch grossen Spass macht, die gefunden Dummheiten lächerlich zu machen.
Ich denke, es lediglich eine Stilfrage, die mich stört. Ansonsten gefällt mir Ihr Blog sehr gut.
“Ich finde, es wäre auch ein Sternchen wert, dass ich aus der ‘Manneszucht’ keine ‘Kamerad/en_/innenzucht’ gemacht habe; naja vielleicht einen halben.”
Ich denke nicht, dass das einen halben Stern wert wäre, denn ich bin sicher, dass es ganz normale deutsche Alternativen zur “Manneszucht” gibt und man nicht auf Verballhornungen der deutschen Sprache wie “Kamerad/en_/innenzucht’” ausweichen muss, um nicht “Manneszucht” zu sagen. Hier ist etwas Phantasie gefragt. Wem gar nichts anderes einfällt, der hat m.E. einen ganzen Stern Abzug verdient 🙂 Aber egal, wie gesagt; ich nehme es als Kompliment.
Und nun ganz im Ernst und zu unserem blog:
Mir ist nicht nachvollziehbar, wie bei Ihnen der Eindruck entstanden sein kann, dass ausgerechnet auf unserem blog Leute nur kategorisiert und entsprechend bezeichnet werden, wir aber nicht argumentieren, warum wir sie so kategorisieren oder bezeichnen.
Wir haben für die Bezeichnung “Genderist” bzw. “Genderismus” eine eigene Definition ausgestellt, und wir benutzen diese Worte in diesem Sinn, d.h. wie von uns definiert, und der Ausdruck erspart es uns, immer wieder dieselben Kriterien und Merkmale aufzählen zu müssen, die für uns Genderisten definieren. Wenn jemand diese Kriterien erfüllt oder Merkmale aufweist, dann nennen wir ihn so, und wem das nicht gefällt, der kann mit unserer Definition nicht einverstanden sein und ggf. eine andere vorschlagen oder ggf. erklären, warum er nicht in diese Kateogirie, wie sie von uns definiert wird, hineinfällt.
Dessen ungeachtet kann ich mich wirklich nicht erinnern, dass wir über jemanden einfach nur geschrieben hätten, er sei Genderist, ohne dass in irgendeiner Form ein Bezug auf die Merkmale und Kriterien besteht, die für uns Genderisten bzw. Genderismus ausmachen.
Gerade weil wir eine diesbezügliche Definition aufgestellt haben, ist für jeden jederzeit prüfbar, ob unsere Bezeichnung nach unseren eigenen Kriterien (die ja unsere Verwendung der Bezichnugn anleitet) sachlich zutreffend ist oder nicht, bzw. warum die Bezeichnung in einem bestimmten Fall vielleicht nicht als uneingeschränkt passend empfunden wird oder nicht. Darüber könnte man sich dann ja austauschen. Aber wie gesagt: mir ist nicht bewusst, wo wir über jemanden als Genderisten geschrieben hätten, einfach so, ohne Bezug zu seinen Äußerungen oder seinem Verhalten – schon deshalb, weil mir dann rätselhaft wäre, wie wir es geschafft haben sollten, einen ganzen Text zu schreiben, in dem die Person und gleichzeitig Genderismus relevant wären.
Um im Sternchen-Bild zu bleiben: ich finde, wir haben mindestens sechs Sterne dafür verdient, dass wir einen so schwammigen und gleichzeitig so viel bemühten Begriff wie Genderismus für uns und unsere Verwendung des Begriffs definiert haben, so dass unsere Verwendung des Begriffs jederzeit nachvollzieh- und prüfbar ist. M.W. sind wir damit im deutschsprachigen Raum eine echte Rarität.
Ihr Zitat: “… auf unserem blog Leute nur kategorisiert … wir aber nicht argumentieren, warum”.
Das habe ich ausdrücklich nicht behauptet. Was ich behauptet habe, ist, dass über die m.E. schöne Praxis der fundierten Kritik hinausgehend eine Kategorisierung in Genderisten o.ä. ‘nicht zweckdienlich’ ist, zu indirekten Zuweisungen führt und mir nicht gefällt.
Ihr Zitat: “… wem das nicht gefällt, der kann mit unserer Definition nicht einverstanden sein und ggf. eine andere vorschlagen …”. Ich bin generell gegen solche Kategorisierungen; jede Andere wäre auch (anders) schlecht.
Ihr Zitat: “…oder ggf. erklären, warum er nicht in diese Kateogirie, wie sie von uns definiert wird, hineinfällt”.
Noch einmal: ich fühle mich nicht als Genderist, noch stehe ich den Sichtweisen der Genderisten (mein Gott, jetzt sage ich es auch schon!) nahe. Ich bin nur gegen solche Kategorisierungen.
Ihr Zitat: “Gerade weil wir eine diesbezügliche Definition aufgestellt haben, ist für jeden jederzeit prüfbar, ob unsere Bezeichnung nach unseren eigenen Kriterien (die ja unsere Verwendung der Bezichnugn anleitet) sachlich zutreffend ist …”.
Eine solche Definition vermisse ich allerdings. Ich habe sie bisher auf sciencefiles.org nicht finden können; aber das kann aber schlicht an meiner Unfähigkeit oder Flüchtigkeit bei der Suche liegen.
Darauf bin ich gespannt.
Unsere Definition von Genderismus, die man ganz einfach findet, wenn man “Definition Genderismus” eingibt.
Und zum Rest kann ich nur sagen, dass es mich herzlich amüsiert hat, zu lesen, dass jemand Kategorisierungen nicht mag.
Wo leben Sie eigentlich? In einer Wohnung (Kategorisierung einer bestimmten Wohnfläche).
Wo kaufen Sie ein? Im Supermarkt? (Kategorisierung für eine bestimmte Art von Warenangebot).
Was essen Sie, Nahrung am Ende oder Klassen von Nahrung, Gemüse oder Karotten?
Das Leben ist voller Kategorisierungen. Die einzige Möglichkeit, sie zu vermeiden, ist Selbstmord (wieder so eine Kategorisierung für unterschiedliche Formen, sich selbst zu beseitigen) und nicht einmal im Tod bleiben Sie unkategorisiert, denn auf dem Friedhof liegen Sie mit all den anderen Toten in einem Grab, als Kategorisierung für dieses Loch im Boden, in das ein Sarg oder eine Urne passt.
Also viel Spaß weiterhin, mit dem Vermeiden von Kategorisierungen.
Die Definition habe ich gefunden. Ich war so naiv, sie unter ‘Genderismus’ zu suchen.
Offenbar hat jemand das gleiche Problem bereits vor mir gehabt. Ich werde die mir Definition mal genauer anschauen, wenn ich die nötige Zeit finde.
Ihr Loblied auf die Kategorisierung les’ ich wohl, allein mir fehlt ein wenig der Glaube.
Un-mathematisch gesehen, handelt es sich bei Kategorien um die Aufteilung einer Grundgesamtheit in Teilmengen – aufgrund gewisser Kriterien. Wenn das gut gemacht ist, gewinnt man ein bisschen mehr Übersicht (wenn der Schlosser seine Schrauben nach Gewindedurchmesser ordnet); ist es ungeschickter gemacht (die Schrauben nach ihrem Typ alphabetisch in kyrillisch) schafft man nicht Ordnung, sondern eher ein Durcheinander.
So gesehen habe ich nichts gegen Kategorisierungen; sie können praktisch oder auch verwirrend sein. Was ich allerdings nicht mag, sind Kategorisierungen von Meinungen oder gar Menschen als Mittel des Diskurses.
Aber das habe ich anderer Stelle bereits beschrieben.
hr Zitat: “Was ich behauptet habe, ist, dass über die m.E. schöne Praxis der fundierten Kritik hinausgehend eine Kategorisierung in Genderisten o.ä. ‘nicht zweckdienlich’ ist, zu indirekten Zuweisungen führt und mir nicht gefällt.”
Kategorisierungen gibt es, weil sie praktisch sind: sie dienen dem Zweck, Informationen zusammenzufassen, die sonst im Detail beschrieben werden müssen. Kategorisierungen dienen daher der Kommunikation und Verständigung unter den Menschen. Und sie sind unvermeidlich. Es ist daher unvernünftig, Kategorisierungen als solche ablehnen zu wollen und vor allem überhaupt nicht praktikabel.
Ich wiederhole noch einmal:
Wann inwiefern und warum eine Kategorisierung für einen bestimmten Zweck nicht sachdienlich ist, kann jederzeit diskutiert werden, aber – entschuldigen Sie bitte -, dass eine Kategorie oder generell Kategorisierungen einem nicht gefallen, ist kein starkes Argument gegen Kategoerien oder Kategorisierungen und angesichts der Realität, in der wir leben, ein bisschen albern. Wissenschaft basiert auf Kategorien, deren Nützlichkeit für bestimmte Zwecke systematisch geprüft wird (oder werden sollte; es ist auf unserem blog ja oft genug Thema, dass Leute Kategorisierungen unhinterfragt vornehmen oder im Munde führen). Definitionen sind u.a. gerade deshalb notwendig, um den Missbrauch von Kategorisierungen als solche identifizieren zu können.
Ihr Zitat: “Ich bin generell gegen solche Kategorisierungen; jede Andere wäre auch (anders) schlecht”.
s.o. Es sei nur noch angefügt: Wenn Kategorisierungen prinzipiell schlecht sind, sind dann Missverständnisse, Willkür oder gar Wahnsinn gut?
Ihr Zitat; “Noch einmal: ich fühle mich nicht als Genderist, noch stehe ich den Sichtweisen der Genderisten (mein Gott, jetzt sage ich es auch schon!) nahe. Ich bin nur gegen solche Kategorisierungen.”
Kein Problem, niemand hier auf dem blog hat Sie einen Genderisten genannt oder Sie so kategorisiert. ich denke, der erste Weg, sich gegen Kategorisierungen zu verwahren (weil man sie prinzipiell nicht mag oder weil man denkt, dass sie in diesem Fall unangemessen ist) ist, sich nicht kategorisieren zu lassen, und das wiederum beginnt damit, andere Leute nicht zu verdächtigen, sie würden einen in eine bestimmte Kategorie einordnen.
Ihr Zitat: “Eine solche Definition vermisse ich allerdings. Ich habe sie bisher auf sciencefiles.org nicht finden können; aber das kann aber schlicht an meiner Unfähigkeit oder Flüchtigkeit bei der Suche liegen.”
Ja, ich fürchte, Letzteres ist der Fall. Die Definition ist leicht zu finden. Die Antwort von Michael Klein auf Ihren Kommentar enthält den link zur Definition.
Ihr Zitat: “Darauf bin ich gespannt.”
Warum? Definitionen geben die Mittel an die Hand, Kategorisierungen vorzunehmen, indem sie die Grundlage für die Entscheidung bieten, ob etwas in die Klasse des so Bezeichneten fallen soll oder nicht. Da Sie so etwas prinzipiell nicht mögen, werden Sie auch diese Definition nicht mögen, und sich damit auseinanderzusetzen, wäre für Sie Zeitverschwendung.
Zitat “Ich bin durchaus z.B. gegen ‘ausgleichende Ungerechtigkeit’ gegen Jungen, da man das zweifellos von Mädchen erlittene Unrecht nicht auf diese Weise ausgleichen oder gar ungeschehen machen kann.”
Ich bezweifle das Mädchen (als Gesamtheit) ein Unrecht erlitten hätten. Insbesondere bezweifle ich, dass Mädchen als Gesamtheit ein Unrecht hätten erleiden können, welches durch Handeln oder bloße Existenz von Jungen als Gesamheit hat entstehen können. Ein derartiger Gedankengang erscheint mir so absurd, dass ich nie auf die Idee käme, man müsse da etwas ausgleichen. Falls Sie etwas über ein solch gewaltiges Unrecht wissen, wäre das doch sicher ein Post wert.
Zitat “kann man sich dann sparen, ihre Dummheiten explizit zu widerlegen”
IMO läuft bei Sciencefiles umgekehrt. Erst wird Dummheit erkannt und anschließend wird die betreffende Person in eine passende Kategorie eigeordnet. Nur Ideologen sind im Besitz göttlicher Wahrheit und können direkt mit dem kategorisieren anfangen.
@Frau Diefenbach und Herr Klein: Ich lese diesen Blog explizit wegen Ihrer Gedankengänge, nicht um ein Fazit vorgekaut zu bekommen.
Zitat:
“Ich bezweifle das Mädchen (als Gesamtheit) ein Unrecht erlitten hätten. Insbesondere bezweifle ich, dass Mädchen als Gesamtheit ein Unrecht hätten erleiden können, welches durch Handeln oder bloße Existenz von Jungen als Gesamheit hat entstehen können. Ein derartiger Gedankengang erscheint mir so absurd, dass ich nie auf die Idee käme, man müsse da etwas ausgleichen. Falls Sie etwas über ein solch gewaltiges Unrecht wissen, wäre das doch sicher ein Post wert.”
Ich habe in Heidelberg studiert, dort war & ist man stolz darauf, dass Frauen seit Anfang 1900 erstmalig in Deutschland vollen Zugang zum Studium an der dortigen Universität bekommen haben. Ich glaube, man darf hieraus schliessen, dass es zuvor eine ‘Beschränkung nur aufgrund ihres weiblichen Geschlechts’ gab. Das würde ich als Unrecht bezeichnen.
Ist dies ein ‘absurder Gedankengang’?
Dass dies durch “Handeln oder bloße Existenz von Jungen” entstanden ist, habe ich nicht behauptet und auch nicht vorausgesetzt.
1900? 🙂 Sie reden also über Mädchen die über 134 Jahre alt sein müssen und in den letzten 114 Jahren keine Zeit hatten ihr Studium nachzuholen? Und deshalb sei heute eine Diskriminierung von Jungen in ihrer Gesamtheit denkbar?
Ich erlaube mir ein ironischen Gegenarguments: In Nordeuropa wurden mehr Männer als Frauen Opfer der mittelalterlichen Hexenverfolgung. Das ist eine Benachteiligung, die ausgeglichen werden sollte.
Etwas sachlicher argumentiert: Es gab einen gesamtgesellschaftlichen Konsens (zwischen Männern UND Frauen), dass eine höhere Töchterschule genug Bildung sei. Die Benachteiligung entsteht erst aus heutiger Sicht und auch nur dadurch, dass damals lebenden Frauen unterstellt wird, dass sie mehrheitlich studieren wollten, aber nicht durften. Dabei wird sowohl die wirtschaftliche Situation als auch die gesellschaftliche Situation der damaligen Zeit komplett ignoriert.
Unabhängig davon ist aber die eigentliche Frage: Wo haben MÄDCHEN in ihrer Gesamheit HEUTE Benachteiligung zu erfahren?
Ich sage ja gerade nicht, dass man sich sparen soll “ihre Dummheiten explizit zu widerlegen”; sondern dass dies ein Grund sein könnte, der für eine Kategorisierung sprechen würde.
Ihr Zitat: “Erst wird Dummheit erkannt und anschließend wird die betreffende Person in eine passende Kategorie eigeordnet”.
Die Erkennung (und Benennung) der Dummheit finde ich ja gerade gut (mein Zitat: “groben Unfug nicht unwidersprochen zu lassen, finde ich gut und wichtig”); die anschliessende Einordnung in Kategorien hingegen nicht.
Schon die Bezeichnung bzw. oberflächliche Begründung des Urteils als/durch “Recht auf Vergessen” ist absurd und irreführend:
(1) Derjenige, der eine Information aus dem Google-Index gelöscht haben möchte, hat dasjenige, was er gelöscht haben möchte, offensichtlich nicht vergessen, obwohl ihm dies ganz und gar frei stünde. Er braucht das Urteil also nicht.
(2) Vergessen haben können es nur diejenigen, die von dem, was der Antragsteller gelöscht haben möchte, bereits wissen. Wenn sie es aber vergessen haben, dann ist es nicht notwendig, dass die betreffende Information aus dem Google-Index gelöscht wird. Insofern kann sich das Urteil nur auf ein Recht auf Vergessen werden oder Vergessen lassen beziehen, was in der Praxis nicht zu erreichen ist (außer durch Zwangs-Gehirnoperation).
(3) Wenn diejenigen, die die Information, die gelöscht werden soll, bereits kennen (und nur diese könnten sie ja vergessen), sie nicht vergessen haben, dann wird es vermutlich nichts helfen, dass die Information aus dem Google-Index gelöscht wird; diese Personen werden die Information ja wohl kaum nicht deshalb nicht vergessen, weil sie sie sich regelmäßig durch entsprechendes Googlen in Erinnerung rufen (diese Praxis würde schon voraussetzen, dass sie sich noch an die Information erinnern). Sie können durch das Urteil nicht gezwungen werden, das, was sie schon wissen, zu vergessen.
Ergo:
Es kann bei dem Urteil logischerweise nicht um ein Recht auf Vergessen gehen, sondern nur um ein RECHT AUF VORENTHALTUNG VON INFORMATIONEN.
Die Löschung einer Information aus dem Google-Index kann sich ja nur (wie das Durchspielen der Punkte (1) bis (3) erkennbar macht) auf diejenigen auswirken, die die Information bislang nicht hatten; durch die Löschung wird dafür gesorgt, dass sie sie durch Googlen auch nicht finden. Dann macht es aber keinen Sinn, von “vergessen” zu sprechen, weil man nichts vergessen kann, was man nie wusste.
Daher ist die Rede vom “Recht auf Vergesssen” mit Bezug auf das Urteil irreführend. Sie wurde, so denke ich, bewusst gewählt, um irrezuführen und zu verdecken, dass es sich hier um die Etablierung eines Rechts auf Informationsvorenthaltung handelt.
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Wirklich guter Artikel. Danke.
P.S.
Dass heute mal nicht die üblichen und daher unnötigen Genderismus-Spiegelfechtereien vorkommen, zeugt von ‘journalistischer Manneszucht’ und hätte ein Extra-Sternchen verdient
Danke für das unsichtbare Extra-Sternchen! Für Michael Klein mag das anders sein, aber mir ist es noch nicht passiert, dass mir jemand “journalistische Manneszucht” attestiert hat – ich nehme das als Kompliment.
Was mich allerdings verwundert, ist dass “Genderismus-Spiegelfechtereien” (was immer damit gemeint sein soll) deshalb unnötig sein sollen, weil sie üblich sind:
tatsächlich sind sie doch nur bei uns, sondern überall in den westlichen Gesellschaften geworden, WEIL sie nötig sind. Es ist doch klar, dass sich öffentliche Äußerungen und Kritik auf die Mißstände bezieht, von denen sich zu einem bestimmten Zeitpunkt die meisten Menschen bzw. die Menschen am stärksten in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sehen.
Ich finde, es wäre auch ein Sternchen wert, dass ich aus der ‘Manneszucht’ keine ‘Kamerad/en_/innenzucht’ gemacht habe; naja vielleicht einen halben.
Mit “üblich” meinte ich diesen Blog.
Ich bin durchaus z.B. gegen ‘ausgleichende Ungerechtigkeit’ gegen Jungen, da man das zweifellos von Mädchen erlittene Unrecht nicht auf diese Weise ausgleichen oder gar ungeschehen machen kann.
Allerlei öffentlich geäusserten groben Unfug nicht unwidersprochen zu lassen, finde ich gut und wichtig, deshalb lese ich diesen Blog recht regelmässig.
Ich verhake mich jedoch stets (gedanklich oder emotional?), wenn von XXX-ismus die Rede ist.
Bezeichnet sich jemand selbst in solcher Weise (d.h. “ich sehe alles aus der Sicht des XXX-ismus”), finde ich das intellektuell sehr bedenklich, denn man kann ja wohl nicht in allen konkreten Fragen mit der Sichtweise einer ‘Ideologie’ übereinstimmen (es sei denn, man hätte diese Ideologie selbst erfunden :-). Trotzdem würde ich es als Ausübung des bisher unwidersprochenen Rechts auf Selbstlächerlichmachung sehen wollen; naja, vielleicht ein paar Punkte Abzug wegen erzwungenen Fremdschämens.
Wird jedoch jemand von ‘Aussen’ als eines XXX-ismus angehörig charakterisiert, ist Vorsicht geboten. Macht dieser Jemand XXX-ismus-konforme Sachen, genügt es doch, diese konkret zu benennen und argumentativ zu widerlegen. Was soll die Kategorisierung?
Hat man Frau Prof. als Genderistin entlarvt, kann man sich dann sparen, ihre Dummheiten explizit zu widerlegen und stattdessen eine Schluss vom Allgemeinen aufs Besondere machen? Ich glaube nicht; mal abgesehen davon, dass es an einem trüben Vormittag doch grossen Spass macht, die gefunden Dummheiten lächerlich zu machen.
Ich denke, es lediglich eine Stilfrage, die mich stört. Ansonsten gefällt mir Ihr Blog sehr gut.
Sie schreiben:
“Ich finde, es wäre auch ein Sternchen wert, dass ich aus der ‘Manneszucht’ keine ‘Kamerad/en_/innenzucht’ gemacht habe; naja vielleicht einen halben.”
Ich denke nicht, dass das einen halben Stern wert wäre, denn ich bin sicher, dass es ganz normale deutsche Alternativen zur “Manneszucht” gibt und man nicht auf Verballhornungen der deutschen Sprache wie “Kamerad/en_/innenzucht’” ausweichen muss, um nicht “Manneszucht” zu sagen. Hier ist etwas Phantasie gefragt. Wem gar nichts anderes einfällt, der hat m.E. einen ganzen Stern Abzug verdient 🙂 Aber egal, wie gesagt; ich nehme es als Kompliment.
Und nun ganz im Ernst und zu unserem blog:
Mir ist nicht nachvollziehbar, wie bei Ihnen der Eindruck entstanden sein kann, dass ausgerechnet auf unserem blog Leute nur kategorisiert und entsprechend bezeichnet werden, wir aber nicht argumentieren, warum wir sie so kategorisieren oder bezeichnen.
Wir haben für die Bezeichnung “Genderist” bzw. “Genderismus” eine eigene Definition ausgestellt, und wir benutzen diese Worte in diesem Sinn, d.h. wie von uns definiert, und der Ausdruck erspart es uns, immer wieder dieselben Kriterien und Merkmale aufzählen zu müssen, die für uns Genderisten definieren. Wenn jemand diese Kriterien erfüllt oder Merkmale aufweist, dann nennen wir ihn so, und wem das nicht gefällt, der kann mit unserer Definition nicht einverstanden sein und ggf. eine andere vorschlagen oder ggf. erklären, warum er nicht in diese Kateogirie, wie sie von uns definiert wird, hineinfällt.
Dessen ungeachtet kann ich mich wirklich nicht erinnern, dass wir über jemanden einfach nur geschrieben hätten, er sei Genderist, ohne dass in irgendeiner Form ein Bezug auf die Merkmale und Kriterien besteht, die für uns Genderisten bzw. Genderismus ausmachen.
Gerade weil wir eine diesbezügliche Definition aufgestellt haben, ist für jeden jederzeit prüfbar, ob unsere Bezeichnung nach unseren eigenen Kriterien (die ja unsere Verwendung der Bezichnugn anleitet) sachlich zutreffend ist oder nicht, bzw. warum die Bezeichnung in einem bestimmten Fall vielleicht nicht als uneingeschränkt passend empfunden wird oder nicht. Darüber könnte man sich dann ja austauschen. Aber wie gesagt: mir ist nicht bewusst, wo wir über jemanden als Genderisten geschrieben hätten, einfach so, ohne Bezug zu seinen Äußerungen oder seinem Verhalten – schon deshalb, weil mir dann rätselhaft wäre, wie wir es geschafft haben sollten, einen ganzen Text zu schreiben, in dem die Person und gleichzeitig Genderismus relevant wären.
Um im Sternchen-Bild zu bleiben: ich finde, wir haben mindestens sechs Sterne dafür verdient, dass wir einen so schwammigen und gleichzeitig so viel bemühten Begriff wie Genderismus für uns und unsere Verwendung des Begriffs definiert haben, so dass unsere Verwendung des Begriffs jederzeit nachvollzieh- und prüfbar ist. M.W. sind wir damit im deutschsprachigen Raum eine echte Rarität.
Ihr Zitat: “… auf unserem blog Leute nur kategorisiert … wir aber nicht argumentieren, warum”.
Das habe ich ausdrücklich nicht behauptet. Was ich behauptet habe, ist, dass über die m.E. schöne Praxis der fundierten Kritik hinausgehend eine Kategorisierung in Genderisten o.ä. ‘nicht zweckdienlich’ ist, zu indirekten Zuweisungen führt und mir nicht gefällt.
Ihr Zitat: “… wem das nicht gefällt, der kann mit unserer Definition nicht einverstanden sein und ggf. eine andere vorschlagen …”. Ich bin generell gegen solche Kategorisierungen; jede Andere wäre auch (anders) schlecht.
Ihr Zitat: “…oder ggf. erklären, warum er nicht in diese Kateogirie, wie sie von uns definiert wird, hineinfällt”.
Noch einmal: ich fühle mich nicht als Genderist, noch stehe ich den Sichtweisen der Genderisten (mein Gott, jetzt sage ich es auch schon!) nahe. Ich bin nur gegen solche Kategorisierungen.
Ihr Zitat: “Gerade weil wir eine diesbezügliche Definition aufgestellt haben, ist für jeden jederzeit prüfbar, ob unsere Bezeichnung nach unseren eigenen Kriterien (die ja unsere Verwendung der Bezichnugn anleitet) sachlich zutreffend ist …”.
Eine solche Definition vermisse ich allerdings. Ich habe sie bisher auf sciencefiles.org nicht finden können; aber das kann aber schlicht an meiner Unfähigkeit oder Flüchtigkeit bei der Suche liegen.
Darauf bin ich gespannt.
Fangen wir unten an:
Unsere Definition von Genderismus, die man ganz einfach findet, wenn man “Definition Genderismus” eingibt.
Und zum Rest kann ich nur sagen, dass es mich herzlich amüsiert hat, zu lesen, dass jemand Kategorisierungen nicht mag.
Wo leben Sie eigentlich? In einer Wohnung (Kategorisierung einer bestimmten Wohnfläche).
Wo kaufen Sie ein? Im Supermarkt? (Kategorisierung für eine bestimmte Art von Warenangebot).
Was essen Sie, Nahrung am Ende oder Klassen von Nahrung, Gemüse oder Karotten?
Das Leben ist voller Kategorisierungen. Die einzige Möglichkeit, sie zu vermeiden, ist Selbstmord (wieder so eine Kategorisierung für unterschiedliche Formen, sich selbst zu beseitigen) und nicht einmal im Tod bleiben Sie unkategorisiert, denn auf dem Friedhof liegen Sie mit all den anderen Toten in einem Grab, als Kategorisierung für dieses Loch im Boden, in das ein Sarg oder eine Urne passt.
Also viel Spaß weiterhin, mit dem Vermeiden von Kategorisierungen.
Die Definition habe ich gefunden. Ich war so naiv, sie unter ‘Genderismus’ zu suchen.
Offenbar hat jemand das gleiche Problem bereits vor mir gehabt. Ich werde die mir Definition mal genauer anschauen, wenn ich die nötige Zeit finde.
Ihr Loblied auf die Kategorisierung les’ ich wohl, allein mir fehlt ein wenig der Glaube.
Un-mathematisch gesehen, handelt es sich bei Kategorien um die Aufteilung einer Grundgesamtheit in Teilmengen – aufgrund gewisser Kriterien. Wenn das gut gemacht ist, gewinnt man ein bisschen mehr Übersicht (wenn der Schlosser seine Schrauben nach Gewindedurchmesser ordnet); ist es ungeschickter gemacht (die Schrauben nach ihrem Typ alphabetisch in kyrillisch) schafft man nicht Ordnung, sondern eher ein Durcheinander.
So gesehen habe ich nichts gegen Kategorisierungen; sie können praktisch oder auch verwirrend sein. Was ich allerdings nicht mag, sind Kategorisierungen von Meinungen oder gar Menschen als Mittel des Diskurses.
Aber das habe ich anderer Stelle bereits beschrieben.
hr Zitat: “Was ich behauptet habe, ist, dass über die m.E. schöne Praxis der fundierten Kritik hinausgehend eine Kategorisierung in Genderisten o.ä. ‘nicht zweckdienlich’ ist, zu indirekten Zuweisungen führt und mir nicht gefällt.”
Kategorisierungen gibt es, weil sie praktisch sind: sie dienen dem Zweck, Informationen zusammenzufassen, die sonst im Detail beschrieben werden müssen. Kategorisierungen dienen daher der Kommunikation und Verständigung unter den Menschen. Und sie sind unvermeidlich. Es ist daher unvernünftig, Kategorisierungen als solche ablehnen zu wollen und vor allem überhaupt nicht praktikabel.
Ich wiederhole noch einmal:
Wann inwiefern und warum eine Kategorisierung für einen bestimmten Zweck nicht sachdienlich ist, kann jederzeit diskutiert werden, aber – entschuldigen Sie bitte -, dass eine Kategorie oder generell Kategorisierungen einem nicht gefallen, ist kein starkes Argument gegen Kategoerien oder Kategorisierungen und angesichts der Realität, in der wir leben, ein bisschen albern. Wissenschaft basiert auf Kategorien, deren Nützlichkeit für bestimmte Zwecke systematisch geprüft wird (oder werden sollte; es ist auf unserem blog ja oft genug Thema, dass Leute Kategorisierungen unhinterfragt vornehmen oder im Munde führen). Definitionen sind u.a. gerade deshalb notwendig, um den Missbrauch von Kategorisierungen als solche identifizieren zu können.
Ihr Zitat: “Ich bin generell gegen solche Kategorisierungen; jede Andere wäre auch (anders) schlecht”.
s.o. Es sei nur noch angefügt: Wenn Kategorisierungen prinzipiell schlecht sind, sind dann Missverständnisse, Willkür oder gar Wahnsinn gut?
Ihr Zitat; “Noch einmal: ich fühle mich nicht als Genderist, noch stehe ich den Sichtweisen der Genderisten (mein Gott, jetzt sage ich es auch schon!) nahe. Ich bin nur gegen solche Kategorisierungen.”
Kein Problem, niemand hier auf dem blog hat Sie einen Genderisten genannt oder Sie so kategorisiert. ich denke, der erste Weg, sich gegen Kategorisierungen zu verwahren (weil man sie prinzipiell nicht mag oder weil man denkt, dass sie in diesem Fall unangemessen ist) ist, sich nicht kategorisieren zu lassen, und das wiederum beginnt damit, andere Leute nicht zu verdächtigen, sie würden einen in eine bestimmte Kategorie einordnen.
Ihr Zitat: “Eine solche Definition vermisse ich allerdings. Ich habe sie bisher auf sciencefiles.org nicht finden können; aber das kann aber schlicht an meiner Unfähigkeit oder Flüchtigkeit bei der Suche liegen.”
Ja, ich fürchte, Letzteres ist der Fall. Die Definition ist leicht zu finden. Die Antwort von Michael Klein auf Ihren Kommentar enthält den link zur Definition.
Ihr Zitat: “Darauf bin ich gespannt.”
Warum? Definitionen geben die Mittel an die Hand, Kategorisierungen vorzunehmen, indem sie die Grundlage für die Entscheidung bieten, ob etwas in die Klasse des so Bezeichneten fallen soll oder nicht. Da Sie so etwas prinzipiell nicht mögen, werden Sie auch diese Definition nicht mögen, und sich damit auseinanderzusetzen, wäre für Sie Zeitverschwendung.
Zitat “Ich bin durchaus z.B. gegen ‘ausgleichende Ungerechtigkeit’ gegen Jungen, da man das zweifellos von Mädchen erlittene Unrecht nicht auf diese Weise ausgleichen oder gar ungeschehen machen kann.”
Ich bezweifle das Mädchen (als Gesamtheit) ein Unrecht erlitten hätten. Insbesondere bezweifle ich, dass Mädchen als Gesamtheit ein Unrecht hätten erleiden können, welches durch Handeln oder bloße Existenz von Jungen als Gesamheit hat entstehen können. Ein derartiger Gedankengang erscheint mir so absurd, dass ich nie auf die Idee käme, man müsse da etwas ausgleichen. Falls Sie etwas über ein solch gewaltiges Unrecht wissen, wäre das doch sicher ein Post wert.
Zitat “kann man sich dann sparen, ihre Dummheiten explizit zu widerlegen”
IMO läuft bei Sciencefiles umgekehrt. Erst wird Dummheit erkannt und anschließend wird die betreffende Person in eine passende Kategorie eigeordnet. Nur Ideologen sind im Besitz göttlicher Wahrheit und können direkt mit dem kategorisieren anfangen.
@Frau Diefenbach und Herr Klein: Ich lese diesen Blog explizit wegen Ihrer Gedankengänge, nicht um ein Fazit vorgekaut zu bekommen.
Zitat:
“Ich bezweifle das Mädchen (als Gesamtheit) ein Unrecht erlitten hätten. Insbesondere bezweifle ich, dass Mädchen als Gesamtheit ein Unrecht hätten erleiden können, welches durch Handeln oder bloße Existenz von Jungen als Gesamheit hat entstehen können. Ein derartiger Gedankengang erscheint mir so absurd, dass ich nie auf die Idee käme, man müsse da etwas ausgleichen. Falls Sie etwas über ein solch gewaltiges Unrecht wissen, wäre das doch sicher ein Post wert.”
Ich habe in Heidelberg studiert, dort war & ist man stolz darauf, dass Frauen seit Anfang 1900 erstmalig in Deutschland vollen Zugang zum Studium an der dortigen Universität bekommen haben. Ich glaube, man darf hieraus schliessen, dass es zuvor eine ‘Beschränkung nur aufgrund ihres weiblichen Geschlechts’ gab. Das würde ich als Unrecht bezeichnen.
Ist dies ein ‘absurder Gedankengang’?
Dass dies durch “Handeln oder bloße Existenz von Jungen” entstanden ist, habe ich nicht behauptet und auch nicht vorausgesetzt.
1900? 🙂 Sie reden also über Mädchen die über 134 Jahre alt sein müssen und in den letzten 114 Jahren keine Zeit hatten ihr Studium nachzuholen? Und deshalb sei heute eine Diskriminierung von Jungen in ihrer Gesamtheit denkbar?
Ich erlaube mir ein ironischen Gegenarguments: In Nordeuropa wurden mehr Männer als Frauen Opfer der mittelalterlichen Hexenverfolgung. Das ist eine Benachteiligung, die ausgeglichen werden sollte.
Etwas sachlicher argumentiert: Es gab einen gesamtgesellschaftlichen Konsens (zwischen Männern UND Frauen), dass eine höhere Töchterschule genug Bildung sei. Die Benachteiligung entsteht erst aus heutiger Sicht und auch nur dadurch, dass damals lebenden Frauen unterstellt wird, dass sie mehrheitlich studieren wollten, aber nicht durften. Dabei wird sowohl die wirtschaftliche Situation als auch die gesellschaftliche Situation der damaligen Zeit komplett ignoriert.
Unabhängig davon ist aber die eigentliche Frage: Wo haben MÄDCHEN in ihrer Gesamheit HEUTE Benachteiligung zu erfahren?
Ihr Zitat: “IMO läuft bei Sciencefiles umgekehrt”
Ich sage ja gerade nicht, dass man sich sparen soll “ihre Dummheiten explizit zu widerlegen”; sondern dass dies ein Grund sein könnte, der für eine Kategorisierung sprechen würde.
Ihr Zitat: “Erst wird Dummheit erkannt und anschließend wird die betreffende Person in eine passende Kategorie eigeordnet”.
Die Erkennung (und Benennung) der Dummheit finde ich ja gerade gut (mein Zitat: “groben Unfug nicht unwidersprochen zu lassen, finde ich gut und wichtig”); die anschliessende Einordnung in Kategorien hingegen nicht.
Eine Ergänzung zum Artikel wäre noch zu machen:
Schon die Bezeichnung bzw. oberflächliche Begründung des Urteils als/durch “Recht auf Vergessen” ist absurd und irreführend:
(1) Derjenige, der eine Information aus dem Google-Index gelöscht haben möchte, hat dasjenige, was er gelöscht haben möchte, offensichtlich nicht vergessen, obwohl ihm dies ganz und gar frei stünde. Er braucht das Urteil also nicht.
(2) Vergessen haben können es nur diejenigen, die von dem, was der Antragsteller gelöscht haben möchte, bereits wissen. Wenn sie es aber vergessen haben, dann ist es nicht notwendig, dass die betreffende Information aus dem Google-Index gelöscht wird. Insofern kann sich das Urteil nur auf ein Recht auf Vergessen werden oder Vergessen lassen beziehen, was in der Praxis nicht zu erreichen ist (außer durch Zwangs-Gehirnoperation).
(3) Wenn diejenigen, die die Information, die gelöscht werden soll, bereits kennen (und nur diese könnten sie ja vergessen), sie nicht vergessen haben, dann wird es vermutlich nichts helfen, dass die Information aus dem Google-Index gelöscht wird; diese Personen werden die Information ja wohl kaum nicht deshalb nicht vergessen, weil sie sie sich regelmäßig durch entsprechendes Googlen in Erinnerung rufen (diese Praxis würde schon voraussetzen, dass sie sich noch an die Information erinnern). Sie können durch das Urteil nicht gezwungen werden, das, was sie schon wissen, zu vergessen.
Ergo:
Es kann bei dem Urteil logischerweise nicht um ein Recht auf Vergessen gehen, sondern nur um ein RECHT AUF VORENTHALTUNG VON INFORMATIONEN.
Die Löschung einer Information aus dem Google-Index kann sich ja nur (wie das Durchspielen der Punkte (1) bis (3) erkennbar macht) auf diejenigen auswirken, die die Information bislang nicht hatten; durch die Löschung wird dafür gesorgt, dass sie sie durch Googlen auch nicht finden. Dann macht es aber keinen Sinn, von “vergessen” zu sprechen, weil man nichts vergessen kann, was man nie wusste.
Daher ist die Rede vom “Recht auf Vergesssen” mit Bezug auf das Urteil irreführend. Sie wurde, so denke ich, bewusst gewählt, um irrezuführen und zu verdecken, dass es sich hier um die Etablierung eines Rechts auf Informationsvorenthaltung handelt.
q.e.d..
Etwas mehr Humor könnte hier helfen:
Last Week Tonight with John Oliver (HBO): Right To Be Forgotten
https://www.youtube.com/watch?v=r-ERajkMXw0
Der Treppenwitz ist: google.com wird – nach Aussage von google – dort nichts aus dem Index nehmen. Das Ganze betrifft nur die europäischen Instanzen.
O.T. Laut gelacht habe ich über das hier:
Last Week Tonight with John Oliver (HBO): Net Neutrality
https://www.youtube.com/watch?v=r-ERajkMXw0
(via https://netzpolitik.org/2014/damit-nutflix-nicht-hinter-netflix-zurueckbleibt-john-oliver-hbo-ueber-netzneutralitaet/)