HomeÖkonomieDas deutsche Wesen des WZB: Freiheitsfeindlich und antikapitalistisch
Juli 14, 2015
Das deutsche Wesen des WZB: Freiheitsfeindlich und antikapitalistisch
Prolog
Jede Nacht hat Wolfgang den selben Traum.
Er wird zu Klaus Westerwald.
Im Prunkharnisch zieht er durch Ruby Valley in Nevada – auf der Suche nach Heldentaten. Und dann, dann sieht er sie:
Entgrenzte Märkte!
Visier geschlossen, den Anti-entgrenzte-Märkte-Laser im Anschlag, seine Schlachtenrosinante unter sich, stürzt er sich in den Kampf, in den Kampf mit den entgrenzten Märkten.
Und siegreich kehrt er daraus zurück (es ist ein Traum!).
Fortan nennt er sich: Klaus Westerwald, Begrenzer der Märkte.
Das kommt an. Er wird zum Regenten im Land der begrenzten Märkte.
Und Regenten, sie tun etwas für die Armen.
“Arme”, so fragt Klaus Westerwald, aka Wolfgang, “Arme, wollt’ ihr ein iPhone?”
“Ja”, rufen die nach einem iPhone ausgehungerten Armen, “Ja, Klaus, Begrenzer der Märkte, gib’ uns ein iPhone”.
Klaus, der Begrenzer der Märkte, er lässt sich nicht lange bitten.
“Markt”, so spricht er zu einem der einst entgrenzten Märkte, “Markt, gib’ mir 250.000 iPhones, auf dass ich sie unter den Armen verteilen kann – zum Selbstkostenpreis.”
Der Markt tut wie ihm geheißen, und Klaus, der Begrenzer der Märkte, er träumt immer noch, wenn er nicht gestorben ist.
Aufgewacht
Wolfgang Merkel ist Direktor der Abteilung “Demokratie und Demokratisierung” am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und hat als solcher der Neuen Gesellschaft / Frankfurter Hefte ein Interview gegeben. Es ist ein schönes, ein stimmungsvolles Interview, ein Stilleben von Interview: nette Stichworte in gemütlicher Atmosphäre werden in wohlwollend gönnerhafter Manier von Wolfgang Merkel beantwortet. Merkel tut kund, was richtig ist, und wer auch immer das Interview für die Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte geführt hat, er lauscht andächtig, gibt hier und da das richtige Stichwort und fällt ansonsten nicht weiter auf, stört ansonsten die Performance-Art des Merkelschen Interviews nicht.
Wolfgang Merkel tut kund, spricht von “entgrenzten Märkten”, von der Demokratie als “Spielball wirtschaftlicher Macht”, von den dunklen Kräften des Kapitalismus, die die USA und Großbritannien, jenes Großbritannien mit seinem “rabiaten Mehrheitsprinzip” fest in der Hand haben und von dort aus, ihr Deregulierungswerk über den Globus verbreiten. Fahrlässig entgrenzt hätten die Demokratien den Kapitalismus, und der Kapitalismus, er habe die Demokratie entmachtet.
Wo einst die blühende Welt des Keynesianismus geherrscht habe, mit seiner “staatlich verordneten Nachfragestützung”, da habe sich das montaristische Geschwür, das von den USA und Großbritannien aus, die Demokratien unterwandert, eingeschlichen. Armen habe der Monetarismus einen Anteil am Wohlstand versprochen (wer nun denkt, der Lebensstandard eines Armen im ausgehenden 19. Jahrhundert sei mit dem eines relativ Armgerechneten im 21. Jahrhundert nicht zu vergleichen, der irrt: Arm ist arm, für Wolfgang Merkel!), andere habe er damit gelockt, sie von der “Zumutung hoher Steuerlasten” zu befreien.
Das alles, so weiß Wolfgang Merkel zu verkünden, das alles sei ein Fehler gewesen. Der entgrenzte Markt, ihm sei die “schleichende Exklusion der unteren Schichten” gefolgt. Dass die unteren Schichten, lieber das von Detlef Nolte so bezeichnete Unterschichtenfernsehen als das Parlamentsfernsehen einschalten, es ist Ergebnis des entgrenzten Marktes. Und damit hat Merkel Recht: Gäbe es keine Alternative zum Parlamentsfernsehen, die Einschaltquoten wären höher, auch in den unteren Schichten. Das zeigt: Der entgrenzte Markt ist schuld!
Woran?
An allem.
Er reduziert den “Gestaltungsraum” von Nationalstaaten, doziert Merkel. Der “neoliberale Treibsatz des Wettbewerbsrechts” sei kein “Bollwerk gegen die Entpolitisierung der Märkte”, so fügt er kenntnisreich an. “Das untere Dritte der Bevölkerung steigt aus der politischen Beteiligung aus”, so fährt er fort. Warum steigt es aus? Wegen dem entgrenzten Markt und weil im unteren Drittel der Bevölkerung nur Idioten leben, denn:
“Der Unterschied zu den 50er und 60er Jahren besteht darin, dass den bildungsfernen Schichten mit der Erosion der großen kollektiven Organisationen wie Gewerkschaften oder Volksparteien heute wichtige Vertrauenspartner und Welterklärer verloren gegangen sind. In einer solchen Situation bestimmt das eigene Wissen weitgehend darüber, ob und wie man sich in der Politik engagiert. Damit werden aus bildungsfernen auch politikferne Schichten.”
Der fiese Kapitalismus, er hat über sein Uboot den Monetarismus Freiheit für das untere Drittel der Bevölkerung gebracht und dessen Lebensbedingungen verbessert. Und was macht dieses untere Drittel der Bevölkerung? Es wendet sich von den Gewerkschaften und den Parteien ab, die ihm bislang die Welt erklärt haben. Diese bildungsfernen Idioten aus dem unteren Drittel der Bevölkerung, sie glauben tatsächlich, sie könnten die Welt ohne die Hilfe von Gewerkschaftsfunktionären, ohne die Hilfe von Politikern und ohne die Hilfe von Wolfgang Merkel, der natürlich weiß, wie der monetaristische Hase läuft, verstehen.
Entsprechend müsse man das untere Drittel der Bevölkerung wieder einfangen und “Verteilungsfragen endlich wieder angehen”. Mit Speck fängt man bekanntlich Mäuse, und wenn Gewerkschaften und Politiker dem unteren Drittel der Gesellschaft Reichtum für alle versprechen, dann kann man dieses untere Drittel vielleicht kaufen und die Wahlbeteiligung wieder erhöhen, so die Konsequenz der mit viel Abstand zur Realität vorgetragenen Aussagen von Wolfgang Merkel.
Und natürlich muss man die Märkte regulieren, eingrenzen, natürlich muss eine Kaste der Erleuchteten vorgeben, was Märkte zu tun haben, was richtig und was falsch ist, denn die “Verteilungsmechanismen kapitalistischer Gesellschaften … lassen sich nur mit staatlichen Regulierungsinstrumenten korrigieren”. Art und Weise der Regulierung, Höhe und Umfang der Besteuerung, das bestimmen die selbstbestimmten formal bildungsnahen Polit-Eliten, denn, so Wolfgang Merkel: direkter Demokratie ist nicht zu trauen, sie ist elitär und diskriminiert das untere Drittel der Bevölkerung. Politiker, so muss man ergänzen, die tun das nicht. Politiker diskriminieren alle, von denen sie keinen direkten Nutzen haben.
Wolfgang Merkel offenbart sich in seinem Interview als Freiheitsphobiker und Modernisierungsverlierer. Die neue Welt mit ihrer Internetfreiheit, die die alten Regeln von oben und unten in Frage stellt, die dazu führt, dass sich diejenigen, die man in der Mittelschicht gerne als bildungsfern verunglimpft, von dem politischen Angebot eben dieser Mittelschicht abwenden, weil es ihnen vermutlich schlicht zu dumm ist, sie ist Wolfgang Merkel verhasst.
Seine Welt, die Welt, in der er sich sicher fühlt, sie braucht die politische Kaste aus der Mittelschicht, die sich für Elite hält, die den Dummen aus dem unteren Drittel der Gesellschaft vorgibt, was gut richtig und selbstbereichernd für die Vorgebenden ist. Seine Welt sieht Reglementierung und Regulierung, Entfreiheitlichung und Verstaatlichung vor, denn nur auf diesem Weg kann er abwehren, was seine Welt so massiv gefährdet, die Individualität und die Freiheit, die Kapitalismus möglich macht, jene beiden Erzfeinde sozialistischer Ideologie, in der eine kleine, sich zur Avantgarde erklärende Gruppe herrscht, die sich für so erleuchtet hält, dass sie nicht nur weiß, was richtig ist, sondern gleich anderen vorgibt, was sie zu tun, zu lassen und vor allem: zu entbehren haben.
Sie herrschen durch Kontrolle, durch Vorgabe, durch Welterklärung, wie Wolfgang Merkel das nennt (gemeint ist Indoktrination, versteht sich). Denn nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass das untere Drittel der Bevölkerung auch unten bleibt und denen, die sich zur Avantgarde erklärt haben, nicht in die Quere kommt. Dieses ganze Gebäude kommt zum Einsturz, wenn sich das untere Drittel der Bevölkerung einfach von der Welterklärung durch die politische Klasse abwendet, wenn es Funktionäre für Witzfiguren hält und sein eigener Herr ist. Lassen wir es nicht so weit kommen, meint Wolfgang Merkel und empfiehlt das Regulieren, Reglementieren, das Kontrollieren, das Beseitigen der Freiheit.
Er nennt das Demokratie, und man fragt sich unwillkürlich, wer hier träumt und wer hier wach ist.
Solange Wissenschaft derart pervertiert wird, wie von Wolfgang Merkel, so lange Demokratie von angeblichen Erforschern der Demokratie und Demoktratisierung als Methode der Indoktrination durch Welterklärer, als Methode der Beherrschung der als bildungsfern Diffamierten verstanden wird und diese Erforscher gleich den Päpsten des Mittelalters durch die Welt ziehen, um ihre frohe Botschaft zu verkünden, so lange muss man sich nicht wundern, dass Wissenschaft in Deutschland keinen Fuss auf den Boden bringt und man muss sich nicht wundern, dass die angeblich Bildungsfernen sich von Funktionären in Politik und Wissenschaft abwenden, die ihnen das Heil verkünden wollen. Denn: die Bildungsfernen, das haben die beim WZB und sonstwo instutionalisierten Bildungsnahen noch nicht bemerkt, die Bildungsfernen sie sind zu klug, als dass sie sich von antiquierten religiösen Lehren beeindrucken ließen.
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Es sollte doch inzwischen wirklich auch dem letzten sich avantgardistisch fühlenden Traumtänzer hinreichend deutlich geworden sein, dass so etwas auf massiven Widerstand stößt und allein dazu taugt, Keile durch eine Gesellschaft zu treiben, bis in ihr Kooperation unmöglich geworden ist – es sei denn, man wolle sie mit Waffen erzwingen, und vielleicht würde Herr Merkel das für seinen guten Zweck ja wollen, aber wie die Erfahrung zeigt, würde das ohne jede Not unsägliches Leid produzieren und ohnehin nicht lange funktionieren.
Herr Merkel mag sich als Prophet und Verkünder seines eigenen “Guten” ansehen, aber
– mein Gott, der Mann will doch auch Politikwissenschaftler sein! Kann man als Politikwissenschaftler ernsthaft Totalitarismus oder Faschismus predigen?
Und falls ja: dann erkläre ich heute und hiermit, dass ich als Sozialwissenschaftler weiß, was die menschliche Natur ist, und dieselbe erlaubt keinen Aufbau eines Gemeinswesens auf den Menschen aufoktroyierten “Weltdeutungen”. Und wer das doch denkt, dem verkünde ich mein Wissen und erwarte, dass er sich gefälligst meiner Weltdeutung unterwirft! Schließlich weiß ich, welches die dunklen Kräfte sind, die alles in die Welt gebracht haben, was ich nicht mag!
Und dann bin ich gespannt, was Herr Merkel dieser Argumentation, die auf seiner eigenen “Logik” aufbaut, entgegenzusetzen hätte.
Denkt dran: wenn eure Freundin euch verlässt, ist der entgrenzte Markt schuld! Die Nachfrage nach eurer Person ist gefallen, ohne dass der Staat eingegriffen hat, oder aber jemand hat ohne Absprache mit den Behörden ein besseres Angebot gemacht!
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Es sollte doch inzwischen wirklich auch dem letzten sich avantgardistisch fühlenden Traumtänzer hinreichend deutlich geworden sein, dass so etwas auf massiven Widerstand stößt und allein dazu taugt, Keile durch eine Gesellschaft zu treiben, bis in ihr Kooperation unmöglich geworden ist – es sei denn, man wolle sie mit Waffen erzwingen, und vielleicht würde Herr Merkel das für seinen guten Zweck ja wollen, aber wie die Erfahrung zeigt, würde das ohne jede Not unsägliches Leid produzieren und ohnehin nicht lange funktionieren.
Herr Merkel mag sich als Prophet und Verkünder seines eigenen “Guten” ansehen, aber
– mein Gott, der Mann will doch auch Politikwissenschaftler sein! Kann man als Politikwissenschaftler ernsthaft Totalitarismus oder Faschismus predigen?
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Und dann bin ich gespannt, was Herr Merkel dieser Argumentation, die auf seiner eigenen “Logik” aufbaut, entgegenzusetzen hätte.
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