Sozis als Gotteskrieger: Grenze zu religiösem Fundamentalismus bei SPD überschritten (in Frankfurt)

Gestern haben wir darüber berichtet, dass die Frankfurter SPD und ihr Stadtverordneter Thomas Bäppler Wolf auf Grundlage von Null-Information und – wie eine Pressemeldung der Universität Frankfurt nahelegt – ganz offensichtlich auf Basis von reinen Vermutungen, die in diskreditierender Absicht angestellt wurden, versucht, den wissenschaftlichen Kongress zum Thema „Partnerkonflikte gewaltfrei austragen“, der vom 13. bis zum 15. April in den Räumlichkeiten der Universität Frankfurt stattfinden soll, zu verhindern und Veranstalter und Teilnehmer gleich vorab als homophob zu diffamieren.

In einer Stellungnahme hat sich zwischenzeitlich die Universität Frankfurt von den wilden Spekulationen der SPD, in denen auch die Behauptung, der Veranstalter habe gegenüber der Universität Frankfurt falsche Angaben gemacht, erfunden wurde, distanziert und die folgende Pressemeldung veröffentlicht:

„Seit einigen Tagen wird im Hinblick auf den Kongress „Familienkonflikte gewaltfrei austragen“, der vom 13. bis 15. April 2018 auf dem Campus Westend der Goethe-Universität stattfinden soll, eine kontroverse öffentliche Debatte geführt und scharfe Kritik geübt. Das Präsidium nimmt dies zum Anlass, über den gegenwärtigen Sachstand zu informieren: Die AG Familienkonflikt hat vertreten durch Prof. Dr. Gerhard Amendt Veranstaltungsräume bei der CampuService GmbH angemietet.

Als Vermieterin von Veranstaltungsräumlichkeiten nimmt die CampuService GmbH, eine Tochter der Goethe-Universität, weder Einfluss auf die inhaltlichen Planungen von Veranstaltungen, die auf dem Gelände der Goethe-Universität stattfinden, noch macht sich die CampuService GmbH oder die Goethe-Universität deren Inhalte zu eigen. Vor Vertragsabschluss prüft die CampuService GmbH die Angaben und Veranstaltungsinformationen potentieller Mieter. Abgelehnt werden z.B. Anfragen verfassungsfeindlicher Organisationen sowie von Organisationen und Personen, die extremistisches Gedankengut vertreten. Abgelehnt werden auch Veranstaltungen, bei denen absehbar ist, dass durch sie der Lehr- und Forschungsbetrieb spürbar gestört wird.

Die Prüfung der Veranstaltungsanfrage „Familienkonflikte gewaltfrei austragen“ ergab im Vorfeld keine Hinweise, dass die beantragte Veranstaltung nicht den üblichen Grundsätzen der CampuService GmbH zur Raumvermietung entspricht. Derzeit ergibt sich keine juristische Begründung für eine außerordentliche Kündigung.

Im Sinne der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit versteht sich die Goethe-Universität als Ort, an dem kontroverse Themen und polarisierende Positionen offen geäußert werden können. Dies bedeutet natürlich immer auch, dass Kritik, Widerspruch und Gegenrede notwendig, ja willkommen sind. Die Goethe-Universität bietet Raum für einen offenen Diskurs und steht, wie in ihrem Leitbild formuliert, für die Werte einer offenen, vielfältigen und demokratischen Gesellschaft.”

Vor allem der letzte Absatz macht die Unterschiede deutlich zwischen einer liberalen und aufgeklärten Welt und der fundamentalen und faschistischen Welt, die wohl der (Frankfurter) SPD als Ideal vorschwebt. Dass man bei der Frankfurter SPD nicht davor zurückschreckt, pauschale Verdächtigungen und Diffamierungen auszusprechen, wie wir gestern dargestellt haben, dass diese Verdächtigungen ausschließlich auf Grundlage der eigenen Ideologie also auf Grundlage der Tatsache, dass es Menschen gibt, die anderer Meinung sind, getroffen werden und dass diese Verdächtigungen somit in keinem Verhältnis zur Realität stehen, zeigt, dass zumindest Teile der Frankfurter SPD den Weg in den politischen Fundamentalismus gegangen sind. Die Art und Weise, in der Teile der Frankfurter SPD in der Öffentlichkeit agieren, weist dabei alle Eigenschaften auf, die Douglas Pratt als Eigenschaften eines religiösen Fundamentalismus‘ herausgearbeitet hat:

„religious fundamentalism is a deeply rooted phenomenon that can, and does, give rise to political acts. Religious fundamentalism can imply a narrow, strict, and limited metaphysics and a set of doctrines, which to a greater or lesser degree hardly impinge on the wider life of society; it can also mean a worldview perspective that engenders, if not demands, the advocacy of a socio-political ordering and action to achieve an intended outcome” (Pratt 2010: 441).

Das Merkmal eines politischen oder religiösen Fundamentalismus ist demnach, das seine Ideologie (limited metaphysics oder worldview perspective) verabsolutiert und zur Wahrheit erklärt wird. Wenn eine Ideologie zur Wahrheit erklärt wird, muss keinerlei Test an der Realität mehr durchgeführt werden, denn die Ideologie ist wahr, weicht die Realität ab, müssen finstere Mächte dafür verantwortlich sein, finstere Mächte, die z.B. andere Meinungen als im Rahmen der Ideologie zugelassen, haben. Abweichende Meinungen werden von religiösen und politischen Fundamentalisten generell als böse und falsch bewertet, weil sie der Wahrheit, die in der eigenen Ideologie ausgedrückt sein soll, widersprechen. Menschen anderer Meinung werden zu Häretikern und als solche sind sie zum verbalen Abschuss freigegeben, d.h. es gibt keinerlei Moral und keinerlei Gewissen, das interveniert, wenn den Häretikern willkürlich und ohne Grundlage Eigenschaften wie Homophobie zugeschrieben werden.

Für Pratt besteht die Gefahr, die von einem religiösen oder politischen Fundamentalismus ausgeht, darin, dass ein passiver Fundamentalismus, der die Wahrheit der eigenen Ideologie nur im kleinen Kreis der eigenen Sekte zelebriert, zu einem – wie er es nennt – impositionalen Fundamentalismus wird. Ein impositionaler Fundamentalismus zeichnet sich dadurch aus, dass die Wahrheit der eigenen Ideologie, von den politischen Gotteskriegern nunmehr denen aufgezwungen werden soll, die eine abweichende Meinung haben bzw. dadurch, dass diejenigen, die eine abweichende Meinung haben mundtot gemacht oder physisch getötet werden sollen. Die letzte Unterscheidung beschreibt dann den Rubikon zwischen impositionalem politischen Fundamentalismus und politischem Terrorismus.

Drei Schritte machen für Pratt aus einem passiven Fundamentalismus, der zuhause im stillen Kämmerlein oder wie man heute sagen wird, in der Echokammer gepflegt wird, einen impositionalen politischen Fundamentalismus, der die Hegemonie im öffentlichen Diskurs beansprucht und Menschen abweichender Meinung verfolgt. Wir haben die drei Schritte, die Pratt für den religiösen Fundamentalismus ausgearbeitet hat, für den von uns beschriebenen politischen Fundamentalismus angepasst:

• Absolutheit des eigenen Glaubens: Politische und religiöse Fundamentalisten gehen davon aus, dass ihr Glauben einen Wahrheitsanspruch mit sich bringt. Dadurch ist es möglich, die eigene Lehre in Gänze zu erfassen, was z.B. durch emsiges Studium der Bibel oder des Koran, der Lehren von Karl Marx oder des Parteiprogramms der SPD zu leisten ist.

• Politische Fundamentalisten sind davon abhängig, dass ihre soziale Bezugsgruppe ihre Aussagen und Handlungen positiv bewertet. Ähnlich der Hierarchisierung von Jugendbanden, wie sie Trasher (1936) oder Whyte (1943) beschrieben haben, so herrscht auch in Gruppen politischer Fundamentalisten ein bestimmter Kodex, der es ermöglicht Innergruppen-Status dadurch zu erreichen, dass man Menschen mit abweichender Meinung bekämpft. Während in Jugendbanden die körperliche Auseinandersetzung Grundlage von Statusgewinn ist, wird in den meisten Gruppen politischer Fundamentalisten (noch) die verbale Auseinandersetzung praktiziert, die darin besteht, denjenigen mit abweichender Meinung, verbal zu diskreditieren und in der Öffentlichkeit schlecht zu machen. Menge und Reichweite der Diskreditierungen sind die Grundlage, auf der innergruppen-Status zugewiesen wird.

• Politische Fundamentalisten zeichnen sich durch ein „closed mind“ (Rokeach 1980) aus. Eine Diskussion mit ihnen ist nicht möglich. Sie sind keinen Argumenten zugänglich. Das ist eine zwangsläufige Folge ihrer Überzeugung, sich im Besitz der Wahrheit zu befinden. Ein Akteur, der meint, er wisse schon alles, worüber soll ein solcher Akteur diskutieren?

Urteilen Sie selbst, ob die SPD in Frankfurt (und anderswo), den Weg in den politischen Fundamentalismus gefunden hat, ein Weg übrigens, der dann, wenn man Positionen des Genderismus‘ übernimmt, unabdingbar ist (aber das nur nebenbei).

Auf Genderama finden sich weitere Hintergründe zu den Versuchen der Frankfurter SPD die reale Welt ihrer Ideologie anzupassen und Kritik und andere Meinungen zu unterdrücken. Das Irre an dieser Form des politischen Fundamentalismus ist nun, dass das, was unterdrückt werden soll, sowieso eine Erfindung der SPD ist, deren Stadtverordnete versuchen, durch Unterstellungen einen Strohmann aufzubauen, den man bekämpfen kann. Zur Erinnerung, bei der Tagung geht es um das gewaltfreie Austragen von Famlienkonflikten. Homophobie ist offenkundig etwas, das die SPD Stadtverordneten so beschäftigt, dass sie mit dem Begriff, den sie als Kampfbegriff ansehen, wild um sich werfen. Es ist immer wieder erschreckend, dass sich manche nicht vorstellen können, dass andere nicht wie sie selbst von genau einem Hassobjekt dominiert werden, einem Hassobjekt, das das, was ihnen wie denken vorkommt, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen durchzieht und an dem sie alles, was ihnen begegnet, in Verbindung bringen. Die Erklärung dieses Verhaltens über eine Projektion im Sinne von Freud liegt dabei nahe. Früher fand man solche psychisch Verstörten in spezialisierten Institutionen, heute sind sie scheinbar in der Politik tragbar.

Ebenfalls auf Genderama findet sich eine Stellungnahme der Veranstalter des Kongresses.

Literatur
Pratt, Douglas, 2014: From Religion to Terror: Christian Fundamentalism and Extremism. In: Payne, John David, Bowen, Donna Lee & Sherlock, Richard (eds.): Religion and Terrorism. Plymouth: Lexington Books, 119-152.

Pratt, Douglas, 2010: Religion and Terrorism: Christian Fundamentalism and Extremism. Terrorism and Political Violence 22, 3: 438-456.

Rokeach, Milton, 1980: The Open and the Closed Mind: Investigation into the Nature of Belief Systems and Personality Systems. New York: Basic Books.

Trasher, Frederic M. (1936). The Gang. Chicago: University of Chicago Press.

Whyte, William F. (1943). Street Corner Society. Chicago: University of Chicago Press.


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