Klassenkampf 2.0!? Symbolische Erwerbstätigkeit für die prekäre Mittelschicht
von Dr. habil. Heike Diefenbach
In seiner Einleitung zum von ihm im Jahr 2007 herausgegebenen Buch mit dem Titel „Sozialstruktur und Gesellschaftsanalyse“ beschreibt Gerd Nollmann (u.a.) das Konzept der Klassenstruktur in gegenwärtigen Gesellschaften in engem Anschluss an die entsprechenden Auffassungen des britischen Soziologen John H. Goldthorpe (Goldthorpe 2000). Er schreibt: „Klassen leiten sich demgemäß aus der organisatorischen Spezifizierbarkeit von Arbeitsverträgen und deren Konsequenzen für praktisches berufliches Verhalten ab“ (Nollmann 2007: 14). Würde man es bei dieser Beschreibung belassen, würde der Klassenbegriff Verschiedenheit, aber nicht notwendigerweise sozialstrukturell vertikale Ungleichheit bezeichnen. Aber Nollmann schreibt weiter:
„Der ‚einfache‘ Arbeitsvertrag ist angemessen, wenn eine relativ hohe Kontrollierbarkeit eine einfache Austauschbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf der Grundlage erbrachter Stückzahlen oder der verbrachten Zeit am Arbeitsplatz etabliert. Dieser ‚spot contract‘ ist umgekehrt [?!] nicht für Mitarbeiter realisierbar, die der Organisation ihr Expertenwissen zur Verfügung stellen und stellvertretend Entscheidungen treffen. Auch sind deren Arbeitsleistungen nicht so einfach messbar wie die eines Arbeiters [sic!].Goldthorpe spricht in diesem Zusammenhang von einem ‚Dienstverhältnis‘. Im Gegensatz zum einfachen Austausch von Arbeitsleistung und Gegenleistung sieht es neben der monetären Vergütung in Form eines Gehalts – anstatt eines … [auf] der erbrachten Leistung beruhenden Arbeitslohns – für den Beschäftigten Karrieremöglichkeiten vor. Ferner wird diesen Arbeitnehmern auch ein längerfristig angelegtes Dienstverhältnis angeboten, weil die Organisation auf spezifische Qualifikationen angewiesen ist und oft Investitionen in betriebsspezifisches Expertenwissen getätigt hat, die nicht an andere, etwaige Konkurrenten verloren werden dürfen“ (Nollmann 2007: 14).
Nollmann bzw. Goldthorpe halten fest, dass es in der Realität „Mischformen“ (Nollmann 2007: 15) gebe, „[aber] „[g]rundsätzlich führt […] die Form des Beschäftigungsverhältnisses zu einer Differenzierung von Arbeitsverträgen, die Goldthorpe als Grundlage des Klassenschemas betrachtet“ (Nollmann 2007: 15).
Die oben zitierte Beschreibung sollte hinreichend deutlich gemacht haben, dass die „Differenzierung“ von Arbeitsverträgen auf einer Vorstellung von unterschiedlicher Wertigkeit von Erwerbstätigkeiten beruht, wobei das „Dienstverhältnis“ von Angestellten als von höherer Wertigkeit betrachtet wird als der „Arbeitsvertrag“ von Arbeitern. Erstere sind angeblich Inhaber von „Expertenwissen“, denen „Karrieremöglichkeiten“ angeboten werden und die „stellvertretend Entscheidungen“ treffen. Letztere haben/tun dies alles nicht, sie werden für konkrete Arbeiten bezahlt, die angeblich keines „Expertenwissens“ bedürfen, und – deshalb? – ist ihre Arbeitsleistung leicht zu kontrollieren. Es scheint, dass Letztere diejenigen sind, die von Ersteren gerne als „die Menschen“ bezeichnet werden, wenn Erstere meinen, sich aufgrund des angeblich vorhandenen „Expertenwissens“ über Letztere äußern zu können – oder zu müssen.
Und hier liegt für meine eigene Gesellschaftsanalyse der springende Punkt: M.E. beruht die formale Hierarchie in der gegenwärtigen Sozialstruktur westeuropäischer Gesellschaften – und ob man in diesem Zusammenhang von Klasse oder Schicht sprechen will, ist mir in diesem Zusammenhang egal – nicht oder jedenfalls nicht hauptsächlich auf den von Nollmann/Goldthorpe benannten Faktoren, sondern genau auf der schlichten Praxis des Sich-über-„die Menschen“-Äußerns, auf der selbst- oder fremdzugeschriebenen Fähigkeit oder Möglichkeit, „die Menschen“ angeblich charakterisieren und beurteilen zu können, ganz so, als sei das „Expertentum“ eine Form akademischen Tratschens.
Dies ist der Prozess, durch den sich Personen in der sozialen Hierarchie über anderen Personen verorten. „Die Menschen“ werden von „Experten“ beschrieben, beurteilt, bemaßnahmt etc., während sich die „Experten“ dem Urteil „der Menschen“ systematisch zu entziehen versuchen, gewöhnlich durch Formeln, die „die Menschen“ gar nicht erst als selbstständig Handelnde auftreten lässt, sondern als „Opfer“ böser Mächte oder Personen, die nicht „Experten“ sind, sondern eine Art falsche Propheten, denen „die Menschen“ in ihrer mentalen Einfachheit auf den Leim gehen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die neueste „Mitte-Studie“ aus dem Hause der Stiftung, die sich Friedrich Eberts Namen bemächtigt hat.
Diese Praxis stellt nicht nur den Versuch dar, sich in der sozialen Hierarchie über der Arbeiterschicht und in der Mittelschicht zu verorten, sondern sie dient auch der psychischen Hygiene: sie ist eine Art symbolische Verkehrung der Realität, wie sofort klar wird, wenn man sich probeweise vorstellt, LKW-Fahrer für Speditionen oder Busfahrer würden allesamt beschließen, für nicht absehbare Zeit in Streik zu treten, oder wenn man sich eingesteht, dass man sehr froh ist, wenn der Installateur sich bereit findet, angesichts des heimischen Wasserrohrbruchs doch noch am selben Abend oder überhaupt in den nächsten Tagen zu kommen. Im Vergleich dazu wird man die Abwesenheit einer großen Anzahl von „Experten“ kaum bemerken, und in vielen Fällen wäre ihre Abwesenheit, würde man sie bemerken, für die Mehrheit der Bevölkerung ein erfreulicher Umstand: man stelle sich nur vor, die Angestellten der Heinrich-Böll-Stiftung oder des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (aber nicht für erwachsene Männer!) würden streiken oder würden alle entlassen und die entsprechenden Einrichtungen umstandslos geschlossen – wer außer den dort Angestellten und den mit ihnen finanziell Vernetzten würde es bemerken? Und von denjenigen, die es bemerken, wie viele würden es bedauern?
Die Verortung in der Mittelschicht erfolgt m.E. also vorrangig – und vor dem Hintergrund eines Mangels an materiellen und immateriellen Ressourcen – dadurch, dass man sich über Andere, gewöhnlich als „die Menschen“ Bezeichnete, charakterisierend und bewertend äußern zu können glaubt und dass man die reale eigene Abhängigkeit von „den Menschen“ möglichst vollständig ausblendet und sie statt dessen als ein „Problem“ behandelt, mit dem irgendwie umzugehen ist, z.B. als Rassisten, Homophobe, Rechtsextreme o.ä.. Dass dies so ist und Faktoren wie formale Bildungsabschlüsse oder berufliche Qualifikationen bei der Verortung in der sozialen Hierarchie bei Weitem nicht mehr die Wichtigkeit haben können, die sie in früheren Zeiten (vielleicht) hatten, hat mit der Inflationierung formaler Bildungstitel zu tun, begleitet von der Tatsache, dass mit den Titeln bzw. formalen Qualifikationen in vielen Bereichen eine sinkende inhaltliche Qualifikation einhergeht. Die Person der Frau Doktor, die Gender Studies studiert hat und keinerlei Kenntnisse oder Fähigkeiten von den Methoden der empirischen Sozialforschung oder von soziologischen Theorien, geschweige denn nennenswerte über Sozialwissenschaften hinausgehende Fähigkeiten, hat, illustriert diesen Punkt vielleicht am besten: Sie hat – wie die anderen 40 Prozent ihres Jahrganges – ein Abitur erreicht, vermutlich unter weitgehender Abwahl unliebsamer Fächer wie Physik und Mathematik, und hat danach ein Studium aufgenommen, das die Beschränkung auf sehr spezifische Inhalte und die Ablehnung des Erwerbs von Wissen um andere Inhalte geradezu zum Programm erhoben hat. Ihr akademischer Titel ist in keiner Weise mit anderen akademischen Titeln (anderer Personen in anderen Fächern an anderen Universitäten in anderen Bundesländern) vergleichbar und qualifiziert sie im Wesentlichen dazu, Forderungen nach weitergehenden Qualifikationen als „hegemonial“, „weiß“, was auch immer, abzuweisen. Man kann also sagen, dass sie einen akademischen Titel dafür erhält, dass sie Leistungsstandards abweist und keine Qualifikationen hat, jedenfalls keine, die außerhalb des sehr, sehr engen und inhaltlich definierten Raumes, den „Gender Studies“ bevölkern, nachgefragt werden.
Mit der Inflationierung von Bildungstiteln und dem Gender Mainstreaming samt des Strebens nach Gleichverteilung von Männern und Frauen in Schreibtisch-Jobs ist das Problem entstanden, dass eine immer größere Anzahl von mehr oder weniger un- oder sehr eingeschränkt qualifizierten Personen mit dem Anspruch auf Mittelschichtszugehörigkeit und damit einen Schreibtisch-Job und möglichst „Experten“-Status produziert wird. Für sie gibt es keinen Arbeitsmarkt, denn sie werden mangels tatsächlicher und relevanter Qualifikationen und überprüfbarer Leistungen nicht gebraucht. Der Gang zum Arbeitsamt bzw. der „Agentur für Arbeit“ bzw. dem „Jobcenter“ kommt aber auch nicht in Frage, weil er mit dem Status des Experten, des Akademikers, des Mittelschichtlers und insbesondere mit dem der angeblich selbstständigen, formal gut gebildeten „power“-Frau, schwierig zu vereinbaren ist, bedeutet er doch, dass derjenige, der sich selbst als jemand verorten will, der „die Menschen“ beschreibt, berät, anleitet, erzieht, beurteilt, seinerseits beschrieben, beraten, angeleitet, ggf. erzogen, beurteilt wird – und dies angesichts schlechter Vermittlungschancen vermutlich für eine ziemlich lange Zeit.
Die Flut von Instituten und An-Instituten, sogenannten Stiftungen, Beratungsstellen, Initiativen, Maßnahmen, Projekten etc., deren Finanzierung den Steuerzahlern aufgebürdet wird, ist m.E. ein direkter Ausdruck, wenn nicht ein direktes Ergebnis der Inflationierung von Bildungstiteln und der daraus folgenden Aufblähung der Mittelschicht bzw. derer, die den Anspruch erheben, ihr zuzugehören, sowie des Gender Mainstreamings, das mehr Personen auf Schreibtisch-Jobs hieven möchte, einfach, weil sie weiblich sind, und auch dann, wenn keine Nachfrage nach ihrer Tätigkeit besteht. De facto handelt es sich bei den entsprechenden, häufig befristeten, Jobs vorrangig um eine Form symbolischer Erwerbstätigkeit, die Mittelschichtszugehörigkeit suggerieren und auf Rente und Krankengeld anrechenbare Zeiten sowie bezahlten Mutterschaftsurlaub und Elternzeiten produzieren soll, damit die symbolisch Erwerbstätigen dieselben Vorteile haben wie tatsächlich Erwerbstätige – ohne einen angebbaren und überprüfbaren Nutzen erbringen zu müssen. Die „Karrieren“ symbolisch Erwerbstätiger beschränken sich auf ein Umher-Gereicht-Werden in immer demselben Netzwerk. Wer Glück hat, schafft es vom Projektmitarbeiter in einem befristeten Projekt über eine Sprecher-Tätigkeit für irgendeine Stiftung, irgendein Institut für irgendetwas zum Leiter derselben, wobei weder als Sprecher noch als Leiter Unabhängigkeit von politischem Willen besteht, der mehr oder weniger alle (relevanten) Entscheidungen vorwegnimmt. Wer Pech hat oder einfach dumm ist, läßt sich als Projektmitarbeiter in einem befristeten Projekt dazu verleiten, „die Menschen“ zu beschimpfen und zu beleidigen und findet sich vor Gericht wieder, vielleicht vorbestraft, so dass es schwierig wird, dieses klägliche Menschenopfer auch nur im eigenen Netzwerk symbolisch zu beschäftigen, sind solche Beschäftigungen doch gewöhnlich dem sogenannten Öffentlichen Dienst angelagert.
Die Zwangsfinanzierung symbolisch Erwerbstätiger durch den Steuerzahler ist de facto eine Finanzierung einer Variante des Arbeitslosengeldes, eine Art Hartz IV für Mittelschichtler und solche, die es gerne sein (oder bleiben) möchten. Es ist daher m.E. keine Überraschung, dass der Unmut unter „den Menschen“ gegenüber der zunehmenden Zahl von Akademisierten und „Experten“, deren Unterhalt sie finanzieren und von denen sie dann auch noch als bloße zu bemaßnahmende Verwaltungsmasse betrachtet und behandelt werden, immer größer wird. Wenn keine Wege gefunden werden, die künstlich geschaffene Mittelschicht entweder abzubauen oder nützlichen Beschäftigungen auf dem ersten Arbeitsmarkt zuzuführen, wird sie demnächst nicht mehr finanzierbar sein, bzw. „die Menschen“ werden sie nicht weiter finanzieren können oder wollen, je nachdem, ob zuerst die Höhe der Steuerlast „die Menschen“ in den Ruin treibt oder der Ärger „der Menschen“ über die „Experten“ dazu führt, dass die finanzielle Aushaltung der symbolisch Erwerbstätigen politisch unmöglich wird. Ein „Klassenkampf 2.0“ zwischen sozusagen real Erwerbstätigen und bloß symbolisch Erwerbstätigen, die tatsächlich vollständig vom Steuerzahler finanziert werden, ist dann vielleicht unausweichlich.
Literatur:
Goldthorpe, John H., 2000: On Sociology: Numbers, Narratives, and the Integration of Research and Theory. Oxford: Oxford University Press.
Nollmann, Gerd (Hrsg.): Sozialstruktur und Gesellschaftsanalyse: Sozialwissenschaftliche Forschung zwischen Daten, Methoden und Begriffen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
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Als Kommentar ein Zitat aus meinem Buch “Der menschliche Kosmos”, dessen 2. Kapitel sich mit der “Erfindung des Angestellten” befasst:
“Für den Angestellten zählt nur eines: seine STELLUNG im GESTELL SICHERZUSTELLEN. Dann kann er im Brustton der Überzeugung seiner kochenden und Kinder erziehenden Frau erklären: „Was leistest du denn schon. Ich sorge schließlich für die Existenz”. Handelt es sich wirklich um einen emanzipatorischen Akt, wenn an-gestellte Frauen dieses Rollenverhalten übernehmen? Zweifelsfrei muss „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten, aber lässt sich der Verzicht aufs sperrige, stolze Leben im je weiblichen oder männlichen Körper mit seinen wundersamen Eigenheiten, lässt sich die Preisgabe qualitativer Unterschiede zwischen Mann und Frau zugunsten gestellkonformer Karrieren auf quantitative Geschäftsregeln herunterrechnen? Wie sähe eine Gesellschaft aus, die es sich zum verbindlichen Ziel machte, alle Spannungen und Konflikte zwischen Geschlechtern und sexuellen Orientierungen einzuebnen?
Für mich war es eine ziemlich irritierende Erfahrung, als eine Kollegin wegen ‘nicht gendergerechter Texte’ angegriffen wurde – und zwar anonym, aus sicherer korporativ bewaffneter Deckung. Die ‘Gleichstellungsbeauftragte’ informierte den Vorgesetzten über angebliche Verstöße gegen gendergerechte Schreibweisen, auf die sie von einer nicht genannten Mitarbeiterin hingewiesen worden sei. Diese Mitarbeiterin hätte einfach zum Telefon greifen und mit der Kollegin reden können. Sie zog eine Denunziation vor – so zumindest wertete ich mit meiner Stasi-Erfahrung den Vorgang. Für mich war er ein Hinweis auf Verhaltensweisen – in diesem Fall die Denunziation –, die strukturell bedingt, in allen Organisationen mit starren Regeln vermutlich nicht zu vermeiden sind.”
“zweifelsfrei gleicher Lohn für gleiche Arbeit”. Nun, ich bezweifele das, denn ich meine, daß der Preis für eine Leistung vom Kunden bestimmt wird – einvernehmlich mit dem Anbieter. Schon der Term “gleiche Arbeit” ist fast immer Wolkenfang, weil es kein reales ökonomischen, sondern maximal ideologisch bis politisches “gleich” gibt.
Gleiche Arbeit verstehe ich nicht nur quantitativ, sondern qualitativ. Da ist Kundenzufriedenheit ein Indikator.
Schon mal versucht einen** Kollegen** auf einen Fehler hinzuweisen, die Zeiten haben sich geändert, da ernten Sie in vielen Branchen nur Unflat, früher oder später. Denunziation, kann sein, meist aber nur den eigenen Seelenfrieden und vielleicht das Unternehmen im Blick…bei den Genderspinnern stimme ich allerdings zu
“Handelt es sich wirklich um einen emanzipatorischen Akt, wenn an-gestellte Frauen dieses Rollenverhalten übernehmen?
Das ist eine sehr gute (aber m.E. rhetorische) Frage!
Hier wird deutlich, dass es darum geht, nach dem Motto “teile und herrsche” eben naja: zu “herrschen”
Solange man Frauen und Männer gegeneinander ausspielen kann, kann man beide Geschlechter auf ein Minimum von Eigenverwantwortlichkeit und Entscheidungsmacht reduzieren, ohne sich selbst just deswegen Kritik ausgesetzt zu sehen. Männer werden in Jobs “nach unten” korrigiert, angeblich um der “Gleichheit” mit Frauen willen, und Frauen werden irgendwelche irrelevanten Laber-Jobs zugänglich gemacht, und die freuen sich dann so sehr über die neugewonnene Präsenz im öffentlichen Leben, dass sie ohne zu murren bereit sind, auch den dümmsten und perfidesten Anweisungen zu folgen und nicht zu merken, dass sie in der Tat etwas besseres als Handlangerdienste erbringen könnten.
Und das Rezept wird überall bemüht, nach meiner Beobachtung zunehmend mit Bezug auf Generationen bzw. “Junge” gegen “Alte”. Solange das funktioniert und so viele Leute so missgünstig und neidisch sind, dass sie sich gegeneinander ausspielen lassen, so lange haben sie nichts besseres verdient als das, was sie haben.
Wenn das nicht mehr funktioniert und sich viele Leute “im gleichen Boot” sitzend wiederfinden, dann ist die übliche Reaktion – wie könnte es anders sein – die Beschimpfung, standardmäßig als “Rechte”, zunehmend häufig als Opfer von “Populisten”.
Nur – das wird nichts daran ändern, dass die Leute, wenn sie sich erst einmal betrogen fühlen, auch weiterhin betrogen fühlen werden – sie werden sich darüber hinaus auch noch beschimpft vorkommen, und das wird sie nicht versöhnlicher stimmen. Aber solche überaus komplexen Überlegungen ist der gemeine Ideologe nicht fähig anzustellen, wie mir scheint.
Der “gemeine Ideologe” bedarf dringend widerständiger Meinungen. Die Erfahrung sagt – darin gebe ich Ihnen Recht – dass das eine undankbare Aufgabe ist, weil funktionierende Herdenimpulse wie Neid, Missgunst, Rachsucht, Machtgier, Habsucht… sich von jeder Art Gestell (also hierarchischen Organisationen in Politik und Wirtschaft), gekoppelt an die Aussicht auf Teilhabe an der Macht, für kollektiven Konformismus in Dienst nehmen lassen. Der Unterschied zu den Ideologen: Wir geben nicht vor, irgendwen zu retten. Wir stehen – frei – für uns selbst. Dass der Einzelne jede Art Katastrophe allein als Verlierer erlebt, ist eine Chance. Dass er, wenn ihm geholfen wird, die Helfer als keineswegs uneigennützig erkennt, taugt als Distinktionsmerkmal vor der Wiederholung des Ewiggleichen. Das können wir vermitteln. Die Garantie auf Erfolge mögen andere reklamieren. Sie macht – so sehe ich es – unfrei.
Und man lernt, kommt man unter die Räder dieses Systems, viele dieser Widerling*Innen kennen.
Ja, ich halte diese Institute, Stiftungen und Co schon länger für einen „Abschiebeplatz“ vor allem für Frauen mit Bachelor und anderen akademischen Abschlüssen. So untergebracht vergrößern sie nicht die Konkurrenz in „normalen“ Betrieben. Denn Deutschland leistet sich seit Jahrzehnten die Produktion eines Überschusses an mehr oder weniger „qualifizierten Personen mit Anspruch auf Mittelschichtszugehörigkeit und damit einen Schreibtischjob und möglichst Expertenstatus“ beiderlei (!) Geschlechts. Gleichzeitig wachsen aber die Stellen für Experten und Führungskräfte in den Betrieben nicht mehr bzw. nicht im gleichen Maß. Schon für Männer mit akademischen Abschluß ist die Karriere schon lange kein Selbstläufer mehr. Da trifft es sich gut, wenn ein Teil der weiblichen Konkurrenz auf diese symbolischen Tätigkeiten entschwindet. Die Entscheidungsfreiheit von Expertenjobs in Betrieben ist aber auch nicht wirklich besser als bei symbolischen Jobs. Der Experte wie auch die Führungskraft auf der mittleren Ebene darf höchstens darüber entscheiden, wie sie die Anforderungen von oben umsetzt. Der Expertenstatus mag zwar innerhalb und v.a. außerhalb des Betriebes einen gewissen Glanz haben. Er ist aber ganz schnell am Ende, sobald von höherer Stelle andere/abweichende Vorgaben gemacht werden. Dann bleibt auch dem Experten nur, diese zu unterstützen. Wir hätten dieses Problem nicht in diesem Umfang, wenn nicht jahrzehntelang Eltern und Schülern am Gymnasium erzählt worden wäre, daß nur ein Studium den Zugang zu gut bezahlten Jobs, einem Anspruch auf Karriere und gesellschaftliches Ansehen quasi „garantieren“ kann. Die normale Berufsausbildung wurde als minderwertig und als der sichere Weg ins gesellschaftliche Aus dargestellt. Ich habe das selber erlebt.
… ja, ich stimme ihnen vollkommen darin zu, dass die “Experten” so viel Wert auf solche Wortmagie, einschließlich Titel und Berufsbezeichnungen, legen, zum Teil sicherlich aus überliefertem Dünkel, aber zum vermutlich noch größeren Teil, weil ihnen nichts anderes übrig geblieben ist vom Traum, irgendwie wichtig, einflussreich etc. zu sein.
Ich persönlich kenne das am besten von der Uni, wo Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter zu Hochschullehrern degradiert wurden, die Veranstaltungen durchführen dürfen, die modularisiert sind, so dass auf Jahre hinaus den Studenten die ewig selben Inhalte vorgetragen werden müssen, die sich Stunde um Stunde den Hintern plattdrücken, um die eigenen Klausuren zu beaufsichtigen, obwohl ihre Zeit, wenn sie “Experten” für irgendetwas wären, sicherlich zu wertvoll für solche Tätigkeiten sein sollte, wo eigene Forschung nicht nur aus Zeitmangel sehr schwierig gemacht wird (jedenfalls solche, die den Namen verdient, nicht Pseudo-Forschung wie ein “Experten”-Gespräch mit dem Kollegen im angrenzenden Büro), sondern auch, weil die Forschung stromlinienförmig (und deshalb überflüssig oder uninteressant) sein muss, damit sie von diversen Stellen wie der Ethik-Kommission und der Frauenbeauftragten abgenickt werden kann und damit sie eine Chance hat, im Begutachtungsverfahren von Kollegen ebenfalls abgenickt zu werden, Kollegen, die wissen, dass sie selbst besser auch nichts “falsch” machen … Unter solchen Bedingungen klammern sich mental schwache Hochschul-Angestellte an irgendwelche Titel und Bezeichnungen sozusagen als letzte Bastion, damit sie sich selbst, wenn schon nicht den Leuten, einreden können, sie würden etwas wichtiges tun oder einen verantwortungsvollen Job haben. Ich selbst habe viele Jahre meiner Jugend damit verbracht, davon zu träumen, Professor an der Uni zu sein und zu forschen. Und dann, als ich es hättte werden können, war der Job dermaßen heruntergekommen, dass ich die Vorstellung, so mein Leben bis ins (ohnehin steigende) Rentenalter verbringen zu müssen, absolut bedrohlich fand. Ich habe also den Verfall der Uni leider auch selbst und direkt an der Uni erleben müssen.
Und ich stimme ihnen auch darin zu, dass sich die Zeiten in sachen gut bezahlte Jobs erheblich geändert haben. Ein selbstständiger Handwerksmeister und eine Inhaberin mehrerer Gärtnerei-/Blumenbinder-Filialen z.B. stehen bezüglich ihres monatlichen Einkommens, der Sicherheit ihrer Jobs und inzwischen wohl auch in Sachen Ansehen weit besser da als irgendwelche “Experten” im Beurteilen anderer Leute und ihrer Überzeugungen.
Die Zeiten ändern sich eben ….
Das Elend der Hochschulen mit fortschreitender Bürokratisierung und planwirtschaftlichen Anpassungen ist offenbar politisch gewollt, und es geht – in meinen Augen – stur Richtung Sozialismus. Es erfasst inzwischen folgerichtig die Wissenschaft insgesamt. Konformes Verhalten an-Gestell-ter Wissenschaftler hat ganze Forschungszweige ruiniert, ohne dass ein den SED- und Stasimethoden vergleichbarer Druck von Seiten der Politbürokratie nötig gewesen wäre.
Den Physiker beelendet das besonders, weil er erlebt hat, wie sich mutige Kommilitonen gegen die marxistisch-leninistische Indoktrination wehrten. (Ich empfehle den arte-Film “Allein gegen die Stasi – das teuerste Flugblatt der Welt”) Sie riskierten ihre Existenz, sie riskierten Jahre in Bautzen. Gegen den unwissenschaftlichen Irrsinn, der Nuklear- und Gentechnik hierzulande praktisch erledigt hat, gab es kaum Widerstand. Jetzt, da katastrophale Folgen linksgrüner Ideologiesteuerung erkennbar werden, regt er sich, angefeindet und marginalisiert. Immerhin: Es gibt ihn.
“Das Elend der Hochschulen mit fortschreitender Bürokratisierung und planwirtschaftlichen Anpassungen ist offenbar politisch gewollt, und es geht – in meinen Augen – stur Richtung Sozialismus”
– ja, diesen Eindruck habe ich auch.
Das Traurige ist, dass sich so viele Uni-Angestellte gegen diese Entwicklung mit keinem Wort gewehrt haben und es jetzt zum großen Teil noch immer nicht tun. Allerdings ist das auch nicht besonders verwunderlich: Sie sind eine Gruppe, deren Verhandlungsmacht extrem niedrig ist, da sie sich zu einem großen Teil aus Leuten/Fächern zusammensetzt, die sich durch vollständige Abhängigkeit vom “politischen Willen” und entsprechender Finanzierung auszeichnen. Es gibt für sie in der Regel keine Alternativen, keine anderen Karrierewege, oder korrekt: keine Alternativen, die nicht mit Unsicherheiten verbunden sind und einigen Mut, Geduld und Engagement erfordern.
Das ist bedauerlich, aber letztlich vielleicht nicht so ein großes Problem wie man zunächst zu vermuten geneigt ist:
es dürfte zunehmend mehr Leuten klar werden, dass öffentliche Einrichtungen samt Hochschulen als solche vor den Karren einer politischen Ideologie gespannt werden und die Erzeugnisse derselben deshalb nicht besonders ernstzunehmen sind, d.h. man sollte gar nicht (mehr) erwarten, dass deren Erzeugnisse viel (in manchen Fällen: etwas) mit Wissenschaft zu tun haben.
Wissenschaft als notwendigerweise liberales Unterfangen, als ein Wissen-Wollen, wie es sich um Dinge tatsächlich verhält, wird es weiterhin geben, nur eben außerhalb öffentlicher Einrichtungen. NIemand hat gesagt, dass Wissenschaft an öffentlichen Einrichtungen erfolgen muss oder nur dort erfolgen kann. Tatsächlich sind die wissenschaftliche Errungenschaften und technologische Durchbrüche von Einzelpersonen, teilweise in Kooperation mit vielleicht in Interessengruppen zusammengeschlossenen Leuten, erfolgt. Man denke nur an die Geschichte der Optik und der Photographie oder an “weichere” Disziplinen wie die Philosophie (Aristoteles, Socrates, Konfuzius …. sie alle haben keine öffentliche Uni besucht ….).
… und wenn nun einer kommt und sagt, daß dieser Niedergang gewollt wurde, diese abrasive Lawine für Kultur, Wissenschaft und Nationalität gezielt vorgedacht und nun durchexerziert wird – wars wieder ein Verschwörungstheoretiker.
Helm ab zum Gebet!
… ja. aber eine Verschwörungstheorie ist eben auch eine Theorie – und eine, die man testen kann!
Wenn jemand die Beitelung als “Verschwörungstheoretiker” als Kampffloskel einsetzen will, kommt er deshalb damit bestenfalls in seiner eigenen echo chamber an.
Erinnert mich an “Mit Feuer und Schwert”, dort die abgehoben verselbständigte Ausbeutung durch die Aristokratie (neuzeitlich: Bürokratie).
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Ich neige zu ähnlichen Folgerungen wie denen des letzten Absatzes. Die gedanklichen Strukturen erscheinen mir aber im Hinblick auf die “moderne” Situation zwar zutreffend, aber in ihren Feinheiten verändert:
ehemals empfinde ich die “Schichtung” mehr oder weniger geschlechterunspezifisch, besser vielleicht “homogen” in ihren Abgrenzungen. Das wurde m.M.n. infiltriert durch geschlechtertypische Verhaltensweisen, die einen (Leistungs-)Wettbewerb stören (~akademisches Tratschen [toller Ausdruck 🙂 ]). Dort, wo tatsächliche Leistung zu erbringen ist weiß man in einer homogenen Umgebung wie man sich einsetzt und kann sich darauf konzentrieren – in einer “Mischumgebung” muß man einen Großteil der Energie darauf verwenden nicht der Tratscherei zu erliegen – und das ist schwieriger als sich anhört.
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Das zu verdeutlichende Problem: “früher” gab es klare Positionen – die gibt es heute nur noch randständig, da die Konfrontation (im weitesten Sinn) nicht mehr einer Ebene zugeordnet werden kann sondern quer durch alle Bereiche menschlicher Empfänglichkeiten führt (da ist Strache noch harmlos, eine Unternehmensberaterin gab mir mal unumwunden zu was man als Frau so einsetzt – sie raten richtig).
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Jedem das Seine, die Frage ist nur: wie die “richtigen ins Kröpfchen”, also diesen Mischmasch, der über unklare Beziehungen verknüpft ist, ins Reine bringen? Zumal die Masse sich durchsetzt – nicht der “Vernünftige”. Das riecht, s.o., nach “Feuer und Schwert”.
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Womit noch anzuführen wäre daß wir in der Tat das Problem haben eine zunehmend größere Zahl von Menschen beschäftigen zu müssen ohne daß dies einen unmittelbaren produktiven Wert für die Gesellschaft hätte. Das wäre auch finanzierbar durch die Fortentwicklung der (industriellen) Produktion – würde aber ausschließen müssen daß diese Gruppe darüber bestimmt wie sie finanziert wird oder in der gesellschaftlichen Organisation mitredet (Rückkopplung).
… ” Zumal die Masse sich durchsetzt – nicht der “Vernünftige”.”
Ich denke (noch) nicht, dass “die Masse” eine tumbe, emotional geleitete, naja, eben: Masse ist, sondern dass die Mehrheit der Bevölkerung durchaus vernünftig ist oder vernünftig sein kann, sobald ihr die Relevanz gewisser Mißstände für das eigene Leben erkennbar ist.
Zur Vernunft gehört ja auch, dass man sich angesichts einer psychologischen Grenze der Belastbarkeit nicht zusätzlich mit Dingen belastet, die keine Relevanz für einen selbst haben. Insofern vermute ich, dass es sich hier um ein klassisches tipping point-Modell handelt, und die Leute sozusagen immer mehr Vernunft an den Tag legen werden, je stärker die Eingriffe eines “establishments” mit totalitären Neigungen werden.
Ich glaube, dass wir jedenfalls festhalten können, dass vernünftige Leute derzeit sehr viel häufiger unter der Gesamtbevölkerung zu finden sind als unter Polit-Darstellern oder im öffentlichen “Dienst” symbolisch Beschäftigten. Nicht umsonst müssten immer mehr Leute als “Rechte”, “Rechtsextreme”, “Populisten” etc. tituliert werden. Die Kritik zieht eben immer weitere Kreise, oder anders gesagt: die Vernunft setzt sich immer weiter durch oder zumindest der Wille zur Vernunft. Er wird populär, und für Ideologen ist es natürlich bedrohlich, wenn sich Vernunft durchzusetzen beginnt, und Vernunft muss dann statt als populär anerkannt als populistisch diffamiert werden.
Ich halte Lebon für einen klugen Geist (die Massen lieben den Verführer) und was vernünftige Menschen angeht “Die Zwölf Geschworenen” für einen guten Film.
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Ich denke (noch) nicht, dass “die Masse” eine tumbe, emotional geleitete, naja, eben: Masse ist, sondern dass die Mehrheit der Bevölkerung durchaus vernünftig ist oder vernünftig sein kann, sobald ihr die Relevanz gewisser Mißstände für das eigene Leben erkennbar ist.
Der einzeln Angesprochene sicherlich, ob die Bündelung solcher Vernunft allerdings ein vernünftiges Resultat ergibt möchte ich bezweifeln (wieder Lebon. Entscheidet einer kann es vernünftig sein, bei einem Dutzend kommt dasselbe heraus, egal ob Maurer oder Professor). Dazu schwer, weil in seiner Entsetzlichkeit kaum verdaubar bisher die Hälfte des Buches “Durchbruch bei Stalingrad”, ein deja vu solchen Verhaltens analog des derzeitigen, mit der Unfähigkeit den Strukturen auch angesichts der eigenen Vernichtung mit Vernunft zu begegnen. Da bin ich Ihrer Meinung: die Masse wird (wenn der Punkt erreicht ist) kippen, aber eben nicht wegen der Vernunft und auch nicht ins Vernünftige. Vermutlich von einem Extrem ins andere (franz. Revolution?).
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Daß vernünftige Leute häufiger anzutreffen wären kann ich nicht bestätigen, eher das Gegenteil. Solche die vernünftig scheinen schon eher, kratzt man da am Lack verflüchtigt sich der Eindruck fast immer schnell. Zumal Vernunft noch lange kein werthaltiges Handeln bedeutet (z.B. schnell den Nachbarn beklauen wenn man nicht ertappt werden kann).
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Ob Vernunft vernünftig ist ist dann auch die Preisfrage: daß z.B. die Lemminge ins Wasser hupfen ist für den einzelnen unvernünftig, für die Population aber überlebenswichtig: Überpopulation-> Zerstörung der Lebensgrundlagen (irgendwie krieg ich auch hier so ein unbestimmtes deja vu).
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Ich bezweifle daß Vernunft für Ideologen bedrohlich wäre, für die ist Vernunft wahrscheinlich nur eine andere Ideologie. Die wiederum basiert schlicht und ergreifend auf der Durchsetzungsfähigkeit, also den Strukturen, die die Ideologie erzwingen können. Mal ganz simpel: der ungestörten Befehlskette und Gefolgschaft mit der Pistole auf der Brust.
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Und diese Strukturen sind bisher noch nie entsorgt worden, sie sind Bestandteil der Gesellschaft, “denn man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht”. Und damit das so bleibt braucht man Feindbilder in den richtigen Zielkoordinaten.
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Wissenschaft ist das was Wissen schafft (wie schön die deutsche Sprache doch ist), und so kann man Beethovens Sinfonien wissenschaftlich erfassen – ohne ihrem Wesen auch nur einem Tönchen näher zu kommen. Ich bezweifle, daß die Masse auf Vernunft reagiert, jedenfalls nicht vernünftig.
Ich halte es nicht für besonders klug, wenn man von “den Massen” spricht, die angeblich “den Verführer” lieben – , schon deshalb, weil regelmäßig diejenigen, die davon sprechen, meinen, nicht zur “Masse” zu gehören, sondern “die Masse” als unvernünftig beurteilen zu können, was die Frage aufwirft, ob man diejenigen, die sich selbst nicht zur “Masse” zählen, nach ihrer eigenen “Logik” zu den “Verführern” zählen muss – oder nach der Logik zu Leuten mit Dünkeln:
Haben Sie schon einmal jemanden getroffen, der sich über die “Masse” äußert und anfügt: “ja, sicher, ich gehöre auch zur Masse”?! Na eben! Warum wohl nicht?
Wer ist denn die “Masse”? Für den Statistiker und Sozialforscher ist die “Masse” ein Aggregat von Individuen mit allen möglichen verschiedenen Merkmalen, aber eben nicht notwendigerweise eine “tumbe Masse”. Die Vorstellung von einer tumben Masse, der eine durch irgendetwas Transzendentes qualifizierte “Elite” oder “Avantgarde” gegenübersteht, die sich anmaßt, die “Masse” beurteilen und führen zu können, ist eine ideologische Vorstellung. Sie kommt aus einer Zeit von vor mindestens hundert Jahren, und ich vermute, dass sie schon damals eine Vorstellung war, durch die sich bestimmte Leute von anderen Leuten absetzen wollten.
Aber egal, selbst dann, wenn es früher die “tumbe Masse” gegeben hätte, die keinen Zugang zu Bildung hatte und aus irgendwelchen Gründen gleichzeitig denkunfähig gewesen ist, dann müsste man doch festhalten, dass die Vorstellung von der “tumben Masse” in Wissens-/Informationsgesellschaften mit der entsprechenden Technologie völlig unpassend ist.
Gustave Le Bon hat übrigens nicht über die “Masse” als eine “tumbe Masse” geschrieben , also als eine Masse verstanden als Mehrheit einer beliebigen Bevölkerung, die nun mal einfältig, ungebildet etc. ist.
Vielmehr hat er über Prozesse sozialer Interaktion geschrieben, durch die Individuen dazu gebracht werden können, sich anders zu verhalten als sie dies tun würden, wenn sie nicht in einer bestimmten sozialen Situation wären, wenn sie sich also sozusagen privat als Individuen zu entscheiden oder verhalten hätten, zu einem Verhalten, das sie häufig genug selbst im Nachhinein nicht so toll finden, das sie häufig selbst als ihnen eigentlich fremd einschätzen. DARIN liegt der Wert des Buches von Le Bon; dass er einer der frühen Beobachter des durchaus auch negativen Einflusses der Gesellschaft anderer Leute auf den individuellen Menschen gewesen ist. In seinem Buch geht es also um die Effekte von INTERAKTION zwischen Menschen, nicht um die Klage, dass die meisten Menschen einfach dumm oder einfältig, die “tumbe Masse” eben, seien.
Aus meiner Sicht jedenfalls hat dies mit Dünkel nichts zu tun, wenn man die Masse eben als solche einer großen Menge Menschen nimmt (steht ja auch so oben). Nur reagiert eine Gesamtheit eben anders als ein Einzelner dieser Gesamtheit. Ich lese da auch keine Klage heraus sondern den Versuch, die Dinge richtig einzuschätzen. Man könnte wohl sagen daß die “private” Interaktion in/durch die Masse überlagert wird zu der für sie typischen, in der im Extrem die “private” untergeht. Hier kommen Instinkte hinzu, die mit den von Ihnen beschriebenen Verführer und tumber Masse als primärer Effekt wenig zu tun haben.
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Ich habe “Masse” als Teil dieser erlebt und bin froh, ohne Verletzungen wieder herausgekommen zu sein. Welches Individuum mit welcher Zuordnung einem da vehement auf den Füßen steht (und anschließend niedertrampelt) ist ziemlich irrelevant für den Vorgang mit Effekt. Ich sehe darin Verhaltensmuster womit sich der Kreis zum Artikel (für mich) wieder schließt.
Entschuldigen Sie, aber das macht für mich keinen Sinn:
Wenn Sie mir darin zustimmen, dass die “Masse” eine große Menge von Menschen umfasst, über deren Merkmale nichts ausgesagt werden kann, dann freue ich mich, und dann hat dies mit Dünkel tatsächlich nichts zu tun. Vielmehr ist das die rein deskriptive, man könnte sagen: statistische Definition einer “Masse”.
Aber wie passt das zu Ihrer Aussage, dass Sie froh sind, aus der Masse “ohne Verletzungen wieder herausgekommen zu sein”? Wenn Sie eine große Menge von Menschen, sagen wir: 1.000 Leute oder 40 Millionen, irgendeine große Anzahl eben, haben, und Sie sind einer davon, also Teil der “Masse”, was meinen Sie denn dann damit, dass Sie “da wieder herausgekommen” seien?
Z.B. wird Deutschland von einer “Masse” von 80 Millionen Menschen bewohnt, und Sie sind anscheinend einer davon. “Da heraus” kommen Sie nur durch Wegzug aus Deutschland.
Aber mir scheint, dass das nicht das ist, was Sie sagen wollten!?
Anyway –
ja, das “Massenverhalten” kann das individuelle Verhalten situativ überlagern, aber eben nur situativ und durchaus nicht bei allen Menschen. “Massenverhalten” ist ja gerade ein erklärungsbedürftiges Phänomen,weil es von (statistisch) normalen Verhalten der einzelnen Menschen im Aggregat betrachtet abweicht bzw. “alle” sich situativ anders verhalten können als “jeder”. “Massenverhalten” ist also ein situativ gebundenes und vergleichsweise seltenes Phänomen (- glücklicherweise würde ich persönlich anfügen wollen). Die Erforschung solchen Verhaltens ist zweifellos sehr interessant und noch lange nicht abgeschlossen.
Rohstoffe sparen, keine PKW für den Export produzieren um dann Hungerlohntextilien zu importieren. Massenproduktion von Konsumgütern zurück in die EU-Kernländer.
Mit hoher Ferigungstiefe hier Möbel, Schuhe, Textilien, Fahrräder, Kochtöpfe, Spielwaren, Konsumelektronik hier im Land fertigen.
Der EU-Binnenmarkt, allein der 6 Saaten Benelux, Deutschhland, Italien und Frankreich ist genügend groß um alle hochwertige Technik selbst zu entwicklen und in wirtschaftlichen Losgrößen zu fertigen.
Nebeneffekt, die Erpressbarkeit und Verletzlichkeit von Handelswegen wird wesentlich geringer. Die Bundeswehr muß dann nicht “out of area” Interessen sichern. Die finanztechnische Erpressbarkeit sinnkt dann auch.
Importe reduzieren auf Erze, Erdöl, Gewürze und Luxuswaren die aus Freude daran, nicht aus Bedarfsgründen ( siehe vor 300 Jahren chinesiches Porzellean und Seide ) importeirt werden. Chinesen und Japaner BRAUCHEN keine Leicas, wollen sie aber trotzdem.
Die Sozialwissenschaften stehen m.E. seit der Jahrtausendwende unter dem realen Druck, dass ihre ‘klassische’ Funktion der Selbstaufklärung von Gesellschaft via Theoriebildung und Empirie letztlich im Zeitalter von “Big Data (Science)” verloren zu gehen droht. Nicht nur, weil es kein wirkliches Interessen der ‘power structures’ an dieser Selbstaufklärung mehr gibt, sondern auch, weil eben Data-Scientists über Menschen im Plural (ihr Wissen, Handeln, Steuerbarkeit etc.) auch ohne Gesellschaftstheorie alles herausfinden können, was wirtschaftlich und politisch verwertbar ist. (Und weil Datascientists eben – im Gegensatz zu vielen Sozialwiss. und Geistis Rechnen können…) Daher macht es fürs universitäre System zum Selbsterhalt der Fakultäten eben auch ‘Sinn’, die geisteswissenschaftlichen Fächer einer ideologischen Funktion zur Legitimation des Bestehenden zu überantworten (v.a. seit und durch Bologna usw.). Die “Employability” der Absolvent(innen) ist ja ohne den von Heike Diefenbach dargestellten Pseudoarbeitsmarkt (aka ideologischer Dienstleistungsbetrieb) bei Stiftungen usw. gar nicht mehr abzusichern…
Ist auch billiger, aus einer aufgebrauchten Partymaus eine Sexologin für Fünfjährige zu machen, als eine Mathelehrerinnen.
Und ich hab recherchiert, weiter als bis vier braucht man nicht zählen zu können, um die maximale Penetration für Xhamster zu erreichen. (Wobei das schon etwas beeindruckend war)