Gesinnungs-Sklaventum: Warum die institutionalisierten Sozialwissenschaften sterben – und warum es gut ist.

Arne Hoffmann, emsiger Streiter in Sachen Männerrechte, betreibt seit Jahren (Jahrzehnten?) eine Informationsquelle, die es sich lohnt, zur Kenntnis zu nehmen. Heute findet sich bei Arne Hoffmann ein Verweis auf einen Beitrag, den Jutta Almendinger, Präsident des Wissenschaftszentrums Berlin, und Harald Wilkoszewsko, dort für „Kommunikation“ zuständig, im Berliner Tagesspiegel veröffentlicht haben. Er steht unter der Überschrift „Zurückhaltung bei Klimaschutz und Gleichstellung wäre fatal“.

Das beeindruckende Zeugnis einer vom Weg abgekommenen institutionalisierten Sozialwissenschaft, deren einziger Zweck noch darin besteht, die politisch-korrekten Themen, die vorgegeben werden, nachzubeten und Politikern als willige Zuarbeiter zu dienen, enthält Absätze wie den folgenden:

„Die Sozialwissenschaften können gar nicht unpolitisch sein – und das gilt für viele andere Disziplinen auch. Alle wichtigen Forschungsfragen unserer Zeit sind hoch politisch, denn sie betreffen zentrale Lebensbereiche der Menschen, die politisch gestaltet werden. Über Demokratie, Integration, Gleichstellung oder soziale Ungleichheit zu forschen, bedeutet automatisch, politisch zu wirken.“

Nun haben sich Wissenschaftler über Jahrhunderte bemüht, den Unterscheid zwischen Entdeckungs-, Begründungs- und Verwertungszusammenhang deutlich zu machen. Erster beschreibt, wie Wissenschaftler zu ihren Themen gelangen. Dabei spielen sicher Vorlieben und Interessen eine Rolle. Das ist kein Problem, denn im Begründungszusammenhang geht es streng wissenschaftlich zu. Hier wird der Gegenstand untersucht, geprüft und am Ende steht dann, hoffentlich, eine Erkenntnis, eine, die den derzeitigen Stand der Erkenntnis widerspiegelt. Der Verwertungszusammenhang ist dann wiederum ein Zusammenhang, der der Wissenschaft fremd ist. Hier finden sich Politiker und sonstige Ideologen, der leider heutzutage versuchen, wissenschaftliche Ergebnisse für sich zu benutzen, um ihre Interessen, die alle gleichgerichtet auf ein Partizipieren am Einkommen des Teils der Bevölkerung ausgerichtet sind, der erwerbstätig ist, zu befriedigen. In einer idealen Welt ist der Verwertungszusammenhang ein Markt, auf dem Ideen, die eine unterschiedliche empirische Bestätigung aufweisen, mit einander konkurrieren und eben an ihrer entsprechenden Bestätigung gemessen werden.





Aber daran sind weder Almendinger noch Wilkoszewsko interessiert. Ihnen steht nicht der Sinn nach Wissenschaft. Ihnen steht der Sinn nach politisierten Wissenschaftlern, nach Handlangern der Politik, nach politischen Mit-Tätern, die vermeintlich wissenschaftliche Legitimation zum politischen Komplott liefern.

Wir haben selten etwas Dümmeres gelesen als die Aussage, dass über „Integration, Gleichstellung oder soziale Ungleichheit zu forschen“, automatisch bedeute, „politisch zu wirken.“ Diese Aussage wirft ein bezeichnendes Licht auf das Zerrbild von Wissenschaft, das Almendinger und Wilkoszewsko ihre Normalität nennen.

Machen wir doch ein paar Beispiele:

Eines der wohl einflussreichsten Werke der politischen Wissenschaft trägt den etwas sperrigen Namen: The Civic Culture: Political Attitudes and Democracy in Five Nations. Es wurde von Gabriel A. Almond und Sidney Verba verfasst und beschreibt den Stand der Demokratisierungsbemühungen in den untersuchten Gesellschaften. Die Civic Culture gilt den Autoren als die Form der politischen Kultur einer Gesellschaft, die einer Demokratie am förderlichsten ist. Deutschland hat diese Form in den Analysen der beiden Autoren noch nicht erreicht.

Ja. Was ist daran im politischen Tagesgeschäft verwertbar?

Nichts.

Oder wie ist es mit Max Webers Grundlegung der Religionssoziologie in seinen Arbeiten zum Zusammenhang von Protestantismus und Kapitalismus, in denen er zeigt, wie sich eine protestantische Ethik positiv auf die Entwicklung des Kapitalismus ausgewirkt hat. Ein Klassiker der Religionssoziologie. Gegenstand des politischen Tagesgeschäfts? Absurde Vorstellung.

Goerge Caspar Homans arbeitet in seinem Buch „Social Behavior: Its Elementary Forms”, die Grundlagen, auf denen menschliche Gesellschaften funktionieren, die Formen menschlicher Interaktion heraus. Das Buch ist ein Klassiker für alle, die sich mit sozialen Interkationen beschäftigen. Für das politische Tagesgeschäft ist es unbrauchbar.

Wir könnten die Liste weiter fortsetzen. Wir kämen immer zu demselben Ergebnis: Das, was Wissenschaftler erarbeiten, ist für das politische Tagesgeschäft nicht brauchbar, und zwar aus einem einfachen Grund: Es besteht aus allgemeinen Ergebnissen, aus Theorien, die, um im Tagesgeschäft angewendet werden zu können, unter konkreten Randbedingungen angewendet werden müssen. Als Konklusion aus einer solchen Anwendung ergibt sich dann aber für einen Wissenschaftler kein feststehendes Wissen, sondern eine Prognose dessen, was sich in der Realität ereignen kann. Um zu sehen, ob seine Prognose zutrifft, muss ein Wissenschaftler also prüfen, was er aus seiner Theorie abgeleitet hat. Wissenschaft ist in dieser Weise ein kontinuierlicher Prozess der Prüfung, Falsifikation und Bestätigung von vorhandener Erkenntnis.

Politik ist das Gegenteil. Politik ist die Verbreitung der Illusion, man verfüge über gesichertes Wissen, auf dessen Grundlage es möglich sei, die Zukunft einer Gesellschaft zu planen oder inhaltliche Regelungen für das Zusammenleben in der Gegenwart zu erlassen. Allein die Tatsache, dass der Gegenstand des Politischen ein inhaltlicher und eben kein formaler ist, zeigt schon, dass beide, dass Politik und Wissenschaft unterschiedliche Welten bewohnen.

Es ist unmöglich, beide Welten zu vereinen, es sei denn, man wolle, wie Max Weber das genannt hat, eine Afterwissenschaft vom Katheder aus betreiben.

Wer, wie Almendinger und Wilkoszewsko dafür wirbt, die Wissenschaft zu politisieren, der schafft Wissenschaft damit de facto ab und verliert auch den Status eines Wissenschaftlers. Er wird zum Politiker, der sich, genau wie andere Politiker, mit den In-Themen, der alltäglichen Langeweile, die uns die Politiker als Realität zumuten wollen, befasst.

Bei Almendinger und Wilkoszewsko wird sehr deutlich, dass sie die Welt der Wissenschaft verlassen haben, um sich in der Welt der Politiker anzudienen. Sie schreiben:

„Eindeutig auch die Befunde zum Klima: 99 Prozent der Klimaforscher, die in Fachzeitschriften veröffentlichen, halten den Klimawandel für menschengemacht. Die Lösung heißt: weniger CO2. Es gibt ein internationales Abkommen dazu. Allein: Die politische Umsetzung bleibt aus, mit massiven Folgen für die gesamte Welt. Es ist weder verwerflich, noch schadet es der wissenschaftlichen Integrität, wenn sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier zusammentun und gemeinsam mit der jungen Generation den Druck auf die Politik erhöhen.“

Quelle

So schreiben nur Politiker, die vom Thema keine Ahnung haben. Die Behauptung, 99 Prozent der „Klimaforscher, die in Fachzeitschriften veröffentlichen, halten den Klimawandel für menschengemacht“, ist einfach nur absurd, und das ist das Beste, das man zu einem derartigen Blödsinn sagen kann. Weder haben Almendinger noch Wilkoszewsko, wie ein Wissenschaftler das tun würde, alle „Klimaforscher, die in Fachzeitschriften veröffentlichen“ zu ihrer Einstellung zum Klimawandel befragt, noch hat dies ein anderer für sie getan. Sie stellen hier eine absurde Behauptung auf, in der Hoffnung, die Leser des Tagesspiegels seien dumm genug, sie einfach zu überlesen. Tatsächlich ist der einzige, der etwas von 99% behauptet und einen Konsens einführen will, der der Wissenschaft vollkommen fremd und für Wissenschaft vollkommen irrelevant ist, James Lawrence Powell, und Powell hat keine Wissenschaftler befragt, er hat vielmehr eine vollkommen unwissenschaftliche Methode benutzt, um sein Ergebnis zu fabrizieren. Dieselbe Methode haben wir benutzt, um zu zeigen, dass 97,5% der Wissenschaftler im Konsens darüber sind, dass Merkel die deutsche Wirtschaft ruiniert.

Offenkundig hat ein solcher Humbug eine anziehende Wirkung auf Almendinger und Wilkoszewsko. Warum? Weil sie keine Wissenschaftler sind. Sie wollen in der Politik mitspielen, und deshalb sind sie nicht, wie ein Wissenschaftler das wäre, an Kritik an und der Prüfung von vermeintlich wissenschaftlichen Ergebnissen interessiert. Sie sind an etwas, das man als wissenschaftlich bezeichnen und für die eigene politische Agenda gebrauchen kann, interessiert. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun, aber sehr viel mit Ideologie.

Es ist daher mehr als verwerflich und es schadet der Integrität von Wissenschaftlern enorm, wenn sie, wie Almendinger und Wilkoszewsko das fordern, auf den Gravy Train staatlich finanzierter Legitimationsforschung aufspringen, die mit Wissenschaft nichts zu tun hat, wenn sie sich zum Büttel und Zuträger politischer Kampagnen machen und dadurch zeigen, dass sie zu den Deppen gehören, die zwar von der Art und Weise, wie Klimamodelle fabriziert werden, keinerlei Ahnung haben, dem Humbug, der mit ihnen produziert wird, aber gedankenlos hinterherlaufen, weil sie entweder zu dumm sind, den Humbug als solchen zu erkennen, oder zu opportunistisch, um ihre Selbstbereicherung nicht auch mit Humbug zu verfolgen.

Das hat abermals nichts mit Wissenschaft zu tun. Es erinnert eher an eine Sekte oder an organisierte Kriminalität, die durch das gemeinsame Ziel, sich am Steuerzahler zu bereichern, zusammengehalten wird.

Quelle

Was Leute wie Almendinger und Wilkoszewsko so ermüdend macht, ist u.a. die Vorhersagbarkeit der Themen, die sie propagieren. Man muss nur ein willkürliches Parteiprogramm einer Mainstreampartei zur Hand nehmen, und weiß, was man bei Almendinger und Wilkoszewsko nachlesen kann:

„Nicht zuletzt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besonders dieser Tage dazu aufgerufen, Kampagnen in eigener Sache zu machen. Denn die Angriffe auf die Freiheit von Forschung und Lehre reißen nicht ab, die Kommentare in den sozialen Medien sind voll davon. Genderforscherinnen etwa sehen sich ob ihres Forschungsthemas persönlichen Drohungen ausgesetzt.“

Alles, was Almendinger und Wilkoszewsko interessiert, das, wofür sie die Integrität der Wissenschaft verscherbeln, sind der Klimawandel-Hoax und der Genderismus, beides Spielarten von Sozialismus, die die Methoden der Wissenschaft, die Kritik, Wettbewerb von Ideen, das Kriterium der Falsifizierung, das Falsifizierbarkeit voraussetzt, nicht anerkennen, nicht anerkennen können, denn setzten Genderisten ihre wilden Behauptungen dem wissenschaftlichen Test aus, es bliebe nichts von ihnen übrig.

Weder gibt es die angebliche Benachteiligung von Frauen in westlichen Gesellschaften, wogegen die Benachteiligung von Männern durch Programme zur Förderung von Frauen sehr einfach gezeigt werden können. Noch gibt es ein Patriarchat, wie Dr. habil. Heike Diefenbach nachdrücklich gezeigt hat, in einer Arbeit, der man zudem einmal mehr entnehmen kann, dass Genderisten Begriffe einfach nur benutzen, ohne auch nur den Hauch einer Idee davon zu haben, was diese Begriffe eigentlich bezeichnen.





Das ist der Kern, der das, was Almendinger und Wilkoszewsko als Wissenschaft verkaufen wollen und richtige Wissenschaft von einander trennt. Wissenschaftler sind an Konzepten interessiert, an deren Bedeutung und präzisen Formulierung. Diener des Politischen, wie sie Almendinger und Wilkoszewsko vorschweben, sind an der ideologischen Verwendung von Konzepten interessiert, Konzepten, auf deren Bedeutung sie pfeifen, Konzepte, die sie gebrauchen, wie sie gerade lustig sind. Die Diener des Politischen, sie wollen auch nicht zweifeln, wie das Wissenschaftler tun. Selbst vor absurden, abstrusen und jedem normalen Menschen sofort als offenkundig falsch auffallenden Behauptungen, wie der eines 99%igen Konsenses von Wissenschaftlern zum Klimawandel schrecken sie nicht zurück, in ihrem fiebrigen Bemühen, andere Menschen zu beeinflussen, und diese andere Menschen müssen sie beeinflussen, weil sie im Gegensatz zu Wissenschaftlern keinen Status aus ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit zu entnehmen im Stande sind. Dazu müssten sie auf Ideen, die sie hatten, Hypothesen, die sie daraus abgeleitet haben, Ergebnisse, die die Prüfung der Hypothesen ergeben hat und Verallgemeinerungen, die sie aus Schlussfolgerungen abgeleitet haben, verweisen können. Sie müssten auf wissenschaftliche Arbeit verweisen können, die der wissenschaftlichen Methode genügt, den Maßstäben der Wissenschaft gerecht wird.

Und genau das können sie nicht, schon weil ihnen in der Regel im Verlauf ihres Lebens noch nie eine eigene Idee gekommen ist. Alles, was sie können, ist anhand politischer Vorgaben genau an dem zu werkeln, an dem alle in ihrem Echozimmer werkeln, und genau so daran zu werkeln, wie alle in ihrem Echozimmer daran werkeln. Und alles, was ihnen in ihrem Echozimmer entgegenhallt ist: Klimawandel und Genderismus. Kann es einen Ort geben, der intellektuell noch armseliger ist, als dieses Echozimmer, einen Ort, in dem noch weniger Phantasie und Kreativität und wissenschaftliche Neugier und Lust am Neuen zu finden ist, wie in diesem Echozimmer?

Nein.

Und weil dem so ist, bleibt den Unkreativen, den Mittelmäßigen und gleichermaßen Ideen- wie Phantasielosen nur das Andienen an politischen Vorgaben, in der Hoffnung, sich mit von Ministerien beauftragten, im Thema festgelegten und im Ergebnis vorherbestimmten Auftragsarbeiten über Wasser halten zu können – nur deshalb wäre “Zurückhaltung bei Klimaschutz und Gleichstellung fatal”, weil dann die Steuergelder für die Andienhorden nicht mehr in dem Maße fließen, wie es notwendig ist, um das Meer der pseudo-wissenschaftlichen Sykophanten auszuhalten.

Das ist keine Wissenschaft, das ist modernes Gesinnungs-Sklaventum.



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