Freihandel: Außerhalb der EU wartet die Prosperität

Neben dem Singapur an der Themse ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Vereinigtes Königreich der größte Horror, den sich die EU-Bürokraten vorstellen können. Ersteres, ein internationaler Finanzplatz, der für Hochsteuerländer auf dem europäischen Kontinent wie eine Steueroase erscheinen muss, würde die Europäer, die schon heute auf einen Zugang zum Finanzplatz “London” angewiesen sind, zudem mit dem Problem konfrontieren, dass viele Unternehmen vom europäischen Kontinent ihren Hauptsitz in das Vereinigte Königreich verlegen, um zum einen Steuern zu sparen und zum anderen ungehinderten Zugang zu Finanzinstrumenten zu haben. Zweiteres, ein erfolgreiches UK post Brexit, ist vielleicht die noch größere Drohung, würde es doch den Unzufriedenen in der EU noch deutlicher zeigen, was ohnehin jeder – der denken kann – weiß, außerhalb der EU wartet die Prosperität.



Warum das so ist, kann man an einem einfachen Gegenstand deutlich machen: dem Acquis Communautaire (AC). Der AC ist das heilige Buch der EU. Er umfasst geschätzt mindestens 80.000 Dokumente von wenigen Seiten bis zu mehreren 100 Seiten Länge. Alle Verträge, Regulationen, alles, was das Herz eines Bürokratie-Fetischisten höher schlagen lässt, es ist im AC gesammelt. Nicht, um dort vergessen zu werden, wie man vielleicht denken könnte, nein, um Neumitglieder, die sich von einer EU-Zugehörigkeit in erster Linie mehr Geld versprechen, Neumitglieder wie Albanien, Serbien, Nordmazedonien oder den Kosovo, die derzeitigen Beitrittskandidaten, um diese Neumitglieder an die Kandare zu nehmen. Denn: Beitrittsverhandlungen bestehen im Wesentlichen daraus, Regelungen in den potentiellen Mitgliedsstaaten, dem Acquis Communautaire anzupassen. Die Regelungen, um die es hier geht, betreffen bei weitem nicht nur die Wirtschaft. Der einstige Zweck, dem die EU ihre Gründung als Europäische Gemeinschaft (EG) verdankt, er steht nach wie vor an erster Stelle, ihm folgen jedoch 34 weitere Kapitel, die das Joch definieren, unter das sich ein potentielles Mitgliedsland begeben muss, um Mitglied in der EU werden zu können. Hier die einzelnen Kapitel:

Natürlich ist ein Dokument, dessen Ziel nicht nur die Gleichschaltung von Mitgliedsstaaten ist, sondern das zudem als Grundlage für Handelsabkommen dient, kein Mittel, um Handel zu ermöglichen. Es ist ein imperalistisches Mittel, um ohne die förmliche Annexion von Kolonien dennoch ein Kolonialreich aufbauen zu können. Die Kapitel 19, 23, 24, 27, 28, 29, 32 enthalten z.B. einen großen Teil dessen, was derzeit in den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich als “level playingfield” bezeichnet wird. Hinter den einzelnen Kapiteln verbirgt sich eine Unzahl von Einzelregelungen, deren Akzeptanz von der EU nicht nur von Mitgliedsländern, sondern auch von Handelspartnern, mit denen ein Freihandelsabkommen abgeschlossen werden soll, erwartet wird, dann jedenfalls, wenn sich die EU in einer Position wähnt, aus der heraus sie diktieren kann.

Dies ist gegenüber dem Vereinigten Königreich nicht der Fall. Und deshalb mehren sich die Zeichen, dass es zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich kein Freihandelsabkommen geben wird. In diesem Fall wird zwischen der EU und dem UK Handel auf Basis der WTO-Regelungen erfolgen. Kein wirklich großes Problem für das Vereinigte Königreich, vor allem wenn man bedenkt, dass die Verhandlungen über Freihandelsabkommen, die ein Handelsvolumen aufweisen, das ein Mehrfaches des Handels mit der EU beträgt, bestens laufen.

Die Verhandlungen mit den USA sind in der dritten Runde. Ein Abschluss der Verhandlungen bis zum Ende des Jahres ist das Ziel beider Seiten.

Mit einer Reihe von Europäischen Staaten, darunter Norwegen, Lichtenstein und die Schweiz, gibt es bereits Handelsabkommen, die zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.



Vor wenigen Tagen hat Boris Johnson öffentlich gemacht, dass Verhandlungen über eine Freihandelszone mit Australien und Neuseeland aufgenommen wurden, Verhandlungen, die alle Beteiligten nach eigenen Angaben schnell zu einem erfolgreichen Ende führen wollen: Ziel ist der 1. Januar 2021 für ein Inkrafttreten der entsprechenden Verträge

I’m proud to call the United Kingdom a friend of New Zealand, and am thrilled that we now have the opportunity to strengthen our alliance by negotiating a new free trade agreement. 🇬🇧🇳🇿

Posted by Boris Johnson on Wednesday, 17 June 2020


There are few countries in the world who share a closer friendship than Australia and the UK.

Now, as an independent…

Posted by Boris Johnson on Wednesday, 17 June 2020


Schließlich hat das Britische Foreign Office nunmehr ein Update zu den Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten des Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) veröffentlicht. 11 Staaten, Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam formen CPTPP, eine Freihandelszone, in der rund 95% der Zölle und Steuern auf Produkte aus den anderen Mitgliedsstaaten beseitigt sind. Das Vereinigte Königreich will Mitglied in CPTPP werden und hat entsprechende Verhandlungen begonnen, eine Initiative, die alle Mitgliedsstaaten von CPTPP begrüßt haben. Britische Exporte in CPTPP-Staaten haben derzeit ein Volumen von 110 Milliarden Pfund pro Jahr und machen somit gut ein Drittel des Handelsvolumens britischer Exporte in die EU aus. Und nicht nur das:

“CPTPP, however, offers something fundamentally different to a network of bilateral FTAs, creating opportunities to deepen our trading links across the Asia-Pacific region, from South East and East Asia to Australasia, and the Americas. It will help put the UK at the heart of a network of FTAs,  increasing our appeal as a gateway to parts of the world with high growth potential and in doing so attract more inward investment.” (Klingt fast, wie Singapur an der Themse, nur in groß)

Wenn man nun noch weiß, dass kleine Unternehmen im Vereinigten Königreich längst damit begonnen haben, ihre Handelsinteressen zu verlagern, aus der EU in andere Teile der Handelswelt, und zwar bereits jetzt in einer Größenordnung von mehr als 10 Milliarden Pfund, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wohin die britische Reise geht, und wer in Europa zurückbleiben wird oder wie Guido Fawkes schreibt:

“Since July 2018, the UK has now “engaged with all 11 member countries at both ministerial and official level to explore UK accession to CPTPP” with all CPTPP members having “welcomed the UK’s interest in accession.” It’s looking more and more likely that the UK will join this true global free trade area – which upon accession will have a combined GDP equal to the EU yet without Brussels’ political control. Remainers must be heartbroken in their disappointment…”


Verhandlungen über Freihandelszonen werden im Übrigen dadurch ungemein erleichtert, dass sich Partner treffen, die einander die selben Rechte einräumen, also nicht wie dies bei der EU der Fall ist, denken, sie selbst seinen die Heilsbringer, deren Heil sich die anderen unterwerfen müssen. Ausdruck einer gegenseitigen Wertschätzung sind so genannte Mutual Recognition Agreements (MRAs), die ein gegenseitiges Anerkennen der jeweiligen Standards umfassen, so dass Waren, die in einem Land als sicher gelten, auf Grundlage dieses Standards in das andere Land exportiert werden können und umgekehrt. Ein weiterer Unterschied, der die EU auf Dauer den Anschluss verlieren lassen wird, denn in Europa ist man immer noch der irrigen Ansicht, die eigenen Standards seien gottgleich, allen anderen Standards auf dieser Erde überlegen und müssten deshalb allen Verhandlungspartnern übergestülpt bzw. aufgezwungen werden.

Das Vereinigte Königreich hat bereits MRAs mit Australien, Neuseeland und den Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen. Ein MRA ist die Vorstufe zum Freihandelsabkommen und beschleunigt die entsprechenden Verhandlungen ungemein.

Wozu sollte man sich einem EU-Diktat unterwerfen, wenn eine weite Welt des Handels außerhalb der EU wartet?




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