Parteien zersetzen den Rechtsstaat: Ein Parteienstaat kann kein Rechtsstaat sein!

In den letzten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten wurde das deutsche Rechtssystem systematisch transformiert und von einem Dienstleistungssystem für Bürger zu einer Waffe gegen aufmüpfige Bürger, also solche, die sich das Recht auf ein eigenes Urteil, eine eigene Meinung, auf eigene Entscheidungen nehmen, umgewandelt. Beispiele, die wir hier zusammengestellt haben, belegen eindrücklich, wie sehr das Rechtssystem zum Mittel der Polit-Darsteller geworden ist, ihre Ideologie vor Realität und Kritik zu schützen, zum Mittel, mit dem sie sich immunisieren und mit dem sie durchsetzen wollen, dass keinerlei Abweichung von dem, was sie vorgeben, erfolgt.

Im Gegensatz dazu ist Gegenstand eines liberalen Rechtssystems der Schutz der Bürger, nicht des Staates. Gegenstand eines liberalen Rechtssystems ist mithin der Schutz der Bürger vor Willkür, Willkür des Staates, der Schutz der Bürger VOR DEM Staat. Gegenstand eines liberalen Rechtssystems ist es, ein Zusammenleben im Rahmen weniger rudimentärer Umgangsweisen, die Eigentum und persönlicher Integrität der Bürger verpflichtet sind, zu garantieren.

Das deutsche Rechtssystem ist zur Beute der Parteien und der in ihrem Fahrwasser profitierenden Ideologen geworden. Zu den Ursachen dieser Misere hat uns Herbert Ludwig, ehemaliger Rechtspfleger und somit bestens mit der Materie vertraut, den folgenden Beitrag geschickt:

Das zentrale Problem des deutschen Rechtssystems ist die fehlende Unabhängigkeit
von Herbert Ludwig

Die Verteilung der staatlichen Gewalt auf Legislative, Exekutive und Judikative, die voneinander unabhängig sein, sich gegenseitig kontrollieren sollen, gilt als tragendes Organisationsprinzip eines demokratischen Rechtsstaats. Doch das Parteiensystem hebt diese Gewaltenteilung in der Realität vollkommen auf. Die Mehrheitspartei beherrscht die Legislative, stellt die Exekutive, und dieser untersteht die Judikative. Von unabhängiger Kontrolle kann keine Rede sein.

Ein Parteienstaat ist kein Rechtsstaat!

Zur Unabhängigkeit der Justiz würde eine eigene, unabhängige Verwaltung gehören. Doch die Gerichte sind in die Verwaltung der Regierung eingegliedert, in die der Justiz-, Innen-, Arbeits-, Sozial- und Finanzminister.

  • Der Justizminister z.B. ist für die Auswahl, Ernennung und Beförderung der Staatsanwälte zuständig, die allen seinen Weisungen unterworfen sind und von ihm in Dienstzeugnissen beurteilt werden.
  • Der Justizminister ist für die Auswahl und Ernennung der Richter und der Gerichtsleiter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig, bestimmt die Art und Weise der periodischen Überwachung der Richter in Geschäftsprüfungen, beurteilt ihre richterliche Tätigkeit in Dienstzeugnissen und entscheidet über ihre Beförderung an höhere Gerichte.

    „Diese Personalhoheit der Exekutive über die Richter ist Macht über die Lebenswege einzelner Menschen. Jeder Richter weiß, dass seine Karriere davon abhängt, ob seine Verhaltensweise der Regierung gefällt. Dies führt zu psychischen und zu sozialen Abhängigkeiten der Richter von der Politik“, so der erfahrene Richter Udo Hochschild. (Vgl. Fassade Gewaltenteilung im Parteienstaat)

  • In ihrer Rechtsentscheidung sind Richter zwar sachlich unabhängig, aber persönlich sind sie es nicht. In hierarchischer Unterordnung unter einen Minister sind sie in ihrer Lebensplanung von der Exekutive abhängig. Wer von der Regierung befördert werden will – womit jeweils erhöhtes Ansehen und erheblich höheres Gehalt verbunden sind – darf deren Erwartungen nicht enttäuschen. Und da die Regierung in der Hand der herrschenden Partei ist, und die Vorgesetzten, je höher sie in der Hierarchie stehen, in der Regel Parteimitglieder sind, empfiehlt sich auch eine Mitgliedschaft oder mindestens eine öfter mal geäußerte Sympathie und Nähe zu ihren politischen Zielen, wenn einem an Beförderungen gelegen ist.
  • Die Gerichtsleiter (Präsidenten und Direktoren) sind als Beamte den Weisungen des Justizministers unterworfen. In der Ausübung richterlicher Tätigkeit stehen sie zwar den anderen Richtern gleich und sind an Weisungen nicht gebunden, in der Eigenschaft als Behördenleiter sind sie jedoch weisungsgebundene Ministerialbeamte im Außendienst und die Dienstvorgesetzten der Richter an ihrem Gericht (Dienstaufsicht).
  • Entsprechendes gilt für die Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, die der Dienstaufsicht des jeweiligen Fachministers unterstehen.
  • Der Innenminister z.B. ernennt die Verwaltungsrichter aus den Reihen seiner Verwaltungsbeamten. In der Verwaltungsgerichtsbarkeit geht es um Verletzungen des Rechts durch die Exekutive. Hier stellt also der Beschuldigte seine von ihm ausgewählten Richter ein, die in Verfahren gegen ihn die Urteile sprechen. Das ist im Grunde ein Witz. Eine Mitwirkung oder Kontrolle von anderer Seite (etwa durch einen Richterwahlausschuss) ist bei alledem nicht vorgesehen. 
  • Die Richter der letztinstanzlichen Bundesgerichte (Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht usw.) werden von einem Richterwahlausschuss gewählt, dem die Justizminister der Länder und 16 vom Bundestag gewählte Mitglieder angehören.
  • Die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt, die abwechselnd auch den Präsidenten und den Vizepräsidenten bestimmen. Hier wirken also Exekutive und Legislative, bzw. die dort herrschenden Parten, in die Judikative hinein. Man wählt Mitglieder oder Nahestehende der Partei, damit auch dort die politische Linie der eigenen Partei berücksichtigt wird.

Auf diesem Wege wurde am 22. Juni 2020 Stephan Harbarth, bis dahin noch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, „Merkels Mann in Karlsruhe“, wie er in alternativen Medien bezeichnenderweise genannt wird, durch den Bundespräsidenten zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannt. (Vgl. Die feindliche Übernahme des Bundesverfassungsgerichts)

Die Verflechtung von Judikative und Exekutive fordert als Konsequenz, dass die Gerichte vollständig aus der Exekutive herausgegliedert werden und eine eigene Verwaltung erhalten. Der Bundestag hat wenigstens eine eigene Bundestagsverwaltung. Es wäre noch der Gipfel, wenn er auch von der Exekutive verwaltet und die Abgeordneten von der Regierung ausgewählt und angestellt würden. Bei der Justiz ist das aber der Fall.

Mit der Herausgliederung aus der Verwaltung der Exekutive ergibt sich auch die Möglichkeit, ja Notwendigkeit, dass die Richter regional von der Bevölkerung gewählt werden; die Wahl der Richter für die oberen Gerichte, für die regional in der Bevölkerung der Überblick und die Fachkenntnis fehlt, müsste wohl einem Expertengremium vorbehalten bleiben, das aus der Selbstverwaltungs-Organisation der Judikative zu bilden wäre.

Interessanterweise hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates u.a. Deutschland im Jahr 2009 aufgefordert, für die Justiz eine eigene Selbstverwaltung einzuführen und die Möglichkeit abzuschaffen, dass Justizminister der Staatsanwaltschaft Anweisungen zu einzelnen Fällen geben können. (https://www.gewaltenteilung.de/europarat-pressemitteilung/)

Die Parteien-verseuchte deutsche Politik ignoriert das bis heute.

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