Aufruf zum Denunziantentum

Als Denunziant gilt, wer andere – in der Regel anonym – bei einer wie auch immer gearteten “Obrigkeit” anschwärzt, egal, ob das, weshalb er anschwärzt, zutrifft oder nicht, um diesen anderen zu schaden.

Deshalb sind Denunzianten ein Problem für gesellschaftliches Miteinander.

Indes, Denunzianten sind für Regierungen, die ein autoritäres Regime, das auf Überwachung gebaut ist, errichten wollen, von großem Nutzen, denn sie stellen (a) Informationen zur Verfügung, an die eine Regierung nicht ohne weiteres gelangen kann und (b) sie eignen sich hervorragend um Unsicherheit, Willkür und Angst (bei der Regierung denunziert zu werden) zu verbreiten, um Unfrieden zu stiften.

Denunziantentum galt lange Zeit als etwas, das es in dunklen Zeiten, im Dritten Reich, in der DDR, in kommunistischen Paradiesen gegeben hat, etwas, das mit einer demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar ist. Heute wollen Regierungen und ihre Mundstücke erzählen, dass Denunziantentum etwas sei, das gerade für demokratische Gesellschaften wichtig sei, das “die Demokratie” schütze, sie rette, vor Hatespeech und dergleichen.

Es hat sich natürlich nichts daran geändert, dass Denunziantentum und Demokratie unvereinbar sind.

Zu denen, die ihren Lesern dennoch die Denunziation schmackhaft machen wollen, gehören Florian Flade und Martin Kraul vom WDR, die sich für mehr Denunziation einsetzen, so wie das in Hessen mit dem Portal “HessengegenHetze” der Fall sei:

“Es ist nur eine kleine Meldung im sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter), doch sie steht sinnbildlich für das Problem, das deutsche Behörden bei der Verfolgung von Straftaten im Internet noch immer haben: “#HESSENgegenHETZE” steht dort prominent geschrieben – und dann verweist die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main darauf, dass ein 61-jähriger Mann nunmehr wegen ausländerfeindlicher Hassrede im Internet zu einer Geldstrafe von 4.000 Euro verurteilt wurde.

Ein Erfolg der Justiz, ermöglicht durch eine Meldung bei dem Portal “Hessen gegen Hetze”. Die Botschaft: Es lohnt sich, Straftaten im Internet dort zu melden, damit sie verfolgt werden können. Was dort nicht steht: Das ist auch nötig.

Denn obwohl deutsche Behörden seit Jahren versuchen, effektiver gegen Verleumdungen, politischen Hass und andere Straftaten im digitalen Raum vorzugehen, warten die Ermittler im Bundeskriminalamt (BKA) weiterhin auf Meldungen durch die großen Internetplattformen, die eigentlich den besten Überblick darüber haben müssten, welche Straftaten auf ihren Kanälen begangen werden.”

Politischer Hass ist übrigens nicht strafbar. Das ist auch gut so, sonst wären die Redaktionen vieler Systemmedien mittlerweile leer, ihre Insassen, Insassen anderer Anstalten. Uns hat an dieser Meldung nicht das positive Verhältnis, das Flade und Kaul zu Denunziantentum haben, interessiert, uns interessieren die furchtbaren Juristen, die bei diesem Anschlag auf die demokratische Grundordnung, mitspielen, die eine Instrumentalisierung des Rechts täglich zum Gegenstand ihrer Tätigkeit machen.

Denn: Wenn zuträfe, dass Denunziation nur dann vorliegt, wenn z.B. der Nachbar von Olaf Scholz von einem Anonymen angezeigt wird, weil er in seinem Garten eine illegale Marihuana-Zucht betreibt, diese Behauptung sich bei Überprüfung aber als falsch erweist, dann könnte man erst post-hoc, also nachdem eine anonyme Behauptung über einen Dritten als falsch erwiesen ist, von Denunziation sprechen. Indes, wer andere anonym anschwärzt, will sich damit entweder einen psychischen oder einen materiellen Vorteil verschaffen. Entweder er erlebt emotionale Höhen bei dem Gedanken, anderen mit seiner Denunziation zu schaden oder er verspricht sich direkte finanzielle Vorteile davon. Das ist immer so, egal, ob sich der Gegenstand der Denunziation erhärtet oder nicht. Und insofern bei Meldeportalen generell Hinweise eingehen, von denen nicht bekannt ist, ob sie zutreffen oder nicht, macht es keinerlei Sinn, zwischen Denunziation und “Meldung” zu unterscheiden.

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11 Staatsanwälte und drei Oberstaatsanwälte arbeiten bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT), die der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main angegliedert ist und eigentlich Kriminalität bekämpfen soll, nach eigenen Angaben vornehmlich:

  • Kinderpornographie und sexueller Missbrauch von Kindern mit Bezug zum Internet,
  • Darknet-Kriminalität (Bekämpfung krimineller Darknet-Plattformen sowie des Handels mit Waffen, Drogen und Fälschungsgütern im Darknet),
  • Cyberkriminalität im engeren Sinne (Hackerangriffe, Datendiebstahl und Computerbetrug),

Und weil das offenkundig nicht reicht, wird auch “Hatespeech (Hasskriminalität im Internet)” bekämpft, von 11 Staatsanwälten und 3 Oberstaatsanwälten in Frankfurt am Main:

Und weil das alles so traurig ist, deshalb hat man es bei der ZIT notwendig, sich mit solchen Erfolgsmeldungen zu profilieren.

Das wiederum ist die Meldung, auf die sich Flade und Kaul beziehen, die Meldung, die “nur eine kleine Meldung im sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter)”, ist, in der aber dennoch #HESSENGEGENHETZE “prominent” geschrieben steht. Prominent und unscheinbar – warum auch nicht.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt brüstet sich also damit, eine Geldstrafe von knapp 4.000 Euro gegen einen 61jährigen erwirkt zu haben. Offenkundig ist den dort Tätigen die eigene Strafgerichtsbarkeit nicht geläufig. Eine Geldstrafe besteht aus Tagessätzen und deren Höhe. Die eigentliche Strafe sind die Tagessätze, nicht deren Höhe, denn ab 90 Tagessätzen gilt auch ein zu Geldstrafe verurteilter als vorbestraft. Und im vorliegenden Fall dürfte der 61jährige von einem beflissenen Amtsrichter zu einer Geldstrafe über 90 Tagessätzen verurteilt worden sein, denn wenn knapp 4.000 Euro, wie die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt frohlockt, vier Netto-Monatsgehältern des Mannes entsprechen, dann lebt der Mann nicht nur unterhalb der Armutsgrenze in Deutschland, was den Erfolg für den zuständigen Staatsanwalt vielleicht noch schöner macht, er muss auch zu mindestens 120 Tagessätzen verurteilt worden sein und gilt somit als vorbestraft.

Heureka.

Credit:Wellcome Images
Licence CC BY 4.0
Schon für Staatsanwaltschaften früherer Zeiten war der Nachweis von Straftaten schwierig. Auch deshalb haben heutige Staatsanwaltschaften den Nachweis einer Straftat bei Gesinnungsverbrechen komplett gestrichen.

Ein 61jähriger, der ohnehin nicht genug zum Beißen hat, muss vier Nettomonatsgehälter an die Staatskasse entrichten, weil er NIEMANDEM geschadet hat, keinerlei SCHADEN mittelbar oder unmittelbar verursacht hat, weil er eine Meinung geäußert hat, die ein beflissener Staatsanwalt und nach ihm ein Amtsrichter als “Volksverhetzung” eingestuft haben, vermutlich, weil ihnen gerade danach war. Der 61jährige habe Ausländer pauschal mit Gewaltverbrechern gleichgesetzt, dadurch feindselige Handlungen gegen Ausländer hervorrufen oder verstärken wollen, zu Hass gegen Ausländer aufstacheln wollen.

Gesinnungsverbrechen.
Schon seit langem beschäftigt uns bei ScienceFiles die Fähigkeit mancher Juristen, spontan Straftaten zu erschaffen. Wie hat man sich die “Aufstachelung zum Hass”, das “Auslösen feindseliger Handlungen” gegen Ausländer durch einen Post auf Facebook vorzustellen, im richtigen Leben, nicht im juristischen Gemüt, in dem es zuweilen furchtbar zugeht?

Robert H. findet sich auf der Facebook-Seite des 61jährigen ein, liest, was der 61jährige geschrieben hat, lernt, dass der 61jährige Ausländer generell für Gewaltverbrecher hält, ein Gedankenverbrechen in schriftlicher Äußerung, wie ein Amtsrichter in Gelnhausen festgestellt hat, das aber nicht nur Gedankenverbrechen bleibt, denn Robert H. fühlt sich nun aufgestachelt. Der gehbehinderte Rentner, der von Arthritis und Diabetes geplagt ist, radikalisiert sich noch während der Lektüre und plant, gemeinsam mit seinen drei Altersgenossen, die sich wöchentlich in der Kneipe zum Skat treffen, ein Zeichen zu setzen und den Nachbarsohn, einen türkischen Muskelmann, der die Hälfte seines Lebens im Fitness-Studio verbringt, zu überfallen und zu verprügeln. Vielleicht sieht Robert H. auch die Unsinnigkeit dieses Plans ein und legt mit seinen Kollegen den Gewinn eines Skatabends zusammen, damit sie nun ihrerseits einen Muskelmann mieten können, vielleicht sogar zwei, deutsche Muskelmänner versteht sich, sofern es sie noch gibt, um dem türkischen Muskelmann eine Lektion zu erteilen, die er nicht vergisst. Solche absurden Wege muss das “Aufstacheln” gehen, um zu einer Handlung zu werden. Aber soweit denken viele Juristen nicht. Für sie reicht es oftmals aus, dass sie sich etwas vorstellen können oder man ihnen von höherer Stelle die Vorstellung diktiert hat. Dass die Realität vollkommen anders aussieht und voller Menschen mit Alltagsverstand ist, die im Gegensatz zu denen, die in Frankfurt und Gelnhausen als Juristen ihr Unwesen zu treiben scheinen, in der Lage sind, zwischen dem, was jemand im Ärger geschrieben hat und dem, was sie tun, zu unterscheiden, das ist denjenigen, die in Strafwut durch die sozialen Netzwerke ziehen und Denunziation zu einer akzeptierten Verhaltensweise, wieder zu einer akzeptierten Verhaltensweise machen wollen, offenkundig unbekannt.

Was die Frage aufwirft, wie diese Menschen im normalen Leben zurechtkommen, ob sie überhaupt zurechtkommen oder ob ihre Strafwut die Reaktion darauf ist, dass sie sich zurückgelassen, ausgegrenzt aus der Gesellschaft fühlen?

Und natürlich wäre ein wenig Wissen über Kriminalität, es müssen nicht Monographien sein, in denen beschrieben wird, wie kriminelle Handlungen erklärt werden können, nützlich. Es reicht zu wissen, dass kein normaler Mensch einfach so handelt, selbst dann nicht, wenn er im Affekt handelt. Die meisten Formen von kriminellen Verhalten bauen auf einer Prädisposition zum kriminellen Handeln auf, der Bereitschaft, sich kriminell zu verhalten, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Diese Bereitschaft wiederum, das wissen wir seit Edwin Sutherland es in den 1930 Jahren gemeinsam mit Donald Cressey ausgearbeitet hat, ist ERLERNT. Man muss also Wissen und Prädisposition mitbringen, um sich kriminell zu verhalten. Nichts davon, weder Wissen noch Prädisposition kann durch Worte erzeugt werden. Wenn Sie es nicht glauben, versuchen Sie das nächste Auto, das Sie am Straßenrand verschlossen antreffen, zu stehlen.

In welchen absurden Landschaften Juristen, die denken, man könne mit Worten Taten hervorrufen unterwegs sind, kann man sich nicht vorstellen, man weiß nur, dass sie es sind.

Baustellenwechsel:

“Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat gestern bekräftigt, daß die Verwendung des umstrittenen Tucholsky-Zitats “Alle Soldaten sind Mörder” unter bestimmten Voraussetzungen keine Beleidigung darstellt und deshalb auch nicht bestraft werden darf. Der Erste Senat betonte in seinem zweiten Urteil binnen eines Jahres, das Tucholsky-Zitat sei so lange vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, wie es sich um eine allgemeinpolitische Aussage handele. Dies sei aber kein Freibrief für die Beleidigung einzelner Soldaten oder der Bundeswehr. Politiker von Union und FDP reagierten empört auf das Urteil und forderten Konsequenzen des Gesetzgebers.”

Der 61jährige, der vor dem Amtsgericht in Gelnhausen verurteilt wurde, hat pauschal Ausländer mit Gewaltverbrechern gleichgesetzt, also behauptet, dass alle Ausländer Gewaltverbrecher seien. Da er keinen einzelnen benannt hat, wäre er eigentlich unter Anwendung diverser Urteile des Bundesverfasungsgerichts (BVerfG, 10.10.1995 – 1 BvR 1476/91, 1 BvR 221/92, 1 BvR 102/92, 1 BvR 1980/91) freizusprechen gewesen.

Aber man wollte ihn nicht freisprechen, sondern verurteilen, wegen Volksverhetzung:

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert …

Schon in seiner Formulierung ist dieses “Gesetz” eine Katastrophe, die genügend Spielraum lässt, um al gusto Strafverfolgung zu betreiben, einfach dadurch, dass man jemanden bezichtigt, zum Hass aufgestachelt zu haben (posthume Verfolgung von Tucholsky?). Ein klarer Bruch mit dem normalen Prozedere eines Strafprozesses, in dem ein Staatsanwalt beweisen muss, dass eine Straftat ausgeführt wurde. Bei Gedankenverbrechen reicht die bloße Behauptung, und die Verlagerung der Beweislast auf den Angeklagten und in den Bereich des Unmöglichen, denn: Wie soll man belegen, dass man nicht zum Hass aufgestachelt hat? Das ist schlicht nicht unmöglich (auch für Tucholsky). Paragraphen, die wie 130 StGB die willkürliche Verfolgung durch strafwütige Staatsanwälte ermöglichen, sind ein klares Indiz für ein autoritäres Regime, das versucht, seine Bürger an der Kandare zu halten.

Bestimmte Bürger.
Denn natürlich gilt § 130 StGB dann, wenn die Bezeichnung aller Mitglieder einer Gruppe als Gewaltverbrecher, also die undifferenzierte Beschreibung einer negativen Eigenschaft an alle Mitglieder einer Gruppe, eine Straftat darstellen soll, auch in anderen Zusammenhängen, z.B. dann, wenn pauschal alle AfD-Mitglieder zu Rechtsextremen oder pauschal alle Männer zu Verbrechern erklärt werden, was die Idiotie derzeitiger Rechtsprechungsversuche vielleicht besonders deutlich macht.

Aber, da dies die Zeiten sind, in denen wir leben, rufen auch wir zur Denunziation auf. Nutzen Sie HessengegenHetze.de, um jeden, der AfD-Mitglieder diffamiert, der gegen “Rechte” hetzt, der gegen Heterosexuelle oder andere normalen Menschen giftet, zu melden. Machen Sie sich keine Sorgen, die Meldung kann anonym erfolgen. Immerhin leben wir in der Zeit der Denunzianten, Denunziantentum staatlich erwünscht.

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13 Comments

Bitte keine Beleidigungen, keine wilden Behauptungen und keine strafbaren Inhalte ... Wir glauben noch an die Vernunft!

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