“Schwanz einziehen” und “60jähriger Mann” persönlichkeitsverletzend – Frankfurter Landrichter im juristischen Phantasialand

Drei Verfahren hat das Frankfurter Landgericht, dessen 3. Zivilkammer im Laufe des Jahres 2023 entschieden, in denen es jedes Mal um einen Transsexuellen geht, der sich beleidigt oder in seiner Persönlichkeit gekränkt fühlte, weil er als Mann bezeichnet wurde. Die Begründung für die Entscheidungen hat uns so erheitert, dass wir entschieden haben, die Urteile zu würdigen.

Es geht um die folgenden Verfahren:

2-03 O 228/23
2-03 O 204/23
2-03 O 149/23

Im ersten Verfahren hat sich ein Transaktivist für das Selbstbestimmungsrecht auf Twitter stark gemacht und als Antwort: #DuBisteinMann erhalten.

Im zweiten Verfahren hat ein Transsexueller einen Journalisten auf Unterlassung verklagt, weil der Journalist ihn als Mann bezeichnet hat. Die Unterlassungsklage ging in die Hose, und der Journalist hat sich in seinem Blog unter der Überschrift “Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein” dazu geäußert.

Im dritten Verfahren geht es um einen über 60 Jahre alten Mann, der kein Mann sein will und deshalb an der Bezeichnung, “über 60jähriger Mann” Anstoß genommen hat.

Die Entscheidungen in Kürze:

1) ist okay;
2) ist persönlichkeitsverletzend, aber keine Schmähkritik;
3) ist persönlichkeitsverletzend und bewusst verunglimpfend;

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#DubisteinMann ist deshalb okay, weil derjenige, der damit angesprochen wurde, zwar kein Mann sein will, aber der Hashtag, der auf Twitter Verwendung findet, keine bestimmte individuelle Person zum Gegenstand hat. Der “vertretende Charakter” steht dabei im Vordergrund, so die Richter. Zwar sei mit dem Hashtag eine ablehnende Haltung zum Ausdruck gebracht, diese sei aber eine bloße Meinungsäußerung.

“Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein” – eine pointierte Aussage, von der man gedacht hätte, ihr deskriptiver Charakter und die damit metaphorisch umschriebene Tatsache, dass der Versuch, vor Gericht eine Unterlassung zu erwirken, zurückgenommen wurde, mache sie legal, ist indes etwas, was aufgrund einer ausufernden richterlichen Phantasie nicht okay ist, als “persönlichkeitsverletztend” eingestuft wird.

Nur um das hier einmal in den Ring zu werfen: Eine Persönlichkeitsverletzung setzt natürlich eine Persönlichkeit, die man verletzen kann, voraus, etwas, was bei Personen, die nach Ansicht von Psychiatern in die Klasse der Persönlichkeitsgestörten (F64.9, ICD-10 CM) fallen, nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann, denn eine Gender Dysphorie bleibt nicht ohne Folgen auf die Persönlichkeit. Sie ist beschrieben als

“A disorder characterized by a strong and persistent cross-gender identification (such as stating a desire to be the other sex or frequently passing as the other sex) coupled with persistent discomfort with his or her sex (manifested in adults, for example, as a preoccupation with altering primary and secondary sex characteristics through hormonal manipulation or surgery).”

“Eine Störung, die durch eine starke und anhaltende Identifikation mit dem anderen Geschlecht gekennzeichnet ist (z. B. durch den Wunsch, das andere Geschlecht zu sein oder sich häufig als das andere Geschlecht auszugeben), verbunden mit einem anhaltenden Unbehagen mit dem eigenen Geschlecht (bei Erwachsenen z. B. durch die Beschäftigung mit der Veränderung primärer und sekundärer Geschlechtsmerkmale durch hormonelle Manipulationen oder Operationen).

“Transe”, so die Richter, sei abwertend, “totalitär tickend”, verstärke diese Abwertung und “zieht den Schwanz ein”, stelle unmissverständlich eine Assoziation zum männlichen Geschlechtsteil her, und alles zusammen sei persönlichkeitsverletzend. Indes, was diese Richter für eine Sprache und Phantasie an den Tag legen, ist schon erstaunlich. Sucht man z.B. bei Google.de nach “den Schwanz einziehen”, dann verstärkt sich der Eindurck, dass “den Schwanz einziehen”, gar nichts mit einem Schwanz zu tun hat, sondern als Metapher für “feige sein”, “sich zurückziehen” steht. Bildersuchen nach “Schwanz einziehen” haben in der Mehrheit Hundebilder zum Ergebnis. Vielleicht sollten die Frankfurter Richter sich mehr mit der Umgangssprache beschäftigen, bevor sie sich aufschwingen und über pointierte Meinungsäußerungen den Stab brechen wollen, zumal es nicht ihre Aufgabe ist, die Art und Weise, in der Meinungsäußerungen formuliert werden, zu BEWERTEN, so lange die Meinungsäußerungen einen nicht zu beanstandenden deskriptiven Kern haben.

Die Aussage “über 60jähriger Mann” ist dann, wenn sie an die Adresse eines Mannes, der als Frau lebt, gerichtet ist, eine Persönlichkeitsverletzung. Einmal mehr benötigt man sehr viel Phantasie, um diese Persönlichkeitsverletzung im Urteil der Frankfurter Richter nachzuvollziehen. Denn nach ihrer Ansicht ist die Bezeichnung “über 60jähriger Mann”, an deren biologischer Evidenz es nichts auszusetzen gibt, deshalb eine Persönlichkeitsverletzung, keine neutrale Feststellung des biologischen Geschlechts, weil sie als “bewusstes Stilmittel” eingesetzt worden sein soll, um als “plakativer Kontrast zu einer jungen Biologin” zu wirken, und die “klagende Frau als frauenhassenden Mann zu beschreiben”. Dass ein solcher Blödsinn mittlerweile in Urteilen steht, sagt eigentlich schon alles.

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Kein Wunder, dass bei so viel richterlicher Phantasie der gesunde Menschenverstand auf der Strecke bleibt. In Frankfurt am Main sitzen somit Richter, die Urteile auf Grundlage dessen sprechen, was sie sich vorstellen, was sie denken, was andere gemeint oder beabsichtigt haben könnten und die in ihrer Urteilsfindung bemüht darum sind, alles an den Haaren herbeizuziehen, was die Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines Transsexuellen, die sie unbedingt feststellen wollen, begründen könnte.

Und bei all dem bleibt das Persönlichkeitsrecht derjenigen, die ein Bemühen auszeichnet, eine Kongruenz zwischen Sprache und Realität herzustellen, auf der Strecke. Sie werden dafür bestraft, dass sie sagen, was sie sehen und nicht in die Riege derjenigen eintreten, die Vollbärte neuerdings für ein sekundäres weibliches Geschlechtsmerkmal halten.

Die Urteile zum Nachlesen gibt es bei der Legal Tribune Online.


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