Von Schulen wird erwartet, dass Sie Schüler entsprechend deren Leistungen und Fähigkeiten auf den Arbeitsmarkt verteilen. Wie ich bereits mehrfach in diesem blog geschrieben habe, hat das deutsche Schulsystem in diesem Bereich eine eher schlechte Reputation. Es stratifiziert nach Herkunft, und es sortiert nach Geschlecht. Auf der Strecke bleiben vorzugsweise Kinder aus Arbeiterfamilien, Jungen und Migranten. Obgleich allein diese Fakten schon dafür sprechen, dass die Institution “Schule” eben nicht der neutrale Ort ist, an dem Schüler nach Leistung und Fähigkeit sortiert werden, sondern der Ort, an dem aktiv soziale Ungleichheit anhand der genannten Kriterien herstellt wird, gibt es kaum wissenschaftliche Studien, die sich mit institutionellen Effekten auf die Bildungskarriere von Schülern beschäftigen, ganz zu schweigen von Studien, in denen der Autor wagt, das Wort “institutionelle Diskriminierung” (a) in den Mund zu nehmen und (b) auf institutionelle Diskrimierung zu testen. Die deutsche Schulforschung gefällt sich im Wesentlichen darin, die Schuld für schulische Probleme den Schülern zuzuschieben, zuweilen, wenn es sich um Arbeiterfamilien handelt, noch die Eltern mit in den Schuldturm zu sperren und ansonsten so zu tun, als gäbe es keinerlei institutionellen Einfluss auf den Bildungserfolg von Kindern. Da jeder, wenn er an seine Schulzeit zurückdenkt, mindestens einen Lehrer nennen kann, mit dem er absolut nicht auskam, was sich dann in einem erheblichen Rückgang der eigenen Motivation gefolgt von einer Verschlechterung der Noten niedergeschlagen hat, ist dieses kollektive Schweigen der meisten Schulforscher, wenn es zu Schulen und Lehrern kommt, nachgerade lächerlich.
Eine der wenigen Studien, die die Effekte der Institution “Schule” auf die Leistung(smotivation) von Schülern überhaupt in den Blick nimmt, hat Margit Stamm durchgeführt und die Ergebnisse in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft veröffentlicht. Dass die Autorin aus der Schweiz kommt und ihre Daten an Schweizer Schulen gesammelt hat, ist für denjenigen, der sich etwas mit deutscher Schulforschung auskennt und weiß wie eifersüchtig Schulämter über Schuldaten wachen, wie klein sie das Häuflein Wissenschaftler halten, das überhaupt Zugang zu Schuldaten hat, und wie deren gewonnenen Daten dann behütet und vor unabhängiger Prüfung geschützt werden, nicht verwunderlich. Dennoch lassen sich auf der Grundlage der von Stamm in der Schweiz gesammelten Daten auch Erkenntnisse für Deutschland gewinnen. Man dürfte auf der sicheren Seite sein, wenn man davon ausgeht, dass die gefundenen Effekt in Deutschland deutlich ausgeprägter vorhanden sind.
Gegenstand der Studie sind Schulabbrecher, und zwar Schulabbrecher, die es aufs Gymnasium geschaft haben, dasselbe aber vorzeitig verlassen. Damit widmet sich Stamm einer Gruppe von Schülern, die in der bisherigen Forschung so gut wie gar nicht untersucht wurde. Schulabbruch gilt bis dato als “Unterschichtenphänomen”, das vornehmlich Jungen betrifft und an Hauptschulen spielt. Dass auch Gymnasiasten die Schule abbrechen und dass diese Gymnasiasten wie vermutlich das Gros der anderen Schulabbrecher durchaus in der Lage wären, einen Abschluss, häufig sogar einen guten Abschluss zu erreichen, hat bislang nur wenige Schulforscher interessiert.
Warum brechen Gymnasiasten die Schule ab? Und wer sind diese Schulabbrecher?
Auch an Gymnasien sind die Schulabbrecher in ihrer Mehrzahl männlich.
Im Vergleich zu weiblichen Schulabbrechern geben männliche Schulabbrecher häufiger Probleme mit Lehrern oder mit anderen Schülern als Ursache für den Schulabbruch an.
Die Probleme, die Schulabbrecher offensichtlich mit Lehrern und Mitschülern haben, lassen sich auf unterschiedliche Schichtzugehörigkeit zurückführen, denn Schulabbrecher stammen häufiger aus Arbeiterfamilien als “nicht-Schulabbrecher”.
Schulabbrecher zeigen im Durchschnitt keine schlechteren Schulleistungen als nicht-Schulabbrecher.
Schulabbrecher haben deutliche Motivationsprobleme.
Die Ergebnisse belegen eindrücklich, dass die meisten Schulabbrecher die Fähigkeit hätten, ein Abitur zu erreichen, dass ihr Schulabbruch auf schulische Ursachen zurückgeführt werden muss, unter denen Probleme mit Lehrern und daraus entstehende Motivationsprobleme die wichtigsten Faktoren sind. Entsprechend kommt Stamm zu der Einschätzung, dass dass die Befunde auf die Notwendigkeit verweisen, “das Phänomen des Schulabbruchs am Gymnasium nicht nur als individuelles, sondern auch als institutionelles Problem zu betrachten” (Stamm, 2010, S.273). Ich hätte im letzten Satz das “sondern auch” durch “sondern vor allem” ersetzt, habe ansonsten aber diesem neuerlichen Beleg für den Effekt der Institution Schule und der darin beschäftigten Lehrer auf die Bildungschancen von Schülern nichts hinzuzufügen.
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RICHTIG! Zu erg#änzen wre freilich noch etwas: Wir leben in einer Zeit der Schul- und Noten- und bürokratischen Lehrplanfixierung. Schule Solche Schule ist für alles blind, was nicht ins Schema passt, also auch für Kreativität, nicht vorhergesehene oder schlicht und einfach zu große Kompetenz seitens der Schüler. Schule wird zum Proukrustesbett und speit aus, wen sie niocht in sich hereinverkleinern kann. ALLERDINMGS gelingen auf Basis dieser Schule dann eher kleine Rarrieren im Rahmen vorgezeichneter Lebenswege, die die, die sie beschreiten, immer klein und abhängig halten – man sehe sich nur an, wie unsere heutige (jüngere) ProfessorInnenschaft sich zu einem Heer von SachbearbeiterInnen in einer sachlich oft sinnfreien Bürokratie reduzieren lässt. (In Klammern: Unabhängige Forschung fndet nun eher auf Basis des zwar gequälten, bei sicherer Stelle aber geistig nicht so stark disziplinierten Mittelbau statt – sofern dort überhaupt noch Interesse daran besteht). GROSSE KARRIEREN finden am system vorbei statt – eine Galerie der erfolgreichen Schul- und Studienabbrecher wäre eine Bamage für das in Selbstgewissheit ertrinkende Biuldungssystem und sollte unbedingt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit,m insbesondere auch der gerade in Ausbildung befindlichen jungen Menschen gerückt werden.