Geschlechtssensible Kampfeinsätze: Zur Vereinbarkeit von Krieg und Familie

Während die GEW noch fordert, dass Lehrer geschlechtssensibel ausgebildet werden, ist die Fraktion der Grünen schon einen Schritt weiter: Sie will geschlechtssensible Kampfeinsätze und hat ein neues Kapitel des Vereinbarkeitsproblems aufgeschlagen. In einem Antrag, den die Fraktion der Grünen dem Jubiläum “1o Jahre Frauen in der Bundeswehr” gewidmet hat, fordern die Grünen eine ganze Reihe von gleichstellenden Maßnahmen, die einen weiblichen Brückenkopf in der Bundeswehr etablieren sollen. So soll der Bundestag die Bundesregierung u.a. dazu auffordern:

  • “verstärkt auf die Besetzung von militärischen und zivilen Führungspositionen [!] in der Bundeswehr durch Frauen hinzuwirken und im Hinblick auf die Karrieremöglichkeiten vor allem auch die Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu fördern”.

Die Forderung nach mehr Frauen in Führungspositionen ist so wenig begründet, ich will Sie nicht weiter kommentieren. Wer noch nicht genug davon hat, kann hier nachlesen, was es aus meiner Sicht dazu zu sagen gibt. Interessant an dieser Beschlussforderung der Grünen Fraktion ist das “vor allem auch”, nicht weil es sprachlicher Unsinn ist, denn ein schlichtes “vor allem” hätte genügt, sondern weil es ganz neue Möglichkeiten zur Schaffung einer Gender-Infrastruktur eröffnet. Ich kann die Front-Kindergärten bereits vor mir sehen, in denen Filius das Ausheben von Stellungen übt oder damit beschäftigt ist, improvisierte Sprengsätze auszubuddeln, während Mutti mit ihrer Einheit den Hindukusch durchstreift. Zu klären wäre in diesem Zusammenhang allerdings, ob die Grünen ihre ablehnende Haltung zu Kriegsspielzeug nicht revidieren wollen, um ein wenig Konsistenz in ihr politisches Dasein zu bringen.
Die “vor allem auch” Vereinbarkeit ist auch aus anderen Gründen interessant, heißt es doch ein paar Zeilen weiter in dem Antrag der Grünen Fraktion: “Männer und Frauen schlagen zudem nach wie vor aufgrund ihrer unterschiedlichen Sozialisation andere Wege bei der Konfliktvermeidung oder -lösung ein. Frauen können daher einen wichtigen Beitrag für ganzheitliche Ansätze zur Verhütung und Beilegung von Konflikten leisten und zudem den Zugang zu der weiblichen Bevölkerung in Konfliktregionen oft erst ermöglichen”. Was mit den unterschiedlichen Wegen der Konfliktvermeidung oder -lösung gemeint ist, erschließt sich, wenn man sich den Front-Kindergarten von oben in Erinnerung ruft, denn Kindergärten haben bekanntlich Öffnungszeiten und Mutti muss Filius bringen und abholen, wie jeder weiß, der sich schon einmal im allmorgendlichten Kindergartenlieferantenstau befunden hat. Ergo bestehen die weiblichen Wege der Konfliktlösung und -vermeidung vermutlich darin, den Konflikt erst zu beginnen, wenn Filius im Front-Kindergarten untergebracht ist und ihn um 4 Uhr, wenn der Kindergarten schließt, zu beenden. Die Bundeswehr, die gemäß dem Antrag der Grünen Fraktion für die Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu sorgen hat, muss entsprechend einen Leopard II abkommandieren, um Filius vom Kindergarten abzuholen (man will dem Armeenachwuchs ja schließlich etwas bieten) und wenn der Leopard II fehlt, dann hat es sich mit dem Krieg bzw. der bewaffneten Auseinandersetzung.

Bleibt noch zu klären, warum Frauen nach Ansicht der Grünen Fraktion “den Zugang zu der weiblichen Bevölkerung in Konfliktregionen oft erst ermöglichen” können sollen. Die Antwort ergibt sich aus der Gemeinsamkeit der deutschen Soldatinnen mit der weiblichen Bevölkerung in Konfliktregionen, die für die Grüne Fraktion schlicht darin besteht, dass sie weiblich sind. Weil deutsche Frauen Frauen sind, sollen sie sich, nach Ansicht der Grünen, eher mit Taliban-Frauen verständigen können als Männer. Das kann man nicht anders bezeichnen als ein biologistisches Menschenbild und angesichts der von der Grünen Fraktion aufgestellten Behauptung,  dass Frauen aufgrund ihrer Sozialisation andere Wege bei der Konfliktlösung gehen als Männer, kann man wohl auch davon ausgehen, dass die Grünen Abgeordneten einer traditionellen Geschlechterrollendefinition anhängen. Dies ist insofern interessant, als dieselben Abgeordneten in ihrem Antrag der Neuen Rechten anlasten ein “rückwärtsgerichtetes, biologistisches Menschenbild mit traditionellen Geschlechterrolen” zu vertreten, was im logischen Schluss bedeutet, dass die Grüne Fraktion der Neuen Rechten angehört, was diesen Antrag noch bemerkenswerter macht als er es ohnehin schon ist.

Wissenschaftliche Ergänzung (mit besonderem Dank an Dr. habil. Heike Diefenbach, die ein wandelndes wissenschaftliches Kompendium ist und von der der Hinweis auf die folgende Studie stammt):

Die Grüne Meinung, dass Frauen andere Konfliktstile und -lösungen bevorzugen als Männer, was im Klartext heißt, dass Frauen nach Ansicht der Grünen Fraktion weniger aggressiv sind als Männer kann u.a. durch eine Studie von Lagerspetz, Björdkvist und Peitonen widerlegt werden, die bereits 1988 veröffentlicht wurde, so dass auch die Grüne Fraktion genügend Zeit gehabt hätte, die Studie zur Kenntnis zu nehmen, deren Hauptergebnis wie folgt von den Autoren beschrieben wird: “The principal finding was that girls made greater use of indirect measures of aggression, whereas boys tended to employ direct means. Gender differences in verbal aggression were less pronounced. The social structure of peer groups was found to be tighter among girls, making it easier for them to exploit relationships and harm their victims by indirect manipulative aggression”.

Literatur:

Lagerspetz, Kirsti M. J., Björkqvist, Kaj & Peitonen, Tarja (1988). Is Indirect Aggression Typical of Females? Gender Differences in Aggressiveness in 11- to 12-Year-Old Children. Aggressive Behavior 14(3): 403-414.

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