Neue Umfrage auf ScienceFiles: Bildungssystem privatisieren?
Ein Vielzahl von empirischen Untersuchungen hat gezeigt, dass das deutsche Bildungssystem nach der sozialen Herkunft selegiert: PISA, TIMSS und IGLU, sie alle zeigen, Kinder aus der Arbeiter- oder Unterschicht oder der angeblich “bildungsfernen Schicht”, haben erhebliche Nachteile:
Sie müssen bessere Leistungen erbringen, um dieselbe Grundschulempfehlung zu erhalten, wie z.B. Akademikerkinder.
Sie landen viel häufiger auf Sonderschulen und Hauptschulen und häufiger auf Realschulen als z.B. Akademikerkinder.
Sie erzielen viel seltener ein Abitur oder einen Fachhochschulabschluss als z.B. Akademikerkinder.
Sie finden sich viel seltener auf Universitäten ein als Akademikerkinder und diejenigen, die sich einfinden, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, das begonnene Studium abzubrechen als Akademikerkinder.
Wenn es darum geht, nach der sozialen Herkunft zu filtern, dann erweist sich das deutsche Bildungssystem als äußerst effizient.
Nicht nur Kinder aus Arbeiter- oder Unterschicht haben im deutschen Bildungssystem erhebliche Nachteile, ja werden im deutschen Bildungssystem benachteiligt, sondern auch Jungen.
Jungen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, von der Einschulung zurückgestellt zu werden als Mädchen.
Jungen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, sitzen zu bleiben als Mädchen.
Jungen haben eine viel höhere Wahrscheinlichkeit auf eine Sonderschule abgeschoben zu werden als Mädchen.
Jungen müssen bessere Leistungen erbringen als Mädchen um dieselbe Grundschulempfehlung zu erhalten.
Jungen sind viel häufiger auf Sonder- und Hauptschulen zu finden als Mädchen, dafür seltener auf Realschulen und Gymnasien.
Entsprechend bleiben Jungen viel häufiger ohne einen Abschluss oder erreichen nur einen Hauptschulabschluss als Mädchen und sie erreichen deutlich seltener eine Hochschulreife als Mädchen.
Wenn es darum geht, Bildungskarrieren nach Geschlecht zu selegieren, dann erweist sich das deutsche Bildungssystem als äußerst effizient.
Auch Migrantenkinder werden in deutschen Schulen selegiert. Obwohl die meisten Migranten in dritter oder vierter Generation in Deutschland leben, bleiben ihre Schulergebnisse deutlich hinter den Ergebnissen deutscher Schüler zurück. Die Liste der Nachteile liest sich fast identisch:
Kinder aus Migrantenfamilien haben eine höhere Wahrscheinlichkeit von einer Einschulung zurückgestellt zu werden als deutsche Kinder.
Kinder aus Migrantenfamilien bleiben häufiger sitzen als deutsche Kinder.
Kinder aus Migrantenfamilien finden sich häufiger auf Sonder- und Hauptschulen, dagegen viel seltener auf Gymnasien als deutsche Kinder.
Kinder aus Migrantenfamilien finden sich nur höchst selten unter Studenten.
Auch im Hinblick auf die Selektion von Migrantenkindern erweist sich das deutsche Bildungssystem als äußerst effizient.
Alle berichteten Ergebnisse sind wiederholt in den verschiedensten Untersuchungen berichtet worden. Die Berliner Element-Studie, die Hamburger Lau-Studien, die PISA-Studien, die TIMSS-Studien, die IGLU- und PIRLS-Studien, sie alle haben diese Ergebnisse berichtet. Man muss die Ergebnisse daher als empirisch gesichert ansehen.
In Schweden wurde schon vor Jahren der Bildungssektor privatisiert. Eltern erhalten einen Bildungsgutschein und können diesen Bildungsgutschein bei einer Schule ihrer Wahl einlösen. Untersuchungen, die den Effekt dieser Privatisierung analysiert haben, kommen zu dem Schluss, dass der Wettbewerb zwischen den Schulen die Lehr- und Lehrerqualität und das Lehrereinkommen erhöht hat, dass mit der Gründung priavter Schulen die Chancengleichheit im Zugang zu Bildung erheblich verbessert wurde, was sich darin zeigt, dass die soziale Herkunft immer weniger relevant für den erreichten Bildungsabschluss ist, und die entsprechenden Studien haben gezeigt, dass mit der Öffnung des Bildungssystems für private Anbieter die Qualität von Bildung sich insgesamt erhöht hat.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es nicht langsam an der Zeit ist, auch das deutsche Bildungssystem weiter (oder vollständig) für private Anbieter zu öffnen.
Weiterführende ScienceFiles-Beiträge: Bessere Schulqualität durch private Schulen:
Die beste Übersicht über die Forschung zu Bildungsnachteilen von Migranten findet sich bei Dr. habil. Heike Diefenbach (2010). Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamlien:
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Ich habe dazu eine Frage!
Ist auch untersucht worden inwieweit Eltern diese Selektion mitbeeinflußen?
Inwieweit nehmen Eltern z.B. durch durchgängige Nichtteilnahme an Elternabenden und -gesprächen – womit sie den Lehrern vermitteln es bestehe im Elternhaus eh kein Interesse an schulischem und späterem beruflichen Erfolg der Kinder [insbesondere gar dem “Überflügeln” der Eltern] – auf die Bewertung der Lehrer Einfluß?
Das generell bessere Abschneiden von Mädchen widerspricht dieser Überlegung aus meiner Sicht nicht, denn da greift “Gender”!
Wie sehen die Ergebnisse der Mädchen, aufgegliedert nach “Bildungsnah”, Bildungsfern” und “Migrationshintergrund” aus?
Finden sich da evtl. die gleichen Unterschiede wie bei Jungen, nur auf höherem Niveau?
dass sind zu viele Fragen, um sie ausführlich zu beantworten. Ich nehme das zum Anlass, um einmal einen Post explizit zu dem zu schreiben, was man Mehrfachdiskriminierung nennt. Die Genderisten reden in diesem Zusammenhang von Intersektionalität, was natürlich immer von weiblich aus gedacht werden muss, weshalb der Begriff unsinnig ist … Aber gut. Ein paar Infos:
Aus dem Leben einer “Arbeiterschichtsfrau”, die regelmäßig bis nach 19 Uhr arbeitet, genau wie ihr Mann: Elternabende sind immer vor 19 Uhr und entsprechend kann sie nicht teilnehmen, ebensowenig wie ihr Mann. Einfache und effiziente Weise, die Arbeiterschicht fern zu halten und sich über ihr Fernbleiben zu beklagen:
ansonsten gilt die folgende Diskriminierungshierarchie (von unten):
ganz unten sind männliche Migranten (die haben wirklich verloren),
dann kommen männliche Kinder aus der Unterschicht, vermutlich dicht gefolgt von weiblichen Migranten (Migranten zählen generell zur Unterschicht),
dann kommen deutsche Jungen aus der Unterschicht,
deutsche Jungen und Mädchen aus der Unterschicht und schließlich,
deutsche Mädchen.
Einiges an Datenmaterial dazu findet sich im Buch von Dr. habil. Heike Diefenbach, manches in den Lau-Studien und in PISA.
Entschuldigung, Herr Klein, aber “aus dem Leben einer “Arbeiterschichtfrau”” kann ich nicht ganz zustimmen. Hier bei uns beginnen Elternabende (Grundschule und Gymnasium) immer NACH 19 Uhr (19:30 Uhr, um genau zu sein). Aber vielleicht leben wir in einem Tal der Glücklichen, wie ich ja schon einmal vermutete!
Elternabende waren nur ein Beispiel. Wie sieht’s denn dann bei Elternsprechtagen aus, also den Tagen wo Lehrer einen Tag lang für Gespräche mit den Eltern zur Verfügung stehen?
Wenn die bezeichnete “Arbeiterschichtfrau” regelmäßig bis 19 Uhr arbeitet, fängt Sie – bei üblichen 8 Stunden Arbeitszeit und einer Stunde Pause – um 10 Uhr mit der Arbeit an. Selbst noch Fahrtzeiten eingerechnet, wären Gesprächstermine ab 8 Uhr sicher möglich, vorausgesetzt Sie/Er hat überhaupt ein Interesse daran! Machbar ist vieles, sofern man es will.
Die Frage ist die, beeinflußt es die Wertung der Lehrer wenn die Eltern offensichtlich kein Interesse am Werdegang ihres Sprößlings haben?
nun, dass es bei Ihnen anders ist, ändert nichts daran, dass es bei der von mir zitierten Arbeitschichtfrau so ist, wie ich es dargestellt habe. Woanders mag das anders sein. Es ging auch nur darum, einen dieser kleinen banalen Mechanismen zu nennen, die eingesetzt werden, um sozial zu stratifizieren. Der nächste findet sich in der unhinterfragten Notwendigkeit für Eltern in der Schule anzutanzen und mit Lehrern zu reden. Wozu? Können Lehrer ihren Job nicht mehr machen, wenn sie nicht ständig mit Eltern reden? Warum sollen Elternbesuche in der Schule einen Einfluss auf die Leistung ihrer Sprößlinge haben. Ich sehe bei solchen Degradierungsstrategien eigentlich nur einen Zweck: Die An/Abwesenheit von Eltern als Grund für eine Diskriminierung der Sprößlinge zu missbrauchen…
Herr “dentix”,
es gibt – wenig überraschend – tatsächlich keine wissenschaftliche Forschung darüber, ob oder wie es die Wertung der Lehrer beeinflusst, wenn Eltern nicht zu bestimmten, von der Schule angesetzten und für wichtig befundenen Terminen erscheinen, denn derzeit sind Forschungen, die die Bildungsinsitutionen kritisch beleuchten, ein sehr seltenes Gut.
Es herrscht unter Sozialwissenschaftlern leider wie anscheinend auch bei vielen anderen Menschen die vorgefasste Meinung, was in diesen Institutionen vorginge, sei gerechtfertigt, begründet, im Interesse der Beschulten und ihrer Eltern etc. Sie z.B. scheinen ja auch der Meinung zu sein, dass es, wenn Eltern nicht zu den festgesetzten Terminen erscheinen, “offensichtlich” auf ein nicht vorhandenes Interesse auf Seiten der Eltern “am Werdegang ihres Sprößlings” zurückzuführen sei.
Was die “Arbeiterschichtfrau” betrifft, so kann ich bestätigen, was Herr Klein schreibt, und kann außerdem anfügen, dass es keineswegs nur für Arbeiterschichtfrauen, sondern auch für Arbeiterschichtmänner gilt, dass schulische Termine nicht an ihre Lebensbedingungen angepasst sind, sondern an die einer Mittelschicht mit Gleitzeit, Teilzeit oder traditioneller geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung. Es sind die Menschen aus der Arbeiterschicht, die Schicht arbeiten, die vorrrangig die Berufe haben, die für die Mittelschicht eher ungewöhnliche Arbeitszeiten involvieren (z.B. Zimmerservice und Frühstücksservice im Hotel, der morgens um 5 Uhr beginnt, Nachtwächter, LKW-Fahrer, Müllabfuhr, Straßenarbeiten, Busfahrer Putzkolonnen, die entweder in den Abend- oder Nachtstunden oder in den frühen Morgenstunden arbeiten), und außerdem haben sie durchaus des öfteren mehrere Jobs, die aufeinander abzustimmen schon schwer genug ist, auch ohne “verwaltungstechnisch” vorgegebene Termine zur Vorsorgeuntersuchung beim Arzt oder Termine, die die Schule setzt.
Kurz: Ja, Sie leben offensichtlich in einem Tal der Glücklichen, in dem machbar ist, was man machen will, und man eher wenige ernstzunehmende Sachzwänge kennt. (Ich würde “Glück” allerdings anders definieren als durch die Abwesenheit einer Arbeit, die mir sinnvoll erscheint und die mich in Anspruch nimmt und die mir das Gefühl von Selbstwirksamkeit gibt und durch die Abwesenheit der Erfordernis, wirklich widrige Umstände zu bewältigen, echte Wahlen zu treffen zwischen dem, was geht und was ich will und dem, was nicht geht oder was ich nicht will).
Das ist aber ohnehin nicht der Punkt, denn der Punkt ist vielmehr: Wie kommt man auf die Idee (geschweige denn: wie rechtfertigt man sie), dass ein öffentliches Bildungssystem, das für sich in Anspruch nimmt, Kinder ab einem sehr zarten Alter sozialisieren und bilden (was immer das auch bedeuten mag) zu wollen und zu müssen, weil Eltern für mehr oder weniger imkompetent dafür gehalten werden, voraussetzen dürfe, dass Eltern gefälligst die Vorgänge in der (Pflicht!)Schule zu unterstützen hätten und sich zu ihren Instrumenten machen müssten.
Und selbst dann, wenn man das akzeptieren würde, würde sich die Frage stellen, wieso in einem Bildungssystem, das angeblich meritokratisch funktioniert, das Wohlverhalten und Engagement der Eltern relevant sein soll statt der Leisungsbereitschaft und -fähigkeit der Schüler. Ich weiß, Sie werden natürlich argumentieren, dass das Engagement der Eltern für die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Kinder wichtig ist, und hierzu gibt es genügend Forschung, aber es gibt ebenso viel Forschung, die zeigt, dass diese Variable eine unter vielen ist, die Schulerfolg erklärt, und die Varianz, die sie erklärt, muss nicht als Hinweis darauf gewertet werden, dass das Elternengagement tatsächlich dazu führt, dass Kinder irgendetwas besser können oder lernen als sie es ohne die Eltern getan hätten, die den Elternabend besuchen. Es kann ebenso gut als Hinweis darauf gewertet werden, dass Lehrer das Elternengagement entweder voraussetzen, statt selbst die Verantwortung für den Lernerfolg der Schüler zu übernehmen, oder dass sie Schüler schulkonformer Eltern einfach besser bewerten. In diesem letzeren Fall wäre Ihre Frage beantwortet, aber leider gibt es keine Forschung, die festzustellen versucht, welche Effekte genau das Elternengagement (in verschiedenen Formen, nicht nur des Erscheinens zu von der Schule gesetzten Terminen, aber auch diesen) hat. Diese Forschung gibt es, wie gesagt, leider deswegen nicht, weil anscheinend sehr viele Leute einfach ihre unhinterfragte Prämisse an die Betrachtung von Bildungssystem und Bildungserfolg herantragen, nach der Elternengagement (in jeder Form und immer) nützlich sei oder erwartet werden dürfe.
Ich habe mir gerade einmal den aktuellen Stand (18.12.2012, 12.10 englischer Zeit) der Befragung sowie die Kommentare angesehen und war erstaunt feszustellen, dass kein einziger der 51 Abstimmenden ein inhaltliches Argument für oder gegen eine stärkere Privatisierung des Bildungsangebotes im blog angefügt hat.
Auf der Seite derer, die sich dafür aussprechen (derzeit die klare Mehrheit) ist das vielleicht noch verständlich, weil man vermuten kann, dass sie sich den Argumenten anschließen, die oberhalb der Befagung im post genannt sind.
Aber bei denen, die sich dagegen aussprechen, ist das doch einigermaßen erstaunlich. Offensichtlich ist ihre Einschätzung nicht durch irgendwelche rationale Argumente begründet, sondern rein affektiv, oder sie haben den vagen Eindruck, sie hätten Argumente, die aber ebenso vage sind, so dass die “Negativabstimmer” anscheinend selbst denken, dass sie anderen nicht mitteilbar sind, jedenfalls nicht mit der Chance auf Aussicht, ernstgenommen zu werden.
Ich halte für den Augeblick entsprechend fest:
23,5 Prozent unserer zugegebenermaßen noch kleinen Stichprobe haben zwar eine Meinung, die ihnen wichtig genug ist, sie öffentlich mitzuteilen, aber keine Argumente, die sie selbst als stichhaltig genug einschätzen, um öffentlich mitgeteilt zu werden. D.h. fast ein Viertel der Antwortenden weiß nicht, warum sie der Meinung sind, der sie (anscheinend) sind oder halten die eigene Meinung für nicht vertretbar. Dennoch scheuen sie sich nicht, ihre Meinung öffentlich kundzutun.
Ich kann nur hoffen, dass dieses auf unserer (noch) sehr kleinen Stichprobe beruhende Ergebnis in einer größeren Stichprobe verschwinden würde, denn das wäre doch wirklich ein Albtraum: Fast ein Viertel Überzeugungstäter oder ein Viertel staatsdienliche Zombies – es ist doch gleichermaßen erschreckend.
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gerade haben Sie uns dabei geholfen, eine Finanzierungslücke für das Jahr 2023 zu schließen, da ist das Jahr auch schon fast zuende.
Weihnachten naht.
Und mit Weihnachten das jährlich wiederkehrende Problem: Ein Weihnachtsmann, der im Kamin stecken bleibt, weil er zu viel anliefern muss.
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Z.B. indem Sie unsere Sorgen um die Finanzierung des nächsten Jahres mindern.
Unser Dank ist Ihnen gewiss! Und Sie können sicher sein, dass Sie auch im nächsten Jahr ScienceFiles in gewohntem Umfang lesen können.
Ich habe dazu eine Frage!
Ist auch untersucht worden inwieweit Eltern diese Selektion mitbeeinflußen?
Inwieweit nehmen Eltern z.B. durch durchgängige Nichtteilnahme an Elternabenden und -gesprächen – womit sie den Lehrern vermitteln es bestehe im Elternhaus eh kein Interesse an schulischem und späterem beruflichen Erfolg der Kinder [insbesondere gar dem “Überflügeln” der Eltern] – auf die Bewertung der Lehrer Einfluß?
Das generell bessere Abschneiden von Mädchen widerspricht dieser Überlegung aus meiner Sicht nicht, denn da greift “Gender”!
Wie sehen die Ergebnisse der Mädchen, aufgegliedert nach “Bildungsnah”, Bildungsfern” und “Migrationshintergrund” aus?
Finden sich da evtl. die gleichen Unterschiede wie bei Jungen, nur auf höherem Niveau?
Gibt’s dazu Untersuchungen und Ergebnisse?
Hallo Dentix,
dass sind zu viele Fragen, um sie ausführlich zu beantworten. Ich nehme das zum Anlass, um einmal einen Post explizit zu dem zu schreiben, was man Mehrfachdiskriminierung nennt. Die Genderisten reden in diesem Zusammenhang von Intersektionalität, was natürlich immer von weiblich aus gedacht werden muss, weshalb der Begriff unsinnig ist … Aber gut. Ein paar Infos:
Aus dem Leben einer “Arbeiterschichtsfrau”, die regelmäßig bis nach 19 Uhr arbeitet, genau wie ihr Mann: Elternabende sind immer vor 19 Uhr und entsprechend kann sie nicht teilnehmen, ebensowenig wie ihr Mann. Einfache und effiziente Weise, die Arbeiterschicht fern zu halten und sich über ihr Fernbleiben zu beklagen:
ansonsten gilt die folgende Diskriminierungshierarchie (von unten):
ganz unten sind männliche Migranten (die haben wirklich verloren),
dann kommen männliche Kinder aus der Unterschicht, vermutlich dicht gefolgt von weiblichen Migranten (Migranten zählen generell zur Unterschicht),
dann kommen deutsche Jungen aus der Unterschicht,
deutsche Jungen und Mädchen aus der Unterschicht und schließlich,
deutsche Mädchen.
Einiges an Datenmaterial dazu findet sich im Buch von Dr. habil. Heike Diefenbach, manches in den Lau-Studien und in PISA.
Entschuldigung, Herr Klein, aber “aus dem Leben einer “Arbeiterschichtfrau”” kann ich nicht ganz zustimmen. Hier bei uns beginnen Elternabende (Grundschule und Gymnasium) immer NACH 19 Uhr (19:30 Uhr, um genau zu sein). Aber vielleicht leben wir in einem Tal der Glücklichen, wie ich ja schon einmal vermutete!
Elternabende waren nur ein Beispiel. Wie sieht’s denn dann bei Elternsprechtagen aus, also den Tagen wo Lehrer einen Tag lang für Gespräche mit den Eltern zur Verfügung stehen?
Wenn die bezeichnete “Arbeiterschichtfrau” regelmäßig bis 19 Uhr arbeitet, fängt Sie – bei üblichen 8 Stunden Arbeitszeit und einer Stunde Pause – um 10 Uhr mit der Arbeit an. Selbst noch Fahrtzeiten eingerechnet, wären Gesprächstermine ab 8 Uhr sicher möglich, vorausgesetzt Sie/Er hat überhaupt ein Interesse daran! Machbar ist vieles, sofern man es will.
Die Frage ist die, beeinflußt es die Wertung der Lehrer wenn die Eltern offensichtlich kein Interesse am Werdegang ihres Sprößlings haben?
Hallo dentix07,
nun, dass es bei Ihnen anders ist, ändert nichts daran, dass es bei der von mir zitierten Arbeitschichtfrau so ist, wie ich es dargestellt habe. Woanders mag das anders sein. Es ging auch nur darum, einen dieser kleinen banalen Mechanismen zu nennen, die eingesetzt werden, um sozial zu stratifizieren. Der nächste findet sich in der unhinterfragten Notwendigkeit für Eltern in der Schule anzutanzen und mit Lehrern zu reden. Wozu? Können Lehrer ihren Job nicht mehr machen, wenn sie nicht ständig mit Eltern reden? Warum sollen Elternbesuche in der Schule einen Einfluss auf die Leistung ihrer Sprößlinge haben. Ich sehe bei solchen Degradierungsstrategien eigentlich nur einen Zweck: Die An/Abwesenheit von Eltern als Grund für eine Diskriminierung der Sprößlinge zu missbrauchen…
@dentix07
Herr “dentix”,
es gibt – wenig überraschend – tatsächlich keine wissenschaftliche Forschung darüber, ob oder wie es die Wertung der Lehrer beeinflusst, wenn Eltern nicht zu bestimmten, von der Schule angesetzten und für wichtig befundenen Terminen erscheinen, denn derzeit sind Forschungen, die die Bildungsinsitutionen kritisch beleuchten, ein sehr seltenes Gut.
Es herrscht unter Sozialwissenschaftlern leider wie anscheinend auch bei vielen anderen Menschen die vorgefasste Meinung, was in diesen Institutionen vorginge, sei gerechtfertigt, begründet, im Interesse der Beschulten und ihrer Eltern etc. Sie z.B. scheinen ja auch der Meinung zu sein, dass es, wenn Eltern nicht zu den festgesetzten Terminen erscheinen, “offensichtlich” auf ein nicht vorhandenes Interesse auf Seiten der Eltern “am Werdegang ihres Sprößlings” zurückzuführen sei.
Was die “Arbeiterschichtfrau” betrifft, so kann ich bestätigen, was Herr Klein schreibt, und kann außerdem anfügen, dass es keineswegs nur für Arbeiterschichtfrauen, sondern auch für Arbeiterschichtmänner gilt, dass schulische Termine nicht an ihre Lebensbedingungen angepasst sind, sondern an die einer Mittelschicht mit Gleitzeit, Teilzeit oder traditioneller geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung. Es sind die Menschen aus der Arbeiterschicht, die Schicht arbeiten, die vorrrangig die Berufe haben, die für die Mittelschicht eher ungewöhnliche Arbeitszeiten involvieren (z.B. Zimmerservice und Frühstücksservice im Hotel, der morgens um 5 Uhr beginnt, Nachtwächter, LKW-Fahrer, Müllabfuhr, Straßenarbeiten, Busfahrer Putzkolonnen, die entweder in den Abend- oder Nachtstunden oder in den frühen Morgenstunden arbeiten), und außerdem haben sie durchaus des öfteren mehrere Jobs, die aufeinander abzustimmen schon schwer genug ist, auch ohne “verwaltungstechnisch” vorgegebene Termine zur Vorsorgeuntersuchung beim Arzt oder Termine, die die Schule setzt.
Kurz: Ja, Sie leben offensichtlich in einem Tal der Glücklichen, in dem machbar ist, was man machen will, und man eher wenige ernstzunehmende Sachzwänge kennt. (Ich würde “Glück” allerdings anders definieren als durch die Abwesenheit einer Arbeit, die mir sinnvoll erscheint und die mich in Anspruch nimmt und die mir das Gefühl von Selbstwirksamkeit gibt und durch die Abwesenheit der Erfordernis, wirklich widrige Umstände zu bewältigen, echte Wahlen zu treffen zwischen dem, was geht und was ich will und dem, was nicht geht oder was ich nicht will).
Das ist aber ohnehin nicht der Punkt, denn der Punkt ist vielmehr: Wie kommt man auf die Idee (geschweige denn: wie rechtfertigt man sie), dass ein öffentliches Bildungssystem, das für sich in Anspruch nimmt, Kinder ab einem sehr zarten Alter sozialisieren und bilden (was immer das auch bedeuten mag) zu wollen und zu müssen, weil Eltern für mehr oder weniger imkompetent dafür gehalten werden, voraussetzen dürfe, dass Eltern gefälligst die Vorgänge in der (Pflicht!)Schule zu unterstützen hätten und sich zu ihren Instrumenten machen müssten.
Und selbst dann, wenn man das akzeptieren würde, würde sich die Frage stellen, wieso in einem Bildungssystem, das angeblich meritokratisch funktioniert, das Wohlverhalten und Engagement der Eltern relevant sein soll statt der Leisungsbereitschaft und -fähigkeit der Schüler. Ich weiß, Sie werden natürlich argumentieren, dass das Engagement der Eltern für die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Kinder wichtig ist, und hierzu gibt es genügend Forschung, aber es gibt ebenso viel Forschung, die zeigt, dass diese Variable eine unter vielen ist, die Schulerfolg erklärt, und die Varianz, die sie erklärt, muss nicht als Hinweis darauf gewertet werden, dass das Elternengagement tatsächlich dazu führt, dass Kinder irgendetwas besser können oder lernen als sie es ohne die Eltern getan hätten, die den Elternabend besuchen. Es kann ebenso gut als Hinweis darauf gewertet werden, dass Lehrer das Elternengagement entweder voraussetzen, statt selbst die Verantwortung für den Lernerfolg der Schüler zu übernehmen, oder dass sie Schüler schulkonformer Eltern einfach besser bewerten. In diesem letzeren Fall wäre Ihre Frage beantwortet, aber leider gibt es keine Forschung, die festzustellen versucht, welche Effekte genau das Elternengagement (in verschiedenen Formen, nicht nur des Erscheinens zu von der Schule gesetzten Terminen, aber auch diesen) hat. Diese Forschung gibt es, wie gesagt, leider deswegen nicht, weil anscheinend sehr viele Leute einfach ihre unhinterfragte Prämisse an die Betrachtung von Bildungssystem und Bildungserfolg herantragen, nach der Elternengagement (in jeder Form und immer) nützlich sei oder erwartet werden dürfe.
Ich habe mir gerade einmal den aktuellen Stand (18.12.2012, 12.10 englischer Zeit) der Befragung sowie die Kommentare angesehen und war erstaunt feszustellen, dass kein einziger der 51 Abstimmenden ein inhaltliches Argument für oder gegen eine stärkere Privatisierung des Bildungsangebotes im blog angefügt hat.
Auf der Seite derer, die sich dafür aussprechen (derzeit die klare Mehrheit) ist das vielleicht noch verständlich, weil man vermuten kann, dass sie sich den Argumenten anschließen, die oberhalb der Befagung im post genannt sind.
Aber bei denen, die sich dagegen aussprechen, ist das doch einigermaßen erstaunlich. Offensichtlich ist ihre Einschätzung nicht durch irgendwelche rationale Argumente begründet, sondern rein affektiv, oder sie haben den vagen Eindruck, sie hätten Argumente, die aber ebenso vage sind, so dass die “Negativabstimmer” anscheinend selbst denken, dass sie anderen nicht mitteilbar sind, jedenfalls nicht mit der Chance auf Aussicht, ernstgenommen zu werden.
Ich halte für den Augeblick entsprechend fest:
23,5 Prozent unserer zugegebenermaßen noch kleinen Stichprobe haben zwar eine Meinung, die ihnen wichtig genug ist, sie öffentlich mitzuteilen, aber keine Argumente, die sie selbst als stichhaltig genug einschätzen, um öffentlich mitgeteilt zu werden. D.h. fast ein Viertel der Antwortenden weiß nicht, warum sie der Meinung sind, der sie (anscheinend) sind oder halten die eigene Meinung für nicht vertretbar. Dennoch scheuen sie sich nicht, ihre Meinung öffentlich kundzutun.
Ich kann nur hoffen, dass dieses auf unserer (noch) sehr kleinen Stichprobe beruhende Ergebnis in einer größeren Stichprobe verschwinden würde, denn das wäre doch wirklich ein Albtraum: Fast ein Viertel Überzeugungstäter oder ein Viertel staatsdienliche Zombies – es ist doch gleichermaßen erschreckend.
dass Frauen von Natur aus heller sind, muss eine Mehr Föderung der Jungs erfolgen, das verlangt schon der Üeberlebenskampf( männlich)!