Pressefreiheit – Das Gut, das Journalisten nicht nutzen wollen
Pressefreiheit ist eines dieser Buzzwörter. Fast jeder weiß, dass Pressefreiheit wichtig ist. Pressefreiheit ist positiv konnotiert, und wer für Pressefreiheit kämpft, kann sich der Zustimmung derer, die demokratische Werte hochhalten, sicher sein.
So haben bereits 2009 48 europäische Chefredakteure und leitende Journalisten die European Charta on Freedom of the Press unterschrieben. Die Initiative, die in der EU-Administration auf breite Zustimmung, wenn nicht helle Freude gestoßen ist, schreibt in ihrer Charta u.a.:
Die Freiheit der Presse ist lebenswichtig für eine demokratische Gesellschaft. Journalistische Medien aller Art zu achten und zu schützen, ihre Vielfalt sowie ihre politischen, sozialen und kulturellen Aufgaben zu respektieren, ist Auftrag aller staatlichen Macht.
Und weiter:
Zensur ist untersagt. Unabhängiger Journalismus in allen Medien ist frei von Verfolgung und Repressalien, ohne politische oder regulierende Eingriffe des Staates zu garantieren. Presse und Online-Medien dürfen nicht staatlicher Lizenzierung unterworfen werden.
Es sind schon interessante Zeiten, in denen 48 Chefredakteure und leitende Journalisten in die Arme des Staates laufen, dessen Kontrollinstanz sie nach Ansicht von der Realität längst überholter Politikwissenschaftler und ihrer Demokratietheorien doch sein sollten, um ausgerechnet bei diesen Mächtigen darum zu werben, doch bitte die eigene Freiheit nicht einzuschränken.
Der Begriff von der staatlichen Macht ist hier besonders aussagekräftig, ist Macht doch seit Max Weber seine entsprechende Definition publiziert hat als Fähigkeit Dritten seinen Willen aufzuzwingen und sie zu Handlungen zu veranlassen, die sie von sich aus nicht ausgeführt hätten, definiert. Was die 48 Chefredakteure und leitenden Journalisten mit ihrem Kotau vor der staatlichen Macht also wirklich ausdrücken, ist die Hoffnung, dass staatliche Macht ihnen nicht vorgibt, was sie zu schreiben haben – dazu später.
Staatliche Akteure und ihre Verwaltung haben sich in westlichen Demokratien die Pressefreiheit immer wieder gerne zum Gegenstand gemacht, um zu zeigen, wie liberal, frei und demokratisch sie doch sind. Ja, Verwaltungen kämpfen gar für das, was Journalisten eigentlich zu ihrem Berufsethos machen sollten: Pressefreiheit.
Zum Beispiel die Europäische Kommission;
Die Europäische Kommission, deren Mitglieder gerne mit Lügen an die Öffentlichkeit treten, wohlwissend, dass die meisten der freien Pressevertreter fraglos alles schlucken, was ihnen präsentiert wird, diese Europäische Kommission hat den 3. Mai, den Tag der Pressefreiheit, zum Anlass genommen, um auf die 800.000 Euro hinzuweisen, die die EU-Kommission sich den Kampf für Pressefreiheit kosten läßt.
Dazu wird z.B. europaweit ein Netzwerk von Anwälten aufgebaut und unterhalten, Anwälten, die Journalisten vor allem dann helfen sollen, wenn jemand versucht, die Themen, die sie bearbeiten und veröffentlichen, zu beeinflussen. Eine Menge anderer Anwälten wird bezahlt, um Opfern von Journalisten, die Falsches über sie berichtet haben, in ihren Klagen auf Wiedergutmachung zu unterstützen, ein “real-time mapping of violations of media freedom and plurality” wird finanziert und die Überwachung der Pressefreiheit in Italien, Südosteuropa und der Türkei wird vordringlich betrieben.
Die EU-Kommission tut was.
Aber ist es auch notwendig?
Kann man erwarten, dass Chefredakteure und leitende Journalisten die zum Staat laufen, um ihre eigene Freiheit sichern zu lassen, überhaupt bemerken würden, wenn ihnen die Pressefreiheit eingeschränkt wird? Muss man in westlichen Demokratien mit ihren Medien, die sich weder in dem, worüber sie berichten noch in der Art und Weise, wie sie darüber berichten und vor allem nicht darin, worüber sie nicht berichten, kaum unterscheiden, überhaupt die Pressefreiheit verteidigen?
Pressefreiheit als solche wird doch genau dann relevant, wenn das, was in Medien steht, der “staatlichen Macht”, wie die Chefredakteure und leitenden Journalisten so gut wissen, nicht passt. Anders formuliert: Pressefreiheit beschreibt ein Recht, das von Journalisten genutzt werden muss, z.B. durch Recherche und Nachforschungen, durch kritisches Hinterfragen usw. So lange Journalisten dieses Recht nicht nachfragen, so lange sie nichts publizieren, was der staatlichen Macht nicht passen könnte, so lange Journalisten auf dem Mainstream reiten und sich nicht trauen, mit Konventionen zu brechen, so lange kann staatliche Macht die Pressefreiheit problemlos garantieren, denn niemand fragt sie nach oder klagt sie gar ein.
Öffentliche Medien, mit ihren von dpa oder Reuters gelieferten Texten und Bildern, sind die letzten, die Angst vor Eingriffen in die Pressefreiheit haben müssten. Warum sollte etwa die EU-Kommission offen Pressefreiheit einschränken, wo doch kaum ein Journalist auf die Idee kommt, sie zu nutzen und kritisch zu fragen. Kritische Fragen, Themen, die nicht “mainstream” sind, investigativen Journalismus, das alles findet man nicht mehr in etablierten Medien. Man findet es im Internet, in verschiedenen Foren und Blogs, in sozialen Netzwerken und bei alternativen Medien, bei all denen, die in etablierten Medien totgeschwiegen werden, denn in etablierten Medien herrscht die Angst vor der Pressefreiheit.
Die 48 Chefredakteure und leitenden Journalisten hätten den blanken Horror, wenn einer ihrer jungen Kollegen auf die Idee käme, z.B. die Ausgabenstruktur der EU-Kommisson oder deutscher Ministerien zu untersuchen und die Günstlings-Netzwerke auszuheben. Der blanke Schrecken wäre ihnen ins Gesicht geschrieben, käme ein Redakteur auf die Idee, die herrschende Ideologie zu hinterfragen und nicht die offizielle Lesart zu Klimawandel, Benachteiligung von Frauen, Kinderknappheit, Steuerhinterziehung, Atomausstieg, Gentechnologie oder Banken Bashing unterschreiben. Nein, Pressefreiheit ist ein gefährliches Gut, das man besser nicht zur Anwendung bringt.
Und deshalb wird die Pressefreiheit mit Zähnen und Klauen gegen alle diejenigen verteidigt, die auf die Idee kommen, sie zu nutzen. Deshalb gibt es eine unheilige Allianz zwischen Journalisten und staatliche Akteuren, deshalb werden die Journalisten von Kontrolleuren, die sie sein sollten, zu Bittstellern bei denen, die sie kontrollieren sollten.
Weil Journalisten nach eigener Auffassung heutzutage Bittsteller bei der staatlichen Macht sind, sind sie vom Wohlwollen der staatlichen Macht abhängig, und dieses Wohlwollen wird besser nicht durch die Nutzung von Pressefreiheit gefährdet, dadurch, dass man die Rede von der Vielfalt, der Diversität oder dem Pluralismus der Meinung ernst nimmt und am Ende etwas publiziert, was vom Mainstream abweicht.
Natürlich passt die Selbstdefinition als Bittsteller nicht zum Make-up der Persönlichkeit vieler Journalisten. Sie prodziert vielmehr eine kognitive Dissonanz, wenn sie mit der Grandeur konfrontiert wird, die sich viele Journalisten selbst zuweisen. Und hier kommt den meisten ihre ausgeprägte Phantasielosigkeit, ihre Vasallentreue und Konformität zur Hilfe: Um unter Dissonanzen zu leiden, muss man sie wahrnehmen. Kennen Sie einen Journalisten, der darunter leidet, dass er Mainstream-Inhalte bearbeitet, der gerne etwas Abweichendes schreiben würde, bei dem die Phantasie und der Mut ausreichen, um etwas Abweichendes überhaupt zu denken?
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Aktuelles Beispiel: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/wirtschaft-eurozone102.html
Natürlich mit deaktivierter Kommentarfunktion, so wie es sich für die aktuelle Kamera gehört.
Dazu passend auch die schon ein paar Tage alte Feststellung im CICERO: Journalisten verschlafen die Pressefreiheit
Eine Petition, die für ein Presseauskunftsgesetz streitet, interessiert sie nicht.
http://www.cicero.de/berliner-republik/presseauskunftsgesetz-journalisten-verschlafen-die-pressefreiheit/57502
Petition schön und gut, aber was soll das mit Presseauskunftsrecht? Was sollen dann erst die Bäcker machen welche ein Backzutatenauskunftrecht brauchen damit sie, unbewusst oder unwissend, keine gesundheitsschädlichen Sachen verbacken und sich damit einen um den anderen Kunden vergraulen? Schon ‘mal ‘dran gedacht: wie soll der Backwarenkunde seinem Bäcker auf den Zahn fühlen können? Das Auskunftrecht kann doch kein Privileg sein/werden sondern es ist eine (über)lebensrelevante Notwendigkeit für unser Gesellschaftssystem namens “moderner, nicht-mittelalterlicher” Staat.
Wenn schon Auskunftrecht, dann Eines für Alle, sonst wird kein Schuh ‘draus, sondern nur wieder ein weiteres Privileg dessen Missbrauch und Gebrauch einem willkürlich agierenden Klüngel (analog Gendermafiosx) vorbehalten bleibt.
http://www.welt.de/vermischtes/article125795789/Boeing-soll-gezielt-Richtung-Andamanen-geflogen-sein.html
“Was wir sagen können”, erklärt ein dritter anonymer Informand aus Kreisen der malaysischen Polizei, “dass wir nun in Richtung Sabotage ermitteln und weiterhin eine Entführung nicht ausschließen”.
Fehler passieren, das mag sein. Aber eine Zeitung sollte die Möglichkeit des Gegenlesens benutzen und derartige Patzer korrigieren. Besonders ärgerlich ist jedoch die naive Unwissenheit der Korrespondentin Sophie Mühmann, die offensichtlich glaubt, wenn sie schreibt:
“Gleichzeitig lenkt eine andere ernstzunehmende Fährte das Augenmerk wieder nach Osten: Erdbebenforscher der renommierten “Hefei Universität für Wissenschaft und Technologie” haben um 2 Uhr 55 in der Nacht zum Samstag unter dem Meer zwischen Malaysia und Vietnam offenbar einen starken Ausschlag gemessen – circa anderthalb Stunden nach dem letzten Funkspruch des Flugs MH370 und 116 Kilometer nordöstlich seiner letzten bekannten Position.”
Abgesehen von der Diskrepanz zwischen der genannten Zeitspanne und der angegebenen Enfernung spricht ein starker Aussschlag unter dem Meer weniger für ein im Meer abgestürztes Flugzeug, als für ein Seebeben (die in dieser Region regelmäßig bis häufig auftreten). Diese Auffälligkeit ist der Jounalistin jedoch keines Gedankens würdig, denn sie faselt etwas von einer “ernstzunehmende[n] Quelle”. Die Begründung, die diesen Ausschlag mit Flug MH370 in Verbindung bringen sollte, bleibt die Asien-Dauerurlauberin ihren Diary -Lesern allerdings schuldig. Ein Flugzeug, das ins Meer stürzt wird sich im seismischen Muster wohl deutlich von einem Beben unterscheiden (Furz VS Orkan). Die Frage müß erlaubt sein, ob ein Aufprall eines Flugzeugs (mag es noch so groß sein) auf der Wasseroberfläche überhaupt seismische Reaktionen hervorrufen kann. Zweifel sind angebracht.
Brav gestreute Meldungen nachzuplappern und am besten gar nicht erst über Ungereimtheiten nachzudenken ist für Mainstream-Journalisten jedoch eine Existenz sichernde Maßnahme. Soweit kommt es noch, dass ein Mitarbeiter der “freien Presse” eine freie Meinung entwickeln könnte. Nicht jedenfalls so lange Burda & Co. da noch ein Wörtchen mitzureden haben.
Bei mir schleichen sich auch hin und wieder Fehler ein, aber selbst Gegenlesen funktioniert nicht gut und ohne Korrekturfunktion ist es nach dem Absenden leider zu spät. 🙂
So ein Klops, wie “Informand” ist für eine Journalistin und deren Redaktion mehr als nur peinlich.
Zum thema schreibfehler ist n24 immer in höchstleistung, man braucht nur mal die facebook seite zu überfliegen :’) proteste der nutzer (nicht nur hinsichtlich orthographischer fehler, sondern auch in blick auf pressefreiheit bzw gleichschaltung, ignoranz und quotenheischender formulierung – um einige beispiele zu nennen) werden anscheinend gezielt ignoriert und/oder meldungen die nicht der publizierten meinung entsprechen gelöscht.
Mittlerweile bin ich sogar der meinung das rechtliche schritte gegen diffamierende äußerungen / falschaussagen notwendig sind um zumindest teilweise arbeitsresultate erkennbar zu machen- wofür zahlen wir gebühr wenn medien nicht ihren pflichten nachgehen sondern unter anderem 1:1 kopien vorkontrollierter berichte veröffentlichen…
In Wahrheit schreiben Journalisten nicht für die Leser, sondern die Chefetage respektive den Chefredakteur: Der legt die Themen fest und nur was der durchwinkt und drucken lässt, wird bezahlt. Die Anzeigenabteilung hat natürlich auch noch ein Wörtchen mitzureden. Deswegen meldet sich auch keiner von den Autoren bei den Kommentaren zu Wort, zumal man vor Arbeits-/Auftragsantritt einen Knebelvertrag unterschreiben muss. Dieser regelt die Schadensersatzansprüche der Rechtsabteilung, sollte ein Mitarbeiter Details preisgeben, wie’s in den Läden zugeht. Alles was Ärger machen könnte, wird an auswechselbare Volontäre deligiert. Die kommen frisch von der Schule und freuen sich, wenn Sie ihren Namen in einem großen Blatt lesen können…macht sich dann gut in den Referenzen. So kann man gleichzeitig noch schön die Seitenpreise der freien Autoren drücken. Da geht’s nicht um Wahrheit, sondern ums Geschäft.
MfG
Es geht immer ums Geschäft. Wo ist das Problem?
Die spannende Frage ist doch: Was treibt Journalisten auch dann unvollständig und einseitig zu berichten, wenn es schlecht ist fürs Geschäft?
Ich halte es da eher mit Akif Pirincci: Deutschland unterhält über Zwangsgebühren das größte Medienunternehmen der Welt. Einem Unternehmen des jährliches Etat größer ist, als das aller Hollywood-Firmen zusammen und rein politisch geführt wird. Journalisten die sich diesem Unternehmen entgegenstellen, risikieren ihre Zukunft. Und selbst Journalisten die sich dem Staatskonzern entgegenstellen wollen, müssen sich an Redaktionen verdingen, die Hintergrundberichte oder gar investigativen Journalismus nicht mehr finanzieren können.
Vorteil der “These” Akif Pirincci: Sie kommt völlig ohne Verschwörung und geheime Hintermänner aus und argumentiert einfach mit Menschsein.
PS: Anführungszeichen tatsächlich ironisch gemeint. Deutschland von Sinnen ist natürlich kein wissenschaftliches Buch, sondern ein Buch in dem sich der Autor ganz wortwörtlich auskotzt.
PPS: Nein, Deutschland von Sinnen ist weder rechtsradikal, nocht frauenfeindlich noch ausländerfeindlich. Journalisten die das behaupten haben eines gemeinsam: Sie liefern keinen Beleg für ihre Behauptungen.
…Etwas stark, das Journalistenbashing hier. Klar gibt es auch heute noch gute investigative Journalisten. Man wünscht sich mehr davon…
Das
Wie wäre es mit Beispielen? Wo doch alles klar ist…
Hältst du dieses Projekt für ein gutes Beispiel? http://www.geheimerkrieg.de
So ein Quatsch “Die wichtigste Regel für Geheimdienste lautet: Lass dich nicht erwischen! Denn das Einzige, das Spione weltweit nicht dürfen, ist dabei ertappt zu werden, wie sie arbeiten.”
Jede gegnerische Seite weiss ganz genau, wie und was die andere Seite spioniert. Man macht fiktive (etc) Sachen und schaut nach was und wie davon ankommt und was nicht. Weiss doch jeder Anfänger.
Demokratie und Pressefreiheit sind leere Worte. Journalisten sind Menschen, und wie die meisten Menschen sind auch keine Helden und nicht bereit ihre Zukunft oder sogar das Leben weder für die Pressefreiheit noch für Demokratie zu opfern. Es gibt Ausnahmen, die aber die Regel bestätigen. Idealisten sind weltweit eine seltene Rasse, und oft werden ihre Mitglieder nicht alt. Das gilt auch für Politiker.
Es ist leider traurig aber wahr, dass die meisten Bürger (Europa) hätten alle Möglichkeiten sich zu informieren, aber dazu zu faul. Die Journalisten der sogenannten Mainstream-Medien sind “enbedded” und folgen die “Anweisungen” von bestimmten Kreisen. Die Wahrheit wird damit zum Grabe getragen. Die meisten Regierungen sind gewalttätig genug nicht zimperlich mit Leuten die, wenn auch berechtigt, gegen ihre Regeln stoßen vorzugehen.
http://mundderwahrheit.wordpress.com
Hat dies auf psychosputnik rebloggt.