Für alle Blogleser, die es noch nicht wissen: Sie können nichts ohne ihre Regierung, ohne Ministerien und Horden von Offiziellen, die sich um Sie kümmern, damit Sie verstehen, wissen und Verantwortung für das, was sie hoffentlich verstehen, übernehmen können. Falls Sie gedacht haben, Sie seien ein autonomes Individuum, begabt mit einem eigenen Urteilsvermögen, falls Sie der Besitz einer Promotion oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung zu der irrigen Meinung verleitet hat, sie seien den Mausschubsern aus Ministerien intellektuell überlegen und würden auch den durchschnittlichen Politiker in “Stadt, Land, Fluss…” spielend schlagen, räumen Sie mit ihrer Selbstüberschätzung auf. Sehen Sie ein, Sie bedürfen der Leitung, Führung, Fürsorge und Paternalisierung durch fähige Verwalter und Politiker mit oder ohne abgeschlossenem Studium, mit oder ohne abgeschlossener Berufsausbildung, mit oder ohne Intelligenz: damit Sie verstehen.
Verstehen müssen Sie nämlich unter anderem Gesetztestexte, und Gesetzestexte, das ist allseits bekannt, sind weithin nicht zu verstehen. Selbst Richter, wie der frühere Leipziger Landrichter Manfred Ommeln verstehen Gesetzestexte nicht. Nicht weil die Gesetzesmacher zu intelligent sind und sich in einer Form Habermasianischem Gebrabbel über den Intelligenzquotienten der Mehrheit erheben. Nein. Sie verstehen Gesetzestexte nicht, weil viele Gesetzestexte Ansammlungen sinnloser Sätze sind, die auf noch sinnlosere Sätze verweisen, die sich an anderer Stelle im selben oder einem anderen Gesetz finden, weil sie voller Verweise sind, die – was Manfred Ommeln in seiner Lektüre des Sozialgesetzbuches fast zum Wahnsinn getrieben hat, die auf etwas verweisen, was es nicht, noch nicht oder nicht mehr gibt.
Aber: Hilfe ist auf dem Weg.
Denn: am 8. Oktover 2013 “fand im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die Veranstaltung ‘MACHT POLITIK SPRACHE … verständlich?‘ statt, zu der neben den vortragenden Experten auch die Öffentlichkeit eingeladen war”.
Falls Sie sich bislang als Teil der Öffentlichkeit gesehen haben und keine Einladung in ihrem Postfach gefunden haben, dann wissen Sie jetzt: Sie sind zumindest nicht Teil der eingeladenen Öffentlichkeit, was sich auch schnell erklärt, denn:
Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sich einig: Gesetzer und Gesetzinnen müssen für alle Bürgerinnen und Bürger verständlich sein.
“So fanden sich Interessierte aus Parlament, Bundesministerien, Justiz, Verbänden, Universitäten und Netzwerken zusammen, um nach den 3 Vorträgen über sehr verschiedene Arten des Verständlichmachens zu sprechen: Kann man Schreiben vom Gericht verständlicher machen? Wie arbeitet die Gesetzesredaktion für die Bundesregierung? Und wie kann man z.B. gehörlosen Menschen den Zugang zu schriftlichen Texten erleichtern?
Wie Sie sehen, sind die Rollen im “Verständlichermachen” eindeutig verteilt. Wenn Sie einen Text nicht verstehen, dann liegt das nicht daran, dass der Text nicht verständlich ist. Nein – schon gar nicht, wenn es ein offizieller, ein Gesetzestext ist. Nein, derart Sätze sind immer verständlich, nur das Verständlichmachen scheitert in der Regel, woran, na: an ihrem Intellekt, dem bislang selbst verständliche Texte nicht verständlich gemacht werden können. Ist es nicht schön, welche Vorstellungen unsere Vertreter in den Ministerien von uns Dummen haben.
Aber: Sie wollen uns natürlich nicht im Regen stehen lassen, uns nicht dabei zusehen, wie wir perfekt verständliche Sätze nicht verstehen können, und deshalb lassen sie sich herab, um schier unlösbare Aufgaben zu lösen, also die Aufgabe, Ihnen und uns einen einfachen Text so verständlich zu machen, dass er auch von Ihnen und uns mit unseren beschränken Mitteln verstanden wird.
Und auch anderen Behinderten wird von den Selbstlosen geholfen, nämlich den Gehörlosen, für die sich die Experten und die eingeladene Öffentlichkeit abgemüht haben, eine Möglichkeit zu finden, um ihnen den Zugang zu schriftlichen Texten zu erleichtern. Eine schier unlösbare Aufgabe, die wiederum uns mit Mitleid erfüllt hat, so dass wir beschlossen haben, den Experten und der geladenen Öffentlichkeit zur Seite zu springen. Es ist ganz einfach, ihr Experten, man macht Gehörlosen schriftliche Texte in der selben Weise verständlich, wie man Blinden akkustische Signale verstänlich macht. Simpel, oder?
Nachdem die Experten, die drei Experten und die geladene und erschienen Öffentlichkeit derart schwierige Fragen diskutiert hat, kam Dr. Stefanie Hubig, Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und hat betont (vermutlich hat sie in der Kunst der Betonung von Silben zum Zwecke des Verständlichmachens schriftlicher Zeichen für Taube promoviert). Hubig betont, sie betont das folgende zu Betonende, das aus Gründen des Verständlichmachens betont werden muss:
“… gute Regelungen zeichneten sich dadurch aus, dass sie möglichst knapp und verständlich formuliert seien. Denn „Bürgerinnen und Bürger sind in einem aufgeklärten Zeitalter mehr als nur ‚Rechtsunterworfene‘: Als Staatsbürger und Staatsbürgerinnen in einer Demokratie wollen und müssen sie das Recht nicht nur verstehen, sondern auch verantworten und verändern. Voraussetzung hierfür ist aber, dass Gesetze verständlich sind“. Die Bundesregierung trete daher für eine bessere, verständlichere Rechtssetzung ein.”
Falls Sie es also ebenso wenig wie wir gewusst haben, Sie wollen Verantwortung für z.B. das Arbeitnehmerentsendegesetz übernehmen, nicht nur das, Sie wollen es auch verstehen. Sie sind nicht dem Recht unterworfen, nein, Sie haben Mitsprache, dürfen verändern, sofern sie die verständlichen Gesetze verstehen. Wir leben nämlich in einem aufgeklärten Zeitalter und da haben die Macher verständlicher Gesetze beschlossen, dass wir, also Sie und wir, dann, wenn wir gezeigt haben, dass wir Gesetze verstehen, die entsprechenden Gesetze verändern dürfen, was natürlich Anarchie bedeutet und damit es nicht soweit kommt, sind Gesetze so zu fassen, dass sie ein mit normalem Verstand Ausgestatteter nicht verstehen kann – nur so kann die demokratische Despotie der Bildungsimaginierer in ihrer ignoranten Arroganz überleben.
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So sehr die Frage, wie man z.B. gehörlosen Menschen den Zugang zu schriftlichen Texten erleichtern kann, amüsiert – Ihre Kritik an dem hervorgehobenen Zitat von Dr. Stefanie Hubig kann ich nicht nachvollziehen. Wir als Gesellschaft sind selbstverständlich aufgerufen (verpflichtet geht wirklich zu weit), unsere Gesetze zu verantworten und zu verändern. Sicherlich nicht auf anarchischem Wege Jeder für sich selbst, aber über öffentliche Meinungsbekundungen, und, in letzter Konsequenz, über unser aktives und passives Wahlrecht. Und dazu muss/sollte man die Gesetze verstehen. Ich sehe mich auch nicht nur als “Rechtsunterworfener”, sondern habe eine Meinung, die ich in dem von mir gewählten Rahmen auch vertrete – und damit im Idealfall eine Veränderung erreichen kann. Dies kann ich sachlich und kompetent nur, wenn ich den Sachverhalt auch verstehe. Den letzten Satz des Zitats haben Sie m.E. im Sinn einfach umgedreht, da Dr. Hubig und die Bundesregierung für eine bessere, verständlichere Rechtssetzung eintreten. Wenn Sie ihr nicht glauben, dass dies ernst gemeint ist, ist das Ihr gutes Recht. Aber ganz sauber finde ich Ihre Kritik daran nicht.
Aber Sie können schon nachvollziehen, dass es einen Unterschied macht, ob man von welchen, die sich für hyperintelligente Politiker halten, belehrt und paternalisiert wird oder ob man als Mensch mit eigenem Urteilsvermögen ernst genommen wird?
Na dann wissen wir doch zumindest, dass in Ministerien und bei Politikern die Überzeugung vorherrscht, die Bevölkerung, also alle abzüglich Politiker und Ministeriale sei geistig behindert. …
Das wollte ich sagen … und danke für die verlinkten Regeln. Nun stelle man sich diese verbunden mit der Gender-Sprache vor! Aus dem Regelwerk:
“Schlecht: Das Haus des Lehrers. Des Lehrers Haus.
Gut: Das Haus von dem Lehrer. Das Haus vom Lehrer.” 🙁
Gender-Gut müßte demnach heißen: “Das Haus von der Lehrerin und dem Lehrer. Das Haus vom Lehrpersonal.” Das konterkariert die “Leichte Sprache” gleich noch 😀
Wenn die derzeit herrschenden staatsfeministischen Ideologen davon sprechen, Gesetze für “Bürgerinnen und Bürger” leichter verständlich zu machen, damit “Bürgerinnen und Bürger” diese anschließend verändern können, kann das nur bedeuten, dass sie selbst zu dumm sind die Gesetzestexte zu verstehen, die sie nach ihrem ideologischen Willen umgestalten wollen, das aber auf Grund ihrer Dummheit noch nicht können. Weder hatten früher Bürger, noch haben heute “Bürgerinnen und Bürger” die Möglichkeit, selbst die Feder zur Korrektur von Gesetzen anzulegen und das aus gutem Grund.
Bevor man sich darüber lustig macht, dass gehörlose deutsche Texte lesen können sollten. Dem ist nicht unbedingt so. Deutsch ist für Gehörlose die eine der Gehörlosensprachen von Kind auf sprechen eine Fremdsprache mit einer anderen Syntax, Vokabular und Grammatik. Also so absurd ist die Forderung Gesetzestexte auch gehörlosen näherzubringen nicht.
Absurd ist jedoch, dass diese Forderung genau aus den Kreisen kommt, welche bisher alles daran gesetzt haben die Regeln der deutschen Grammatik außer Kraft zu setzten. Wer nicht in der Lage ist den Sinn und Zweck von Kollektivbegriffen zu erfassen und daraufhin den Zuhörer mit unsinnigen Wortphrasen belästigt, sollte tunlichst daran gehindert werden, sich noch mehr an der Sprache zu vergehen. Wer “Radfahrende” davon abhalten will auf dem “Bürgerinnen- und Bürgersteig” zu fahren, damit “zu Fuß gehende” nicht gefährdet werden, hat jedes Mitspracherecht in dieser Angelegenheit verwirkt.
Das mag durchaus richtig sein.
Ich verlange aber von Leuten die sich beruflich mit Sprache befassen und diese sogar verbessern wollen ein Gespür für komisch wirkende Formulierungen.
Dass ich da zu viel erwarte ist mit klar wenn ich allein den Titel im modernen Substantiv-Dummdeutsch sehe.
So sehr die Frage, wie man z.B. gehörlosen Menschen den Zugang zu schriftlichen Texten erleichtern kann, amüsiert – Ihre Kritik an dem hervorgehobenen Zitat von Dr. Stefanie Hubig kann ich nicht nachvollziehen. Wir als Gesellschaft sind selbstverständlich aufgerufen (verpflichtet geht wirklich zu weit), unsere Gesetze zu verantworten und zu verändern. Sicherlich nicht auf anarchischem Wege Jeder für sich selbst, aber über öffentliche Meinungsbekundungen, und, in letzter Konsequenz, über unser aktives und passives Wahlrecht. Und dazu muss/sollte man die Gesetze verstehen. Ich sehe mich auch nicht nur als “Rechtsunterworfener”, sondern habe eine Meinung, die ich in dem von mir gewählten Rahmen auch vertrete – und damit im Idealfall eine Veränderung erreichen kann. Dies kann ich sachlich und kompetent nur, wenn ich den Sachverhalt auch verstehe. Den letzten Satz des Zitats haben Sie m.E. im Sinn einfach umgedreht, da Dr. Hubig und die Bundesregierung für eine bessere, verständlichere Rechtssetzung eintreten. Wenn Sie ihr nicht glauben, dass dies ernst gemeint ist, ist das Ihr gutes Recht. Aber ganz sauber finde ich Ihre Kritik daran nicht.
Aber Sie können schon nachvollziehen, dass es einen Unterschied macht, ob man von welchen, die sich für hyperintelligente Politiker halten, belehrt und paternalisiert wird oder ob man als Mensch mit eigenem Urteilsvermögen ernst genommen wird?
Ich befürchte die Veranstaltung ‘MACHT POLITIK SPRACHE … verständlich?’ geht tiefer. So gibt es in der Einladung den Hinweis auf die “leichte Sprache”:
http://www.goethe.de/lhr/prj/d30/ver/de13059114v.htm
Wer nicht weiß, was das ist, siehe bitte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Leichte_Sprache
Ein mich erschreckendes Beispiel, von meinen Steuergeldern finanziert:
http://epaper.das-parlament.de/2014/40_41/page30.html#/26
Na dann wissen wir doch zumindest, dass in Ministerien und bei Politikern die Überzeugung vorherrscht, die Bevölkerung, also alle abzüglich Politiker und Ministeriale sei geistig behindert. …
http://www.leichtesprache.org/downloads/Regeln%20fuer%20Leichte%20Sprache.pdf
Nett.
Das wollte ich sagen … und danke für die verlinkten Regeln. Nun stelle man sich diese verbunden mit der Gender-Sprache vor! Aus dem Regelwerk:
“Schlecht: Das Haus des Lehrers. Des Lehrers Haus.
Gut: Das Haus von dem Lehrer. Das Haus vom Lehrer.” 🙁
Gender-Gut müßte demnach heißen: “Das Haus von der Lehrerin und dem Lehrer. Das Haus vom Lehrpersonal.” Das konterkariert die “Leichte Sprache” gleich noch 😀
Demnach ist nicht mehr der Dativ dem Genitiv sein Tod, sondern die Leichte Sprache.
Künftig hat also zu gelten:
Der Genitiv hat tot zu sein. Es lebe die Leichte Sprache!
Wenn die derzeit herrschenden staatsfeministischen Ideologen davon sprechen, Gesetze für “Bürgerinnen und Bürger” leichter verständlich zu machen, damit “Bürgerinnen und Bürger” diese anschließend verändern können, kann das nur bedeuten, dass sie selbst zu dumm sind die Gesetzestexte zu verstehen, die sie nach ihrem ideologischen Willen umgestalten wollen, das aber auf Grund ihrer Dummheit noch nicht können. Weder hatten früher Bürger, noch haben heute “Bürgerinnen und Bürger” die Möglichkeit, selbst die Feder zur Korrektur von Gesetzen anzulegen und das aus gutem Grund.
Gehörlose können lesen? – das ist überraschend
Bevor man sich darüber lustig macht, dass gehörlose deutsche Texte lesen können sollten. Dem ist nicht unbedingt so. Deutsch ist für Gehörlose die eine der Gehörlosensprachen von Kind auf sprechen eine Fremdsprache mit einer anderen Syntax, Vokabular und Grammatik. Also so absurd ist die Forderung Gesetzestexte auch gehörlosen näherzubringen nicht.
Absurd ist jedoch, dass diese Forderung genau aus den Kreisen kommt, welche bisher alles daran gesetzt haben die Regeln der deutschen Grammatik außer Kraft zu setzten. Wer nicht in der Lage ist den Sinn und Zweck von Kollektivbegriffen zu erfassen und daraufhin den Zuhörer mit unsinnigen Wortphrasen belästigt, sollte tunlichst daran gehindert werden, sich noch mehr an der Sprache zu vergehen. Wer “Radfahrende” davon abhalten will auf dem “Bürgerinnen- und Bürgersteig” zu fahren, damit “zu Fuß gehende” nicht gefährdet werden, hat jedes Mitspracherecht in dieser Angelegenheit verwirkt.
Das mag durchaus richtig sein.
Ich verlange aber von Leuten die sich beruflich mit Sprache befassen und diese sogar verbessern wollen ein Gespür für komisch wirkende Formulierungen.
Dass ich da zu viel erwarte ist mit klar wenn ich allein den Titel im modernen Substantiv-Dummdeutsch sehe.