So kurz kann man den Kern derzeitiger demokratischer Systeme zusammenfassen, an dem ihr Wohl und Wehe hängt. Wie die erfolgreiche Benutzung von an sich wertlosem Papiergeld auf der geteilten Illusion von Wert ruht, so beruht das reibungslose Funktionieren von Demokratien auf der Illusion, Gewählte, also Politiker würden die Interessen der Wähler repräsentieren.
Wie absurd die Illusion ist, kann man schon daran sehen, dass der herkömmliche Bundestagsabgeordnete einen Wahlkreis mit rund 250.000 Wahlberechtigten vertritt. Selbst wenn ihn nur 125.001 der Wahlberechtigten wählen oder eine Mehrheit der 100.000, die zur Wahl gegangen sind, ist es für einen Abgeordneten unmöglich, die Interessen seiner Wähler zu repräsentieren. Geht man zudem davon aus, dass Abgeordnete eigene Interessen haben und dass ihnen die eigenen Interessen wichtiger sind als die Interessen auch nur eines ihrer Wähler, dann wird die Illusion hinter der Idee einer Repräsentation noch deutlicher.
Die Repräsentationsidee ist also empirischer Humbug, sie ist eine Illusion, eine demokratische Illusion, eine sehr wichtige demokratische Illusion, hängt doch das Funktionieren einer Demokratie davon ab, dass Wähler ihre Illussion, repräsentiert zu werden, aufrechterhalten können. Dabei spielen, wie schon Anthony Downs gezeigt hat, Ideologien eine wichtige Rolle.
Ideologien sind Systeme von Aussagen, in denen Zusammenhänge behauptet werden und Absichten bekundet werden. Ideologien beinhalten keine oder kaum empirische(n) Aussagen und keine Fakten. Sie sind Marketing-Botschaften, die verkündet werden, um Wähler zu werben, Slogans, die die eigene Marke als überlegen anpreißen sollen. So wie der Slogan “Clever Wählen” der Deutschen Telekom Kunden gewinnen soll, zielen die Slogans der Parteien, die in Ideologien, die als Programm bezeichnet werden, gesammelt sind, darauf, Wähler zu gewinnen.
Ideologien sind somit der Kitt, der die Illusion der Repräsentierung zwischen Wähler und Gewähltem schafft und beide zusammenhält, jedenfalls so lange die Diskrepanz zwischen beiden nicht zu groß wird.
Zwei Zutaten sind zur Aufrechterhaltung dieser Illusion notwendig: Eine angemessene Wahlbeteiligung und ein demokratischer Konsens unter Gewählten und ihren Parteien. Beide Zutaten hängen miteinander zusammen.
Den demokratischen Konsens kann man als Spielregeln des politischen Wettbewerbs ansehen: Ein Prinzip des politischen Wettbewerbs ist Meinungsfreiheit. Es gibt keine politischen Ideen, die nicht eingebracht werden können. Ein weiteres Prinzip ist das Verbot der Gewährung von Privilegien: Politische Akteure dürfen keine privilegierten Zugänge zu politischem Wettbewerb haben, und es dürfen keine Hürden aufgebaut werden, die den Zugang zum politischen Wettbewerb für neue Akteure erschweren.
Die Wahlbeteiligung ist der öffentliche Anzeiger für die Attraktivität der Produkte, die auf dem politischen Markt feilgeboten werden. Eine sinkende Nachfrage nach dem politischen Angebot, die sich z.B. in einer sinkenden Wahlbeteiligung niederschlägt, ist entsprechend ein Indiz dafür, dass die Illussion der Repräsentation zu bröcklen beginnt: Alle, die nicht wählen, beteiligen sich nicht an der Schaffung der so wichtigen Illussion. Folglich wird die Illusion von immer weniger Wählern geteilt, und es ist eine Frage der Zeit, bis die Illusion platzt wie der sprichwörtliche Luftballon.
Es sei denn das politische Angebot wird durch ein neues, attraktives Produkt erweitert, was allerdings voraussetzt, dass neue politische Angebote auf den politischen Markt gelangen und dort in Wettbewerb zu den Angeboten treten können, die sich langsam zum Ladenhüter entwickeln. Deshalb ist der demokratische Konsens, der oben beschrieben wurde, so wichtig: Wird Meinungsfreiheit eingeschränkt, werden Ideen vom politischen Markt ferngehalten, werden Hürden gegen neue Anbieter politischer Ideen aufgetürmt und Privilegien an die alteingesessenen Anbieter verteilt, dann kann sich ein politisches System nicht verändern, nicht verjüngen. Es wird entsprechend dekadent, morbide, zum Selbstbedienungsladen für diejenigen, die von immer weniger Wählern in Ämter gewählt werden. Und mit diesem Niedergang transformiert die Demokratie zur Diktatur der Parteikarrieristen für die es immer offener nur noch darum geht, sich und die eigenen Vasallen zu versorgen.
Wie lange sich die Illusion der politischen Repräsentierung in einer solchen Situation halten kann ist eine Frage der Indoktrination, die man so stellen kann: Wie häufig sind traditionelle Wähler, die nicht rational wählen, sondern wählen weil sie immer gewählt haben, und wie häufig sind affektive Wähler, die sich vormachen, das Wählen sei in jedem Fall, unabhängig vom Angebot und unabhängig davon, wie unverschämt und offen sich die Mitglieder der politischen Klasse selbst bereichern bzw. ihre eigenen Hobbies Wählern zur Vorschrift machen, eine wichtige Angelegenheit.
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“Einer in der Zeitschrift «Science» veröffentlichten Studie zufolge können Kinder die Wahlentscheidungen Erwachsener allein anhand der Kandidatenfotos vorhersagen. Damit bestätigt die Studie von Professor Antonakis (UNIL), dass unsere politischen Entscheidungen stark von Äusserlichkeiten bestimmt werden.”
Demokratie mit dem Instrument der Wahl sind sowieso absurd. Mein Nachbar hat nicht das Recht an mir und an dem Ergebnis meiner Hände Arbeit. Rechte die er nicht hat kann er auch nicht delegieren. Voila.
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Es ist schön zu sehen, dass hier dem modernen Gott Demokratie auf den Zahn gefühlt wird. Prof. Dr. David Dürr aus der Schweiz macht das auch in diesem Video: http://tinyurl.com/qjsmyuw
Mit der Partei, die diesen Vortrag veranstaltet, habe ich nichts zu tun und würde sie auch nicht wählen, denn ich wähle nicht. Den Vortrag finde ich einfach nur interessant.
“Einer in der Zeitschrift «Science» veröffentlichten Studie zufolge können Kinder die Wahlentscheidungen Erwachsener allein anhand der Kandidatenfotos vorhersagen. Damit bestätigt die Studie von Professor Antonakis (UNIL), dass unsere politischen Entscheidungen stark von Äusserlichkeiten bestimmt werden.”
Quelle: http://www.hec.unil.ch/jantonakis/Antonakis.all.2..pdf
Verlinkbarkeit der Quelle: die haben das pdf mit zwei(!) Punkten als Trenner online gestellt. WordPress stellt den link somit nicht “klickbar” dar.
Versuch in kursiv: http://www.hec.unil.ch/jantonakis/Antonakis.all.2..pdf
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