Der Schriftstellerverband, seine Mitglieder, Amazon und die Hysterie
Derzeit erreichen uns eine Reihe von eMails, deren Absender Mitglieder des deutschen Schriftstellerverbands sind. Um unsere Schulden abzuarbeiten, widmen wir uns heute zunächst einer Pressemeldung des deutschen Schriftstellerverbands und der Reaktion auf diese Pressemeldung von Matthias Mala, seines Zeichens Autor und Mitglied im Schriftstellerverband.
Zur Einführung und Hinführung und Ausführung der Einführung, hier unser Vorwort zum #AmazonGate”
Der Aufreger
Amazon nutzt die technischen Möglichkeiten, die das Kindle-Zeitalter bietet, und will Autoren bei Leih-eBooks nunmehr nach gelesenen Seiten vergüten. Damit wird belohnt, wer Seitenwender (page turner) schreibt, wer gelesen wird, wer es schafft, bei Lesern Interesse zu wecken. Damit wird bestraft, wer einen Langweiler schreibt und es schafft, denselben in den Rezensionsspalten von Zeitungen positiv zu platzieren.
Der Vorstand der hysterischen Schriftsteller in verdi
“Amazon kontrolliert Gedankenfreiheit” – so die Überschrift und weiter: “VS [Verband Deutscher Schriftsteller in verdi] sieht durch Amazons neues Bezahlmodell Leseverhalten überwacht und Autorenrechte beschnitten.”
Die Gedankenfreiheit wird also kontrolliert, wenn Amazon weiß, dass Hans Huber bis Seite 15 in Thomas Manns Langweiler “Die Buddenbrooks” gelesen hat, während er Credo von Douglas Preston bis zum Ende verschlungen hat. Dagegen ist es kein Eingriff in die Gedankenfreiheit, wenn derselbe Verband demnächst beschließt, sich in Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller umzubennen [Dazu unten mehr].
Das ist selbst für den Bundesvorstand des VS ein erstaunlicher Gedanke.
Aber es kommt noch mehr:
“‘Dies ist ein kontrollierter Eingriff in den intimen Dialog des Lesers mit dem Buch und das damit verbundene Verhältnis zum Autor’, kritisiert Eva Leipprand, die Vorsitzende des Verbandes deutscher Schriftsteller VS”.
Was hat man Frau Leipprand in den Kaffee gemischt? Intimer Dialog des Lesers mit dem Buch. Wie hat man sich das vorzustellen? Sitzen Sie mit einem Buch im Sessel und brabbeln vor sich hin. Wenn ja, ist das intim oder nicht vielmehr nicht ganz normal, eher ein psychiatrischer Tatbestand? Aber es kommt noch besser: Wenn Leipprand ein Buch in die Hand nimmt, dann beginnt sie einen intimen Dialog mit dem Buch und ein Verhältnis mit dem Autor.
Eine lustige Vorstellung: Eva Leipprand liest, nein führt einen intimen Dialog mit dem Buch “Das Ding auf der Schwelle” von HP Lovecraft und hat während dem Lesen ein Verhältnis mit dem Autor. Nekrophilie!
Die eigentlich Katastrophe
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Amazon durch die Abfrage der gelesenen Seiten den intimen Dialog zwischen Autor und Leser gedankenüberwacht, nein, es kommt noch schlimmer, es kommt die eigentliche Katastrophe.
Die eigentliche Katastrophe, die geht so:
“Sie ]Der Bundesvorstand und die Landesvorsitzenden des Schriftstellerverbandes VS] waren sich einig, dass dieses System [von Amazon] bei einer weiteren Verbreitung eine Katastrophe für die Literaturlandschaft bedeute und die Gedankenfreiheit der Leser und Autoren einem fortschreitenden rein ökonomisch orientierten Zugriff unterwerfe”.
Gedankenfreiheit, um es noch einmal zu wiederholen, liegt für Bundesvorstand und Landesvorsitzende des Verbands Deutscher Schriftsteller in verdi dann vor, wenn Amazon nicht weiß, dass Hans Huber die Buddenbrooks nur bis Seite 15 und nicht bis zum Ende, wie er immer behauptet hat, gelesen hat.
Die Katastrophe ist eine andere.
Die Katastrophe, die die verbandelten Schriftsteller sehen, sie besteht darin, dass die Nachfrage über das Honorar von Autoren bestimmt, dass ein Autor, der es schafft, seine Leser zu unterhalten, mehr Vergütung erhält als ein Autor, dessen stupiden, politisch korrekten Stuss man schon nach zwei Seiten vom Kindle löscht.
Das ist die eigentliche Katastrophe, dass die vielen schlechten Schriftsteller für ihre Langweiler, die sie unter Vortäuschung interessanter Inhalte zwischen zwei reißerischen Buchdeckeln verstecken, nicht mehr dasselbe Honorar erhalten wie die ehrlichen Schriftsteller, die schreiben, was der Titel verspricht.
Wo kämen wir hin, wenn der schlechte Geschmack der Meute von Lesern darüber bestimmen würde, was gute Literatur ist und nicht mehr der polierte Geschmack von Kritikern, die selbst den letzten Unsinn oder die letzte Geschmacklosigkeit von Günther Grass noch als große Literatur bezeichnen?
Eben.
Deshalb: Katastrophe!
Appell gegen den Niedergang
Und weil alles noch nicht reicht, weil es noch nicht ausreichend deutlich ist, worin der Anlass der ganzen Hysterie besteht, hier noch einmal, abermals aus dem Mund der intim mit den Autoren der Bücher, die sie liest, in einem Verhältnis stehenden Eva Leipprand:
“Das Buch darf, während Digitalisierung und Globalisierung fortschreiten, nicht den Marktkräften und ihren Gesetzmäßigkeiten überlassen bleiben.”
“Das Buch”, dabei handelt es sich vermutlich um ein Buch, das Eva Leipprand geschrieben hat, so sie denn eines geschrieben hat, das Buch, es darf also nicht den finsteren Kräften der noch finstereren Globalisierung und Digitalisierung überlassen werden, jenen Kräften, die nicht irrational im Dunkeln nagen wie Azathoth bei Lovecraft, sondern ganz offen und erkennbar ihre Gesetzmäßigkeiten entfalten. Anders als z.B. der Verband Deutscher Schriftssteller in verdi, bei dem man vor Gesetzmäßigkeiten Angst hat, vor Gesetzmäßigkeiten, die es erlauben, gute Bücher von schlechten, nachgefragte Bücher von Ladenhütern, vermeintlich hochkulturellen Unsinn von normaler Unterhaltung zu unterscheiden.
Das darf nicht sein.
Wo kommen wir hin, wenn diese finsteren Marktkräfte das Sagen haben und nicht der blasierte Buchkritiker in der entsprechenden Kolumne einer überregionalen Zeitung?
Am Ende sind die Bücher populär, die gelesen werden, und nicht die, die als große Literatur gehandelt, als solche besprochen, aber von niemanden, so man ihn nicht in der Blüte seiner Jahre zur Schullektüre genötigt hat, gelesen werden.
Katastrophe.
Und bei all den Katastrophen ist es gut, einen Katastrophenhelfer wie Matthias Mala, seines Zeichens (noch?) Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller zu haben, der schreibt, was er von der ganzen Vorstandshysterie hält.
Katastrophenhilfe
Auf, auf Ihr Leser, zum intimen Verhältnis mit Text und Matthias Mala:
die jüngste Presseerklärung ist nach meinem Verständnis unterirdisch.
Was soll der gegenderte Stolpertext, wenn man ihn nicht einmal über vier Zeilen durchhält?
Autorinnen und Autoren??? Warum die Autorinnen vorneweg, wo doch mehr Männer im VS organisiert sind?? Kunden ohne Innen?? Sind da jetzt nur männliche Kunden mitgemeint, oder LBGTundsonstwas Kunden_*/Innen auch???
Was ist ein kontrollierender Eingriff in den intimen Dialog …???
Was meint der, die, das Auto denn damit?? Und wie wo wann ist das Verhältnis intim oder nicht zum Autor?? Und was ist der “Schriftstellerverband VS in ver.di”? Ist das das Ergebnis der
beabsichtigten gegenderten – was immer das auch sein mag – Umbenennung des
Verbandes?Und wie unterwirft man die Gedankenfreiheit der Leser und Autoren einem fortschreitenden rein ökonomisch orientierten Zugriff? Und warum wusste ich bislang noch nicht, dass mein Schreibprozess durch individuelles Leseverhalten geprägt wird??
Und warum muss ich wegen Amazons unsinniger Honorargestaltung im Cliffhängerstil schreiben? Muss ich denn bei Kindle Dingsbums publizieren? Wer wird dazu gezwungen?? Und
warum darf das Buch nicht den Marktkräften – was immer das auch sein soll – und ihren Gesetzmäßigkeiten überlassen werden??? –Ich bin ganz und gar dagegen, dass sich dies verändert, außer wir setzen eine pauschale staatlich garantierte Honorierung von wenigstens 120.040 € pro Buch durch; dann meinetwegen können mich Marktkräfte und Gesetzmäßigkeiten was immer sie auch wollen kreuzweise …
Ehrlich, wer vom Vorstand erwartet denn im Ernst, dass eine solche Presseerklärung noch Eingang in eine und welche Presse findet? Oder ist die Presse noch unterirdischer als die Presseerklärungen des Verbandes deutscher Schriftsteller VS in ver.di???
Übrigens meine ich meine Fragen durchaus ernst.
Servus
Matthias Mala”
Die Pressemeldung wurde übrigens in zwei Sätzen von Tagesschau.de aufgenommen.
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Ich vermute, daß Innen-Autor Leipprand gegrüttert ist.
Mir scheint, Sie und wir entwickeln hier einen internen Code.
Cthulhu fhtagn! Ia! Shub Niggurath!
Sehr gut, diese Blossstellung der aufgeblasenen realitätsfremden Kritiker! Besonders den Seitenhieb auf Herrn Grass finde ich gelungen!
Da muss ich zugeben, daß mich ein Lachkrampf ob dieses Artikels erschüttert hat. Wie kann man nur so böse sein…..
Manchmal mag ich Eure Artikel und manchmal nicht. In diesem Fall gebe ich Euch vollkommen recht und trotzdem muß ich scharf widersprechen: Die Buddenbrooks als Langweiler zu bezeichnen… geschmacklos!
Dafür möge Gott Euch mit zehn Jahren Verdi-Sitzungsprotokoll-Lektüre strafen!
Was Sie hier bringen ist reine Ideologie. Verblendet vom nichtexistenten Freihandel (die unsichtbare Hand des Marktes besteht nun mal aus Erpressung, Korruption, Politikerkauf und schlimmerem) behaupten Sie das es kein Problem sei wer welche Bücher in welchem Tempo auf welchen Seiten wie lange liest. Als ob die Gestapo, die Stasi der BND oder NSA etc. nicht gäbe und Staatsfeinde (und deren Produktion) mit doppel X geschrieben wird, vor dem h.
Das verstehe ich nicht, Sie sind doch sonst nicht so realitätsfremd. Aber bei diesem Themen setzt es total aus.
Es ist sehr wohl ein Problem. Sowohl für diejenigen die für eine Seite Trivialliteratur ne halbe Stunde brauchen als auch für Menschen die sich kritischen Themen widmen.
Das mit einnem Roman als Beispiel zu kommentieren ist einfach nur noch traurig.
Schuster bleib bei denen Leisten, machen Sie lieber ne Statistik draus.
dem Verband wäre es wohl am liebsten, wenn jeder Skribent den selben Betrag erhielte. Unabhängig vom Gefallen des Lesers. Am besten der VDS setzt das Honorar fest.
Wer solche Entlarvungen mag. der lese Dottore Frank von Dr. Frank Kretschmar.
Allerdings ist er in der NPD.
Deshalb hat er aber nicht weniger recht!