Die Süddeutsche: Deutsche Kleingeistigkeit gepaart mit rechtem Extremismus

Die Mehrheit der Bürger des Vereinigten Königreichs hat dafür gestimmt, aus der EU auszutreten: 17.410.742 Briten wollen die EU lieber von außen sehen, als von innen. Man nennt so etwas den aggregierten Willen der Wähler und jener Wille der Wähler er ist das, was die höchste Instanz in einer Demokratie ist, was zu akzeptieren ist, von denen, denen er mitgeteilt wird – so wie das David Cameron unmissverständlich getan hat.

Nun haben bestimmte Typen von Persönlichkeiten, ein Problem mit der Akzeptanz von Meinungen, Aussagen und Verhaltensweisen, die dem widersprechen, was sie für richtig halten. Wilhelm Heitmeyer hat diese Unfähigkeit, andere Meinungen und andere Überzeugungen und Verhalten zu akzeptieren, als mangelnde Ambiguitätstoleranz bezeichnet. Menschen, die mit diesem Mangel geschlagen sind, reagieren wütend und in Teile extrem, aggressiv oder gar gewalttätig und in keinem Fall überlegt, besonnen und mit Abstand auf die abweichenden Meinungen, die sie nicht zu tolerieren bereit sind.

Man findet derartige Menschen derzeit überzufällig häufig unter deutschen Medienschaffenden Hier schießen die Intoleranten, denen es an jeder Art von Ambiguitätstoleranz fehlt, wie die Pilze aus dem Boden und versprühen ihr Gift unter ihren Lesern. Besondere Giftpilze wachsen bei der Süddeutschen Zeitung, zu der wir noch kommen.

Bevor wir zur Süddeutschen Zeitung und zu Stefan Kornelius kommen, kommen wir jedoch zu einer erstaunlichen Beobachtung.

In Europa gibt es das Heil, das organisationale Gute, das organisationale Gute, das eine strahlende, blendende eine überragende Zukunft verspricht, das organisationale Gute, zu dem man gehören muss, wenn man fortschrittlich sein will und in Glanz und Gloria leben will. Für alle, die es immer noch nicht wissen. Das organisationale Gute ist die Europäische Union. Sie allein sorgt für Prosperität. Sie allein erlaubt Menschen ein lebenswertes Leben. Sie allein ist der Hort aller gesammelten Weis- und Gutheit, und sie allein ist die Zukunft. Brüder zur Sonne zur EU, könnte man in leichter Abwandlung des alten sozialistischen Schlagers singen und mit Sicherheit würde Stefan Kornelius mit einstimmen, hat er doch in der Süddeutschen das an verbaler Rohheit reichste Pamphlet zum BREXIT verfasst. Und er hat nicht an expletiven Inhalten gespart:

Der BREXIT schrumpfe die Briten in die Bedeutungslosigkeit, so behauptet er. Den Briten fehle der Instinkt der eigenen Größe, statt dessen frönten sie populistischen Ressentiments und Ängsten und ließen sich von Lügen anfeuern. Voller ureigener Ängste seien die Briten, Rückzug in das Häusliche werde der offensiven Veränderung vorgezogen. Die Gefahren der globalisierten Welt würden sie in ihrer Provinzialität ignorieren und selbst in Syrien, sei man entsetzt, ob dieser Weltabgewandtheit, ob diesen freiwilligen Verzicht auf das gemeinsame Heil in der EU, das sich die Syrer so sehr wünschen. Die historische Katastrophe „BREXIT“, sie habe der EU das Schwächesiegel auf die Stirn gestempelt. Sie wecke die historischen (vermutlich nationalen) Geister und die Angst vor der deutschen Dominanz, deren Ziel doch nur darin besteht, zu geben, anders als die Briten, die für sich behalten wollen, was sie erwirtschaften – was für eine „geschichtsfremde britische Entscheidung“, so Kornelius.

evil-gnomeWas zunächst erstaunt, ist die Wiederkehr der immer gleichen Deutungsmuster: Wer gegen die EU ist, der kann dies nur sein, weil er Angst hat, der muss rückwärtsgewandt sein, egoistisch und bieder, der lässt sich belügen und von Populisten verführen, die es natürlich nicht bei der Süddeutschen Zeitung geben kann, denn für Populismus benötigt man ein Mindestmaß an Intelligenz, sondern nur bei denen, die ihn Ressentiments handeln. Dieselben Deutungsmuster bieten Journalisten an, wenn es um die Pegida geht, wenn es um die AfD geht, um TTIP, um Bildungspläne, Schwule, Lesben und Frauen, schlicht, sie singen den selben Refrain zu ganz unterschiedlichen Strophen des Lebens – vermutlich weil sie intellektuell mit der Komplexität der Welt, die sie umgibt, so überfordert sind, dass sie nur ein Reaktionsmuster haben.

So wie die Jugendlichen, die Heitmeyer untersucht hat, nur ein Reaktionsmuster hatten, mit dem sie ihre fehlende Ambiguitätstoleranz überdecken konnten. Die Abwehr alles Neuen und neu ist die Idee, man können in eine Union nicht nur ein-, sondern auch austreten für deutsche Journalisten allemal, nein – nicht neu: revolutionär, geradezu anarchisch. Daher ist es kein Wunder, wenn Kornelius von jenem „simplen In- oder Out-Votum“ schreibt, das „ehrlich gesagt, eine Spur zu einfach ist, um der Größe und Komplexität dieses Themas gerecht zu werden“. Ob es Kornelius im alltäglichen Leben gelingt, eine Fahrkarte für den ÖPNV zu lösen, ist eine offene Frage. Angesichts der Komplexität der Frage „Wollen Sie erster oder zweiter Klasse fahren“, die eine Vielzahl von zu berücksichtigenden Variablen wie Preis, Komfort, potentielle Mitreisende, Anzahl der potentiellen Mitreisenden usw. auslöst, scheint es uns eher wahrscheinlich, dass Kornelius mit dem Fahrrad unterwegs ist. Per Radfahren durch das Leben zu kommen, ist vergleichsweise einfach.

Aber nicht nur die Einfalt der Deutungsmuster ist auffällig, auch die großdeutsche Prämisse, die hinter allem lugt: Schrumpfen ist Machtverlust. Wichtige Nationen gibt es nur in Verbänden. Veränderungen, wie der BREXIT, sind Zeichen der Schwäche, und die deutsche Dominanz ist die graue Eminenz, die alles durch „Geben“ richten kann. Viel näher an der Vorstellungswelt eines Arthur Moeller van den Bruck mit seinen großdeutschen Phantasien kann man kaum sein. Und wieder schließt sich der Kreis zu den Jugendlichen von Heitmeyer, denen es an Ambiguitätstoleranz fehlt, so dass sie unfähig sind, Veränderungen von dem Status Quo, der ihnen heilig ist, zu akzeptieren. So wie Stefan Kornelius unfähig ist, die Veränderung zu akzeptieren, die darin besteht, dass 17.410.742 Briten der Meinung sind, außerhalb der EU ginge es ihnen besser, ganz so als hätten sie sich an den Rat von Winston Churchill erinnert, für sich zu bleiben und transatlantische Brücken dem kontinental-europäischen Tollhaus vorzuziehen –

Und ein Tollhaus scheint in Bereichen von Kontinentaleuropa ausgebrochen zu sein, in Bereichen, in denen man die Welt nur noch aus der eigenen Kleingeistigkeit heraus betrachten kann, eine Kleingeistigkeit, die mit der EU marschiert und mit der EU untergeht und wehe dem, der das sinkende Schiff verlässt, bevor ihm das Wasser über die Nasenspitze reicht: Diese Kleingeistigkeit, sie versteigt sich zu Ansichten wie der, wer den Status Quo seiner Mitgliedschaft in der EU ändere, der ziehe in sein nationales Haus zurück und verweigere die „offensive Veränderung“.

Das muss man sich wirklich mehrfach zu Gemüte führen: Stefan Kornelius, ein Journalist, von dem wir einmal annehmen wollen, dass er bisher nicht weiter aufgefallen ist, er ist der Ansicht, die Europäische Union, sie stehe für eine „offensive Veränderung“. Die EU! Die „offensive Veränderung“, von der Kornelius fabuliert, es muss die „offensive Veränderung“ sein, die den Agrarmarkt revolutioniert hat, die für Ordnung im Dschungel der Regulativen und Direktiven gesorgt hat. Dieselbe offensive Veränderung, sie muss am Werk sein, wenn Politiken aus Brüssel propagiert werden, deren Bart tatsächlich ins letzte Jahrhundert zurückreicht: Vom Protektionismus bis zur Gleichstellung von Frauen und allen sonstigen gesellschaftlichen Gruppen, die es geschafft haben, bei der EU-Kommission eine Lobbygruppe zu etablieren. Die offensive Veränderung, sie schlägt sich im regulierten Krümmungsgrad europäischer Bananen nieder und im Verbot leistungsstarker Staubsauger. Die offensive Veränderung, sie ist so offensiv, dass man sich fragt, was für Stefan Kornelius eine defensive Veränderung wäre. Aber diese Frage würde ihn überfordern. Sie wäre nicht prozessierbar von einem Gehirn, in dem alles schön geordnet ist, in dem es eine Schublade für alles und keinerlei Ambiguitätstoleranz gibt, genauso wie bei den Jugendlichen von Heitmeyer.

Es waren übrigens rechtsextreme Jugendliche, die Heitmeyer untersucht hat.
Heitmeyer rechtsextreme Jugendliche
P.S.
Unter deutschen Journalisten scheint sich die Meinung zu verbreiten, ein Kommentar sei ein journalistisches Genre, in dem es darum gehe, der eigenen Kleingeistigkeit durch die Beschimpfung anderer Luft zu verschaffen. Dies wird der Größe und Komplexität der Gattung „Kommentar“ nicht gerecht, in der es darum geht, eine begründete Meinung, witzig und pointiert und auf Basis von Faktenwissen vorzutragen, eine Tätigkeit, zu der ein Mindestmaß an Intelligenz notwendig ist. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass der Kommentar in deutschen Medien weitgehend von der Beschimpfung ersetzt wurde. Sollten Personen wie Kornelius für die kontinentaleuropäische Bevölkerung und nicht nur für die Süddeutsche repräsentativ sein, dann kann man daraus nur den Schluss ziehen, dass es ein Gebot der Vernunft war, der Europäischen Union den Rücken zu kehren.

 


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