Journalistische Verelendung: Trump-Beschimpfung ersetzt rhetorische Fähigkeiten

Bewegten wir uns auf dem Niveau, auf dem in Deutschland manche Politiker und Journalisten dümpeln, wir würden unseren Post wie folgt beginnen:

Unter Quotentussen öffentlich-rechtlicher Gebührenverschwender und unter Provinzpolitikern, die nie aus ihrem lokalen Muff herausgekommen sind, ist es schick geworden, die angebliche Grandeur der eigenen Spießigkeit dadurch erheischen zu wollen, dass man Donald Trump beleidigt.

Ihn einen Lügner nennt.
Ihn einen “verhaltensauffälligen Onkel” nennt.
Ihn jenseits normaler Benimmregeln als „eine Art freier Radikaler … jenseits normaler Benimmregeln“ bezeichnet.

Aber wir sind ein Wissenschaftsblog. Deshalb widmen wir uns heute geschichtlichen Übereinstimmungen, die sich demjenigen, der die deutsche Geschichte kennt, aufdrängen müssen.

Hier ein Originaldokument, das wir nur etwas redigiert haben. In diesem Originaldokument versucht sich ein kleiner deutscher Provinzgebildeter an einem europäischen Staatsmann:

Der […] steht bekanntlich zum Alkohol in einem ausgesprochenen Vertrauensverhältnis. Umso gespannter sind seine Beziehungen zur Wahrheit, mit der er sich seit seinem Eintritt in das politische Leben auf dauerndem Kriegsfuß befindet. Er gehört zu den weltbekanntesten Lügnern, und wenn er eine Behauptung aufstellt, dann zwinkern sich nicht nur in den neutralen und […] feindlichen, sondern auch in den eingeweihten […] Kreisen die Fachleute mit den Augen zu, und ein verständnisvolles Grinsen geht über das Gesicht der Weltöffentlichkeit. Jedermann weiß, wieviel er je nachdem hinzusetzen oder abziehen soll. Augenblicklich steht die Taxe so, daß man bei seinen Zahlenangaben, die für […] ungünstig sind, mit drei multiplizieren und bei denen, die für […] günstig sind, durch drei dividieren muß.
[…]

Man sieht also, daß […] selbst dann nicht vor faustdicken Lügen zurückschreckt, wenn wir im Besitz von ganz einwandfreiem und überzeugendem Zahlenmaterial sind.
[…]

Es ist klar, daß […] trotz allem nach Kräften bemüht bleiben muß, selbst angesichts dieser verzweifelten Situation das Gesicht zu wahren. […] Sie wird heute […] als Schreibtischstrategie abgetan, und zwar von demselben […], der vor noch nicht allzu langer Zeit seine käuflichen Journalisten unentwegt ermunterte, sie zu propagieren.
Als […] diese leere Prahlerei in seiner letzten Rede mit […] Hohn ironisierte, beeilte sich die […] Presse, von diesem peinlichen Thema loszukommen
[…]

Und im übrigen hat uns die jüngste und fernere Vergangenheit hinreichend darüber belehrt, daß man bei […] sehr klar zwischen Angabe und Tatsache unterscheiden muß. Von dem was sie uns anzukündigen oder anzudrohen beliebten, ist meist nach kurzer Zeit nicht mehr viel übrig geblieben. […] Prahlereien stoßen deshalb bei uns ins Leere. Sie flößen uns keinen Schrecken ein, wie […] wahrscheinlich annimmt, sondern nötigen uns nur ein Lächeln ab.
[…]

Bleibt nur noch die Frage zu beantworten, warum er so stur und eigensinnig an seinem für […] so außerordentlich verhängnisvollen Standpunkt festhält.
[…]

Neben den zitierten Beschimpfungen, finden sich aus derselben Quelle noch Darstellungen des Staatsmannes als Clown, als Krimineller, er wird als Großmaul und als Verrückter bezeichnet, als der größte Lügner der modernen Zeit mit der meisten Erfahrung im Lügen als einer, der seine Lügen so lange wiederholt, bis er sie selbst zu glauben scheint.

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Es geht in der zitierten Quelle nicht um Donald Trump und z.B. seine Einwanderungs- oder Wirtschaftspolitik. Obwohl die Begriffe, die benutzt werden ebenso wie der Duktus der Darstellung gleich ist, liegen zwischen dem zitierten Dokument und den aktuellen Beschimpfungen, die sich an die Adresse von Donald Trump richten, 74 Jahre, denn das Dokument trägt den Titel „Der tönende Koloß“. Es ist im Jahre 1941 in der Zeitschrift „Das Reich“ als Leitartikel erschienen. Wie alle Leitartikel, die in „Das Reich“ erschienen sind, stammt auch dieser Leitartikel aus der Feder von Joseph Goebbels. Der Staatmann, gegen den er gerichtet ist, ist Winston Churchill.

Die Ähnlichkeiten, die sich in den verschiedenen Dokumenten aktueller und vergangener Propaganda finden lassen, sind bedrückend und erstaunlich zugleich. Offensichtlich ist es deutscher Propaganda seit 1941 nicht gelungen, sich weiterzuentwickeln: In 74 Jahren ist kein Stilmittel dazu gekommen. Immer noch ist die krude Beleidigung oder der Versuch mit selbstgefälliger Wortakrobatik oder mit schlichten Beschuldigungen das Gegenüber madig zu machen, das Mittel der Wahl. Ein Faktum, das man nur damit erklären kann, dass einer Beleidigung von Donald Trump die Funktion von virtue signalling zukommt.

Offensichtlich zeigt man in den entsprechenden Kreisen dadurch, dass man Trump beleidigt oder versucht, sich auf seine Kosten lustig zu machen, dass man auf der richtigen Seite steht, dass man einer der Guten ist. Und einer der Dummen, so muss man anfügen, denn nur Dumme sind der Ansicht, man könne sich persönlich über andere allein dadurch erheben, dass man diese anderen beschimpft.

Darin findet sich dann doch ein Unterschied zwischen damals und heute. Während heute jedes kleine Journalistenlicht versucht, sich durch die Beleidigung von Donald Trump auf dessen Kosten zu produzieren, wusste Joseph Goebbels, dass man den Intellekt seiner Leser nicht dadurch beleidigen soll, dass man das ausgewählte Objekt der Erniedrigung, für Goebbles war das Churchill, nur beleidigt. Goebbels wusste im Gegensatz zu den modernen Expletiven, dass man die Beleidigung nicht alleine stehen lassen darf, sondern zumindest mit dem Anschein eines Arguments umbauen muss.

Wer die versuchte Argumentation, die wir ausgelassen haben, nachlesen will, der kann das hier tun.

Dieses Wissen ist seither verloren gegangen, so dass man feststellen muss, dass Goebbels im Hinblick auf dieses Kriterium auf mindestens einer Niveaustufe oberhalb der modernen Pöbler rangiert.

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