Lügen sind im ZDF wie weit verbreitet? ZDF-Politbarometer: Schade um die Forschungsgruppe Wahlen

Manfred Berger ist tot.

Dieter Roth und Wolfgang Gibowski sind ausgeschieden.

Von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen ist nicht viel geblieben. Einst war die Forschungsgruppe das Aushängeschild der Wahlforschung in Deutschland, die Hochrechnungen nach den Landtags- und Bundestagswahlen waren regelmäßig besser als die der Konkurrenz von Infas oder Infratest. Die Befragungen waren in Methodik und Umsetzung mit das Beste, was man an Wahlforschung in Deutschland bekommen konnte. So gut, dass selbst Redaktionsangehörige von ScienceFiles ihre Magisterarbeit mit den Daten der Forschungsgruppe Wahlen bestritten haben

Das ist lange her.

Heute ist die Forschungsgruppe Wahlen zum Lieferanten gewünschter Ergebnisse geworden. Das ZDF bestellt, die Forschungsgruppe liefert. Das ZDF bestellt die Einschätzung, dass die AfD rechtsextrem ist, die Forschungsgruppe liefert. Anders als über einen solchen Ablauf lässt sich die folgende abgrundtief dumme Frage, die gegen jeden Grundsatz der empirischen Sozialforschung verstößt, nicht mehr erklären:

“Was meinen Sie: Rechtsextremistische Ansichten sind in der AfD sehr weit, weit, nicht so weit, gar nicht verbreitet?”

Es genügt bereits zwei eherne Grundsätze der empirischen Sozialforschung anzuführen, um zu zeigen, dass diese Frage einzig und allein der Stimmungsmache (oder Hetze?) gegen die AfD dient.

Grundsatz 1:

Fragen müssen einen klar benennbaren und eindeutigen Gegenstand haben, vom dem sicher ist, dass ihn die meisten Befragten kennen.

Grundsatz 2:

Fragen müssen vollständig sein.

Fangen wir hinten an.

Vollständigkeit

Die Forderung nach Vollständigkeit soll u.a. ausschließen, dass Ergebnisse von Befragungen manipuliert werden können. Aber das ist nur sekundär. Primär soll Vollständigkeit gewährleisten, dass man auf Grundlage der eigenen Ergebnisse auch etwas aussagen kann.

Das ist im vorliegenden Fall nicht möglich.
Die Frage ist vergleichbar mit dem Versuch, die Position eines Schiffes mitten im Ozean dadurch zu bestimmen, dass man ein Lineal ins Wasser wirft. Auf Grundlage der Antworten kann man KEINE relevante Aussage machen. Damit man eine relevante Aussage machen kann, benötigt man eine Vergleichsgruppe. Die Vergleichsgruppe kann man z.B. dadurch schaffen, dass man fragt:

Was meinen Sie: Rechtsextremistische Ansichten sind in der CDU sehr weit, weit, nicht so weit, gar nicht verbreitet?

Oder:

Was meinen Sie: Rechtsextremistische Ansichten sind in der SPD sehr weit, weit, nicht so weit, gar nicht verbreitet?

Zu Vergleichszwecken muss man mit funktionaler Äquivalenz zu arbeiten:

Was meinen Sie: Linksextremistische Ansichten sind in der LINKE sehr weit, weit, nicht so weit, gar nicht verbreitet?

Oder

Was meinen Sie: Linksextremistische Ansichten sind bei Bündnis90/Grüne sehr weit, weit, nicht so weit, gar nicht verbreitet?

Wer eine Frage wie die stellt, die die Forschungsgruppe Wahlen gestellt hat, hat einzig und allein die Diskreditierung des Frageobjekts zum Ziel.

Oder ein anderes Beispiel: Was meinen Sie: Gewaltbereitschaft ist in der LINKE sehr weit, weit, nicht so weit, gar nicht verbreitet?

Als Ergebnis der Antworten auf diese Frage können wir dann die LINKE als gewaltbereite Nachfolgepartei der SED, die ja auch schon gewaltbereit war, darstellen. Dass wir das können, ist jetzt schon sicher. Es ist Ergebnis der Art und Weise der Frageformulierung und der Unvollständigkeit der Frage.

Punkt 2:

Eindeutigkeit

Was nutzen Fragen oder Items in Befragungen, bei denen man nicht weiß, was damit gemessen wird? Sie nutzen natürlich dem, der die Vagheit seiner Fragen ausnutzen will, um allen Befragten seine Interpretation dessen, was gefragt wurde, unterzuschieben. Sie nutzen dem, der manipulieren will.

Rechtsextremismus.
Was ist Rechtsextremismus?

  • Ist Rechtsextremismus die NSDAP?
  • Ist Rechtsextremismus die NPD?
  • Ist Rechtsextremismus, wenn man Ausländer nicht mag?
  • Ist Rechtsextremismus, dass man Linke nicht mag?
  • Ist Rechtsextremismus, dass man denkt, manche Menschen seien, weil sie mehr leisten, mehr wert als andere, die weniger leisten?
  • Ist Rechtsextremismus dasselbe wie “Neoliberalismus”?
  • Ist Rechtsextremismus die extreme Variante von Rechtsradikalismus, die Gewaltbereitschaft voraussetzt?
  • Ist Rechtsextremismus eine andere Bezeichnung für Patriotismus?
  • Ist Rechtsextremismus alles, was nicht Linksextremismus ist?

Wir könnten die Reihe der Frage fast endlos fortsetzen, aber der Punkt ist gemacht: Jeder von uns hat eine Vorstellung davon, was Rechtsextremismus ist. Die wenigsten von uns werden übereinstimmen. Tatsächlich ist es so, dass nicht einmal Politikwissenschaftler in der Frage, was unter Rechtsextremismus verstanden werden soll, übereinstimmen.

Rechtsextremismus ist als Begriff demnach vollkommen unbestimmt. Jeder hat seine eigene Vorstellung davon, was Rechtsextremismus ist. Die wenigsten wären in der Lage, diese Vorstellung in konkrete Begriffe zu fassen.

Und nun werden 1000 Befragte gefragt, ob etwas, von dem sie keine genaue Vorstellung haben in der AfD weit verbreitet, verbreitet usw. ist. Sie werden also, um den manipulativen Unsinn auf die Spitze zu treiben, aufgefordert, eine Einschätzung auf Basis einer Vollerhebung zu machen, einer Vollerhebung über die Mitglieder der AfD, Funktionsträger der AfD, die kleinen und großen Anfragen der AfD im Sächsischen Landtag, die Rede von von Meuthen in Regensburg usw. Wer Befragte vor eine solche Aufgabe stellt, hat offensichtlich kein Interesse daran, eine sinnvolle und brauchbare Frage zu stellen. Sein Interesse besteht darin, eine Frage zu formulieren, deren Ergebnisse sich gegen das Befragungsobjekt verwenden lassen.

Das hat nichts mit empirischer Sozialforschung, ja nicht einmal mit Umfrageforschung zu tun. Es ist Manipulation auf Grundlage einer Ideologie, Manipulation mit dem Ziel, eine politische Partei zu diskreditieren.

Und was misst die Frage letztlich? Ob es gelungen ist, Rechtsextremismus zu einer Art Catch-All-Begriff zu machen, mit dem man Objekte, Parteien, Personen, die ideologisch nicht passen, etikettieren und negativ bewerten kann.  Letztlich wird gemessen, ob wir fähig sind, an einem Sprachspiel teilzunehmen: Wir reden über etwas, von dem wir keine Ahnung haben, und behaupten, es sei in einer Partei, von der wir nur wissen, was uns die Medien präsentieren, vorhanden. Was man also misst ist, ob die Indoktrination durch öffentlich-rechtliche Medien in Deutschland erfolgreich war.

Es ist schade und eine Schande, was aus der Forschungsgruppe Wahlen geworden ist.

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