Fake Journalismus zu “Fake Science”: Fake News-Märchenstunde bei der ARD
Nicht auf dem Kinderkanal – bei der Tagesschau findet sich das folgende Märchen:
Es war einmal eine wissenschaftliche Wahrheit. Die war schüchtern, aber stolz. Sie war so schüchtern, dass sie sich nur in Teilen zu erkennen geben wollte. Und nur ausgewählten Priestern der Wahrheit wollte sie sich zu erkennen geben. Nun begab es sich aber, dass sehr viel über die wissenschaftliche Wahrheit spekuliert und vor allem: geschrieben wurde. Zu viel für die eitle Wissenschaft, die nur autorisierte und wahre Aspekte ihrer Wahrheit preisgeben wollte. Also wandte sich die wissenschaftliche Wahrheit an rechtschaffene Männer, die in rechtschaffenen Verlagen nur rechtschaffene Schriften herausgaben und gab ihnen auf, mit einem Peer Review Prozess dafür zu sorgen, dass nur die korrekten Teile der wissenschaftlichen Wahrheit ans Tageslicht der Öffentlichkeit gelangen.
Gretel und Seppl, nein, Svea Eckert und Peter Hornung vom NDR haben den Räuber Hotzenplotz gefunden. Der Räuber Hotzenplotz betreibt mindestens fünf Verlage und veröffentlicht dort wissenschaftliche Artikel, die gar nicht Peer reviewed sind. Das behaupten zumindest, Gretel und Seppl, sorry: Eckert und Hornung. Auf ihren Recherchen sind sie auf „400.000 Forscherinnen und Forscher“ getroffen, darunter „mehr als 5.000 Forscherinnen und Forscher deutscher Hochschulen“ (also z.B. 399.999), die in den „wertlosen Online-Fachzeitschriften scheinwissenschaftlicher Verlage“, wo „jeder veröffentlichen“ kann, „was er will“, genau das getan haben, veröffentlicht, was sie wollen, Un-Peer-Reviewed.
So jedenfalls die Behauptung von Eckert und Hornung vom NDR, die viel heiße Luft verbreiten, aber wenig Konkretes. Verlage in Südasien, der Golfregion, in Afrika oder der Türkei würden harmlose, gutgläubige und wahrheitsfürchtige deutsche Wissenschaftler dazu bringen, bei ihnen zu veröffentlichen, mit dem Versprechen, die Veröffentlichung sei Peer reviewed, was sie jedoch nicht ist, wie Eckert und Hornung behaupten, ohne Beleg und lediglich mit dem Verweis auf OMICS ein Unternehmen, dem die Federal Trade Commission der USA vorwirft, Wissenschaftler mit der Behauptung, ihre Beiträge würden vor der Veröffentlichung Peer reviewed, in die Irre zu führen, da die Review nie erfolge. OMICS bestreitet diese Vorwürfe.
Das hindert Eckert und Hornung nicht daran, ihre Geschichte weiter zu spinnen und darauf hinzuweisen, dass vor allem Klimaskeptiker und deutsche Pharmafirmen sich der „scheinwissenschaftlichen Verlage“ bedienten. Die Erzählung aus 1001 Phantasie, 2002 Boshaftigkeit und 3003 Naivität, endet mit dem üblichen zu-Wort-Kommen deutscher Wissenschaftler, die einmal mehr versuchen, einer Qualle Konkurrenz in Rückgrat zu machen. Man habe nicht gewusst, wo man veröffentliche, sagt einer von ihnen.
Genug der Märchen.
Fassen wir die wesentlichen Punkte zusammen, die Eckert und Hornung ihren Lesern weismachen wollen:
Es gibt Forscher, die in Zeitschriften veröffentlichen, die nicht Peer reviewed sind.
Nur Peer reviewed Zeitschriften beinhalten wissenschaftliche Texte von Qualität alle anderen Zeitschriften sind “scheinwissenschaftlich”.
Die Peer Review ist ein Prozess, in dessen Verlauf, wie Eckert und Hornung schreiben, ein Beitrag, der zur Veröffentlichung eingereicht wurde, auf Wissenschaftlichkeit geprüft wird. „Sind die Erkenntnisse neu? Ist die Forschungsfrage und die Methodik passend? Sind die Ergebnisse reproduzierbar?”
[“Haben Eckert und Hornung den Arsch offen?”]
Sorry, das war ein O-Ton aus der Redaktion, der hier eigentlich nicht hätte veröffentlicht werden sollen, schließlich sind unsere Texte Peer reviewed. Ist der Beitrag von Eckert und Hornung eigentlich Peer reviewed oder kann bei der Tagesschau jeder schreiben, was er will, ohne dass die Qualität dessen, was geschrieben wurde, geprüft wird oder gar die Folgen?
Die haben nicht alle Tassen im Schrank ist übrigens eine der Meinungen aus der Redaktion, die man eher hätte veröffentlichen können. Auch „Die haben von Wissenschaft keine Ahnung“ wäre eine sozial verträglichere Formulierung gewesen als „Die haben den Arsch offen“. Zum Glück sind wir Peer reviewed und können diesen Lapsus hiermit beseitigen, vergessen Sie also, dass Sie es gelesen haben.
Aber fest steht: Eckert und Hornung haben keine Annung von der Welt wissenschaftlicher Peer Review, über die sie hier schreiben und den Stab brechen wollen. Sie wissen nicht, dass es in der Wissenschaft seit Jahren eine Diskussion darüber gibt, ob es noch sinnvoll ist, Peer Reviews durchzuführen, geschweige denn, ob es jemals sinnvoll war.
Warum?
Der Prozess ist lange, eingereichte Beiträge warten oft Jahre auf eine Veröffentlichung und sind, wenn sie dann veröffentlicht werden, regelmäßig veraltet oder von der Entwicklung überholt.
Diejenigen, die Peer Reviews durchführen, sind oftmals nicht qualifiziert, um das, was andere geforscht haben, tatsächlich beurteilen zu können, oder sie sind nicht motiviert genug, um das, was andere geschrieben haben, komplett zu lesen und nachzuvollziehen. Als Konsequenz erhalten die Autoren von Beiträgen oft hanebüchene oder an Allgemeinheit und Nutzlosigkeit kaum zu überbietende Hinweise zu ihren Beiträgen oder – wenn eine Feministin als Peer reviewed – häufig den Hinweis, dass ihr die Ergebnisse nicht gefallen haben. Das Problem der Eignung derer, die Peer Reviews erstellen sollen, ist deshalb ein heiß diskutiertes Problem. Aber das wissen Eckert und Hornung natürlich nicht. Einer der großen alten Männer der Sozialpsychologie, Thomas F. Pettigrew, dessen Kompetenz niemand in Frage stellen wird, hat schon vor Jahren aufgehört, in Peer reviewed Zeitschriften zu veröffentlichen. Die Gründe haben wir gerade dargelegt.
Peer Reviews haben mitnichten zur Folge, dass die veröffentlichten Texte wissenschaftlichen Qualitätskriterien der Validität und der Reliabilität genügen. (Übrigens prüft kein Peer die „Reproduzierbarkeit der Ergebnisse“ im Peer Review Prozess, wie die ahnungslosen Eckert und Hornung behaupten. Dazu benötigte man die Rohdaten und müsste die Vorgehensweise replizieren, was den sowieso schon langsamen Review-Prozess auf Jahre zum Stillstand brächte). Die beiden Beispiele dafür sind die Arbeit von Alain Sokal und von Peter Boghossian und James A. Lindsay. Sokal hat 1996 einen Beitrag mit dem Titel „Transgressing the Boundaries: Toward a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity” in der Zeitschrift “Social Text” veröffentlicht. Der Text besteht aus einer Ansammlung von Zitaten bekannter französischer und amerikanischer angeblicher Philosophen der Postmoderne. Sokal hat den “Glue” geliefert, der die Zitate in all ihrer Absurdität und Falschheit aneinanderreiht. Der Text ist ein Scherz, der keinerlei Sinn transportiert, im Gegenteil, widerspricht das, was Sokal schreibt, einer Vielzahl etablierten Erkenntnisse. Der Text wurde dennoch veröffentlicht. Nach einer Peer Review.
Ein anderes Beispiel ist der konzeptionelle Penis, den Peter Boghossian und James A. Lindsay erfunden haben. Sie zeigen in einer Studie, dass Penisse nicht existieren, dass sie ein inkohärentes Konstrukt sind. Der Text wurde in „Cogent Social Science“ veröffentlicht, einer Zeitschrift, die damit wirbt, „fully peer reviewed“ zu sein.
Nur Ahnungslose, Obrigkeitsgläubige oder Bürokraten können der Ansicht sein, in Peer reviewed Zeitschriften fänden sich wissenschaftliche Texte mit Gütesiegel und Haltbarkeitsgarantie.
Aber weiter im Text:
Wir haben auf ScienceFiles unzählige wissenschaftliche Beiträge aus Peer reviewed Zeitschriften besprochen und als Junk Science entlarvt.
Das Blog „Retraction Watch“ sammelt seit Jahren die Beiträge, die aus „Peer reviewed Zeitschriften“ zurückgezogen werden, weil sich die Daten als falsch erwiesen haben, der Text Fehler enthält, die Autoren sich einen Besseren besonnen haben oder der Verlag kein Peer Review Verfahren durchgeführt hat, sondern ein „Fake Peer Review Verfahren“. Springer hat gerade 107 Beiträge aus der Zeitschrift „Tumor Biology“ zurückgezogen, weil die Peer Review, die angeblich durchgeführt worden sein soll, nie durchgeführt wurde.
Der Jahresrücklick für 2017 aus Peer reviewed Zeitschriften zurückgezogener Texte, den Retraction Watch regelmäßig erstellt, kann übrigens hier gefunden werden.
Eine Suche in der Datenbank von Retraction Watch, die Artikel zum Gegenstand hat, die Springer allein 2017 zurückgezogen hat, erbringt 237 Artikel.
Im selben Zeitraum hat Sage 33 Artikel zurückgezogen.
Wie man auf die Idee kommen kann, eine Peer Review würde sicherstellen, dass veröffentlichte Texte seltener Junk sind als Text, die den Prozess der Peer Review nicht durchlaufen haben, ist uns nur dann nachvollziehbar, wenn wir den beiden Ahnungslosen vom NDR zugute halten, dass sie a) nicht von einem Verlag, der ein Interesse daran hat, andere Verlage in einem schlechteren Licht erscheinen zu lassen, als man selbst sich gerade in einem findet, für ihre Recherche bezahlt wurden und dass sie b) eine autoritäre Sehnsucht nach einem Stempel auf einem wissenschaftlichen Text haben, der ein für alle Mal garantiert, dass die Erkenntnisse, von denen im Text berichtet wird, korrekt und allzeit gültig sind, so dass sie auch ein Journalist, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, in die Welt posaunen kann.
Aber so funktioniert die Wissenschaft nicht.
Die Grundlage von Wissenschaft ist die Urteilsfähigkeit, die Fähigkeit eines Wissenschaftlers, sich zu einem Thema ein Urteil zu bilden. Wissenschaft ist ein kumulativer Prozess, der davon lebt, dass über Ergebnisse und angebliche Erkenntnisse gestritten wird, dass diskutiert, hinterfragt, geprüft und im Ende: Verbessert wird. Deshalb ist es schlicht egal, wo ein Text veröffentlicht wurde, ob er und wenn ja, in welcher Zeitschrift ein Text veröffentlicht wurde, ob er Peer reviewed wurde oder nicht. Man bildet sich als Wissenschaftler ein Urteil über den Inhalt eines Beitrags, nicht über den Erscheinungsort. Wären Eckert und Hornung nicht so endlos weit von der Wissenschaft entfernt, sie wüssten das.
Sie wüssten dann auch, dass Herausgeber einen Peer Review Prozess nutzen können, um sicherzustellen, dass keine Texte veröffentlicht werden, die dem, was sie für richtig halten, widersprechen. Soll ein Text veröffentlicht werden, dann schickt man ihn an Reviewer, von denen man weiß, dass sie das Thema mögen und jeden Junk, der sich damit beschäftigt, veröffentlicht sehen wollen. Will man verhindern, dass ein Text veröffentlicht wird, dann schickt man z.B. einen Text, in dem quantitative Daten verarbeitet werden, an einen eingeschworenen qualitativen Fetischisten, der sowieso der Ansicht ist, man könne die Komplexität der Wirklichkeit nur 1:1 und im tiefenpsychologischen Gespräch erfassen.
Und nach all dem, was wir hier zusammengetragen haben und dabei haben wir das Problem der vielen Texte, die in Peer Review Zeitschriften veröffentlicht, aber von Computer-Software zusammengeschnippelt wurden, gar noch nicht angeschnitten, kann man Eckert und Hornungs Beitrag nur als Fake News und Fake Journalismus einordnen und sich fragen, was dahinter steht.
Naivität?
Ahnungslosigkeit?
Unkenntnis?
Boshaftigkeit?
Oder ist die fehlende Peer Review bei der Tagesschau im Allgemeinen und beim NDR im Besonderen die Ursache dafür, dass derartige Fake News verbreitet wird?
Fake News mit Konsequenzen übrigens: Nehmen wir die Forderung, wissenschaftliche Texte müssten einen Prozess der Peer Review durchlaufen, damit sie als solche anerkannt werden können, einmal ernst.
Das bedeutet, dass die Bundesministerien alle Gutachten und sonstigen Beiträge, die sie als wissenschaftlich verkaufen wollen, einstampfen müssen, weil sie nicht Peer reviewed sind.
Das bedeutet, dass die Tagesschau nicht mehr voller Euphorie das aufnehmen kann, was ihr oftmals ideologisch so gut in den Kram passt, die angeblichen Studien zum Rassismus, Antisemitismus, zu Bildung und Armut, wie sie von Bertelsmann-Stiftung, Amadeu-Antonio-Stiftung, universitären Anhängseln, institutionalisierten Wissenschaftlern, die sich als Legitimationsbeschaffer für Ministerien verdingen, von dubiosen Institutionen wie dem Institute for Strategic Dialogue en masse verbreitet werden. Nichts davon ist Peer reviewed. Nichts davon par ordre du mufti Wissenschaft.
Aber vielleicht ist es genau das, was Eckert und Hornung vorschwebt, ein staatliches Siegel, eine ISO 9877126, das für die Texte vergeben wird, die staatsdienlich sind und deshalb als wissenschaftlich verkauft werden sollen. Dann hätten sie das Problem, sich ein Urteil bilden zu müssen, wo ihnen die Kompetenz, sich ein Urteil zu bilden, fehlt, ein für alle Mal und auf eine Weise gelöst, die ihnen scheinbar nahe ist. durch Gehorsam und Obrigkeitshörigkeit.
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Die ARD hat das als Nachricht ja nicht alleine erzeugt, sondern reproduziert Recherchen aus dem konzertierten Gesinnungsmilieu aus NDR, WDR und dem “SZ Magazin”. Die Süddeutsche macht daraus einen noch weiter polarisierenden Artikel. Das eigentlich Ärgerliche ist jedoch, es dominiert der Eindruck, niemand ist wirklich am Problem einer wissenschaftlich abgesicherten Veröffentlichung interessiert, sondern dreht am Spin voller simpler Dichotomien im zeitgeistigen Fake Empörung Modus. Das simple und nützliche Narrativ: Industrie und Klimaskeptiker hebeln die seriöse und zertifizierte Wissenschaft aus, mithilfe von unseriösen Publikationsplattformen. Das reicht dem missionarischen Gesinnungspublizisten.
Was mich etwas wundert. Die tun beim ÖR gerade so, als hätten sie hier den Stein der Weisen entdeckt. Aber die Geschichte mit Fake Journals, Fake Papers usw. ist doch schon sehr viel älter. Kann mich diesbezüglich an ältere Artikel bei telepolis erinnern, die man sogar als Journalist des linksliberalen Meinungskosmos lesen konnte.
Ganz großen Dank für diesen Artikel. Es ist schon grotesk, wenn sich zwei Scientific Nobodies & Nograsps über Wissenschaft auslassen. Wer selbst Arbeiten veröffentlicht hat, die nicht im jeweils aktuellen Mainstream schwammen, weiß, wie viel Mitläufertum und Gedankenlosigkeit bei Gutachtern im Spiele sein können. Auch ist klar, dass die Gutachter der DDR nur Arbeiten den wissenschaftlichen Segen gaben, die dem sog. Wissenschaftlichen Marxismus-Leninismus genügten, doch selbst diese einfache Parallele scheint den beiden Skribenten fern.
Der letzte Absatz Ihres Artikels scheint mir besonders wichtig. Qualifizierte Urteile abgeben zu können, setzt solides Wissen, den Willen zu Redlichkeit und Sorgfalt sowie das Bewusstsein der eigenen Grenzen voraus. Heute jedoch erleben wir Massen ephemer gebildeter Irgendwasstudierter, die sich, im Gegensatz zu sog. Nichtstudierten und einfachen Leuten, viel öfter intellektuell überschätzen und zugleich die Kompetenz der wirklichen Fachleute unterschätzen (Dunning-Krüger-Phänomen).
Das verschärft sich durch die Herrschaft politischer Fiktiologien mit Total- und Heilsanspruch, die das Gütesiegel der Wissenschaft beanspruchen, ohne ihren Kriterien zu genügen; typisch hierfür sind Kreationisten, Genderisten, Ökozynoromantiker usw. Was am Ende der Konformisierung herauskommt, ist die Zerstörung der Wissenschaft als einer Fähigkeit, selbständig tatsachenorientiert kritisch zu denken. Sie wird mit Propaganda äquilibriert, ein Prozess der Aushöhlung, den man derzeit besonders deutlich an der Klimaforschung sieht.
Damit untergräbt die genuin auf Objektivierung und intellektuelle Distanzierung ausgerichtete westliche Kultur ihre eigenen Grundlagen. Leider sind unter den mir bekannten Wissenschaftlern nur sehr wenige sich dessen bewusst, wie oft sie bei dieser Selbstzerstörung mittun. Und wenn erst besagte Skribenten und ihresgleichen als Präzeptoren wachen, kann Wissenschaft nicht mehr gedeihen, wohl aber die voll entwickelte ruminantische Persönlichkeit.
Ein wahrhaft hoher Anspruch, ja, die Massen-Medien dürften XX Prozent aller Studien, Umfragen, Expertenmeinungen nicht mehr veröffentlichen, weil vermutlich ein großer Teil keiner seriösen „Supervision“ unterzogen wurde. Autoren wie auch Forscherteams braten ja oft im eigenen Insider-Saft, man bestärkt sich untereinander in einer bestimmten Sichtweise, zumal wenn man unterstellen darf, dass derjenige, der finanziert, begutachtet/Noten vergibt oder als bekannter Verlag veröffentlicht, dieselbe „Linie“ vertritt. Dabei ist letztlich eben nicht nur entscheidend, ob es sich um „scheinwissenschaftliche“ Verlage handelt. Das fragliche Dossier konzentriert sich – nach meinem ersten Eindruck – zu stark auf den Veröffentlichungsweg anstatt auf den I n h a l t :
Zitat Badische Neueste Nachrichten: „Ein Sprecher der Uni Heidelberg sagte, man warne seit Jahren vor diesen unseriösen Wissenschaftsverlagen. Dennoch könne es im Einzelfall vorkommen, dass vor allem junge, unerfahrene Wissenschaftler auf die Angebote der Verlage hereinfallen würden. Aber die Zahl der bei den kritisierten Verlagen veröffentlichten Artikel sei sehr gering. … Man werde aber erneut alle Mitarbeiter davor warnen, dort Fach-Artikel zu publizieren.“
Gut und schön (wo dann?), dennoch: Das A und O ist doch in der Tat die Qualität der Beiträge selbst (!), und die kann in unbekannten Verlagen untadelig sein, sie muss in seriösen Verlagen nicht zwangsläufig gesichert sein. Entscheidend ist letztlich, wie schon geschrieben wurde, schnöde die Fach-Kompetenz und Fähigkeit zur Selbstkritik des einzelnen Wissenschaftlers und wohl ebenso der Wille der Unis/Forschungseinrichtungen, jungen Akademikern auf die Finger zu schauen und sie kompetent auszubilden.
Der “Sprecher” der Uni Heidelberg hat ziemlich viele unbequeme Wahrheiten zu erwähnen vergressen, darunter diejenige, dass der Erwerb eines Doktortitels in der Regel mit der Pflicht einhergeht, die Doktorarbeit zu publizieren (was m.E.durchaus Sinn macht); nur – die lieben “seriösen” “Wissenschafts”verlage verdienen an den entsprechenden Büchern, ohne den Verfassern etwas dafür zu bezahlen, denn die Verfasser müssen ja publizieren. Und das ist nicht alles: sie verlangen “Druckkostenzuschüsse” von mehreren Tausend Euros dafür, dass sie ein Buch drucken. Und wer zahlt, wird gedruckt. So einfach ist das. Von wegen “Peer review”, ganz zu schweigen davon, dass “peer reviews” alles andere als Wege der Qualitätssicherung sind, wie schon im Post beschrieben.
Und dass die Lektorate “seriöser” “Wissenschafts”verlage zunehmend häufig politische Agitation (für Feminismus, Gendergelaber, Sozialismus, Totalitarismus, z.B. verkleidet als “nudging” oder als Text über die Wichtigkeit frühklndlicher ERziehung durch den Staat etc. ) unter der Rubrik “Wissenschaft” handeln, hätte ebenfalls seit Jahrzehnten bestens als Stein des Anstoßes dienen können. Wo waren denn da die Kritikerstimmen, die Qualitätsstandards für diese Schriebe eingefordert haben?!
Es ist doch mehr als offensichtlich, dass diese neue Kampagne ein Puzzle-Teil mehr im Kampf gegen Medien und die Verbreitung von Information, die nicht mehr oder weniger direkt kontrolliert und beeinflusst werden können, ist.
Die Deutschen mögen sich an ihren Kontrollphantasien, die jedes Denken ersparen, berauschen, aber das ändert nichts an den Realitäten: der Rest der Welt entwickelt sich inzwischen weiter und lacht nur noch über typischerweise empörte Gartenzwerge.
Glaubt z.B. wirklich jemand, dass in China oder Indien ein durchschnittlicher Absolvent der “High school” so dumm wäre wie deutsche Journalisten und genetische Fehlschlüsse (also den Fehlschluss von der Quelle auf die Qualität einer Sache, den es in verschiedenen Varianten gibt,) nicht erkennen oder schlimmer: selbst produzieren, würde? Nein. Wenn jemandem bedrohlich vorkommt, dass schlechte Texte als “Wissenschaft” durchgehen könnten, dann hat er halt keine Ahnung davon, nach welchen Kriterien man einen wissenschaftlichen Text beurteilt. Jeder, der diese Kriterien kennt, kann einen wissenschaftlichen Text von anderen Textsorten oder schlichtem Quatsch unterscheiden. Also hat nur Angst vor Irrtümern, wer selbst kein Urteilsvermögen hat.
Hätte die Schlussfolgerung daraus nicht sein müssen, dass (spätestens) an Universitäten Pflichtkurse, am besten in den Semestern 1 und 2, eingerichtet werden, in denen Wissenschaftstheorie, Logik und Argumentation und Methodologie (inklusive Dantenhandling und Statistik) ‘rauf und ‘runter gelehrt wird, damit Qualitätsstandards auch wirklich bekannt sind? Und erst nach erfolgreichem Absolvieren dieser Kurse darf man eine inhaltliche Disziplin studieren. Ich denke, das ist eine meiner besten Ideen, die ich jemals hatte. Damit wäre man alle Leute, die bloß labern und sich mit ihrem Hobby beschäftigen möchten, auf einen Schlag los. Und man hätte andererseits dafür gesorgt, dass in der Bevölkerung ein geteiltes Wissen darüber besteht, wovon man redet, wenn man von “Wissenschaft” redet. Ich denke, Deutschland bräuchte so etwas in der Art sehr dringend, wenn es mittel- und langfristig u.a. mit China oder Indien mithalten will.
Ich frage mich zunehmend, in welcher Phantasiewelt weite Teile der Deutschen traumtanzen. Es ist keine ratsame Strategie, sich die Taschen vollzulügen, nur, um nicht denken zu müssen, sich selbst nicht realistisch einschätzen und die eigenen Defizite nicht beheben zu müssen. Man will einfach “gut” sein, und seit Gott “out” ist, glaubt man halt an irgendwelche Verordnungen, Regelungen, ISOs etc. – und dann ist die Welt “gut”, weil schön “geregelt”, und niemand kann abweichen, und falls doch, na, dann bekommt er öfffentlich die Schandmaske aufgesetzt, und jeder gute Deutsche darf ‘mal spucken. Alles wird “gut” – wenn man nur nicht die Anstrengung unternehmen muss, selbst zu denken! Das hatten wir ja alles schon mehrfach in Mitteleuropa und in Deutschland speziell.
Ich persönlich habe für Deutschland und überhaupt für Mitteleuropa wenig Hoffnung; in nur wenigen Jahrzehnten werden sie die neuen stagnierenden Gesellschaften, wenn nicht die neuen Armenhäuser dieser Erde sein. Dann ist ein weiterer totalitärer Versuch aufgrund romantischen Irrationalismus oder sonstwie verursachter Denkverweigerung (oder -behinderung) gescheitert, und wieder hat er unnötige Opfer gekostet.
R.J. hat es schon erwähnt, ich würde es aber noch mal deutlicher formulieren wollen:
Das Editorial Board und wer bei einer Zeitschrift den Peer-Review-Prozess durchführt speist sich oft aus einer ganz bestimmten Klientel (Gesinnung). Damit entscheidet sich oft, ob ein Ergebnis “reproduzierbar” ist, denn die Editoren oder Reviewer wollen es eben oft gerade nicht haben, dass jemand anderes aufzeigt, dass gewisse Ergebnisse, die bereits in ihrem Journal (oft von Ihnen selbst) erschienen sind, widerlegen.
Werden also Studien, die zeigen, dass etwas nicht reproduzierbar ist, generll nicht veröffentlicht, erscheinen die veröffentlichten Ergebnisse fälschlicherweise als robust.
Einer meiner Beiträge wurde abgeleht mit der Begründung ich ginge mit dem Author des Ansatzes zu hart ins Gericht, das sei unlauter. Dabei habe ich in diesem Ansatz nur zusammengetragen und gegenübergestellt, was andere (in einem peer review process veröffentlichten Artikeln) über den Ansatz gesagt haben.
In der Ökonomie hat sich mittlerweile eingebürgert, dass Artikel oft nur dann zur Veröffentlichung in einer Zeitschrift überhaupt in Betracht gezogen werden, wenn statistisch signifikante Ergebnisse enthalten sind. Es ist jedoch oftmals auch von Interesse zu wissen, wenn zwei Dinge nicht miteinander zusammenhängen. Daher gibt es im Bereich von empirischen Studien längst einen publication-bias und es werden Optionen erwogen Journale einzurichten, in denen die insignificant studies veröffentlicht werden können, um diesem Problem Rechnung zu tragen.
Danke. In der Medizin ist neben dem publication bias (z.B. was neue diagnostische Methoden angeht, die zu positiv dargestellt werden) der akademische Herdentrieb ein großes Problem und führt zu dem Ergebnis, dass das Interesse an einem “Paradigma” sich explosiv entwickelt (zeitweise gibt es dann mehr Kommentarartikel und Editorials als Originalarbeiten), sodann alle aufspringen, nach einigen Jahren die Sache kollabiert, weil inhaltlich nicht haltbar, sodann die Hauptprotagonisten in vollem Ernst erklären, sie wären schon immer skeptisch gewesen, sodann die Sache regelrecht in der Versenkung verschwindet. Das habe ich inzwischen mehrmals erlebt. Dabei spielen die Seilschaften in Zeitschriften, Fachgesellschaften usw. eine maßgebliche Rolle.
Die no-name-Zeitschriften liegen unter dem Wahrnehmungsradar und sind nicht das Problem; für Habilitationen etc. zählen sie ohnedies nicht. In den sog. Geistes- und den Sozialwissenschaften mag das anders sein, aber da ist der Karren, wie so oft von SF illustriert, ohnedies bereits an die Wand gefahren, und auch als seriös geltende Zeitschriften quellen oft über von politischem Opportunismus und Konformismus, wie bereits ein Blick in die Inhaltsverzeichnisse zeigt. Insofern geht der Artikel der beiden Skribenten an den realen Problemen vorbei. Ich sehe darin den typischen Versuch, (a) sich als Zuchtmeister dicke zu machen und (b) ideologische Kontrolle zu erreichen, denn was in SZ- und ARD-Milieus als Qualitäts-Wissenschaft gilt, ist bekannt.
Es ist bemerkenswert wie Journalisten und offensichtlich auch einige Wissenschaftler immer mehr für eine Zensur sind. Irgendwie scheint das Klima wohl gerade nicht mitzuspielen oder irgendetwas anderes drückt aufs Gemüt – könnte die Realität sein. Erwarten wir den nächsten Irrsinn. Wenn man nur darauf wetten könnte. GSTQ
Sind Gretel und Seppl gar zwei ehemalige Germanistikstudenten, die sich weigerten Goethe zu lesen, weil der ihnen zu patriarchal ist? Ich habe den Verdacht das Ziel dieser anscheinend breit angelegten Aktion ist die Relativierung von Wissenschaft, auch in den MINT-Bereichen. Die haben vielleicht bemerkt, dass es solchen “Wissenschaften” wie Gender, critical whiteness, Postmodernismus usw. bald an den Kragen gehen koennte. Die publizistische Gegenmassnahme ist: Alles ist korrupt und fake, vor allem die wissenschaftliche Kritik an Gender.
Es bleibt doch ein Problem, dass man nur dann Professor wird, wenn man ausreichend Artikel (bzw. Buecher) in “anerkannten”, peer reviewed Fachzeitschriften veroeffentlicht hat. Ich kenne das selbst aus meinen Fachartikeln in Industrie-Fachzeitschriften. Wenn meine Firma genug Werbung dort geschaltet hat, dann wurde mein Artikel sofort angenommen. Peer Reviewer war mein Chef, der im wissenschaftlichen Beirat vieler Zeitschriften war 😀
Unsere Vermutung geht in die selbe Richtung, wenn erst alles, was Wisseenschaft sein soll, relativiert ist, dann kommt der Staat als Retter daher und präsentiert eine Norm, die vermeintlich wissenschaftliche Texte von vermeintlich nicht-wissenschaftlichen Texten abgrenzen soll. Natürlich werden Parteivertreter diese Norm basteln und dass die Richtung, in die Sie bereits gedacht haben, die ist, die die Norm nehmen wird, daran haben wir kaum Zweifel.
Wie immer, wenn es Ihnen an den Kragen geht, sitzen die meisten institutionalisierten Wissenschaftler in Deutschland stumm am Rande und warten, wohin sie die Staatsgewalt treibt. It’s a disgrace.
Aber letztlich sind die Wissenschaften internationalisiert und Gretel und Hänsel nur im einheimischen Wald unterwegs, so dass auch dieser Anschlag auf die Wissenschaft als Methode, wie schon die Gender Studies verpuffen wird…. Die Frage ist nur, wie lange wird es dauern, bis auch dieser Blödsinn ausgestanden ist.
Der Grad der gewählten verbalen Gossentauchtiefe dürfte proportional zum Dampfausstoß des berühmten, fiktiven “Stoffwechselendproduktes” sein. 🙂
Man kann gespannt sein, was eher zur Wirkung kommt:
-Der Rumpelstilzchen-Effekt
-Das Kolbenfresser-Syndrom (immer schrilleres Kreischen bis der Pleuel geflogen kommt)
Es sieht für mich verdammt danach aus als wöllte man noch eine übergeordnete “Kontrollinstanz” für die “Wissenschaft” etablieren, zumal der Caesar-Verschnitt im Vatikan eine freie, ergebnisoffene Forschung ja auch schon als “unerwünscht” gegeiselt hat.
Die mangelnde Qualifikation derjenigen, die Peer Reviews durchführen, ist doch das geringste Problem. Referees sind üblicherweise vom selben Fach wie der Autor – und damit unmittelbare Konkurrenten beim Kampf um Ruhm und Forschungsgelder.
Wie oft werden dann Publikationen durch wiederholte Nachbessungsforderungen so lange verzögert, bis man die Ergebnisse einer Arbeit selber in Kurzversion als „Letter“ irgendwo untergebracht und damit die Priorität gesichert hat, wie häufige Plagiatsstreitigkeiten belegen, in die auffälligerweise immer wieder dieselben Institute involviert sind.
Und dann sind da noch die Referees, die wie Spinnen in ihrem Netz nur darauf warten, dass sie die Ideen anderer aufsaugen und verdauen können, zu denen sie selber nicht imstande sind.
Zur Motivation der Autoren: es ist wohl am ehesten der Wunsch an einer “wissenschaftlichen Wahrheit” teilzuhaben und so besonders die “Klimaskeptiker und deutsche Pharmafirmen” zu diskreditieren. So wird Wissenschaft bzw. ihr immer noch gutes standing in der Bevölkerung schon länger politisch instrumentalisiert.
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Liebe Leser,
gerade haben Sie uns dabei geholfen, eine Finanzierungslücke für das Jahr 2023 zu schließen, da ist das Jahr auch schon fast zuende.
Weihnachten naht.
Und mit Weihnachten das jährlich wiederkehrende Problem: Ein Weihnachtsmann, der im Kamin stecken bleibt, weil er zu viel anliefern muss.
Vermeiden Sie dieses Jahr diese Kalamität. Diversifizieren Sie Ihr Geschenkportfolio.
Z.B. indem Sie unsere Sorgen um die Finanzierung des nächsten Jahres mindern.
Unser Dank ist Ihnen gewiss! Und Sie können sicher sein, dass Sie auch im nächsten Jahr ScienceFiles in gewohntem Umfang lesen können.
Die ARD hat das als Nachricht ja nicht alleine erzeugt, sondern reproduziert Recherchen aus dem konzertierten Gesinnungsmilieu aus NDR, WDR und dem “SZ Magazin”. Die Süddeutsche macht daraus einen noch weiter polarisierenden Artikel. Das eigentlich Ärgerliche ist jedoch, es dominiert der Eindruck, niemand ist wirklich am Problem einer wissenschaftlich abgesicherten Veröffentlichung interessiert, sondern dreht am Spin voller simpler Dichotomien im zeitgeistigen Fake Empörung Modus. Das simple und nützliche Narrativ: Industrie und Klimaskeptiker hebeln die seriöse und zertifizierte Wissenschaft aus, mithilfe von unseriösen Publikationsplattformen. Das reicht dem missionarischen Gesinnungspublizisten.
Gilt das denn jetzt auch für arXiv.org?
Was mich etwas wundert. Die tun beim ÖR gerade so, als hätten sie hier den Stein der Weisen entdeckt. Aber die Geschichte mit Fake Journals, Fake Papers usw. ist doch schon sehr viel älter. Kann mich diesbezüglich an ältere Artikel bei telepolis erinnern, die man sogar als Journalist des linksliberalen Meinungskosmos lesen konnte.
Ganz großen Dank für diesen Artikel. Es ist schon grotesk, wenn sich zwei Scientific Nobodies & Nograsps über Wissenschaft auslassen. Wer selbst Arbeiten veröffentlicht hat, die nicht im jeweils aktuellen Mainstream schwammen, weiß, wie viel Mitläufertum und Gedankenlosigkeit bei Gutachtern im Spiele sein können. Auch ist klar, dass die Gutachter der DDR nur Arbeiten den wissenschaftlichen Segen gaben, die dem sog. Wissenschaftlichen Marxismus-Leninismus genügten, doch selbst diese einfache Parallele scheint den beiden Skribenten fern.
Der letzte Absatz Ihres Artikels scheint mir besonders wichtig. Qualifizierte Urteile abgeben zu können, setzt solides Wissen, den Willen zu Redlichkeit und Sorgfalt sowie das Bewusstsein der eigenen Grenzen voraus. Heute jedoch erleben wir Massen ephemer gebildeter Irgendwasstudierter, die sich, im Gegensatz zu sog. Nichtstudierten und einfachen Leuten, viel öfter intellektuell überschätzen und zugleich die Kompetenz der wirklichen Fachleute unterschätzen (Dunning-Krüger-Phänomen).
Das verschärft sich durch die Herrschaft politischer Fiktiologien mit Total- und Heilsanspruch, die das Gütesiegel der Wissenschaft beanspruchen, ohne ihren Kriterien zu genügen; typisch hierfür sind Kreationisten, Genderisten, Ökozynoromantiker usw. Was am Ende der Konformisierung herauskommt, ist die Zerstörung der Wissenschaft als einer Fähigkeit, selbständig tatsachenorientiert kritisch zu denken. Sie wird mit Propaganda äquilibriert, ein Prozess der Aushöhlung, den man derzeit besonders deutlich an der Klimaforschung sieht.
Damit untergräbt die genuin auf Objektivierung und intellektuelle Distanzierung ausgerichtete westliche Kultur ihre eigenen Grundlagen. Leider sind unter den mir bekannten Wissenschaftlern nur sehr wenige sich dessen bewusst, wie oft sie bei dieser Selbstzerstörung mittun. Und wenn erst besagte Skribenten und ihresgleichen als Präzeptoren wachen, kann Wissenschaft nicht mehr gedeihen, wohl aber die voll entwickelte ruminantische Persönlichkeit.
Ein wahrhaft hoher Anspruch, ja, die Massen-Medien dürften XX Prozent aller Studien, Umfragen, Expertenmeinungen nicht mehr veröffentlichen, weil vermutlich ein großer Teil keiner seriösen „Supervision“ unterzogen wurde. Autoren wie auch Forscherteams braten ja oft im eigenen Insider-Saft, man bestärkt sich untereinander in einer bestimmten Sichtweise, zumal wenn man unterstellen darf, dass derjenige, der finanziert, begutachtet/Noten vergibt oder als bekannter Verlag veröffentlicht, dieselbe „Linie“ vertritt. Dabei ist letztlich eben nicht nur entscheidend, ob es sich um „scheinwissenschaftliche“ Verlage handelt. Das fragliche Dossier konzentriert sich – nach meinem ersten Eindruck – zu stark auf den Veröffentlichungsweg anstatt auf den I n h a l t :
Zitat Badische Neueste Nachrichten: „Ein Sprecher der Uni Heidelberg sagte, man warne seit Jahren vor diesen unseriösen Wissenschaftsverlagen. Dennoch könne es im Einzelfall vorkommen, dass vor allem junge, unerfahrene Wissenschaftler auf die Angebote der Verlage hereinfallen würden. Aber die Zahl der bei den kritisierten Verlagen veröffentlichten Artikel sei sehr gering. … Man werde aber erneut alle Mitarbeiter davor warnen, dort Fach-Artikel zu publizieren.“
Gut und schön (wo dann?), dennoch: Das A und O ist doch in der Tat die Qualität der Beiträge selbst (!), und die kann in unbekannten Verlagen untadelig sein, sie muss in seriösen Verlagen nicht zwangsläufig gesichert sein. Entscheidend ist letztlich, wie schon geschrieben wurde, schnöde die Fach-Kompetenz und Fähigkeit zur Selbstkritik des einzelnen Wissenschaftlers und wohl ebenso der Wille der Unis/Forschungseinrichtungen, jungen Akademikern auf die Finger zu schauen und sie kompetent auszubilden.
Der “Sprecher” der Uni Heidelberg hat ziemlich viele unbequeme Wahrheiten zu erwähnen vergressen, darunter diejenige, dass der Erwerb eines Doktortitels in der Regel mit der Pflicht einhergeht, die Doktorarbeit zu publizieren (was m.E.durchaus Sinn macht); nur – die lieben “seriösen” “Wissenschafts”verlage verdienen an den entsprechenden Büchern, ohne den Verfassern etwas dafür zu bezahlen, denn die Verfasser müssen ja publizieren. Und das ist nicht alles: sie verlangen “Druckkostenzuschüsse” von mehreren Tausend Euros dafür, dass sie ein Buch drucken. Und wer zahlt, wird gedruckt. So einfach ist das. Von wegen “Peer review”, ganz zu schweigen davon, dass “peer reviews” alles andere als Wege der Qualitätssicherung sind, wie schon im Post beschrieben.
Und dass die Lektorate “seriöser” “Wissenschafts”verlage zunehmend häufig politische Agitation (für Feminismus, Gendergelaber, Sozialismus, Totalitarismus, z.B. verkleidet als “nudging” oder als Text über die Wichtigkeit frühklndlicher ERziehung durch den Staat etc. ) unter der Rubrik “Wissenschaft” handeln, hätte ebenfalls seit Jahrzehnten bestens als Stein des Anstoßes dienen können. Wo waren denn da die Kritikerstimmen, die Qualitätsstandards für diese Schriebe eingefordert haben?!
Es ist doch mehr als offensichtlich, dass diese neue Kampagne ein Puzzle-Teil mehr im Kampf gegen Medien und die Verbreitung von Information, die nicht mehr oder weniger direkt kontrolliert und beeinflusst werden können, ist.
Die Deutschen mögen sich an ihren Kontrollphantasien, die jedes Denken ersparen, berauschen, aber das ändert nichts an den Realitäten: der Rest der Welt entwickelt sich inzwischen weiter und lacht nur noch über typischerweise empörte Gartenzwerge.
Glaubt z.B. wirklich jemand, dass in China oder Indien ein durchschnittlicher Absolvent der “High school” so dumm wäre wie deutsche Journalisten und genetische Fehlschlüsse (also den Fehlschluss von der Quelle auf die Qualität einer Sache, den es in verschiedenen Varianten gibt,) nicht erkennen oder schlimmer: selbst produzieren, würde? Nein. Wenn jemandem bedrohlich vorkommt, dass schlechte Texte als “Wissenschaft” durchgehen könnten, dann hat er halt keine Ahnung davon, nach welchen Kriterien man einen wissenschaftlichen Text beurteilt. Jeder, der diese Kriterien kennt, kann einen wissenschaftlichen Text von anderen Textsorten oder schlichtem Quatsch unterscheiden. Also hat nur Angst vor Irrtümern, wer selbst kein Urteilsvermögen hat.
Hätte die Schlussfolgerung daraus nicht sein müssen, dass (spätestens) an Universitäten Pflichtkurse, am besten in den Semestern 1 und 2, eingerichtet werden, in denen Wissenschaftstheorie, Logik und Argumentation und Methodologie (inklusive Dantenhandling und Statistik) ‘rauf und ‘runter gelehrt wird, damit Qualitätsstandards auch wirklich bekannt sind? Und erst nach erfolgreichem Absolvieren dieser Kurse darf man eine inhaltliche Disziplin studieren. Ich denke, das ist eine meiner besten Ideen, die ich jemals hatte. Damit wäre man alle Leute, die bloß labern und sich mit ihrem Hobby beschäftigen möchten, auf einen Schlag los. Und man hätte andererseits dafür gesorgt, dass in der Bevölkerung ein geteiltes Wissen darüber besteht, wovon man redet, wenn man von “Wissenschaft” redet. Ich denke, Deutschland bräuchte so etwas in der Art sehr dringend, wenn es mittel- und langfristig u.a. mit China oder Indien mithalten will.
Ich frage mich zunehmend, in welcher Phantasiewelt weite Teile der Deutschen traumtanzen. Es ist keine ratsame Strategie, sich die Taschen vollzulügen, nur, um nicht denken zu müssen, sich selbst nicht realistisch einschätzen und die eigenen Defizite nicht beheben zu müssen. Man will einfach “gut” sein, und seit Gott “out” ist, glaubt man halt an irgendwelche Verordnungen, Regelungen, ISOs etc. – und dann ist die Welt “gut”, weil schön “geregelt”, und niemand kann abweichen, und falls doch, na, dann bekommt er öfffentlich die Schandmaske aufgesetzt, und jeder gute Deutsche darf ‘mal spucken. Alles wird “gut” – wenn man nur nicht die Anstrengung unternehmen muss, selbst zu denken! Das hatten wir ja alles schon mehrfach in Mitteleuropa und in Deutschland speziell.
Ich persönlich habe für Deutschland und überhaupt für Mitteleuropa wenig Hoffnung; in nur wenigen Jahrzehnten werden sie die neuen stagnierenden Gesellschaften, wenn nicht die neuen Armenhäuser dieser Erde sein. Dann ist ein weiterer totalitärer Versuch aufgrund romantischen Irrationalismus oder sonstwie verursachter Denkverweigerung (oder -behinderung) gescheitert, und wieder hat er unnötige Opfer gekostet.
R.J. hat es schon erwähnt, ich würde es aber noch mal deutlicher formulieren wollen:
Das Editorial Board und wer bei einer Zeitschrift den Peer-Review-Prozess durchführt speist sich oft aus einer ganz bestimmten Klientel (Gesinnung). Damit entscheidet sich oft, ob ein Ergebnis “reproduzierbar” ist, denn die Editoren oder Reviewer wollen es eben oft gerade nicht haben, dass jemand anderes aufzeigt, dass gewisse Ergebnisse, die bereits in ihrem Journal (oft von Ihnen selbst) erschienen sind, widerlegen.
Werden also Studien, die zeigen, dass etwas nicht reproduzierbar ist, generll nicht veröffentlicht, erscheinen die veröffentlichten Ergebnisse fälschlicherweise als robust.
Einer meiner Beiträge wurde abgeleht mit der Begründung ich ginge mit dem Author des Ansatzes zu hart ins Gericht, das sei unlauter. Dabei habe ich in diesem Ansatz nur zusammengetragen und gegenübergestellt, was andere (in einem peer review process veröffentlichten Artikeln) über den Ansatz gesagt haben.
In der Ökonomie hat sich mittlerweile eingebürgert, dass Artikel oft nur dann zur Veröffentlichung in einer Zeitschrift überhaupt in Betracht gezogen werden, wenn statistisch signifikante Ergebnisse enthalten sind. Es ist jedoch oftmals auch von Interesse zu wissen, wenn zwei Dinge nicht miteinander zusammenhängen. Daher gibt es im Bereich von empirischen Studien längst einen publication-bias und es werden Optionen erwogen Journale einzurichten, in denen die insignificant studies veröffentlicht werden können, um diesem Problem Rechnung zu tragen.
Danke. In der Medizin ist neben dem publication bias (z.B. was neue diagnostische Methoden angeht, die zu positiv dargestellt werden) der akademische Herdentrieb ein großes Problem und führt zu dem Ergebnis, dass das Interesse an einem “Paradigma” sich explosiv entwickelt (zeitweise gibt es dann mehr Kommentarartikel und Editorials als Originalarbeiten), sodann alle aufspringen, nach einigen Jahren die Sache kollabiert, weil inhaltlich nicht haltbar, sodann die Hauptprotagonisten in vollem Ernst erklären, sie wären schon immer skeptisch gewesen, sodann die Sache regelrecht in der Versenkung verschwindet. Das habe ich inzwischen mehrmals erlebt. Dabei spielen die Seilschaften in Zeitschriften, Fachgesellschaften usw. eine maßgebliche Rolle.
Die no-name-Zeitschriften liegen unter dem Wahrnehmungsradar und sind nicht das Problem; für Habilitationen etc. zählen sie ohnedies nicht. In den sog. Geistes- und den Sozialwissenschaften mag das anders sein, aber da ist der Karren, wie so oft von SF illustriert, ohnedies bereits an die Wand gefahren, und auch als seriös geltende Zeitschriften quellen oft über von politischem Opportunismus und Konformismus, wie bereits ein Blick in die Inhaltsverzeichnisse zeigt. Insofern geht der Artikel der beiden Skribenten an den realen Problemen vorbei. Ich sehe darin den typischen Versuch, (a) sich als Zuchtmeister dicke zu machen und (b) ideologische Kontrolle zu erreichen, denn was in SZ- und ARD-Milieus als Qualitäts-Wissenschaft gilt, ist bekannt.
“Klimaspektiker” …. sieht zwar wie ein Verschreiber aus, passt aber ….
Und ich dachte, die meinen Texte von Judith Butler & Co.
Es ist bemerkenswert wie Journalisten und offensichtlich auch einige Wissenschaftler immer mehr für eine Zensur sind. Irgendwie scheint das Klima wohl gerade nicht mitzuspielen oder irgendetwas anderes drückt aufs Gemüt – könnte die Realität sein. Erwarten wir den nächsten Irrsinn. Wenn man nur darauf wetten könnte. GSTQ
Sind Gretel und Seppl gar zwei ehemalige Germanistikstudenten, die sich weigerten Goethe zu lesen, weil der ihnen zu patriarchal ist? Ich habe den Verdacht das Ziel dieser anscheinend breit angelegten Aktion ist die Relativierung von Wissenschaft, auch in den MINT-Bereichen. Die haben vielleicht bemerkt, dass es solchen “Wissenschaften” wie Gender, critical whiteness, Postmodernismus usw. bald an den Kragen gehen koennte. Die publizistische Gegenmassnahme ist: Alles ist korrupt und fake, vor allem die wissenschaftliche Kritik an Gender.
Es bleibt doch ein Problem, dass man nur dann Professor wird, wenn man ausreichend Artikel (bzw. Buecher) in “anerkannten”, peer reviewed Fachzeitschriften veroeffentlicht hat. Ich kenne das selbst aus meinen Fachartikeln in Industrie-Fachzeitschriften. Wenn meine Firma genug Werbung dort geschaltet hat, dann wurde mein Artikel sofort angenommen. Peer Reviewer war mein Chef, der im wissenschaftlichen Beirat vieler Zeitschriften war 😀
Unsere Vermutung geht in die selbe Richtung, wenn erst alles, was Wisseenschaft sein soll, relativiert ist, dann kommt der Staat als Retter daher und präsentiert eine Norm, die vermeintlich wissenschaftliche Texte von vermeintlich nicht-wissenschaftlichen Texten abgrenzen soll. Natürlich werden Parteivertreter diese Norm basteln und dass die Richtung, in die Sie bereits gedacht haben, die ist, die die Norm nehmen wird, daran haben wir kaum Zweifel.
Wie immer, wenn es Ihnen an den Kragen geht, sitzen die meisten institutionalisierten Wissenschaftler in Deutschland stumm am Rande und warten, wohin sie die Staatsgewalt treibt. It’s a disgrace.
Aber letztlich sind die Wissenschaften internationalisiert und Gretel und Hänsel nur im einheimischen Wald unterwegs, so dass auch dieser Anschlag auf die Wissenschaft als Methode, wie schon die Gender Studies verpuffen wird…. Die Frage ist nur, wie lange wird es dauern, bis auch dieser Blödsinn ausgestanden ist.
Grins! Doppelgrins!
Hier noch eine “Empörungsanweisung”.
„Raubverlage“ florieren : Tausende Forscher sind auf Fake-Journale hereingefallen
http://www.faz.net/aktuell/wissen/tausende-forscher-auf-fake-journale-hereingefallen-15698688.html
“Die Raubverleger imitieren mit ihren pseudowissenschaftlichen Namen seriöse Wissenschaftszeitschriften und haben damit Erfolg.”
Der Grad der gewählten verbalen Gossentauchtiefe dürfte proportional zum Dampfausstoß des berühmten, fiktiven “Stoffwechselendproduktes” sein. 🙂
Man kann gespannt sein, was eher zur Wirkung kommt:
-Der Rumpelstilzchen-Effekt
-Das Kolbenfresser-Syndrom (immer schrilleres Kreischen bis der Pleuel geflogen kommt)
Es sieht für mich verdammt danach aus als wöllte man noch eine übergeordnete “Kontrollinstanz” für die “Wissenschaft” etablieren, zumal der Caesar-Verschnitt im Vatikan eine freie, ergebnisoffene Forschung ja auch schon als “unerwünscht” gegeiselt hat.
Die mangelnde Qualifikation derjenigen, die Peer Reviews durchführen, ist doch das geringste Problem. Referees sind üblicherweise vom selben Fach wie der Autor – und damit unmittelbare Konkurrenten beim Kampf um Ruhm und Forschungsgelder.
Wie oft werden dann Publikationen durch wiederholte Nachbessungsforderungen so lange verzögert, bis man die Ergebnisse einer Arbeit selber in Kurzversion als „Letter“ irgendwo untergebracht und damit die Priorität gesichert hat, wie häufige Plagiatsstreitigkeiten belegen, in die auffälligerweise immer wieder dieselben Institute involviert sind.
Und dann sind da noch die Referees, die wie Spinnen in ihrem Netz nur darauf warten, dass sie die Ideen anderer aufsaugen und verdauen können, zu denen sie selber nicht imstande sind.
Zur Motivation der Autoren: es ist wohl am ehesten der Wunsch an einer “wissenschaftlichen Wahrheit” teilzuhaben und so besonders die “Klimaskeptiker und deutsche Pharmafirmen” zu diskreditieren. So wird Wissenschaft bzw. ihr immer noch gutes standing in der Bevölkerung schon länger politisch instrumentalisiert.