AOK traumatisiert Flüchtlinge und Wissenschaftler [Junk Science / Korruption]

„Die Zahl der Geflüchteten mit traumatischen Erlebnissen ist gewaltig und stellt das deutsche Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Das ist der ersten bundesweiten Studie zum gesundheitlichen Zustand von Schutzsuchenden aus den wichtigsten Herkunftsländern Syrien, Afghanistan und dem Irak zu entnehmen, die dem Tagesspiegel vorliegt.“

Rainer Woratschka ist für diese Eloge auf die AOK im Tagesspiegel verantwortlich. Wie so viele seiner Zunft, gibt Woratschka weitgehend an seine Leser weiter, was ihm die AOK, genauer: Das wissenschaftliche Institut der AOK als Pressemitteilung beschert hat und hat dazu noch die Frechheit zu suggerieren, die entsprechende „Studie“ liege ausschließlich dem Tagesspiegel vor.

Die Grenzlinie zwischen Phantasie und Lüge ist im heutigen Journalismus nicht mehr auffindbar.

Die natürlich repräsentative (so Woratschka), vermeintliche Studie (der ADM, Arbeitskreis der Markt- und Sozialforschungsinstitute hat gerade auf den Missbrauch des Begriffs „Repräsentativität“ hingewiesen), die das Kunststück geschafft haben soll, eine repräsentative Studie für eine Grundgesamtheit (Flüchtlinge) zu erstellen, die im Hinblick auf ihre soziale Zusammensetzung unbekannt ist, basiert auf den Angaben von 2.021 Geflüchteten aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, die in den einzelnen Analysen auf 1.854 Geflüchtete zusammenschmelzen. Um dem wissenschaftlichen Institut der AOK Fairness angedeihen zu lassen: In seiner Pressemeldung ist an keiner Stelle von einer „repräsentativen Studie“ die Rede. Die Repräsentativität ist offensichtlich eine Erfindung von Woratschka. Die Grenzen zwischen Phantasie und Lüge, also letztlich die Frage, ob Leser absichtlich oder auf Basis von Unkenntnis getäuscht werden, sie verschwimmt abermals.

Die vermeintliche Studie als solche, ist nichts, was unter normalen Umständen die Bezeichnung „Studie“ verdient. Aber heute macht ja jeder eine Studie, und Kindergartenkinder, die Autos zählen, machen vermutlich eine Verkehrsstudie.

Nach Ansicht von Helmut Schröder, dem „Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK und Mitautor der Studie“ zeigt die angebliche Studie, dass (1) Geflüchtete aus Syrien, dem Irak und Afghanistan traumatisiert sind, WEIL sie „unterschiedliche Formen von Gewalt erlebt“ haben, deshalb berichten sie (2) mehr als doppelt so häufig als „Geflüchtete, denen diese Erfahrungen erspart geblieben sind“, über „körperliche und psychische Beschwerden“.

Die angebliche Studie, das sei vorweggenommen, zeigt das nicht. Sie ist ein einziger großer Fehlschluss (der Bejahung des Konsequens) oder in methodischer Sprache: die Helden der bivariaten Verteilung die bei der AOK wissenschaftlichen Dienst schieben, geben eine Korrelation für eine Kausalität aus. Früher hätte das denjenigen, der es tut, der Lächerlichkeit preisgegeben. Heute ist es fast zur Normalität geworden.

Beginnen wir mit der Traumatisierung.

Einen klinischen Befund stellt die Traumatisierung als posttraumatische Belastungsstörung F43.1 dar. Die Kriterien, die erfüllt sein müssen, um eine Traumatisierung festzustellen, sind im Verzeichnis der Krankheiten (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation zu finden. Um festzustellen, ob eine Person traumatisiert ist, muss man somit die entsprechende Person DIAGNOSTIZIEREN. So wie man, wenn man denkt, ein Mensch sei dement, dies nicht einfach behaupten oder den entsprechenden Menschen einschätzen lassen kann. Man muss es anhand einer Reihe harter Kriterien feststellen.

Nicht so beim wissenschaftlichen Institut der AOK. Obwohl die AOKler wissen müssten, dass Traumatisierung eine Krankheit darstellt, die anhand bestimmter Kriterien von einem Psychiater oder Arzt diagnostiziert werden muss, weichen sie absichtlich von diesem Wissen ab und unterstellen letztlich jedem Geflüchteten, der ein Kriegserlebnis hatte, einen Angriff durch Militär erlebt hat, verschleppte oder verwundete Angehörige hat, Gewalterfahrungen im Zusammenhang mit der Flucht hat oder gefoltert wurde kurzerhand, dass er traumatisiert sei.

Diese Freigiebigkeit, die natürlich einem Zweck dient, zu dem wir weiter unten kommen, ist ein Schlag ins Gesicht u.a. all der alten Männer, die den Krieg erlebt haben, die nach dem Krieg Jahre in Gefangenenlagern verbracht haben, die zurückgekehrt sind, ohne dass groß Anteil an ihrem Schicksal genommen wurde, die man bis heute totschweigt. Sie alle müssen nach dem Maßstab der AOK als traumatisiert gelten. Aber nicht nur sie. Die meisten Europäer haben zwischen 1939 und 1945 Krieg selbst erlebt. Sie müssen somit als traumatisiert angesehen werden. Da es unmittelbar nach 1945 kein wissenschaftliches Institut der AOK gegeben hat und schon gar keine Legionen von Gutmenschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Leiden für andere zu erfinden, um diese Leiden für sich selbst auszunutzen, ist die Massen-Traumatisierung nicht nur vollkommen unerkannt geblieben, sie hat wohl auch zu einem Wirtschaftswunder geführt.

Doch zurück zur vermeintlichen Studie der AOK. Während die Feststellung des Vorliegens der Symptomatik einer posttraumatischen Störung, einer Traumatisierung, durch einen Arzt oder Psychiater erfolgen muss, erfolgt sie in der Studie der AOK durch die Geflüchteten selbst. Und siehe da, die 1.510 Geflüchteten, die von sich behaupten, mindestens eines der Erlebnisse zu haben, die sie nach Ansicht der wissenschaftlich AOK-Bediensteten traumatisiert, geben häufiger als die 455 Geflüchteten, die dies nicht von sich behaupten, an, dass sie mutlos, traurig, bedrückt (irgend etwas davon), nervös, unruhig (eins davon) müde, matt, erschöpft (etwas davon), im Schlaf gestört, reizbar, und lustlos, nein ausgebrannt sind. Im Bemühen, etwas zu messen, haben die AOKler gleich mehrere Stimuli vorgegeben. Etwas davon, so die Hoffnung, wird schon zutreffen. Nicht nur das. Die angeblich Traumatisierten unter den Flüchtlingen klagen häufiger über Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen, Magen- und Bauchschmerzen, Erkältungen, Schwindelgefühle, Atemnot, Augenerkrankungen, Appetitlosigkeit (oder Übelkeit), Menstruationsbeschwerden (bei Frauen, aber nicht etwa Prostatabeschwerden), Hautprobleme, Verdauungsstörungen, Kreislaufstörungen, Herzbeschwerden und Wundschmerzen als die angeblich nicht Traumatisierten.

Da sieht man, wie traumatisiert sie sind. Das ist der Zirkelschluss, den die Diensttuenden bei der AOK vornehmen. Wären sie nicht bei bivariaten Analysen schon mit ihrem Latein am Ende, hätten sie Erfahrung in Sozialforschung, wären sie nicht die Frischlinge, denen man eine univariate Verteilung als kausale Erklärung aufbinden kann, sie wären stutzig geworden. Hätten sich Fragen gefragt wie: Wieso soll ein Flüchtling mit Gewalterfahrung häufiger Rückenschmerzen haben als einer ohne, wieso häufiger über Atemnot klagen als einer ohne, wieso häufiger Bauchschmerzen haben als einer ohne, wieso häufiger von Verdauungsstörungen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit und Nervosität berichten als ein Flüchtling ohne?

Die Antwort der AOKler, man kann sie schon hören: Na, weil er traumatisiert ist.

Das jedoch, gilt es gerade zu zeigen, jenseits des Zirkelschlusses und mit entsprechender Argumentation, die indes bei den AOKlern vollständig fehlt [Dass jemand Krieg erlebt hat, führt nicht zwangsläufig dazu, dass er traumatisiert ist. Und selbst wenn jemand traumatisiert wäre, wäre Schlaflosigkeit nicht automatisch eine Folge davon]. Überhaupt fehlt jede Form von statistischer Kontrolle. Wie schon erwähnt, ein Sozialforscher, der eine derart klare Trennung sieht, wie sie in Abbildung 3 (siehe oben) zu sehen ist, wird stutzig und fragt sich, ob er ein Artefakt gemessen hat. Um es überspitzt zu formulieren, könnten die Ergebnisse dadurch verzerrt sein, dass unter den Flüchtlingen mit Gewalt-Erfahrung die komplette Station A aus Militärkrankenhaus B zu finden ist, dass unter ihnen diejenigen, die mit Lügen und falschen Behauptungen ihren Weg durch die Welt nehmen, häufiger sind als unter denen ohne entsprechende Erfahrung. Faktoren wie Alter, Länge des Fluchtweges, Kosten der Flucht, Divergenz zwischen der Erwartung an das Aufnahmeland Deutschland und der vorgefundenen Realität, Anpassungsprobleme in der Flüchtlingsunterkunft, Unzufriedenheit mit der derzeitigen Situation, sie alle können hier eine Rolle spielen. Deshalb muss man sie kontrollieren.

Aus der Abbildung oben herauslesen zu wollen, dass Flüchtlinge, die man zu traumatisierten Flüchtlingen erklärt hat, häufiger gesundheitliche Beschwerden haben als Flüchtlinge, die man nicht zu traumatisierten Flüchtlingen erklärt hat, ist so, als wollte man aus der Tatsache, dass im Statistischen Bundesamt 58% Frauen und nur 42% Männer arbeiten, den Schluss ziehen, dass die Statistiken des Bundesamts falsch sind, weil Frauen nachweislich (siehe PISA) weniger mathematische Fähigkeiten haben als Männer.

Dieser Unsinnigkeit ungeachtet ist dies genau der Schluss, den die AOKler aus dem vermeintlich wissenschaftlichen Institut der Presse andrehen wollen, und es ist genau der Schluss, den sich Rainer Woratschka nur zu gerne andrehen lässt. An dieser Bereitschaft, anzudrehen und sich andrehen zu lassen, ändert auch die Tatsache nichts, dass die 1.854 Geflüchteten, die Angaben zu chronischen Krankheiten gemacht haben, deutlich gesünder sind, als die 7.543 deutschen Befragten, die entsprechende Angaben gemacht haben.

Wo ein Wille ist, Geflüchtete zu Traumatisierten zu erklären, da ist auch ein Weg, auch wenn man über die Leiche empirischer Sozialforschung überschreiten muss. Warum die AOKler bereit sind, diese Ergebnisse zu vergessen, wird deutlich, wenn man die Forderungen betrachtet, die Helmut Schröder aus der angeblichen Studie ableiten zu können glaubt:

  • umfassender Zugang zu medizinischer Versorgung;
  • psychotherapeutische Angebote;
  • sicherer Aufenthaltsstatus;
  • passende Unterkunft;
  • sinngebende Beschäftigung;
  • Freizeitangebote;

Stellen Sie sich vor, es ist 1950, sie kommen aus russischer Gefangenschaft nach Deutschland. Sie haben allen Grund, traumatisiert zu sein. Es wartet kein psychotherapeutisches Angebot auf sie, kein Freizeitangebot, keine sinngebende Beschäftigung wird ihnen geboten. Sie müssen sich selbst um ihren Lebensunterhalt kümmern, ihre Unterkunft selbst suchen (bei Ausgebombten eher ein Problem)…

Goldene Zeiten für Flüchtlinge.

Und damit die Zeiten noch goldener werden, soll die angebliche Studie des angeblich wissenschaftlichen Instituts der AOK dazu dienen, die Forderung nach mehr Leistung, mehr Angebot, mehr Geld, mehr AOK-Stellen zu begründen. Denn bei allen Verwaltungen, so besteht das erste Ziel der AOK nicht darin, gute Leistungen zu günstigen Preisen zu erbringen, sondern die Mittel, die der AOK zur Verfügung stehen, zu erhöhen und die Verwaltung zu vergrößern, mehr Stellen zu schaffen, mehr Einnahmen zu generieren.

Das ist eine normale Entwicklung, die mit der Institutionalisierung von Dienstleistungen einhergeht. Mit der Institutionalisierung wird dem Dienstleister die Sicherung der eigenen Existenzgrundlage wichtiger als der Dienst, der zu leisten ist. In anderen Ländern weiß man das. Deshalb gibt es z.B. im Vereinigten Königreich unabhängige Watchdogs, die kontrollieren, wie institutionalisierte Dienstleister (z.B. Schulen oder der NHS – National Health Service) ihre Mittel verwenden, um dem Hang zum Opportunismus entgegen zu wirken. In Ländern wie Deutschland, in denen politische Korruption ein integraler Bestandteil der Sozialstruktur ist (eine geniale Formulierung, wie sie nur Dr. habil. Heike Diefenbach einfallen kann), ist dies anders. Hier gärtnert der Ziegenbock, beschäftigt weitere Ziegen, die regelmäßig zu dem Schluss kommen, dass die Anbaufläche zu klein ist, dass sie erweitert werden muss, damit noch mehr Ziegen beschäftigt werden können.

Wenn politische Korruption integraler Bestandteil einer Sozialstruktur geworden ist, dann hat dies zur Folge, dass die Menge derer, die von Steuerzahlern leben ohne eine feststellbare Leistung als Gegenleistung zu erbringen, stetig wächst. Weil das Wachstum ohne feststellbare Gegenleistung erfolgt, muss eine fiktive Erzählung geschaffen werden, die die angebliche Verwendung belegt. Psychische Erkrankungen und eingebildete Leiden haben sich hier als schier unerschöpfliche Einnahmequelle erwiesen. Nachdem die autochthone Bevölkerung für die Behandlung von Internetsucht und diversen anderen weitgehend erfundenen psychischen Krankheitsbildern erschlossen wurde, sind nun die Flüchtlinge der Behandlung von Traumatisierung zugänglich gemacht worden, die der Einfachheit halber nicht diagnostiziert, sondern zugeschrieben wird. Da die meisten Flüchtlinge ein Smartphone hatten, vermutlich um ihre Traumatisierung mit der Telefonseelsorge zu diskutieren, kann man schon jetzt vorhersagen, was als nächstes gefunden werden wird: Flüchtlinge haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Smartphonesucht zu erkranken.

Das halten Sie für unwahrscheinlich?

Sie Ahnungsloser!

Unnötig zu ergänzen, dass wir in der ScienceFiles-Redaktion durch diese Erfahrung eines geradezu gewaltsam vorgetragenen Missbrauchs von Wissenschaft traumatisiert sind. Die Häufigkeit, in der wir mit derartigen Missbrauchsfällen konfrontiert sind, macht uns müde und traurig, bedrückt uns und lässt uns nicht schlafen. Wenn wir von einer neuen angeblichen Studie hören, werden wir nervös und unruhig, nach der Lektüre entsprechender Junk Studien sind wir leicht reizbar, vom Lesen haben wir Kopfschmerzen, weil wir vor lauter Ärger zu viel Kaffee trinken, über kurz oder lang Bauchschmerzen, die Verdauung leidet unter dem langen Sitzen, zuweilen verschluckt man sich beim Trinken und hat als Folge davon Atemnot und natürlich vergeht der Appetit von ganz alleine, wenn man derartigen Junk zugemutet bekommt. Kurz: Wir sind vollständig, ja multipel-traumatisiert und suchen nur noch einen Anwalt, der unsere Ansprüche gegenüber der AOK geltend macht.

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