Betrug am Leser: Wie SPD-Presse die Grünen in Ostdeutschland gutschreiben will [Junk Studie]

Die Leipziger Volkszeitung, an der die SPD über die ddvg.ag beteiligt ist, schreibt: LVZUmfrage: Gründe im Osten in der Wählergunst vorn.

Die Dresdener Neuesten Nachrichten, an denen die SPD über die ddvg.ag beteiligt ist, schreibt: Umfrage: Grüne in der Wählergunst vorn.

Grundlage für diese Meldung, die die Huffington Post, ein Versuch, Journalismus zu betreiben, mit „Überraschende Umfrage: Grüne kommen bei Ostdeutschen am besten an“ betitelt hat, ist eine Umfrage, die das Institut Uniqma (nicht etwa Enigma) für die Leipziger Volkszeitung durchgeführt hat. Die dürftigen Informationen, die es zu dieser Umfrage gibt, reichen indes aus, um deren Bewertung als „Junk Umfrage“ zu rechtfertigen.

Demnach sind deutschlandweit 803 „Menschen repräsentativ von den Leipziger Insituten Uniqma und IM Field im Auftrag der LVZ befragt worden“.

Quelle

Wie man Menschen repräsentativ befragt, ist uns ein Rätsel, denn das würde eine repräsentative Auswahl von Fragen voraussetzen, die man „den Menschen“ vorlegen kann, was kaum zu leisten ist. Gemeint ist vielmehr, dass die 803 „Menschen“ eine Stichprobe der deutschen Bevölkerung darstellen sollen, die so gezogen wurde, dass die Wahrscheinlichkeit, eine repräsentative Auswahl der deutschen Bevölkerung vorliegen zu haben, maximiert wird. Gewöhnlich behaupten Meinungsforscher, dass ein Sample von mindestens 1000 Befragten eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, repräsentativ zu sein.

Die Leipziger sind hier mindestens 200 Befragte zu kurz gesprungen.

Obwohl wir – wie wir wiederholt und hier umfassend dargestellt haben – die Möglichkeit, eine repräsentative Stichprobe der deutschen Bevölkerung, im vorliegenden Fall wohl der deutschen Wahlberechtigten zu ziehen, für ausgeschlossen halten, wollen wir im vorliegenden Fall einmal davon ausgehen, die 803 Befragten wären repräsentativ.

Dann stellt sich die Frage, für welche Grundgesamtheit sind sie repräsentativ?

Was bei der ganzen Auswertungswut immer gerne übersehen wird, ist: Die vermeintliche Repräsentativität gilt in Bezug auf die Grundgesamtheit, im vorliegenden Fall wäre das die Menge der deutschen Wahlberechtigten. Folglich könnten nur Auszählungen, die auf Grundlage aller Befragten vorgenommen werden, Repräsentativität reklamieren, wenn es denn möglich wäre, sie zu erreichen.

Was in keinem Fall, nicht einmal in dem Fall, in dem eine Stichprobe repräsentativ für die Grundgesamtheit ist, den Anspruch auf Repräsentativität erheben kann, sind Teile der Stichprobe. Wenn ich eine Stichprobe ziehe, die repräsentativ für alle deutschen Wahlberechtigten ist, dann ist diese Stichprobe NICHT repräsentativ für ostdeutsche oder westdeutsche Wahlberechtigte, schon gar nicht für Brandenburger, Sächsische oder Thüringische Wahlberechtigte. Von all dem Humbug, den deutsche angebliche Qualitätsmedien ihren Lesern zumuten, ist dies vielleicht der größte Humbug, man könnte auch sagen, der größte Betrug.

Dass eine Teilstichprobe einer Gesamtstichprobe nicht repräsentativ sein kann, ist leicht nachzuvollziehen, denn die Teilstichprobe ist eine nachträglich aufgrund bestimmter Merkmale nicht zufällig, sondern intentional bestimmte Gruppe von Befragten. Repräsentativität setzt aber die Zufälligkeit der Auswahl voraus.

Folglich ist alles, was die LVZ, die Dresdner Neueste Nachrichten und die Huffington Post über den Aufschwung der Grünen in Ostdeutschland zusammenschreiben, Humbug, besser: Junk; Junk, der benutzt wird, um die Grünen im Osten zu befördern, aber dazu kommen wir noch.

Um das Argument noch mit Grundrechenarten zu verdeutlichen: 803 Befragte wurden bundesweit gesammelt. Bundesweite Daten enthalten in der Regel Befragte, die in den meisten Fällen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen leben, in selteneren Fällen in den kleinen ostdeutschen Bundesländern.

Machen wir zugunsten von Uniqma und IM Field die Annahme, dass die Zufallsauswahl deutscher Wahlberechtigter höchst zufällig in jedem Bundesland eine gleiche Zahl von Befragten ergeben hat, dann ergeben sich 50 Befragte pro Bundesland. Diese 50 Befragten verteilen sich auf 6 Parteien (die CSU wird aus der CDU herausgerechnet, damit CDU/CSU nicht auf denselben Anteil kommen wie die Grünen). Die Grünen liegen in Ostdeutschland bei 19%. Wir haben angenommen, zu Gunsten von Uniqma, dass die fünf Bundesländer in Ostdeutschland 250 Befragte zum Sample beisteuern, obwohl die Wirklichkeit eher bei 100, denn bei 250 liegen wird. 19% von 250 Befragten sind 47 Befragte. Die Realität der Daten von Uniqma dürfte eher bei 20-24 Befragten liegen. 

Aber nehmen wir zugunsten von Uniqma an, dass 47 Befragte die Grünen und 35 Befragten die AfD favorisieren. Uniqma bleibt hier nicht stehen. Vielmehr wird noch nach Geschlecht und nach Alter ausgewertet. Unter den 47 Befragten, die die Grünen favorisieren, sind vielleicht 20 männliche und 27 weibliche, davon vielleicht 10 18 bis 29jährige Frauen und 5 50-65jährige Männer. Natürlich wird suggeriert, dass die Angaben für Geschlecht und Alter repräsentativ seien. Junk als Begriff ist eigentlich nicht mehr ausreichend. Trash trifft das, was man den Ahnungslosen von LVZ, Dresdener Neuesten Nachrichten und Huffington Post aufgeschwätzt hat, wohl eher.

Und wir sind immer noch nicht am Ende.

Gefragt wurden die 803 Befragten “welche Partei ihnen inhaltlich am nächsten stünde“. Das ist vermutlich ein vollkommen untauglicher Versuch, Parteiidentifikation zu bestimmen. Warum untauglich? Welche Einzelheiten der Parteiprogramme von AfD, SPD, CDU und FDP kennen Sie denn? Wie dem auch sei, jeder Befragte soll die Partei nennen, die ihm inhaltlich am nächsten steht. Und dann liest man im Text der LVZ weiter und reibt sich die Augen, schüttelt den Kopf, fasst sich an die Stirn, grinst, erst wenig, dann breit und bricht schließlich in schallendes Gelächter aus:

Da Mehrfachnennungen möglich waren, liegt die Gesamtsumme aller Parteien am Ende über 100 Prozent“. Sie liegt bei 113.

Es gibt also Befragte, die mehreren Parteien „am nächsten“ stehen.

Da man davon ausgehen muss, dass dieser Unsinn Bestandteil der Frage ist, muss man ebenso davon ausgeben, dass Befragte willkürlich geantwortet haben, denn ein Befragter, der Wert auf seine Antwort legt, der wird dann, wenn er mehrere Parteien angeben kann, denen er „am nächsten“ steht, vermuten, dass er hier veralbert werden soll. Wer sich nicht veralbert vorkommt, dessen Antwort dürfte in keiner Weise valide sein, weil er offensichtlich den Fragetext nicht ernst genommen oder verstanden hat. 

Wir haben schon viel Frage-Junk gesehen. Der vorliegende Junk übertrifft das alles. Angesichts derartiger Umfragen müssen wir langsam daran denken, auch Junk-Institute zu benennen. Uniqma hat gute Chancen, sich ganz oben auf der Liste der Junk-Institute zu finden.

Kurz: Der ganze Aufwand hat Uniqma viel Geld gebracht und der LVZ keinerlei verwertbare Aussage, jedenfalls dann nicht, wenn es darum geht, den eigenen Lesern valide und glaubwürdige, gut recherchierte Nachrichten und nicht Fake News zu servieren. Angesichts des offenkundigen Bemühens, die Grünen nun auch im Osten gutzuschreiben, wie es in den Überschriften zum Ausdruck kommt, denn die Grünen sind nicht in der Wählergunst vorn, da nach der Wählergunst gar nicht gefragt wurde, und weil Mehrfachnennungen bei Wahlen Stimmzettel ungültig machen, kann man nur vermuten, dass mit den Redakteuren die eigene Parteiidentifikation durchgegangen ist.

Das ist schändlich und hat mit Journalismus nichts zu tun, eher mit Stimmungsmache und Betrug am Leser.

Journalismus geht anders.

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