Der Kleine Mann und das Eismeer – Szenen eines Außenministers

Die Tagesschau macht heute auf Ernest Hemingway:

Als Erläuterung von der Tagesschau gibt es dazu:

„Der Mann, der am Strand spazieren geht, ist Bundesaußenminister Heiko Maas. Er informiert sich in der Inuit-Siedlung Pond Inlet in der kanadischen Arktis über die Folgen der Klimaerwärmung. | Bildquelle: dpa”

Pond Inlet, Mittimatalik, für die rund 1.300 Inuit, die hier leben, ist der am weitesten nördlich gelegene Ort in Kanada, genau in der Provinz Nunavut. Sie erinnern sich an Nunavut? In Nunavut liegt neben Pond Inlet auf Alert, der Ort, für den man bei dpa eigens einen Temperaturrekord erfunden hat. Wir haben hier darüber berichtet.

Als wäre das nicht genug der üblen Nachrede, hat sich nun auch noch Heiko Maas, der Außenminister von dem man nichts hört, in Pond Inlet eingefunden, um sich „in der kanadischen Arktis über die Folgen der Klimaerwärmung“ zu informieren.

In Pond Inlet könnte sich Maas, wenn ihn denn Menschen interessieren würden, eher darüber informieren, was die forcierte Akkulturation, die die kanadische Regierung den Inuit verordnet hat, an Problemen mit sich gebracht hat, von Arbeitslosigkeit bis Alkoholismus, von Kriminalität bis Suizid. Aber Heiko Maas liegen die eingebildeten Probleme näher. Also informiert er sich über Klimawandel.

Wie man Wandel erkennt, wenn man an einem Strand entlanggeht, den man zum ersten Mal in seinem Leben entlanggeht, das ist eine Frage, die man nur bei dpa beantworten kann. Wir beantworten lieber ein paar Fragen nach Pond Inlet.





Pond Inlet, weil es soweit nördlich liegt, wird vollständig von außen versorgt. Im Sommer, wenn das Eis schmilzt, per Schiff. Im Winter mit Flugzeugen. Die Lebenshaltungskosten in Pond Inlet sind entsprechend horrend. Von 17 kanadischen Dollar (11,50 Euro) für eine Packung Kelloggs Cornflakes oder 15 kanadischen Dollar (10,10 Euro) für Anrührkaffee hat der Telegraf bereits 2014 berichtet, in einem Artikel, in dem es um die Menschen, die dort leben, geht. Aber Heiko Maas geht es ja nicht um die Menschen. Er informiert sich über den Klimawandel.

Dazu hat er den Ort gewählt, den Travel Nunavut als „picturesque“ bezeichnet und der für Touristen geradezu perfekt positioniert ist, liegt er doch zwischen dem Sirmilik National Park, in dem das Angebot Fahrten mit Hundeschlitten, Schneemobilen, Boot-Trips oder Skilaufen umfasst und einer Reihe von Gletschern, Fjorden, Eishöhlen und natürlich gibt es hier Tiere en masse:

Located at the eastern entrance to the Northwest Passage on the Eclipse Sound and overlooking famous Bylot Island, mountain ranges are viewable in all directions and icebergs often dot the ocean. Pond Inlet provides you with intimate access to marine mammals such as narwhal and beluga whales, migratory birds, and polar bears.

Klimawandeltourismus hat Travel Nunavut bislang noch nicht im Angebot, was vermutlich daran liegt, dass die Betrachtung von schmelzendem Eis, zum einen dann, wenn sie jährlich angeboten wird, auch beim hartgesottendsten Klimawandel-Jünger Zweifel am Klimawandel aufkommen lässt, vor allem, wenn das Zeug über Winter dann wieder gefriert, zum anderen, weil selbst die heftig beworbene Tununiq Arsarniit Theatre Group mehr Entertainment bietet als schmelzenden Eis.

Fast könnte man den Eindruck gewinnen, die Gründe, warum sich Heiko Maas ausgerechnet in Pond Inlet über den Klimawandel informieren will, seien nicht ganz reiner Natur, enthielten einen großen Anteil eigennütziger Motive, enthielten ministerialen Tourismus von Steuerzahlern finanziert.

Flüge nach Pond Inlet sind notorisch teuer. Derzeit kosten Flüge von Ottawa nach Pond Inlet zwischen 3.500 und 5.500 kanadischen Dollar (zwischen 2.376 Euro und 3.734 Euro). Im Fall von Maas zahlen das natürlich deutsche Steuerzahler, und Maas wird sie mit einer leidenden Miene und bedrückten Worten über das Ausmaß des Klimawandels in Pond Inlet, beglücken. Er wird der Dramatik der Situation gewichtige Worte verleihen, auch wenn er keine Ahnung von der Dramatik der Situation hat, und natürlich wird er die kleinen Episoden unterschlagen, die den ministerialen Tourismus so attraktiv machen.

Und dann gibt es noch die Inuit, die in Pond Inlet leben, nicht mehr so, wie sie einst gelebt haben, denn das wurde ihnen weitgehend verboten, aber irgendwie, aber davon weiß Heiko Maas natürlich nichts.



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