MIndestlohn für Auszubildende: Zerstört die Bundesregierung den Ausbildungsmarkt?
Der Mindestlohn ist ein zweischneidiges Schwert. Er hat für diejenigen in Beschäftigung ein höheres Einkommen zur Folge, führt aber dazu, dass weniger in Beschäftigung kommen oder sind. Dennoch hat ihn die Bundesregierung einmal mehr eingesetzt, um sich als Regierung, die etwas für Auszubildende, also für kleine Leute tut, zu inszenieren:
Kaum etwas ist so gut untersucht, wie die negativen Folgen eines Mindestlohns, eigentlich sind das leicht einsichtige Folgen. Wenn ein Unternehmen einen Lohn-Etat von 60.000 Euro für 100 Auszubildende pro Jahr hat und der Ausbildungspreis für dieses Unternehmen durch die Bundesregierung von 60.000 auf 64.500 Euro erhöht wird, dann wird dieses Unternehmen eben keine 100 Lehrlinge mehr ausbilden, sondern nur noch 93. Da sowieso nicht alle Lehrlinge übernommen werden, entstehen dem Unternehmen dadurch keine Kosten. Da Auszubildende für Unternehmen ein Zuschussgeschäft sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen aufgrund der Preiserhöhung durch die Bundesregierung, weniger ausbilden, wohl so hoch, dass man fast von Sicherheit sprechen kann. Die Statistiken des Ausbildungsmarktes werden das nachdem dieses Gesetz in Kraft getreten ist, zeigen.
Die Gründe für den Abbruch einer Ausbildung sind so vielfältig, dass die Behauptung, man wolle mit einem Azubi-Mindestlohn die Abbruchhäufigkeit reduzieren, fast schon als rührend uninformiert zu bezeichnen ist.
Die folgende Abbildung stammt aus einer der unzähligen Arbeiten, die sich mit den Gründen befassen, warum Azubis ihre Ausbildung abbrechen. Sie stammt aus einem Beitrag von Stefan Böhme, Anja Rossen und Doris Baumann in der Reihe IAB-Regional, also einem Beitrag, den Mitarbeiter des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung erstellt haben. Das IAB ist “die Forschungsagentur der Bundesagentur für Arbeit”, also ein Bundesamt, so dass die entsprechenden Ergebnisse der Bundesregierung eigentlich bekannt sein müssten. Man fragt sich vor diesem Hintergrund, ob der Hang, sich als “Azubi-Freund” zu inszenieren, zu groß war oder die gesammelte Unkenntnis der Bundesregierung sich auch auf Ergebnisse der eigenen Ämter erstreckt.
Richtig: Das Azubi-Gehalt kommt als Grund für den Abbruch einer Ausbildung überhaupt nicht vor. Im Gegensatz zu Politikern denken Azubis also nicht in erster, zweiter und dritter Linie an Geld, was sich in den drei Hauptgründen für die Auflösung eines Ausbildungsvertrags niederschlägt, die die drei Autoren wie folgt kommentieren:
“Abbildung 12 verdeutlicht die Gründe für eine (befürchtete) vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses aus der Sicht der Auszubildenden. Diese Befragungsergebnisse stimmen im Wesentlichen mit den Ergebnissen der bisherigen Forschung überein, z. B. mit den Grundaussagen der letzten deutschlandweit repräsentativen Befragung im Jahr 2002 (Schöngen 2003). Im Mittelpunkt stehen drei zentrale Gründe, die immer wieder als ausschlaggebend für eine vorzeitige Vertragslösung aus Sicht der Jugendlichen genannt werden: Kommunikationsprobleme und Betriebsklima, ausbildungsfremde Beschäftigung statt Ausbildung und Ausbildungsqualität, die die Auszubildenden eher unterfordert (Piening u. a. 2012: 48 f.).
Nicht nur hat ein Mindeslohn keinen Effekt auf die Wahrscheinlichkeit, einen Ausbildungsvertrag zu lösen, er wirkt sich negativ auf Erwartungen aus, wie man beim DIW herausgefunden hat. Mit dem Mindestlohn steigen die Lohnerwartungen, was wiederum die Bereitschaft, überhaupt eine Lehre anzutreten, negativ beeinflussen dürfte.
Kurz: Alles wie immer.
Politiker inszenieren sich, die Kosten trägt die Gesellschaft.
Wer Lust hat, sich in die umfangreiche Forschung zum Mindeslohn einzulesen, der kann dies mit den folgenden Arbeiten tun:
Abowd, John M., Kramarz, Francis & Margolis, David N., 1999: Minimum Wages and Employment in France and the United States. Washington: National Bureau of Economic Research (NBER), Working Paper No. 6996.
- Baker, Michael, Dwayne, Benjamin & Shuchita, Stanger, 1999: The Highs and Lows of the Minimum Wage Effect: A Time-Series Cross-Section Study of the Canadian Law. Journal of Labor Economics 17, 2: 318-350.
- Bauer, Thomas K., Kluve, Jochen, Schaffner, Sandra & Schmidt, Christoph M., 2009: Fiscal Effects of Minimum Wages: An Analysis for Germany. German Economic Review 10, 2: 224-242.
- Bellante, Don, 2007: The Non Sequitur in the Revival of Monopsony Theory. Quarterly Journal of Austrian Economics 10, 2: 15-24.
- Brown, Charles, 1999: Minimum Wages, Employment and the Distribution of Income. In: Ashenfelter, Orley & Card, David E. (eds.): Handbook of Labor Economics. Amsterdam: Elsevier, 2101-2163.
- Burkhauser, Richard V., Couch, Kenneth A. & Wittenburg, David C., 2000: A Reassessment of the New Economics of the Minimum Wage Literature With Monthly Data from the Current Population Survey. Journal of Labor Economics 18, 4: 653-680.
- Burkhauser, Richard V., Couch, Kenneth A. & Wittenburg, David C., 1996: ‚Who Gets What’ From Minimum Wage Hikes: A Re=Examination of Card and Krueger’s Distributional Analysis in Myth and Measurement: The New Economics of the Minimum Wage. Industrial and Labor Relations Review 49, 3: 547-552.
- Card, David & Krueger, Alan B., 1995: Myth and Measurement: The New Economics of the Minimum Wage. Princeton: Princeton University Press
- Card, David & Krueger, Alan B., 1995a: Time-Series Minimum-Wage Studies: A Meta-analysis. American Economic Review 85, 2: 238-243.
- Dolado, Juan, Kramarz, Francis, Machin, Stephen, Manning, Alan, Margolis, David, Teulings, Coen, Saint-Paul, Gilles & Keen, Michael, 1996: The Economic Impact of Minimum Wages in Europe. Economic Policy 11, 23: 317-372.
- Fitzenberger, Bernd, 2008: Anmerkungen zur Mindestlohndebatte: Elastizitäten, Strukturparameter und Topfschlagen. Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung 42, 1: 85-92.
- Fitzenberger, Bernd & Kohn, Karsten, 2006: Skill Wage Premia, Employment and Cohort Effects: Are Workers in Germany All of the Same Type. Bonn: Institute for the Study of Labour, IZA DP No. 2185.
- Franz, Wolfgang, 2007: Der trügerische Charme des Mindestlohns. Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung 4: 431-438.
- Galindo-Rueda, Fernando & Pereira, Sonia, 2004: The Impact of the National Minimum Wage on British Firms. Final Report of the Low Pay Commission on the Econometric Evidence From the Annual Respondents Database. London: London School of Economics.
- Hammermesh, Daniel, 1995: ‚Myth and Measurement:’ The New Economics of the Minimum Wage. Comment. Industrial and Labor Relations Review 48, 4: 830-834.
- Kim, Taeil & Taylor, Lowell J., 1995: The Employment Effect in Retail Trade of California’s 1988 Minimum Wage Increase. Journal of Business and Economic Statistics 13, 2: 175-182.
- Leigh, Andrew, 2007: Does Raising the Minimum Wage Help the Poor? Economic Record 83, 263: 432-445.
- Machin, Stephen, Manning, Alan & Rahman, Lupin, 2003: Where the Minimum Wage Bites Hard: Introduction of Minimum Wages to a Low Wage Sector. Journal of the European Economic Association 1, 1: 154-180.
- Machin, Stephen & Wilson, Joan, 2004: Minimum Wages in a Low-Wage Labour Market: Care Homes in the UK.. Economic Journal 114, 494: C102-C109.
- Manning, Alan, 2003: Monopsony in Motion: Imperfect Competition in Labor Markets. Princeton: Princeton University Press.
- Metcalf, David, 1999: The Low Pay Commission and the National Minimum Wage. Economic Journal 109 (453): F46-F66.
- Müller, Kai-Uwe & Steiner, Viktor, 2009: Labor Market and Income Effects of a Legal Minimum Wage – A Microsimulation Study for Germany. Paper proposed for the IZA Conference “The Economics of the Minimum Wage” Berlin, June 21-23, 2009.
- Neumark, David, 2001: The Employment Effects of Minimum Wages: Evidence from a Prespecified Research Design. Industrial Relations 40, 1: 121-144.
- Neumark, David, Schweitzer, Mark E. & Wascher, William, 2005: The Effects of Minimum Wages on the Distribution of Family Incomes: A Nonparametric Analysis. Journal of Human Resources 40, 4: 867-894.
- Neumark, David & Wascher, William, 2007: Minimum Wages and Employment. IZA Discussion Paper No. 2570. Bonn: Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit/Institute for the Study of Labour (IZA).
- Neumark, David & Wascher, William, 2002: Do Minimum Wages Fight Poverty? Economic Inquiry 40, 3: 315-333.
- Neumark, David & Wascher, William, 1994: Employment Effects of Minimum and Subminimum Wages. Reply to Card, Katz and Krueger. Industrial and Labor Relations Review 47, 3: 497-512.
- Neumark, David & Wascher, William, 1992: Employment Effects of Minimum and Subminimum Wages: Panel Data on State Minimum Wage Laws. Industrial and Labor Relations Review 46, 1: 55-81.
- Nickell, Stephen, 1997: Unemployment and Labor Market Rigidities: Europe versus North America. Journal of Economic Perspectives 11 (3): 55-74.
- Nickell, Stephen & Bell, Brian, 1995: The Collapse in Demand For the Unskilled and Unemployment Across the OECD. Oxford Review of Economic Policy 11, 1: 40-62.
- Nickell, Stephen, Nunziata, Luca & Ochel, Wolfgang, 2005: Unemployment in the OECD Since the 1960s. What Do We Know? Economic Journal 115: 1-27.
- Ragnitz, Joachim & Thum, Marcel, 2008: Beschäftigungswirkungen von Mindestlöhnen – eine Erläuterung zu den Berechnungen des ifo Instituts. ifo Schnelldienst 61, 1: 16-20.
- Ragnitz, Joachim & Thum, Marcel, 2007: Zur Einführung von Mindestlöhnen: Empirische Relevanz des Niedriglohnsektors. Ifo Schnelldienst 60, 10: 33-35.
- Scarpetta, Stefano, 1997: Assessing the Role of the Labour Market Policies and Institutional Settings on Unemployment: A Cross-Country Study. OECD Economic Studies 26: 43-96.
- Spriggs, William E. & Klein, Bruce W., 1994: Raising the Floor: The Effect of the Minimum Wage on Low-Wage Workers. Washington: Economic Policy Institute.
- Straubhaar, Thomas, 1996: Schutzzoll auf Arbeit – das neue Gesicht des Protektionismus. List Forum 3: 209-221.
- Yelowitz, Aaron S., 2005: How Did the $8.50 Citywide Minimum Wage Affect the Santa Fe Labor Market. Washington: Employment Policies Institute.
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Der Mindestlohn ist deshalb ein Reizwort, weil ein großer Teil der Löhne in Zukunft sinken wird. Dieser Sinkflug zu chinesischen Verhältnis darf natürlich nicht beschränkt sein.
Die Lösung ist doch ganz einfach. Wer keinen Ausbildungsplatz mehr bekommt, kommt an die Uni. Siehe postings von mir vor ein paar Wochen.
Ich bin sicher, daß Merkel mit ihren Puppenspielern es schafft, auch die Ausbildung des
Nachwuchses in die Tonne zu treten. Es wird genauso laufen wie mit allem, was diese unfähigste Regierung ever angefaßt hat. Das Aufzählen ihrer Schandtaten würde den Rahmen sprengen. Aber anscheinend gefällt es einem Großteil der Deutschen so wie es ist
und wer bin ich schon, daß ich mich darüber aufregen darf.
Nicht, daß man in einer boomenden Wirtschaft den Jugendlichen (deren Berufsziel nicht Harz4 ist)
kein gutes Salär gönnen würde. Aber wir sind halt in einer stärker werdenden Wirtschaftskrise, die von den Altparteien und ihren NGOs in der Hauptsparte unserer Wirtschaft sogar mit ausgelöst und stärkstens befeuert wurde:
in der Automobilindustrie, allen Zulieferbetrieben und damit auch im Maschinenbau.
Und dabei sind wir in der vorletzten Zeile der Abb. 12: Insolvenz des Ausbildungsbetriebs!
Genau das wird zunehmen.
Wer schießt da Geld zu für Auszubildende, die er nicht braucht, weil er nicht mal die Stammbelegschaft halten kann? Wer gibt Geld aus für Leute, die er viel billiger bekommen kann, wenn er staatlich gesponserte rotgrünmerkel-Fachkräfte fast für umsonst bekommen kann, die er locker austauschen kann sofern die Fluktuation nicht ohnehin locker abläuft?
Wer tut sich das Kündigen von jungen Leuten an, wenn er es über die Arbeitsagentur risikofrei gesponsert bekommt das nicht zu tun?
Azubis stellt man ein, wenn man mittelfristige bis längerfristige Perspektiven hat. Wer hat diese denn in den o.g. Sparten und wer rechnet nicht damit, daß es ihn auch trifft, weil diese Sparten ja auf andere ausstrahlen, sei es Wohnungsbau, Konsum, Banken oder sogar die Reisebranche und den Medizinbetrieb?
Von den mind. 1 Million Illegalen, die den Mindestlohn und damit auch eine Ausbildungsvergütung durch rotgrüne Blockaden der Abschiebung locker unterlaufen können brauchen wir gar nicht anfangen. Denn dann wird’s richtig lächerlich.
Klar, ist alles nur Zufall. kann frau vorher nicht absehen.
Früher wäre eine CDU da auf die Barrikaden gegangen und eine FDP eventuell auch.
Aber bei der heutigen Merkel-Blockpartei geht das ja nicht mehr und schließlich will man wohl in Thüringen noch ein paar junge Leute übern Tisch ziehen.
Aber so doof sind die auch nicht. Zumindest dort nicht. Die wissen genau, daß es ihnen stattdessen finanziell besser ginge – und zwar ohne Arbeit – kämen sie ohne Pass aus dem Regierungsflieger oder mit den organisierten Transporten aus dem Knoblauchgürtel mit keinen Sprachkenntnissen oder gar analphabetisiert hierher.
Die wissen: deutsch sein ist nicht leicht – zumindest nicht in Merkeldeutschland.
So, und nun warten wir einfach mal 6 Monate ab, was dann sein wird.
Ich hoffe für die ausbildungswilligen jungen Leute, aber auch für die Werktätigen in den Betrieben, daß ich mich irre.
Treffen wird es doch hauptsächlich die kleinen mittelständischen Betriebe und Handwerks- und Dienstleistungsfirmen. Die haben an so einem Mindestlohn härter zu knabbern als große Unternehmen. Das war ja schon bei der Einführung des Mindestlohns für normale Arbeiter so. Auf der anderen Seite wird der hohe Mindestlohn voll auf das Familieneinkommen angerechnet, sollte diese Sozialleistungen beziehen. Dann bleibt unterm Strich auch nicht viel mehr übrig. Wenn Mama und Papa Hartz4 beziehen, ist das am Ende fast eine Nullrechnung. Und solche Bedarfsgemeinschaften gibt es im Land leider sehr, sehr viele.
Erinnert mich an ein ‘Zerohedge’ – Kommentar über Merkel:
‘She has the inverse king midas-syndrome: everything she touches turns to sh*t.’
Die unmittelbare Antwort darauf war übrigens:
‘That sums it up quite nicely.’
Alles schon gehabt:
Mietendeckel: Super, da bauen wir Kapitalisten doch sofort mehr Häuser.
Azubi-Geld-Plus: Super, da stellen wir mal noch mehr von denen ein!
BMW-Enteignung: Super, Unsere Polit-Elite wird es schon richten!
Energie-Konzept: Super, habe gerade den Gasgenerator bestellt!
Währungs-Crash: Ääh! Da war ich zu arglos, ich muss nachbessern!