HomePhilosophieHans AlbertSir Karl Raimund Popper: Lese ich Adorno oder Habermas, dann habe ich den Eindruck, Verrückte sprechen zu mir
November 29, 2021
Sir Karl Raimund Popper: Lese ich Adorno oder Habermas, dann habe ich den Eindruck, Verrückte sprechen zu mir
“Der unbefangene Leser wird sich möglicherweise wundern, dass ein Buch dieser Art so merkwürdige Proportionen aufweist. Nun, wer seine Entstehungsgeschichte kennt, weiß, welchen Umständen dieses Mißverhältnis zu verdanken ist. Die hier abgedruckte Diskussion begann 1961 zwischen Karl Popper und Theodor W. Adorno, sie wurde 1963 mit dem Nachtrag von Jürgen Habermas fortgesetzt, auf den ich 1964 replizierte, worauf im gleichen Jahr eine Antwort aus seiner Feder und im darauf folgenden wieder eine Entgegnung von mir erfolgte. Wenn ich ihn recht verstanden habe, so war die Idee des Redaktors ursprünglich die, diese Diskussion einem weiteren Leserkreis zugänglich zu machen. Ich habe diesem Vorschlag zugestimmt und habe auch spätere Modifikationen hingenommen, obwohl sich in ihnen allmählich jene eigentümliche Verschiebung der Proportionen bei gleichzeitiger Aufblähung des Umfanges andeutete, die dann schließlich zustandekam. Die Genehmigung für einen bloßen Abdruck der ursprünglichen Beiträge zu dieser Diskussion war offenbar von der anderen Seite nicht zu bekommen, und so hat sich auch das Erscheinen dieses Bandes seit etwa drei Jahren immer wieder hinausgezögert. Um die Veröffentlichung zu beschleunigen, habe ich schließlich auf Anregung des Redaktors zunächst auf mein Nachwort verzichtet, allerdings ohne zu ahnen, in welcher Weise einer der Beteiligten seine Funktion – die Einleitung des Bandes – ausbeuten und welches Ausmaß die erwähnte Umproportionierung annehmen würde. Immerhin kann ich, wie mancher verstehen wird, angesichts des Eifers, der hier am Werke war, eine gewisse Genugtuung nicht ganz unterdrücken.
Wie dem auch sei: ich erlaube mir nun doch zum Schluß noch einige kurze Bemerkungen zur Sache. Zunächst möchte ich feststellen, dass ich nicht nur über den Seitenaufwand frappiert bin, der auf der anderen Seite getrieben wird – obwohl ich für ihn natürlich Verständnis habe -, sondern auch über die inhaltliche Gestaltung der Ergänzungen zur bisherigen Diskussion, vor allem – um es etwas deutlicher zu sagen – über die trotz gewohnt komplizierter Ausdrucksweise doch im Grunde genommen verhältnismäßig enfache Art und Weise, in der Adorno alle möglichen Missverständnisse reproduziert, die sich in der seit dem Beginn unserer Diskussion und teilweise unter ihrem Einfluss entfachten Positivismus-Kontroverse im deutschen Sprachbereich eingenistet haben – Missverständnisse, die, wenn nicht schon durch die Lektüre der vorliegenden Diskussionsbeiträge, so doch durch das Studium anderer Arbeiten seiner Diskussionspartner von vorneherein hätten vermieden werden können. Wie früher schon Habermas – und auf seinen Spuren, eine ganze Reihe von Geistesschaffenden – so wird nun Adorno zum Opfer seines eigenen etwas verwaschenen Positivismus-Begriffs und der tendenziösen, wenn auch durchaus landesüblichen, Art, unter diese Kategorie jeweils das zu subsumieren, was ihm kritikwürdig erscheint.”
Das schreibt Hans Albert in einem kurzen Beitrag mit dem Titel, “Kleines verwundertes Nachwort zu einer großen Einleitung”, der im Sammelband “Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie” erschienen ist. In diesem Band sollten ursprünglich, wie Albert das beschreibt, die Diskussionsbeiträge von Adorno, Albert und Habermas zu einem Vortrag, den Karl Raimund Popper auf dem Soziologentag 1960 gehalten hat, abgedruckt werden. Mit dem, was man ursprünglich zu sagen hatte, war die “andere Seite”, wie Albert schreibt, waren Adorno und Habermas nicht zufrieden, also haben sie, in der ihnen eigenen Weise, viele Worte nachgelegt, um im Kern bestenfalls triviale Sachverhalte hinter einem Schwall von erhofftem Wohlklang zu verbergen. Der Sammelband, an dem neben den Genannten noch Ralf Dahrendorft und Harald Pilot beteiligt sind, umfasst 344 Seiten. Die Einleitung, die Adorno voranstellt, umfasst 74 Seiten, zwei weitere Beiträge Adornos fügen weitere 42 Seiten hinzu. Habermas hat 70 Seiten mit dem, was er für relevante Worte hält, gefüllt. Dagegen stehen 22 Seiten des Beitrags von Karl R. Popper und 78 Seiten, die Hans Albert auf drei Beiträge verteilt hat, zwei davon oben die angesprochen Reaktionen auf Habermas, sieben Seiten im Nachwort, aus dem das Zitierte stammt.
Der Gegenstand der Kontroverse ist im weitesten Sinne die Erkennbarkeit der Welt. Er muss hier nicht wiederholt werden, denn der Positivismusstreit, ein Pseudo-Streit in Vorstellungswelten und Worten, geführt vornehmlich von Jürgen Habermas und Theodor W. Adorno und denen, die zwar nicht verstehen, was die beiden in langatmigen und wortschweren und weitgehend bedeutungslosen Beiträgen vorbringen, aber sich – wie so viele Linke – in der Sonne von Begriffsungetümen wärmen wollen, die sie weder hinterfragen noch verstehen können. Wir haben diesen Zugang zu diesem Post gewählt, weil das verwunderte Nachwort von Hans Albert nicht nur das, was man als Charaktermangel auf der Gegenseite bezeichnen könnte, deutlich macht, es zeigt auch, dass die Not, die eigenen dünnen Gedanken hinter viel sprachlichem Brimborium zu verstecken und sich, als Objekt der eigenen Abarbeitung, erfolgreiche, verständliche und wissenschaftlich Arbeitende zum Gegner zu machen, schon seit langem in dem, was als “Linke” bekannt ist, heimisch ist. Bekanntlich legen Linke großen Wert darauf, als intellektuell zu erscheinen, halten sich zuweilen gar für Teile der “Intelligenzia”, was die Notwendigkeit mit sich bringt, die häufig in einer Dürftigkeit, die sich kaum steigern lässt, verharrenden Gedanken und Geröllhalden von Wortbrocken zu verbergen. Diese Art, Wissenschaft zu travestieren, hat den deutschen Sozialwissenschaften großen Schaden zugefügt. Sie ist bis heute weit verbreitet und scheint besonders unter denen zu blühen, die lediglich zum Nachläufer, zum Follower von denen, die sie als Ikonen verehren, taugen.
Diese prätentiösen Schwaller, die nichts zu sagen haben, das aber in einer Ausführlichkeit tun, dass man ihnen mindestens dafür Anerkennung zollen muss, sind Gegenstand eines Briefes, den Karl Raimund Popper im April 1970 an “Professor Aron” geschrieben hat, bei dem es sich um Raymond Aron, Autor des 1955 erschienen Buches “The Opium of the Intellectuals”, in dem in Umkehrung des Satzes von Marx, nachdem Religion Opium des Volkes sei, Marxismus als Opium der Intellektuellen dargestellt wird, handelt.
Der Brief von Popper lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig:
Lese er Adorno oder Habermas, dann habe er das Gefühl, Verrückte sprächen zu ihm. Er habe einige ihrer Sätze [von ihrem Deutsch] ins Deutsche übertragen. Sie hätten sich ausschließlich als Tautologien und Trivialitäten erwiesen. Er könne überhaupt nicht erkennen, wieso man Habermas Talent nachsage. Habermas sei sicher nicht dümmer als andere geboren worden, habe aber dem Einfluss prätentiöser, lügender und die Intelligenz zerstörender Hochschulbildung nicht widerstehen können. Die Soziologie, so schreibt Popper schon im Jahre 1970, sei in einem sehr schlechten Zustand. Prötentiöse, schlechte Sprache verdränge immer mehr einfache und gute Sprache. Sein Satz: “Ist die menschliche Sprache erst zerstört, dann werden wir wieder zu wilden Tieren”, klingt aus heutiger Sicht wie eine Vorahnung. Die Gefahr, die von Leuten wie Habermas für die menschliche Zivilisation und das Zusammenleben, das nur auf Vertrauen, die entsprechend kommuniziert wird, basieren kann, ausgeht, war Popper offenkundig schon in den 1970er Jahren bekannt.
Indes ist die Deutlichkeit seiner Sprache nicht jedermanns Sache. Die heutigen “Schneeflocken”, die ihre Hochschulen zu Schutzräumen umfunktioniert haben, in denen sie ihrer jeweiligen Ideologie huldigen können, ungestört von Ungläubigen und geschützt vor Andersartigem, sehen sich als prätentiöses Gefolge derer, die schon vor ihnen nicht wussten, was sie schreiben. Das Ergebnis ist emotional und bar jeden Arguments. Die Auseinandersetzung mit dem, was geschrieben wird, wird zur emotionalen Bewältigung, kleiner verletzter Seelchen.
Dass Briefe in einen historischen Kontext gehören und dass es die Fairness gebietet, diesen Kontext vor einer Beurteilung überhaupt zu kennen, eben der Kontext, den wir eingangs mit Hans Albert beschrieben haben, das ist denen, die sich heute an Hochschulen eingefunden haben, offenkundig fremd. Ihr Ziel ist die Gefolgschaft und das Andienen bei ihren Herren und Meistern, denen, die die intellektuelle Sklaverei, der sie sich willig unterziehen, begründet haben. Louis Berger beschreibt sich wie folgt:
Es gibt also bislang keinen Anlass für den Glauben, seine Meinung, einen Brief aus dem Jahre 1970 beurteilen oder besser: verurteilen zu können, stütze sich auf irgend eine Art fundierter Wissensbasis.
Popper schreibt in seinem Brief davon, er habe das prätentiöse Geschwätz von Habermas ins Deutsche übersetzt. Seine entsprechende Übersetzung, einst in der FAZ veröffentlicht, zu einer Zeit, als die FAZ noch Zeitung war, ist ein Muss für alle Freunde der deutschen Sprache, die prätentiöse Schwätzer wie Habermas und sein Gefolge der Unverständigen nicht ertragen können:
Zitate aus Habermas‘ Aufsatz
Poppers Übersetzung
Die gesellschaftliche Totalität führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefassten, aus dem sie selbst besteht.
Die Gesellschaft besteht aus den gesellschaftlichen Beziehungen.
Sie produziert und reproduziert sich durch ihre einzelnen Momente hindurch.
Die verschiedenen Beziehungen produzieren irgendwie die Gesellschaft.
So wenig jenes Ganze vom Leben, von der Kooperation und dem Antagonismus des Einzelnen abzusondern ist,
Unter diesen Beziehungen finden sich Kooperation und Antagonismus; und da (wie schon gesagt) die Gesellschaft aus diesen Beziehungen besteht, kann sie von ihnen nicht abgesondert werden;
so wenig kann irgendein Element auch bloß in seinem Funktionieren verstanden werden ohne Einsicht in das Ganze, das an der Bewegung des Einzelnen selbst sein Wesen hat.
aber das Umgekehrte gilt auch: keine der Beziehungen kann ohne die anderen verstanden werden.
System und Einzelheit sind reziprok und nur in der Reziprozität zu verstehen.
(Wiederholung des Vorhergehenden)
Adorno begreift die Gesellschaft in Kategorien, die ihre Herkunft aus der Logik Hegels nicht verleugnen.
Adorno verwendet eine an Hegel erinnernde Ausdrucksweise.
Er begreift Gesellschaft als Totalität in dem streng dialektischen Sinne, der es verbietet, das Ganze organisch aufzufassen nach dem Satz: es ist mehr als die Summe seiner Teile;
Er sagt daher (sic) nicht, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.
ebensowenig aber ist Totalität eine Klasse, die sich umfangslogisch bestimmen ließe durch ein Zusammennehmen aller unter ihr befaßten Elemente,
ebensowenig ist (sic) das Ganze eine Klasse von Elementen.
“die Totalität der gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge …“
Wir alle stehen irgendwie untereinander in Beziehung…
Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch verbindlichen Raum beliebig konstruieren.
Theorien sollten nicht ungrammatisch formuliert werden; ansonsten kannst Du sagen, was Du willst.
Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.
Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind.
“Das grausame Spiel, Einfaches kompliziert und Triviales schwierig auszudrücken, wird leider traditionell von vielen Soziologen, Philosophen usw. als ihre legitime Aufgabe angesehen. So haben sie es gelernt, und so lehren sie es”, so fasst Popper das Übersetzte zusammen.
Seit dieser Übersetzung von Habermas, dessen Geschwulst doch viel verliert, wenn es auf die Trivialitäten reduziert wird, die es tatsächlich zum Ausdruck bringt, ist viel Zeit vergangen. Der Schwulst ist in dieser Zeit nicht weniger, er ist mehr geworden, und er hat sich verändert. Deshalb sprechen wir lieber von prätentiösem Geschwätz. Popper hat den Schwulstikern zeitweise noch zu Gute gehalten, dass sie etwas, wenngleich etwas Triviales zu sagen haben. Das ist heute anders. Nicht mehr Trivialitäten, sondern einfach nur Leerformeln, inhaltsleeres Gewäsch, sprachlicher Auswurf soll so verpackt werden, dass er den Eindruck von Sätzen vermittelt, in denen Inhalte, die freilich nur besonders eingeweihten Intelligenten zugänglich sind, verborgen der Dekonstruktion harren. Deshalb ist nach unserer Ansicht heute der Begriff „prätentiöses Geschwätz“ angebracht, um die Aussagen zu bezeichnen, die keinerlei Inhalt mehr tragen, nicht einmal mehr einen trivialen.
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Weil Lügengespinste nicht stimmen, ist das Gesagte nicht das Gemeinte. Weil wenn, was gesagt wird, nicht stimmt, stimmen auch die Werke nicht. Gedeihen die Werke nicht, so verderben Sitten und Künste. Darum achte darauf, dass Worte und Werke übereinstimmen. Das ist das Wichtigste von allem. […]
“Die Werke von Habermas sind in viele Sprachen der Welt übersetzt worden, nur nicht ins Deutsche.”
Er war eben kein Schüler von Meister Kung, hätte ihn aber sicher wortreich kritisiert!
“Sie [die Theorien] erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.” könnte man eigentlich auch so übersetzen: “Finde in der Welt eine beliebige Korrelation zu Deiner Theorie, und Du hast damit Realität geschaffen”
Die Realität fügt sich grundsätzlich keiner Theorie, sie ist keine Nutte und auch kein Mißbrauchsopfer das “die Theorie” sich durch Mißhandlung oder stupides Geschwätz a la Habermas gefügig machen kann! Theorien werden vielmehr formuliert um die Realität zu beschreiben und dann anhand Dieser überprüft. Was Habermas eigentlich sagen will ist “lüg dir die Realität so hin dass es aussieht als würde sie zu deiner Paranoia passen”.
Habermas spricht von “speziellem Gegenstandsbereich”, also schon einem abgegrenzten Teil der Realität. Theorien beschreiben nicht nur die Realität, das wäre übrigens deskriptiv, sondern manche sind auch präscriptiv, sie schreiben als vor à la “tue dies und jenes passiert”.
deskriptiv: weicher, süßer Kuchen … -> nur Beschreibung
präskriptiv: Butter und Zucker schaumig rühren… (Rezept) -> nur Anweisung
Ich habe mir in meiner späteren Jugend Adorno ohne Ende reingepfiffen und zum Glück immer parallel Lorenz, Gehlen und diese anderen harten Knochen gelesen. Ich glaube die Ursünde dieses echten Schwurbelns kam mit Hegel, Adorno und überhaupt der komplette linke Komplex sind Hegelianer. Hegel versaut das Denken und den Stil, urteilte schon sein Rivale Schopenhauer. Unter diesen Schwurbeln steht Adorno meilenweit über Habermas, dessen Epigone er ist. Immerhin war Adorno ein Musikkenner und die kritischen Miniaturen in den minima moralia schätze ich noch heute. Erich Fromm mit seiner naiven Dichotomie aus Haben und Sein hatte bereits Schopenhauer viel tiefer und klarer gefasst.
Ich bin seit meiner Jugend von Schopenhauer fasziniert.
Mein Vater hat mir zum 14.Geburtstag “Aphorismen zur Lebensweisheit” geschenkt.
Ich schleppte das Buch immer mit mir herum.
Verstanden habe ich nichts. Aber es fühlte sich gut an, es bei mir zu haben.
Inzwischen verstehe ich ein klein wenig. Wen ich noch in mein Herz geschlossen habe, ist Karl Jaspers.
Ja – und seit einiger Zeit schleppe ich Henry Bergson mit mir herum, den ich nie mehr verstehen lernen werde. Die Zeit ist zu knapp. Ich bin 84 Jahre alt.
Aber es liegt wohl nicht nur an der Zeit.
Baujahr 58 wohnt mir sowohl seit jeher ein gewisses Unwohlsein als auch eine unangemessene Neugier inne, dem lackierten, künstlichen, eine nach regelwidriger Vertiefung dürstenden sprachlosen “Schrift” zu folgen.
Fand ich dann doch eher unerheblich und konnte kontaktebedingt auf Salinger, Henscheid und andere unbetüdelte Sprachbegabte zurückgreifen. Die Realität kommt ohne Schwurbler eh schon krass genug rüber. Mein Immunsystem sagt: fy4noContent
Der Volltreffer. Zu meiner Schulzeit hatten meist die die besseren Noten, die hochtrabend schwätzen konnten. Und zwar auch dann, wenn sie inhaltlich nichts wirklich Bedeutendes von sich gegeben hatten. Ein typisch deutsches Phänomen. Die gehobene sprachliche Verpackung eines Sachverhaltes scheint bei typischen Vertretern des Volkes der Dichter und Denker den Eindruck eines gehobenen Niveaus zu erwecken. Was zumindest für die Sprache ja auch stimmt. Für die Beschreibung eines rein logischen Zusammenhangs ist die gehobene Sprachkultur jedoch nicht nur überflüssig, sie ist hinderlich, weil sie vom eigentlichen zu vermittelnden Sachverhalt ablenkt und die Vermittlung verzögert, wenn nicht sogar verhindert. Es hat einen Grund, warum ein Navi während der Fahrt nur kurze und präzise Angaben in der Art “nächste Abfahrt links” macht. Der Grund dafür ist der selbe, wie die Gleichung 1+1=2 auf exakt 5 Zeichen zu begrenzen. Mehr ist zur Beschreibung dieses Sachverhaltes und zu seinem Verständnis ja auch nicht nötig. Aber das ich nicht falsch verstanden werde: Die Deutsche Sprache ist eine schöne und sehr präzise Sprache, die unbedingt gepflegt werden sollte. Allerdings dort, wo es Sinn macht: Nämlich beim Dichten. Für das Denken gilt dies jedoch nicht. Ich denke zum Beispiel in Bildern, Kausalitäten, Ablaufplänen und Diagrammen. Ich kann mir Gesichter, Verhaltensweisen und kausale Zusammenhänge zwischen verschiedenen Akteuren weit besser merken, als die dazugehörigen sprachlichen Bezeichnungen. Und das ganze hat sogar einen Vorteil: Es funktioniert international und ohne Übersetzer. Logische Zusammenhänge werden nicht durch die Sprache definiert. Die Sprache beschreibt sie nur. Und wenn die Beschreibung dermaßen ausartet, dass die Vermittlung des eigentlichen Sachverhaltes darunter leidet, dann hat man es mit Sicherheit übertrieben. Oder in voller Absicht die Nebelmaschine angeworfen, um die eigentliche Intention zu verschleiern. Warum gerade die Deutschen so empfänglich für Propaganda sind, ist mir vollkommen klar.
Das eine ist Zivilisation, das andere… Kultur. Die deutsche Sprache ist eine sehr zivilisierte Sprache, die sehr klare und präzise “Rede” ermöglicht. Sie wird nur immer mehr von solchen Kulturbanausen “kultiviert”.
Naja, das Phänomen ist sehr ähnlich in den Staaten anzutreffen, wo – vor allem unter Linken – die möglichst dichte Verwendung von “Fremdworten” und gestelzten Satzkonstruktionen als ein Ausdruck, ja “Beleg” von “Intelligenz” begriffen wird.
Diese (Un)art hat den “Brotfressoren” sehr dabei geholfen, sich über die produktive untere bis mittlere Mittelschicht zu stellen (die übrigens bis heute erstaunlich viel liest), die ihre knappe Freizeit kaum mit derlei Traktaten und Tiraden verbingen möchte. Sie hat einer kaum marktfähigen Kaste einen Markt gebracht, der vor allem von staatlicher “Umfairteilung” lebt… Deshalb verachtet sie jedwede Form von Markt.
Ich glaube, Popper hat in die Habermasschen Sentenzen zu viel Sinn hineingelesen. Ich würde die ersten der Zitate so übersetzen:
1- die Gesellschaft ist die Gesellschaft
2- (sic; hätte der Autor sich geschneuzt, statt diesen Satz niederzuschreiben, hätte das im Text nicht weniger Aussagekraft hinterlassen)
3- das Leben jedes Gesellschaftsinsassen ist mit der Gesellschaft verquickt
4- irgendwie hängt alles miteinander zusammen
usw., die Sache wird langweilig
Die gesellschaftliche Totalität führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefassten, aus dem sie selbst besteht.
————————————
Also man muß natürlich die Ideologie hinter diesen Aussagen sehen. Und wer ein Gefühl für die Ideologie hat, der versteht das implizit anders. “Totalität” ist ja etwas böses. Es ist die Unterdrückung, sie verhindert, dass jeder Mensch sich selbst verwirklicht usw. Diese Totalität hat kein Eigenleben, sie entsteht aus den Unterdrückungsbeziehungen, aus der Störung des herrschaftsfreien Diskurses. Würde es den herrschaftsfreien Diskurs geben würden alle erkennen, dass die linken Theorien die Wahrheit sind und die Welt wäre dadurch das Paradies.
Das alles wird durch das “emanzipatorische Erkenntnisinteresse” (-> Habermas: “Erkenntnis und Interesse”) grundgelegt. Die Sozialwissenschaften haben ein eigenes Erkenntnisinteresse und nur mit diesem Interesse sind korrekte Erkenntnisse über die Gesellschaft zu gewinnen. Man erkennt dann, dass Linke immer Recht haben.
Die gesellschaftliche Totalität gründet sich also quasi in sich selbst, so lange die Herrschaftsbeziehungen nicht emanzipativ aufgebrochen sind, Popper ist also in diesen Beziehungen gefangen, da er noch nicht das emanzipative Erkenntnisinteresse hat.
Das ist doch erheblich mehr als Popper darin sieht.
Das alles ist natürlich lediglich ein Aufwasch der marxistischen Ideologietheorie nach der man ja nur mit der marxistischen (und nicht der bürgerlichen) Ideologie die Welt erkennen kann (im Sinne des Proletariats).
Habermas sagt also: die Gesellschaft besteht aus den Unterdrückungsmechanismen, die durch die Nicht-Emanzipiertheit (z.B: sind noch nicht alle Feministen und Anti-Rassisten und weltoffen) die eben dann die unterdrückerischen nicht emanzipativen Beziehungen ergeben.
Das hat in der Tat die deutsche Soziologie für immer platt gemacht (wie Helmut Schelsky in “Die Arbeit tun die Anderen” damals festgestellt hat) und ist wohl ein wesentlicher Grund für den heutigen Zustand.
Habermas, bzw. die Frankfurter waren sich zu fein für den Vulgärmarxismus und daher hat Adorno über die böse Totalität referiert und Habermas über das korrekte emanzipative Erkenntnisinteresse (was eigentlich marxistische Ideologie”theorie” ist). Den Studenten war das freilich zu wenig konkret, so dass Adorno einmal räumen lassen mußte und Habermas von Linksfaschismus sprach.
Ich habe mehrere Anläufe mit Adorno und Habermas in meinem Leben gemacht, um sie zu verstehen. Geht nicht, da es nichts zu verstehen gibt. Treffe ich zum Klassentreffen unsere Klassenlinke aus den Sechzigern wieder, die Jahrelang in deren Seminaren in Frankfurt saß, natürlich ohne irgendeinen Abschluss. Sage ich, „Du Ute, hast Du eigentlich irgendwas verstanden von denen?“ „Nö, sagt sie fröhlich. Nicht die Bohne. Das war ja alles nur Geschwafel … Aus meiner heutigen Sicht!“
Auch so ein Beispiel. Der Verfasser ist mir unbekannt.
“Ich habe mit meinem Vortrag eine materialistisch feministische Perspektive in fachübergreifender Weise an das intersektionale Problem der Mensch-Mensch-Beziehung in Mensch-Umwelt-Systemen, unter besonderer Berücksichtigung des Austausches zum Zwecke der Vermittlung von Stoffen zur Subsistenzerhaltung herangetragen.
Mit anderen Worten: Er hat einen Mann dabei beobachtet, wie er in einer Bäckerei von einer Verkäuferin ein Brot gekauft hat.”
Titelnennung und beigefügtes Bild mit dem „Luchterhand“-Buch führen mich in meine Studienzeit in die Mitte der 70er Jahre zurück. Bevor ich zum Philosophiestudium nach Regensburg wechselte und dort qua Franz Kutschera zur sprachlichen Klarheit „verdammt“ wurde, habe ich an einer ebenso neugegründeten norddeutschen Hochschule die Weisheiten der schon damals omnipräsenten Habermasepigonen genießen dürfen. Wenn wir von Habermas reden, müssen wir allerdings immer die jeweilige Stufe seiner Entwicklung mitberücksichtigen. Dies war die Zeit, als er nach der Gehlen – „Vernichtung“ sich anschickte Luhmann k.o. zu schlagen – die Zeit. als er noch eine „Rekonstruktion des Dialektischen Materialismus“ im Blick hatte und er selbst wohl nicht in seinen kühnsten Träumen damit rechnete, als kommunikationstheoretischer Neukantianer – vorläufig – zu enden. (Oder sollte er mit seinen wohlwollenden Deduktionen autoritären Verhaltens zu den Coronarepressionen das rettende Ufer Carl Schmitt im Auge haben ?) Ausgangspunkt für seine Omnipräsenz in Feuilleton und diversen Sozialwissenschaften war eben besagter Band, der im akademischen Unterricht als Beispiel dafür diente, wie borniert doch der „Positivismus“ sei – für Jüngere: der Positivismusverdacht war die Totschlagphrase der damaligen hochgejazzten Edellinken. Gnade bitte im Fall des Ästheten Adorno: seine Verteidigung der westlichen Kulturtradition dürfte demnächst als Machwerk eines alten weißen Mannes der Cancel Culture zum Opfer fallen – der Aufsatz „Kritik der Halbbildung“ wirkt wie ein Kommentar zu KulturstaatsministerInnen in unserer Geschwätzrepublik des Habermasschen “herrschaftsfreien Diskurses”.
Vorweg, ich habe -entgegen meinem damaligen Umfeld -, nie viel von der sogen. Frankfurter Schule gelesen, weil mir dieser vermeintliche und selbstgenügsame Intellektualismus meiner existenziellen Erfahrung konträr lief. Wiesenthal-Adorno stach mit seiner löcherlichen Aussage “man könne nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben” in übler Blasiertheit und Verlogenheit heraus, wenn man sah, daß ER- weder vor noch nach “Auschwitz” Gedichte schreiben konnte.
Habermas habe ich immer wieder gelesen, v.a. seine Gespräche mit Papst Benedikt XVI/ Prof.Ratzinger. Das waren in erster Linie Aussagen, die durchaus Sinn ergaben. Mann durfte nur nie versuchen, seine Aussagen irgendwie erden zu wollen. Und das ist dann auch mein Realitätsanspruch an Philosophie, Geisteswissenschaften, Theologie: Was passiert, wenn ich erde?!
Man kann Popper nur zustimmen – mit einer Einschränkung: Philosophie kann und ist wesentlich auch ein Denken aus Sprache und das ist nicht immer eine positive Logik! Als Beispiel würde ich Heidegger anführen oder auch Nietzsche. Und als Gegenb4ispiel fiele mir Hegel ein. (denn es ist nicht jedem gegeben, aus Worten zu spielen, bei den Meisten wird ein destruktives Wuchern daraus).
Wenn man dazu seine Einlassungen zur Covid-Situation mit seiner für alle angestrebten “Erdung” betrachtet, komme ich nicht umhin ihn bestenfalls als eine Art sinnfreien Akrobaten der deutschen Sprache zu betrachten. Seine dazu vorgetragene Herdenmeinung ist arrogant und borniert, letztlich trivial und entbehrt jeglicher sonst von ihm präferierten, zumindest wortschöpferisch-verklausulierenden Originalität.
Niko Härting@nhaerting
1. Allen, die von der Klugheit und Angemessenheit der bisherigen #Corona-Regierungspolitik nicht restlos überzeugt sind, steht nach den heutigen Entscheidungen des @BVerfG
ein schwerer Winter bevor.
2. Karlsruhe wägt nicht ab. Nur an wenigen Stellen der Entscheidung befasst sich das Gericht mit der Schwere der Grundrechtseingriffe. Weite Teile der Entscheidung lesen sich wie eine Rechtfertigung der Regierungspolitik.
3. Karlsruhe legt das Grundgesetz gegen seinen Wortlaut aus. Das Gericht gesteht zwar zu, dass das Grundgesetz Freiheitsbeschränkungen nur aufgrund einer Einzelfallentscheidung und nicht flächendeckend erlaubt („aufgrund eines Gesetzes“), …
4. setzt sich jedoch über den Wortlaut des Grundgesetzes „teleologisch“ (aus Gründen des Sinns und Zwecks) hinweg und gestattet flächendeckende Ausgangssperren. Wenn der Wortlaut nicht passt, wird er passend gemacht.
5. Dabei übersieht Karlsruhe die historischen Erfahrungen, die 1949 dazu führten, derartige Ausgangssperren zu verbieten.
6. Karlsruhe setzt keine „roten Linien“. Es wird aus der gesamten Entscheidung nicht erkennbar, wie weit denn der Gesetzgeber bei der Corona-Politik gehen darf. Ein Freifahrtschein für die Regierenden. Karlsruhe versagt.
7. Karlsruhe stützt sich bei seiner Entscheidung auf dieselben Experten, die im Frühling 2021 die Bundesregierung beraten haben. Abweichende Stimmen – wie etwa Prof. Matthias Schrappe – werden in der Entscheidung vollständig übergangen.”
Wie nannte Wolfgang Stegmüller das noch gleich? “semantische Verschmutzung der geistigen Umwelt des Menschen”
Das wirklich schlimme ist: Bei so manchem, was ich zu hören bekomme, beginne ich schon daran zu zweifeln, dass ich es sich überhaupt noch mit prätentiösem Geschwätz zu tun habe und nicht etwa bloße Ausgasungen infolge von Zelebralfermentation damit verwechsle.
Wir sehen, dass du dich in Vereinigtes Königreich befindest. Wir haben unsere Preise entsprechend auf Pfund Sterling aktualisiert, um dir ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten. Stattdessen Euro verwenden.Ausblenden
Weil Lügengespinste nicht stimmen, ist das Gesagte nicht das Gemeinte. Weil wenn, was gesagt wird, nicht stimmt, stimmen auch die Werke nicht. Gedeihen die Werke nicht, so verderben Sitten und Künste. Darum achte darauf, dass Worte und Werke übereinstimmen. Das ist das Wichtigste von allem. […]
“Die Werke von Habermas sind in viele Sprachen der Welt übersetzt worden, nur nicht ins Deutsche.”
Er war eben kein Schüler von Meister Kung, hätte ihn aber sicher wortreich kritisiert!
“Sie [die Theorien] erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt.” könnte man eigentlich auch so übersetzen: “Finde in der Welt eine beliebige Korrelation zu Deiner Theorie, und Du hast damit Realität geschaffen”
Und nichts anderes machen diese Leute.
Die Realität fügt sich grundsätzlich keiner Theorie, sie ist keine Nutte und auch kein Mißbrauchsopfer das “die Theorie” sich durch Mißhandlung oder stupides Geschwätz a la Habermas gefügig machen kann! Theorien werden vielmehr formuliert um die Realität zu beschreiben und dann anhand Dieser überprüft. Was Habermas eigentlich sagen will ist “lüg dir die Realität so hin dass es aussieht als würde sie zu deiner Paranoia passen”.
Habermas spricht von “speziellem Gegenstandsbereich”, also schon einem abgegrenzten Teil der Realität. Theorien beschreiben nicht nur die Realität, das wäre übrigens deskriptiv, sondern manche sind auch präscriptiv, sie schreiben als vor à la “tue dies und jenes passiert”.
deskriptiv: weicher, süßer Kuchen … -> nur Beschreibung
präskriptiv: Butter und Zucker schaumig rühren… (Rezept) -> nur Anweisung
https://www.youtube.com/watch?v=4wo-jMajhUw
Ein gutes Gespräch zwischen Karl Popper und Konrad Lorenz.
Empfehlen möchte ich auch ,,Die Zukunft ist offen (das Altenberger Gespräch)”, noch antiquarisch erhältlich.
Kein Habermas, kein Adorno, kein Fromm ist auch nur einem von beiden gewachsen.
Mit freundlichen Grüßen
Ich habe mir in meiner späteren Jugend Adorno ohne Ende reingepfiffen und zum Glück immer parallel Lorenz, Gehlen und diese anderen harten Knochen gelesen. Ich glaube die Ursünde dieses echten Schwurbelns kam mit Hegel, Adorno und überhaupt der komplette linke Komplex sind Hegelianer. Hegel versaut das Denken und den Stil, urteilte schon sein Rivale Schopenhauer. Unter diesen Schwurbeln steht Adorno meilenweit über Habermas, dessen Epigone er ist. Immerhin war Adorno ein Musikkenner und die kritischen Miniaturen in den minima moralia schätze ich noch heute. Erich Fromm mit seiner naiven Dichotomie aus Haben und Sein hatte bereits Schopenhauer viel tiefer und klarer gefasst.
Ich bin seit meiner Jugend von Schopenhauer fasziniert.
Mein Vater hat mir zum 14.Geburtstag “Aphorismen zur Lebensweisheit” geschenkt.
Ich schleppte das Buch immer mit mir herum.
Verstanden habe ich nichts. Aber es fühlte sich gut an, es bei mir zu haben.
Inzwischen verstehe ich ein klein wenig. Wen ich noch in mein Herz geschlossen habe, ist Karl Jaspers.
Ja – und seit einiger Zeit schleppe ich Henry Bergson mit mir herum, den ich nie mehr verstehen lernen werde. Die Zeit ist zu knapp. Ich bin 84 Jahre alt.
Aber es liegt wohl nicht nur an der Zeit.
Nein ich bin Schopenhauer nicht untreu geworden.
Baujahr 58 wohnt mir sowohl seit jeher ein gewisses Unwohlsein als auch eine unangemessene Neugier inne, dem lackierten, künstlichen, eine nach regelwidriger Vertiefung dürstenden sprachlosen “Schrift” zu folgen.
Fand ich dann doch eher unerheblich und konnte kontaktebedingt auf Salinger, Henscheid und andere unbetüdelte Sprachbegabte zurückgreifen. Die Realität kommt ohne Schwurbler eh schon krass genug rüber. Mein Immunsystem sagt: fy4noContent
Der Volltreffer. Zu meiner Schulzeit hatten meist die die besseren Noten, die hochtrabend schwätzen konnten. Und zwar auch dann, wenn sie inhaltlich nichts wirklich Bedeutendes von sich gegeben hatten. Ein typisch deutsches Phänomen. Die gehobene sprachliche Verpackung eines Sachverhaltes scheint bei typischen Vertretern des Volkes der Dichter und Denker den Eindruck eines gehobenen Niveaus zu erwecken. Was zumindest für die Sprache ja auch stimmt. Für die Beschreibung eines rein logischen Zusammenhangs ist die gehobene Sprachkultur jedoch nicht nur überflüssig, sie ist hinderlich, weil sie vom eigentlichen zu vermittelnden Sachverhalt ablenkt und die Vermittlung verzögert, wenn nicht sogar verhindert. Es hat einen Grund, warum ein Navi während der Fahrt nur kurze und präzise Angaben in der Art “nächste Abfahrt links” macht. Der Grund dafür ist der selbe, wie die Gleichung 1+1=2 auf exakt 5 Zeichen zu begrenzen. Mehr ist zur Beschreibung dieses Sachverhaltes und zu seinem Verständnis ja auch nicht nötig. Aber das ich nicht falsch verstanden werde: Die Deutsche Sprache ist eine schöne und sehr präzise Sprache, die unbedingt gepflegt werden sollte. Allerdings dort, wo es Sinn macht: Nämlich beim Dichten. Für das Denken gilt dies jedoch nicht. Ich denke zum Beispiel in Bildern, Kausalitäten, Ablaufplänen und Diagrammen. Ich kann mir Gesichter, Verhaltensweisen und kausale Zusammenhänge zwischen verschiedenen Akteuren weit besser merken, als die dazugehörigen sprachlichen Bezeichnungen. Und das ganze hat sogar einen Vorteil: Es funktioniert international und ohne Übersetzer. Logische Zusammenhänge werden nicht durch die Sprache definiert. Die Sprache beschreibt sie nur. Und wenn die Beschreibung dermaßen ausartet, dass die Vermittlung des eigentlichen Sachverhaltes darunter leidet, dann hat man es mit Sicherheit übertrieben. Oder in voller Absicht die Nebelmaschine angeworfen, um die eigentliche Intention zu verschleiern. Warum gerade die Deutschen so empfänglich für Propaganda sind, ist mir vollkommen klar.
Das eine ist Zivilisation, das andere… Kultur. Die deutsche Sprache ist eine sehr zivilisierte Sprache, die sehr klare und präzise “Rede” ermöglicht. Sie wird nur immer mehr von solchen Kulturbanausen “kultiviert”.
Naja, das Phänomen ist sehr ähnlich in den Staaten anzutreffen, wo – vor allem unter Linken – die möglichst dichte Verwendung von “Fremdworten” und gestelzten Satzkonstruktionen als ein Ausdruck, ja “Beleg” von “Intelligenz” begriffen wird.
Diese (Un)art hat den “Brotfressoren” sehr dabei geholfen, sich über die produktive untere bis mittlere Mittelschicht zu stellen (die übrigens bis heute erstaunlich viel liest), die ihre knappe Freizeit kaum mit derlei Traktaten und Tiraden verbingen möchte. Sie hat einer kaum marktfähigen Kaste einen Markt gebracht, der vor allem von staatlicher “Umfairteilung” lebt… Deshalb verachtet sie jedwede Form von Markt.
Ich glaube, Popper hat in die Habermasschen Sentenzen zu viel Sinn hineingelesen. Ich würde die ersten der Zitate so übersetzen:
1- die Gesellschaft ist die Gesellschaft
2- (sic; hätte der Autor sich geschneuzt, statt diesen Satz niederzuschreiben, hätte das im Text nicht weniger Aussagekraft hinterlassen)
3- das Leben jedes Gesellschaftsinsassen ist mit der Gesellschaft verquickt
4- irgendwie hängt alles miteinander zusammen
usw., die Sache wird langweilig
Zwischen “2” und “sic” hat sich eine dort hingehörende längere Folge von Leerzeichen verflüchtigt.
Die gesellschaftliche Totalität führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefassten, aus dem sie selbst besteht.
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Also man muß natürlich die Ideologie hinter diesen Aussagen sehen. Und wer ein Gefühl für die Ideologie hat, der versteht das implizit anders. “Totalität” ist ja etwas böses. Es ist die Unterdrückung, sie verhindert, dass jeder Mensch sich selbst verwirklicht usw. Diese Totalität hat kein Eigenleben, sie entsteht aus den Unterdrückungsbeziehungen, aus der Störung des herrschaftsfreien Diskurses. Würde es den herrschaftsfreien Diskurs geben würden alle erkennen, dass die linken Theorien die Wahrheit sind und die Welt wäre dadurch das Paradies.
Das alles wird durch das “emanzipatorische Erkenntnisinteresse” (-> Habermas: “Erkenntnis und Interesse”) grundgelegt. Die Sozialwissenschaften haben ein eigenes Erkenntnisinteresse und nur mit diesem Interesse sind korrekte Erkenntnisse über die Gesellschaft zu gewinnen. Man erkennt dann, dass Linke immer Recht haben.
Die gesellschaftliche Totalität gründet sich also quasi in sich selbst, so lange die Herrschaftsbeziehungen nicht emanzipativ aufgebrochen sind, Popper ist also in diesen Beziehungen gefangen, da er noch nicht das emanzipative Erkenntnisinteresse hat.
Das ist doch erheblich mehr als Popper darin sieht.
Das alles ist natürlich lediglich ein Aufwasch der marxistischen Ideologietheorie nach der man ja nur mit der marxistischen (und nicht der bürgerlichen) Ideologie die Welt erkennen kann (im Sinne des Proletariats).
Habermas sagt also: die Gesellschaft besteht aus den Unterdrückungsmechanismen, die durch die Nicht-Emanzipiertheit (z.B: sind noch nicht alle Feministen und Anti-Rassisten und weltoffen) die eben dann die unterdrückerischen nicht emanzipativen Beziehungen ergeben.
Das hat in der Tat die deutsche Soziologie für immer platt gemacht (wie Helmut Schelsky in “Die Arbeit tun die Anderen” damals festgestellt hat) und ist wohl ein wesentlicher Grund für den heutigen Zustand.
Habermas, bzw. die Frankfurter waren sich zu fein für den Vulgärmarxismus und daher hat Adorno über die böse Totalität referiert und Habermas über das korrekte emanzipative Erkenntnisinteresse (was eigentlich marxistische Ideologie”theorie” ist). Den Studenten war das freilich zu wenig konkret, so dass Adorno einmal räumen lassen mußte und Habermas von Linksfaschismus sprach.
Ich habe mehrere Anläufe mit Adorno und Habermas in meinem Leben gemacht, um sie zu verstehen. Geht nicht, da es nichts zu verstehen gibt. Treffe ich zum Klassentreffen unsere Klassenlinke aus den Sechzigern wieder, die Jahrelang in deren Seminaren in Frankfurt saß, natürlich ohne irgendeinen Abschluss. Sage ich, „Du Ute, hast Du eigentlich irgendwas verstanden von denen?“ „Nö, sagt sie fröhlich. Nicht die Bohne. Das war ja alles nur Geschwafel … Aus meiner heutigen Sicht!“
Auch so ein Beispiel. Der Verfasser ist mir unbekannt.
“Ich habe mit meinem Vortrag eine materialistisch feministische Perspektive in fachübergreifender Weise an das intersektionale Problem der Mensch-Mensch-Beziehung in Mensch-Umwelt-Systemen, unter besonderer Berücksichtigung des Austausches zum Zwecke der Vermittlung von Stoffen zur Subsistenzerhaltung herangetragen.
Mit anderen Worten: Er hat einen Mann dabei beobachtet, wie er in einer Bäckerei von einer Verkäuferin ein Brot gekauft hat.”
Titelnennung und beigefügtes Bild mit dem „Luchterhand“-Buch führen mich in meine Studienzeit in die Mitte der 70er Jahre zurück. Bevor ich zum Philosophiestudium nach Regensburg wechselte und dort qua Franz Kutschera zur sprachlichen Klarheit „verdammt“ wurde, habe ich an einer ebenso neugegründeten norddeutschen Hochschule die Weisheiten der schon damals omnipräsenten Habermasepigonen genießen dürfen. Wenn wir von Habermas reden, müssen wir allerdings immer die jeweilige Stufe seiner Entwicklung mitberücksichtigen. Dies war die Zeit, als er nach der Gehlen – „Vernichtung“ sich anschickte Luhmann k.o. zu schlagen – die Zeit. als er noch eine „Rekonstruktion des Dialektischen Materialismus“ im Blick hatte und er selbst wohl nicht in seinen kühnsten Träumen damit rechnete, als kommunikationstheoretischer Neukantianer – vorläufig – zu enden. (Oder sollte er mit seinen wohlwollenden Deduktionen autoritären Verhaltens zu den Coronarepressionen das rettende Ufer Carl Schmitt im Auge haben ?) Ausgangspunkt für seine Omnipräsenz in Feuilleton und diversen Sozialwissenschaften war eben besagter Band, der im akademischen Unterricht als Beispiel dafür diente, wie borniert doch der „Positivismus“ sei – für Jüngere: der Positivismusverdacht war die Totschlagphrase der damaligen hochgejazzten Edellinken. Gnade bitte im Fall des Ästheten Adorno: seine Verteidigung der westlichen Kulturtradition dürfte demnächst als Machwerk eines alten weißen Mannes der Cancel Culture zum Opfer fallen – der Aufsatz „Kritik der Halbbildung“ wirkt wie ein Kommentar zu KulturstaatsministerInnen in unserer Geschwätzrepublik des Habermasschen “herrschaftsfreien Diskurses”.
Vorweg, ich habe -entgegen meinem damaligen Umfeld -, nie viel von der sogen. Frankfurter Schule gelesen, weil mir dieser vermeintliche und selbstgenügsame Intellektualismus meiner existenziellen Erfahrung konträr lief. Wiesenthal-Adorno stach mit seiner löcherlichen Aussage “man könne nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben” in übler Blasiertheit und Verlogenheit heraus, wenn man sah, daß ER- weder vor noch nach “Auschwitz” Gedichte schreiben konnte.
Habermas habe ich immer wieder gelesen, v.a. seine Gespräche mit Papst Benedikt XVI/ Prof.Ratzinger. Das waren in erster Linie Aussagen, die durchaus Sinn ergaben. Mann durfte nur nie versuchen, seine Aussagen irgendwie erden zu wollen. Und das ist dann auch mein Realitätsanspruch an Philosophie, Geisteswissenschaften, Theologie: Was passiert, wenn ich erde?!
Man kann Popper nur zustimmen – mit einer Einschränkung: Philosophie kann und ist wesentlich auch ein Denken aus Sprache und das ist nicht immer eine positive Logik! Als Beispiel würde ich Heidegger anführen oder auch Nietzsche. Und als Gegenb4ispiel fiele mir Hegel ein. (denn es ist nicht jedem gegeben, aus Worten zu spielen, bei den Meisten wird ein destruktives Wuchern daraus).
Wenn man dazu seine Einlassungen zur Covid-Situation mit seiner für alle angestrebten “Erdung” betrachtet, komme ich nicht umhin ihn bestenfalls als eine Art sinnfreien Akrobaten der deutschen Sprache zu betrachten. Seine dazu vorgetragene Herdenmeinung ist arrogant und borniert, letztlich trivial und entbehrt jeglicher sonst von ihm präferierten, zumindest wortschöpferisch-verklausulierenden Originalität.
ot
Niko Härting@nhaerting
1. Allen, die von der Klugheit und Angemessenheit der bisherigen #Corona-Regierungspolitik nicht restlos überzeugt sind, steht nach den heutigen Entscheidungen des @BVerfG
ein schwerer Winter bevor.
2. Karlsruhe wägt nicht ab. Nur an wenigen Stellen der Entscheidung befasst sich das Gericht mit der Schwere der Grundrechtseingriffe. Weite Teile der Entscheidung lesen sich wie eine Rechtfertigung der Regierungspolitik.
3. Karlsruhe legt das Grundgesetz gegen seinen Wortlaut aus. Das Gericht gesteht zwar zu, dass das Grundgesetz Freiheitsbeschränkungen nur aufgrund einer Einzelfallentscheidung und nicht flächendeckend erlaubt („aufgrund eines Gesetzes“), …
4. setzt sich jedoch über den Wortlaut des Grundgesetzes „teleologisch“ (aus Gründen des Sinns und Zwecks) hinweg und gestattet flächendeckende Ausgangssperren. Wenn der Wortlaut nicht passt, wird er passend gemacht.
5. Dabei übersieht Karlsruhe die historischen Erfahrungen, die 1949 dazu führten, derartige Ausgangssperren zu verbieten.
6. Karlsruhe setzt keine „roten Linien“. Es wird aus der gesamten Entscheidung nicht erkennbar, wie weit denn der Gesetzgeber bei der Corona-Politik gehen darf. Ein Freifahrtschein für die Regierenden. Karlsruhe versagt.
7. Karlsruhe stützt sich bei seiner Entscheidung auf dieselben Experten, die im Frühling 2021 die Bundesregierung beraten haben. Abweichende Stimmen – wie etwa Prof. Matthias Schrappe – werden in der Entscheidung vollständig übergangen.”
https://twitter.com/nhaerting/status/1465651183243206660
“Karlsruhe versagt.”
Absichtliches Handeln, mit Wissen und Wollen, …..
Wie nannte Wolfgang Stegmüller das noch gleich? “semantische Verschmutzung der geistigen Umwelt des Menschen”
Das wirklich schlimme ist: Bei so manchem, was ich zu hören bekomme, beginne ich schon daran zu zweifeln, dass ich es sich überhaupt noch mit prätentiösem Geschwätz zu tun habe und nicht etwa bloße Ausgasungen infolge von Zelebralfermentation damit verwechsle.