Frieden wird zum Extremismus – In einer Gesellschaft der Irren wird der Normale zum Extremisten erklärt

“extrem (lat.) äußerst, übertrieben, auch Hauptwort, das Extreme. Extremisten heißen diejenigen, die äußertste, übertriebene Forderungen stellen bzw. Haltungen verkörpern.”

So steht es im Philosophischen Wörterbuch.

“Extremismus (lat.), Bewegung zum ‘Äußersten’; politische Bewegung, die – im Vergleich zu bestehenden sozialen und politischen Strukturverhältnissen und deren immanenten Konflikten und Integrationsproblemen – die Veränderung der Verhältnisse nach Maßgabe radikaler, puristischer Lösungen enthaltender Ideologien anstreben und mit politischem Kampf entsprechende Strategien entwickeln.
[…]
Extremismus findet dort günstige Bedigungen, wo verharschte und moralisch-weltanschaulicher Legitimierung entzogene Herrschaftsverhältnisse mit dem Stand der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr übereinstimmen. Die dadurch verursachten Konflikte und Fehlentwicklungen können größere Gruppen von sozial Verunsicherten, materiell und intelektuell völlig Abhängigen, gesellschaftlich Isolierten, persönlich Erfolglosen und Enttäuschten, aber auch von Menschen erzeugen, die angesichts solcher Situationen Theorien und Strategien suchen, nach denen solche gesellschaftlichen Verhältnisse in demokratischere, humanere überführt werden können”.

So steht es in der üblichen Verquastheit im “Lexikon der Soziologie”.

Halten wir fest, dass mit Extremismus etwas bezeichnet wird, das mit auf das Äußerste übertriebenen Forderungen zu tun hat, wobei man das Äußerste in der politische Arena als Form puristischer Ideologie, also reiner Ideologie, die um eine unverrückbare Wahrheit gebaut wird, definieren kann, deren Erreichen von Extremisten angestrebt wird, wobei Extremisten je nach Verfassung des gerade vorhandenen politischen Systems von sozial Entfremdeten und gesellschaftlich Gescheiterten bis zu denen reichen, die z.B. ein korruptes politisches System demokratisieren wollen.

Extrem, als Beschreibung und als Bewertung setzt eine Referenz voraus. Auf die Information, dass die ARD-tagesschau ausweislich ihrer eigenen Suchroutine seit 2012 1.148 Beiträge zum Thema “Rechtsextremismus” und 69 Beiträge zum Thema “Linksextremismus” veröffentlicht hat, werden manche mit der Einordnung “extrem” reagieren, vor allem, wenn sie als Referenz die Verpflichtung öffentlich-rechtlicher Sender zur weitgehend unparteiischen Berichterstattung nehmen.

Die Benutzung des Wortes “extrem”, die Bezeichnung “Extremismus”, sagt somit viel über die Normalitätsvorstellungen dessen aus, der von Extremismus spricht, andere als Extremisten bezeichnet.

Heute findet in Berlin die von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht initiierte Demonstration, “Aufstand für Frieden” statt, deren Ziel darin besteht, Druck auf politische Akteure auszuüben, damit sie sich an den Verhandlungstisch mit Russland setzen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die ARD schreibt dazu:

“Unter dem Motto “Aufstand für Frieden” findet heute in Berlin die Wagenknecht-Schwarzer-Demo anlässlich des Ukraine-Kriegs statt. Kritik gibt es schon vorab reichlich – unter anderem, weil Extremisten teilnehmen könnten.”

Für den Schreiber der ARD ist nicht der Zweck einer Veranstaltung, das Ziel, das diejenigen, die zusammenkommen, erreichen wollen, relevant, sondern WER zusammenkommt. Das offenbart den Essentialismus, der Grundlage von Extremismus ist, denn nur, wer denkt, er könne von seinem Hügel aus, die Welt eindeutig zuordnen und die “Massen in die richtige Richtung lenken”, kommt auf die Idee, Personen zu objektivieren und zu in diesem Fall “Extremisten” zu erklären, offensichtlich zum Zweck, die Demonstration für Frieden zu diskreditieren, Friedensdemonstrationen als eine Sache der Extremisten zu diffamieren.

Wir sind der Ansicht, dass “Extremismus” in seiner medialen und politischen Verwendung vornehmlich als politischer Kampfbegriff benutzt wird, um Meinungen und Überzeugungen zu diskreditieren. Dies führt zwangsläufig, für uns zwangsläufig und am Ende des Textes vielleicht auch für Sie, zu der Einordnung derjenigen, die den Begriff ähnlich den anderen verbalen Mode-Keulen wie Rassismus oder Rechter, verwenden, als EXTREMISTEN.

Und damit sind wir bei dem Punkt angekommen, der uns interessiert.
Was zeichnet den Extremisten aus?
Eine Frage, die letztlich auf die Psychologie von Extremisten abzielt und eine Frage, deren Antwort wir vergeblich im Lexikon der Psychologie gesucht haben. Überraschenderweise kommt Extremismus bei Arnold, Eysenck und Meili nicht vor. Kein Problem. Wir können selbst denken.

Die folgenden Merkmale zeichnen unseres Erachtens Extremisten aus:

  • Sie beharren auf einem Extrempunkt, der absichtlich in Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft gewählt wird, z.B. die Behauptung, dass Transfrauen Frauen und nicht etwa Männer seien.
  • Sie versuchen, jede Kritik an ihrer Extremposition zu delegitimieren und denjenigen, der sie vorbringt zu denunzieren, wenn nicht zu kriminalisieren.
  • Ihre Extremposition steht im diamtralen Gegensatz zu gesellschaftlicher Normalität, sie versuchen vielmehr ihre Extremposition zur gesellschaftlichen Normalität zu erklären.
  • Indes führt jeder Schritt, den Vertreter der Mehrheitsgesellschaft im Bemühen, einen Konsens zu finden, auf Extremisten zugehen, dazu, dass Extremisten weitere noch abseitigere Forderungen stellen. Sie fordern Gewehre und bekommen Gewehre, nur um nun Geschütze zu fordern. Sie erhalten Geschütze und fordern Panzer. Sie erhalten Panzer und fordern Kampfjets. Sie erhalten Kampfjets und fordern U-Boote. Sie erhalten U-Boote und fordern Flugzeugträger …
  • Es ist nicht möglich, mit Extremisten eine Einigung zu finden, die a) nicht die Übernahme ihrer Extremposition bedeutet und b) nicht dazu führt, dass die Extremposition anschließend weiter hinausgeschoben wird.
  • Ursache dafür ist das psychologische Make-up von Extremisten, das durch drei Komponenten ausgezeichnet ist: Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathologie.

Mit den zuletzt genannten Kriterien ist das benannt, was in der Forschung als Dunkle Triade (Dark Triad) bezeichnet wird:

“Vereinfacht gesagt bezeichnet „Machiavellismus“ Zynismus und manipulative Persönlichkeitsmerkmale, „Narzissmus“ umfasst Selbstverliebtheit, Selbstüberschätzung und Überlegenheitsgefühle, und „Psychopathologie“ umfasst u.a. (mangelnde) Selbstkontrolle, (mangelnde) Fähigkeit zur Empathie, das Streben nach kurzfristigen Belohnungen, auch durch den Einsatz z.B. von Lügen (vgl. hierzu Jones & Paulhus 2014). (Diefenbach 2020″)”

Und mit diesen drei Komponenten ist nach unserer Ansicht der Extremist umfassend beschrieben, mehr noch, mit dieser Charakterisierung des Extremisten verbindet sich ein Wandel in der Wahrnehmung, nennen Sie es, wenn Sie wollen, eine Zeitenwende. Dokumentieren wir es am Beispiel. Die ARD zitiert Robert Habeck, der Kritik an der heutigen Friedensdemonstration übt, mit den folgenden Worten:

“Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte die Demonstration: “Jeder, der bei Sinnen und Verstand ist, wünscht sich Frieden”, sagte er gestern im ARD-Brennpunkt. Wagenknecht und ihre Unterstützer Leute wollten etwas als Frieden verkaufen, das ein “imperialistischer Diktator” Europa aufzwinge. Wenn sich das durchsetze, wäre das eine Einladung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die nächsten Länder zu überfallen.”

Die billigen Managertricks in Form von “ich habe nichts gegen Weiß, aber …” oder: “Jeder, der bei Sinnen und Verstand ist, wünscht sich Frieden”, aber …” erfüllen alle Kriterien des Machiavellismus. Der Zynismus von Habeck geht hier ein wenig nach hinten los, denn offenkundig wünscht er sich keinen Frieden, wie man daran sieht, dass er keinerlei Anstrengungen unternimmt, Frieden herbeizuführen, vielmehr alle seine Anstrengungen darauf hinwirken, dass weiter Krieg geführt wird, dieses Mal mit deutschen Waffen, was zwangsläufig nur dann möglich ist, wenn Frieden doch nicht so ein großer Wunsch ist und die menschlichen Opfer, die auf dem Schlachtfeld anfallen, vollkommen egal sind (ergo, muss Habeck dann entsprechend seiner eigenen Argumentation als “von Sinne und ohne Verstand” gelten). Die Psychopathologie, die keinerlei Empathie mit lebenden Menschen kennt, keinerlei Fähigkeit dazu offenbart, schließt sich nahtlos an den Machiavellismus an. Den Narzissmus muss man nicht weiter ausführen. Er drückt sich hervorragend in Habecks Ansicht aus, dass alle außer ihm, nicht in der Lage sind, den “imperialistischen Diktator”, also den von seiner Bevölkerung mit großer Mehrheit gewählten Präsidenten Russlands, richtig zu beurteilen.

Habeck ist in unserer Definition ein Extremist, seine politischen Ideologie ist die des Extremismus.
SciFi
Eine andere Ausprägung weitgehend desselben Extremismus findet sich bei Olaf Scholz, abermals dargestellt auf Basis dessen, was die ARD berichtet:

“Kanzler Olaf Scholz hatte schon am Donnerstag in der ZDF-Sendung “Maybritt Illner” gesagt, er teile “die Überzeugung dieses Aufrufs nicht”. Es reiche nicht zu sagen, es müsse jetzt Verhandlungen geben. Das führe nicht weiter. Man müsse verstehen, “dass der russische Präsident gegenwärtig nur eine Form von Verhandlungen akzeptiert, nämlich dass irgendjemand bedingungslos kapituliert und er alle seine Ziele durchsetzt”.

Es ist schon erstaunlich, dass ein Mann wie Olaf Scholz, der Friedensverhandlungen nicht nur kategorisch ablehnt, so lange Teile der Ukraine von Russischen Truppen besetzt sind, Putin letztlich dasselbe Verhalten unterstellt, die selbe Kompromislosigkeit, die ihn, Olaf Scholz auszeichnet. Es ist insbesondere erstaunlich, wenn man bedenkt, dass angebliche westliche “Staatsmänner” Friedensverhandlungen, die der damalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennet mit Russland geführt und für als aussichtsreich zu einer friedlichen Lösung zu führen, beurteilt hat, diese Friedenverhandlungen hintertrieben und abgelehnt haben. Scholz war einer dieser “Staatsmänner”. Zynismus und Pyschopathologie, die sich bereits daraus ergibt, dass kein Friede weiterhin Sterben in großem Stil nach sich zieht, zugegeben, von jungen Männern auf beiden Seiten, für die sich Olaf Scholz nicht die Bohne interessiert (noch eine Psychopathologie), sie verbinden sich in gleicher Weise, wie das bei Robert Habeck der Fall war. Auch in Punkto Narzissmus steht Scholz nicht hinter Habeck zurück, und zwar mit einer der Formulierungen, die wir besonders hassen, die in den Kasten der paternalistischen Entmündigung gehört:”Man müsse verstehen”. Er, der große Olaf, er weiß und versteht natürlich, weiß und versteht alles, was es über Putin und seine Ziele zu verstehen und zu wissen gibt, was zwangsläufig dazu führt, dass alle, die nicht seiner Ansicht sind, nicht wissen und nicht verstehen und deshalb auf dem falschen Weg, auf einem gefährlichen Weg, Feinde der Gesellschaft, Extremisten sind. Das sagt einer, der seine Position keine Sekunde zur Disposition stellt. Ein Extremist mit anderen Worten, der im Narzissmus seiner eigenen überlegenen Kenntnis schwelgt, selbst-askribiert, versteht sich.

Die dunkle Triade besteht aus drei Komponenten, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken und sie ist, wie uns scheint, die optimale Beschreibung für die meisten derjenigen, die derzeit in einer an Infantilität und Zerstörungswut, ebenfalls eine kindliche Verhaltensweise, nicht zu übertreffenden Hybris unterwegs sind.

Übrigens ist es normal, in Verhandlungen mit Maximalforderungen zu gehen. Niemand der nicht vernichtend geschlagen wurde, wird Friedensverhandlungen aufnehmen, ohne eine Maximalposition zu formulieren, weil es dann, wenn z.B. Putin sagen würde, okay, ich ziehe die russischen Truppen aus der Ukraine vollständig zurück und Russland zahlt Reparationen für die Schäden des Krieges, auf den ersten Blick nichts zu verhandeln geben würde, auf den zweiten Blick würde Putin eine solche Haltung als Schwäche ausgelegt, was zur Forderung, die Krim auch noch zu räumen und bei Erfüllung zu weiteren Forderungen als Bedingung für einen Friedensschluss führen würde, wie das bei Extremisten eben so üblich ist. Davon abgesehen ist Putin seiner Bevölkerung verpflichtet, vermutlich eine Vorstellung, die Scholz oder Habeck in keiner Weise verstehen können.

Und so ist es kein Wunder, dass Demonstrationen für Frieden als Veranstaltungen mit oder von Extremisten diffamiert werden. In einem Land, in dem sich Irre davon überzeugt haben, dass man mit immer mehr Waffen immer mehr Frieden schaffen kann, ist das nicht verwunderlich.


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