Die „dunkle Triade“: Toxische Persönlichkeitsmerkmale erklären politischen Extremismus rechts und links
von Dr. habil. Heike Diefenbach
Wir alle kennen sie aus der Literatur, aus Erzählungen Anderer oder aus der eigenen Erfahrung: Menschen, die sich nicht in die Lage Anderer hineinversetzen können oder wollen, die Schadenfreude empfinden, Freude daran haben, Andere zu manipulieren, die sich selbst einfach großartig finden und meinen, alle möglichen Rechte zu haben, die sie Anderen nicht zugestehen etc. Solche Menschen können am Arbeitsplatz oder in ihren Familien oder in intimen Beziehungen eine Menge Schaden anrichten.
Diese Erkenntnis ist nicht neu. Dementsprechend ist die „toxische Persönlichkeit“ („toxic personality“; Lyons 2019: 3) bzw. sind ihre Eigenschaften in der Vergangenheit sowohl in der Belletristik (z.B. in „Melmoth the Wanderer“ von Charles Maturin aus dem Jahr 1820) als auch in Sach- und Ratgeberbüchern (z.B. Peseschkian 1977 oder aktuell(er): Grüttefien 2019) und in wissenschaftlichen Arbeiten (z.B. Raskin & Hall 1979) häufig behandelt worden.
Was relativ neu ist, ist, dass es seit etwa 20 Jahren ein psychologisches Konzept gibt, in dem all die oben genannten Eigenschaften – und weitere – auf drei Kerneigenschaften oder Dimensionen reduziert werden können. Diese drei Kerndimensionen werden „Machiavellismus“, „Narzissmus“ und „Psychopathologie“ genannt, und die drei zusammengenommen formen die „Dark Triad of Peronality“ (Paulhus & Williams 2002) bzw. die „dunkle Persönlichkeitstriade“. Die Entwicklung der „Dunklen Triade“ ist vor allem mit den Arbeiten von Delory L. Paulhus und verschiedenen seiner Kollegen verbunden (zentral ist hier: Paulhus & Williams 2002), aber ihre Entwicklung wäre ohne die Vorarbeiten einer großen Zahl anderer Forscher in den vorhergehenden Jahrzehnten kaum möglich gewesen.
Vereinfacht gesagt bezeichnet „Machiavellismus“ Zynismus und manipulative Persönlichkeitsmerkmale, „Narzissmus“ umfasst Selbstverliebtheit, Selbstüberschätzung und Überlegenheitsgefühle, und „Psychopathologie“ umfasst u.a. (mangelnde) Selbstkontrolle, (mangelnde) Fähigkeit zur Empathie, das Streben nach kurzfristigen Belohnungen, auch durch den Einsatz z.B. von Lügen (vgl. hierzu Jones & Paulhus 2014). Die drei Komponenten der „Dunklen Triade“ hängen miteinander zusammen, sind aber nicht äquivalent bzw. miteinander austauschbar. Die „Dunkle Triade“ wird auch nicht durch andere Persönlichkeitsmodelle abgedeckt, auch nicht durch das bekannte „Big Five“-Modell, denn nur: „…one commonality across the triad, namely, low agreeableness“ (Paulhus & Williams 2002: 560), verbindet die „Dunkle Triade“ mit den „Big Five“ (s. hierzu auch Moss & O’Connor 2020: 3, Fußnote 1). Es handelt sich bei ihr also nicht um – figurativ gesprochen – alten Wein in neuen Schläuchen.
Forschung über die „Dunkle Triade“ wurde in den letzten 20 Jahren in allen möglichen Zusammenhängen durchgeführt. Schon im Jahr 2013 gab es “…dozens of studies on the triad and, according to Google Scholar, over 350 citations” (Furnham, Richards & Paulhus 2013: 199), und wenn man heute “dark triad” in Google Scholar – also nicht Google allgemein – eingibt, erhält man 11.800 Ergebnisse. Die Forschung über die „Dunkle Triade“ floriert also, und es liegt nahe zu vermuten, dass das große Interesse an der „Dunklen Triade“ – zumindest auch – mit den gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun hat, die wir alle während der letzten Jahre und derzeit beobachten können und die viele von uns in ihrer Richtung und Intensität doch einigermaßen stark überraschen, so z.B. das weitgehende Verschwinden liberaler Politiken bzw. Politiker bzw. der zunehmende politische Extremismus und die zunehmende Bereitschaft, ideologischen Überzeugungen mit gezielten Manipulationen, mit Zensur oder mit Gewalt zur Durchsetzung zu verhelfen.
Aufgrund ähnlicher Beobachtungen haben die australischen Forscher Jordan Moss und Peter J. O’Connor (2020) ihre aktuelle Studie geplant und durchgeführt:
„The majority of research on personality traits and political constructs has focused primarily on mainstream political attitudes and behaviours … Whilst informative, these studies tell us little about important political attitudes falling outside of the traditional continuum … This is particularly relevant, today, with increasing reports of the alternate of ‘regressive left’, and the alternate or ‘Alt-Right’ … Consistent with this, recent polling data suggests a population shift from moderate political views to more extreme, non-traditional attitudes …” (Moss & Jordan 2020: 2).
Die beiden Autoren haben in ihrer Studie drei bestimmte extreme politische Einstellungen bzw. Einstellungskomplexe betrachtet und auf ihren Zusammenhang mit der „Dunklen Triade“ (DT) – und zusätzlich mit einem Maß für „entitlement“ bzw. „Berechtigungsüberzeugungen“ – untersucht, nämlich
politische Korrektheit, wie sie für die regressive Linke typisch ist, d.h. autoritäre politische Korrektheit (PCA), in der zur Erreichung des ideologischen Ziels auch für Gewaltanwendung Platz ist,
- politische Korrektheit in einer milderen, d.h. liberale(re)n, Form (PCL), bei der dem Mitgefühl eine größere Bedeutung beigemessen wird als bei der PCA, und
- weiße identitäre Einstellungen (WI), definiert durch starke Gefühle der Zusammengehörigkeit und Solidarität weißer Menschen untereinander und der Überzeugung, dass weiße Menschen viktimisiert werden (Moss & O’Connor 2020: 2). (Nach diesen Einstellungen konnte naturgemäß nur bei den weißen Teilnehmern an der Studie gefragt werden.)
Die Autoren erwarteten, dass ihre Untersuchung zeigen würde, dass
(1) es einen positiven Zusammenhang zwischen der „Dunklen Triade“ (DT) und weißen identitären Einstellungen (WI) geben würde, und dass
(2) es einen positiven Zusammenhang zwischen der „Dunklen Triade“ (DT) und autoritärer politischer Korrektheit (PCA) geben würde,
(3) es (jeweils) einen negativen Zusammenhang zwischen der „Dunklen Triade“ (DT) und „liberaler“ politischer Korrektheit (PCL) und zwischen Berechtigungsüberzeugungen und „liberaler“ politischer Korrektheit (PCL) geben würde (Moss & O’Connor 2020: 2).
Gemessen wurden DT (die „Dunkle Triade“), Berechtigungsüberzeugungen, PCA (autoritäre politische Korrektheit), PCL („liberale“ politische Korrektheit), WI (weiße identitäre Einstellungen) jeweils durch bereits erprobte Meßskalen. Diese Meßskalen enthielten Aussagen, denen die Befragten in Abstufungen zustimmen oder nicht zustimmen konnten (Moss & O’Connor 2020: 2). Um ihre Erwartungen/Hypothesen zu prüfen, haben die Autoren die Angaben, die Befragten auf den verschiedenen Skalen gemacht haben, im Rahmen von hierarchischen Regressionsmodellen miteinander korreliert.
Obwohl die Autoren der Studie beide an australischen Hochschulen tätig sind, basiert, ihre Studie nicht auf Daten aus Australien, sondern auf Daten aus den USA, genau: auf Daten von 511 US-Amerikanern, deren Zusammensetzung nach Alter, Geschlecht, Ethnizität und Erwerbsstatus dem der US-Bevölkerung entspricht (Moss & Jordan 2020: 2-3).
Die Ergebnisse dieser Studie sind im Detail in Tabelle 1, die dem Text von Moss und O’Connor entnommen ist, dargestellt.

Was die Erwartungen an die Ergebnisse betrifft, die die Autoren formuliert haben, so ist festzuhalten, dass die beiden ersten Hypothesen durch die Daten bestätigt wurden. D.h. die „dunkle Triade“ hängt statistisch signifikant und positiv mit weißen identitären Einstellungen zusammen und ebenso mit autoritärer politischer Korrektheit. Alle drei Dimensionen der „Dunklen Triade“ zeigen einen positiven Zusammenhang sowohl mit weißen identitären Einstellungen als auch mit autoritärer politischer Korrektheit. Im Fall der weißen identitären Einstellungen war der Zusammenhang auf der Dimension des Machiavellismus am stärksten, im Fall der autoritären politischen Korrektheit war er auf der Dimension der Psychopathologie am stärksten. Berechtigungsüberzeugungen standen ebenfalls in einem positiven Zusammenhang sowohl mit weißen identitären Einstellungen als auch mit autoritärer politischer Korrektheit.
Und das wiederum heißt:
„… the results indicate that, although these attitudes are thought to reflect opposite ends of the traditional left (PC) vs right (WI) political spectrum, those high in WI and PCA are very similar in terms of their ‚dark‘ profile“ (Moss & O’Connor 2020: 3).
Extremisten in der Ausprägung von autoritärer politischer Korrektheit und in der Ausprägung von weißen identitären Einstellungen, d.h. beide, Extremisten, die man gemeinhin als „links“ einordnen würde, und solche, die man gemeinhin als „rechts“ einordnen würde, teilen also „dunkle“ Persönlichkeitsmerkmale miteinander.
Die Erwartung, dass „liberale“ politische Korrektheit (PCL) in einem negativen Zusammenhang mit der „dunklen Triade“ stehen würde, konnte nur für eine Dimension der „dunklen Triade“ bestätigt werden, nämlich für Psychopathologie – und dieser negative Zusammenhang war vergleichsweise schwach. „Liberale“ politische Korrektheit (PCL) wies auch keinen – also auch nicht den erwarteten negativen – Zusammenhang mit Berechtigungsüberzeugungen auf (Morris & O’Connor 2020: 3).
Vor dem Hintergrund der Beobachtung, dass extreme politische bzw. ideologische Einstellungen sich aufgemacht haben, zum mainstream zu werden, finden die Autoren es aufgrund ihrer Ergebnisse bedenklich, dass diese extremen Einstellungen
„… are largely being adopted by individuals high in the DT („Dark Triad“) and entitlement (Berechtigungsüberzeugungen) (Moss & O’ Conner 2020: 4).
Wenn extreme Einstellungen auf dem Vormarsch sind und gleichzeitig solche Menschen sich extreme Einstellungen zu eigen machen, die „high in the DT … and entitlement“ sind, also die Menschen mit toxischen Persönlichkeitsmerkmalen und starken Berechtigungsüberzeugungen (bzw. Anspruchshaltungen) sind, dann muss man sich fragen, wie es kommt, dass so viele Menschen – und anscheinend mehr als in den letzten Dekaden (sonst könnten extreme Einstellungen sich nicht zum mainstream werden) – diese Persönlichkeitsmerkmale und diese Berechtigungsüberzeugungen entwickeln. Mit welchen gesellschaftlichen Gegebenheiten mag dies zusammenhängen? Man ist geneigt, Erklärungen hierfür in der Erziehung von Kindern zu suchen – davon demnächst mehr auf ScienceFiles.
Literatur:
Furnham, Adrian, Richards, Steven C. & Paulhus, Delory L., 2013: The Dark Triad of Personality: A 10 Year Review. Social and Personality Psychology Compass 7(3): 199-216.
Grüttefien, Sven, 2019: Wie befreie ich mich von einem Narzissten? Wie Sie sich emotional von einem Narzissten befreien und die Erlebnisse nach der Trennung hinter sich lassen können. Norderstedt: BoD.
Jones, Daniel N. & Paulhus, Delroy L., 2014: Introducing the Short Dark Triad (SD3): A Brief Measure of Dark Personality Traits. Assessment 21(1): 28-41.
Lyons, Minna, 2019: The Dark Triad of Personality: Narcissism, Machiavellianism, and Psychopathy in Everyday Life. London: Elsevier.
Moss, Jordan & O’Connor, Peter J., 2020: The Dark Triad Traits Predict Authoritarian Political Correctness and Alt-right Attitudes. Heliyon 6(7). https://doi.org/10.1016/j.heliyon.2020.e04453.
Paulhus, Delroy L. & Williams, Kevin M., 2002: The Dark Triad of Personality: Narcissism, Machiavellianism, and Psychopathy. Journal of Research in Personality 36(6): 556-563.
Peseschkian, Nossrat, 1977: Psychotherapie des Alltagslebens: Training zu Partnerschaftserziehung und Selbsthilfe mit 250 Fallbeispielen. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch.
Raskin, Robert N. & Hall, Calvin S., 1979: A Narcissistic Personality Inventory. Psychological Reports 45(2): 590.
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Es ist Scheinpsychologie. White = Dark. Black = White (=friendly & bright). – Eine magische neue Farbenlehre, psychologisch aufgehübscht.
Die Methode stellt sicher, dass das Ergebnis entsprechend aussieht:
“Nach diesen Einstellungen konnte naturgemäß nur bei den weißen Teilnehmern an der Studie gefragt werden.” – Schwarze wurden vor entsprechenden Fragen geschont – Asiaten sowieso… – Unfaire Studien erzeugen unsinnige Befunde. Das ist ein altes Stück.
Eine historische Betrachtung wäre vielleicht aufschlussreich. Ich habe den Eindruck, dass die lange Periode des gesellschaftlichen Ausgleichs in Nordamerika und Europa in den letzten Jahrzehnten die Ausnahme war, nicht der Normalzustand.
500 Menschen als Grundlage, kann das überhaupt Aussagen über die Teilmengen (DT – ist ja hoffentlich < 5%) vernünftig treffen?
Glauben Sie an die Repräsentativität von Befragungen? Wir nicht. Befragungen sind ein Mittel, um Theorien zu prüfen. Das wird im vorliegenden Fall sehr überzeugend getan. Der nächste Schritt, Wissenschaft ist bekanntlich kumulativ, besteht nun darin, die Hypothesen in anderen Kontexten zu prüfen. Wenn Sie sich die Mühe machen, den Link zu Google Scholar zu klicken, dann finden Sie 18.500 Arbeiten zur Triade, ein großer Teil davon, untersucht das Konstrukt in anderen Zusammenhängen. Und wenn mann dann noch seine täglichen Erfahrungen zum Hintergrund nimmt, dann kommt man nicht umhin, das, was hier gemessen wurde, auch im täglichen Leben zu beobachten, wo sich Linksextreme (betrachten Sie die Bilder aus Portland) als Lehrbuchbeispiele von Psychopathen erweisen und Rechtsextreme nach meiner Beobachtung sehr wohl als kleine Möchtegern-Machiavellis beschrieben werden können. Wie immer, geht es in der Wissenschaft darum, ein Phänomen in den Griff zu bekommen. Es geht, einmal mehr, nicht darum, die Welt auf Grundlage einer Ideologie, die man mag, zu beschreiben. Das gehört in den Bereich der politischen Agitation.
… und in jedem Fall ist eine Studie, die auf Daten aus einer Stichprobe von 500 Personen beruht, die bereits entsprechend der Verteilung bestimmter soziodemographischer Merkmale in der Bevölkerung gezogen wurde, mit Bezug auf die Frage nach der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse immer noch zuverlässiger als eine Studie, die vielleicht mehr Personen umfasst, von denen unbekannt ist, wie sie ausgewählt wurden, und bei der NACH der Ziehung der Stichprobe herumgewichtet wird, bis die Stichprobe mit Bezug auf die Verteilung bestimmter sozio-demographischer Merkmale zur entsprechenden Verteilung in der Gesamtbevölkerung “passt”.
Davon abgesehen stellt sich immer die Frage: Was sind die konkreten Vorschläge dazu, wie man es hätte besser machen können? Leider werden solche Vorschläge von Kritikern gewöhnlich nicht vorgebracht.
Übrigens behaupten die Autoren nicht, sozusagen das Schlußwort in der Sache gesprochen zu haben, sondern ermuntern dazu, weitere Studien zu den entsprechenden Zusammenhängen in den USA und anderen Ländern durchzuführen – klar, das ist ohnehin eine Standardforderung von Wissenschaftlern, weil sie sich darüber im Klaren sind, dass Wissenschaft nur kumulativ sein kann.
Last, but not least, weisen Sie darauf hin, dass ihre Ergebnisse die Ergebnisse einer anderen Studie (Conway et al. 2018; vielleicht bespreche ich diese Studie demnächst hier) gut ergänzen, die nicht dieseselbe abhängige Variable hatte wie ihre eigene Studie, aber mit Bezug auf Linksautoritarismus auf ein sehr ähnliches Ergebnis gestoßen ist.
Wenn man dann noch die Ergebnisse der Studien hinzunimmt, die zu den Ähnlichkeiten von Rechts- und Linksextremen bereits vorliegen und über die ich hier auf Sciencefiles schon berichtet habe (es wäre halt schon gut, man würde Sciencefiles regelmäig lesen, bevor man sich äußert!), dann ist es nichts weniger als albern, abweisen zu wollen, dass Extremisten links und Extremisten rechts nennenswert in anderen Hinsichten unterscheiden als bloß in den jeweiligen Inhalten.
So leid es mir für alle “Linken” mit dem entsprechenden Anspruch tut: die bislang vorliegende
Forschung zeigt, dass ihre Extremen sind psychologisch ebenso, sagen wir: beeinträchtigt sind wie die Extremen der “Rechten”.
Das Problem ist eben nicht “rechts” vs “links”, sondern “extrem” vs “gemäßigt”.
Vielen Dank für das Wort Berechtigungsüberzeugter. Die verschiedenen lexikalischen Vorschläge für den Begriff “Karen” hatten mich bisher nicht so recht überzeugt.
Wen wunderts wirklich, dass in einer Zeit der wuchernden “Rechte” die “Karens” (Berechtigungsüberzeugten) sich ebenfalls rasch vermehren?
Bin wirklich gespannt auf den nächsten Aufsatz hier. Ich frage mich schon lange woher das zunehmende “Entitlement” kommt.
@JuergenK
Ich fand einfach, dass “Berechtigungsüberzeugung(en)” die beste deutschsprachige Entsprechung zu “entitlement” ist; mir ist bislang keine bessere eingefallen (oder begegnet).
Eine deutsche Entsprechung zu “entitlement” muss nämlich den Anklang an “Verdienst” im Sinn von: was jemand aufgrund seiner Leistung verdient hat vermeiden.
Das ist nämlich gerade der Witz an der “entitlement”-Skala, die Campbell et all 2004 entwickelt haben:
dass sie das Ausmaß abbilden soll, in dem jemand das Gefühl hat, Rechte zu haben, also ohne eine Ins-Verhältnis-Setzung von Leistung und Belohnung, Inpunt und Outout. Letzeres ist Thema der Gerechtigkeitsforschung und “Gerechtigkeitsempfinden” ist ein anderes Konzept als “Berechtigungsüberzeugung(en)”
Die “entitlement”-Skala von Campbell et al umfasst 9 Aussagen, denen man auf einer 7-Punkte-Skala zustimmen oder sie ablehnen kann. Um einen Eindruck von den Aussagen zu geben, hier zwei Beispiele:
“I demand the best because I’m worth it”
– “… weil ich es wert bin – nicht “… weil ich es verdient habe”, also wegen des “ichs”, des Menschen, der ich bin, und der anscheinend so wertvoll ist, dass nur “the best” ihm gerecht wird.
“I honestly feel that I’m just more deserving than others”
– “I’m more deserving” bedeutet “ich habe mehr verdient”, aber erstens bleibt die gesamte Skala ohne Bezug auf irgendwelche Leistungen oder konkreten Leistungsbereiche (Arbeit, Ausbildung, Engagement, soziale Leistungen) und zweitens wird durch den Einschub von “just” eine Allgemeinheit, um nicht zu sagen: Unbegründbarkeit angedeutet.
“I’m just more deserving ….” bedeutet wohl am treffendsten “Mir kommt einfach mehr zu …”, aber das klingt komisch im Deutschen, so dass man wohl am besten übersetzen würde: “Ich habe eben einfach mehr verdient… ” .
Ich vermute, Sie sehen, worauf diese Skala hinausläuft – eben auf die Überzeugung, umfassend berechtigt zu sein, und nicht darauf, angesichts seiner Leistungen mehr verdient zu haben als man bekommt oder bekommen hat.
Daher meine Wortwahl: “Berechtigungsüberzeugung(en)”.
Ich bin sehr gespannt und in freudiger Erwartung auf Ihre nächste Arbeit zu dem Thema mit dem Blick auf die Erziehung der Kinder. Ich vermute, dass wie in den Bereichen Energieversorgung, Wirtschaft, Stadtplanung usw. der Fehler in der Übernahme dieser Bereiche durch den Staat zu finden ist. Staat findet auch im Kopf statt, und momentan gibt sich der Staat viel Mühe, um in soviele Lebensbereiche wie möglich einzudringen. Im Endeffekt spielt es auch keine Rolle, welche Partei sich in die Leben der Menschen einmischen will. Eine AfD mag momentan die Themen öffenlich ansprechen, die von den anderen tabuisiert und mit Strafe belegt werden, aber das bedeutet nicht, dass nicht auch eine AfD zu dem wird, was die Grünen geworden sind.